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Vorbemerkung,
j^
rxas vorliegende Werk wolle der geehrte Leser nicht als das Ergebnis
einer einseitigen Arbeit ansehen, welche die Geschichte eines
ihm vielleicht gar nicht bekannten, interesselosen Ordens enthält,
sondern als die Darstellung eines Stückes Kulturgeschichte, die das
Aufblühen und den Werdegang geistiger Freiheit in einem besonderen
Kreise in sich trägt. Die Wurzeln eines FreiheitsbaumeSj in dessen
Schatten die jetzigen Generationen Ruhe und gedeihliches Entfalten
—fanden, die Entstehung der ersten entwickeln ngsfähigen Samenkörner
^rur Volksrecht und Volksvertretung, ja selbst die Bedingung zum
Erhalt der Königskrone Bayerns, alles das reicht viel weiter zurück als
gewöhnlich geglaubt wird und wurde durch die llluminatenbewegung
seiner Zeit nicht wenig beeinflusst,
r Diese wenig bekannte Tatsache ist hier ohne alle Übertreibung,
im strikten Nachweis der erreichbaren Urkunden, dargestellt, so dass
der Leser imstande ist, sich selbst ein Bild jener Zeit zu entwerfen,
die für die damals Lebenden einen Misserfolg zu enthalten schien, in
Wahrheit jedoch einen beachtenswerten Grundstein jetziger Zustände
in sich schüesst.
Um auch in äusserer Form den Wandel der Zeit vor Augen zu
führen, sind die Urkunden und vielfachen schriftlichen Aufzeichnungen
in ihrer Schreibweise stets beibehalten worden. Der Leser wundere
sich daher nicht, wenn er alle möglichen Stilarten, Schreibformen von
Worten, sowie merkwürdige Interpunktionen vorfindet, sondern beachte
gütigst die Stellen, die als Citate eingefügt wurden, um nicht den
Autor scheinbarer Fehler für schuldig zu halten.
Blasewitz b. Dresden, im Oktober 1906.
Deutsche Kaiser- Allee 18.
Leopold Engel.
Einleitung
Einiges vom neuen rHuminstenordeu S, 2. — Kluckhohn: Die
Illuminaten und die Aufklärung in Bayern unter Karl Theodor S. 4,
— Zwei Briefe des Papales Pius VI S. 13,
Die Universität zu Ingolstadt 16
Johann Adam Ickslall S. 18, — Icksialls Streit mit der theologischen
Fakultät S, 20. — Eckhers Anklagen 8.21. — Ickstatts Sieg S. 21/22.
Weishaupts geistige Ausbildung und Charakterent-
wickelung bis zur Ordensgründung *...., 22
• Weishaupts Vater S. 22. — Weishaupls Jugendzeit S. 23. — Bitte von
Weishaupts Mutter S. 24* — Weishaupls Ernennung xum Doktor
der Rechte S. 25. — Auf lieh ung des Jesuitenordens? S. 28* — Brief
Schiitenbergs mit Anklagen gegen Weishaupt S. 29. — Angriffe gegen
Ickstatt Weishaupts wegen S. 3L — Briefe Ickstatts und Weishaupts
an Lori S, 32 — 34. — Angriffe der Exjesuiten S. 35. — Weishau pl
deckt die Schäden an der Universität auf S. 3fi — 41. — Ickstalt
wendet sich gegen Weishaupt S. 42, — Weishaupl reist nach Mün-
chen S. 44. — Der Erfolg dieser Reise S. 46—48, — Das Gehölt
Weishaupts S. 49. — Benedict Stattler» Professor und Exjesuit in
Ingolstadt S. 50, — Weishaupls Stellung zu ihm S. &1. — Der Stu-
dent Christoph Henninger und sein consilium abeundi S. 52,
I>ie Gründung des Ordens , 64
Weishaupls Erklärungen bezüglich der Ordensgründung S. 54 u. f,
— Seine Erwartungen von der Freimauerei S. 59. — Professor
Feders Einfluss S. 61. — Abts Eintlass S. 65, — Oev Ordensname
S. 67, — WVishaupls Urteil über sich selbst S, 68. — Die bei
Zwackh gefundenen Originalschriften des Uluminatenordens S, 70.
— Briefe Weishaupls an Massenhausen S. 70/73. — Briefe Weis-
haupts an Zwackh S. 74 u, f. -- Die ersten Olumtnaten S. 74, —
Weishaupts erstes System S. 75. — Spionage des Ordens S. 77. —
Des Kurfürsten Landesliebe S,77. — Die Wahl des Ordensnamens S.78.
- VI
(
Die Ordensbegründung nach der Darstellung des
F. X. V. Zwackh
Der Nachlass Zwack hs S* 79. — Seine Ordensgeschichte S* 80, —
Ordensverbreiiung S. 83. — Ein Beschluss des Areopags S. 83. —
Wie die Areopagiten arbeiteten S. 84. — Weistiaupts Herrschsucht
richtig gestellt S 86* — Fortsetzung von i^wackhs Ordensgeschichte
S. 86* — Verbindung des Ordens mit der Freimaurerei S. 89.
I>as System des I Uunninatenürdens bis zum Jy hre 1781 m
Die ersten Ordensstatuten S. DO. — Durch Baader verbesserte Statuten
S. 91 u, f. — Die dritte Lesart der Satzung S. 97. — Allgemeine
OrdenS'Stattilen S. 97. — Vergleich der Satzungen S, 103, — Ab-
sich ter» des Ordens mit der Freimaurerei S. UM. — Die Ordens-
aufnähme S, 105* — Die Minervaleri S. 107. — GemeinschafUicber
Schluss des Areopagus über den Zweck, die Mittel und Einrichtung
der Gesellschaa S. 108,
Freiherr V. Knigge und sein Einfluss auf die Ordens-
entwickelung . , , 114
Allgemeines über Knigge S, 114. ^ Zwackh über Knigge S. 115, —
niuminaten Freimaurer S. 116. — Der neue Ordensplan S. 117. —
Der lllurainatensaal in Ingolstadt S. 118. — Briefwechsel zwischen
Weishaupt, Knigge und Zwackh S, 120. — Neue Ordensgrade S> 123.
Ausbrechender Streit zwischen Weishaupt und Knigge S. 124,
Die letzten Ordensgrade und Philos Austritt . . . 126
Der Priester- und Regentengrad S, 127. — Weishaupts Urteil über
Knigge S, 128, — Knigge an Zwackh über seinen Ordensbeitritt
und Tätigkeit S. 129. — Endgültiger Bruch zwischen Weishaupt und
Knigge S, 134. — Knigges Brief an die Areopagiten S. 136. — Knigge
schildert, wie er Bode aufgenommen S. 138, den Herzog von Gotha
S» 139, den Prinzen Carl von Hessen S. 140, — St. Germains Ge-
heimnisse S. 14L — Zwei Briefe des Herzogs von Gotha S. 143, —
Brief des l^rinzen von Hessen S. 144. — Die Häupter des Iliumi-
natjcnordens nach Zwackh S, 146 und deren Verfolger S. 148, —
Der Inhalt des Priestergrades S. 149—158. — Knigges Grab S. 159.
Die Ordensverfolgurig in Bayern , . iri
Die drei Verbote des Kurfürsten S. 161—165. — Zschokke als Ge-
schichlsfälscher S, 166. — Graf Constanzo und Utzschneider S, 166.
— Friedrich der Grosse und die Herzogin Maria Anna S. 166/167.
Der zukünftige König von Burgund S. 168. — Eii\ nicht aufzufinden-
der Brief des Ministers Herzberg S, 168, — Briefwechsel der Her-
zogin Maria Anna mit Friedrich dem Grossen und mit Freiherrn
V. Schwarzenau S, 169. — Berichte des Preussischen Gesandten
V. Schwarzenau an König Friedrich S. 171—174, — Der berüchtigte
Landertausch und der Furstenbund S. 174—176. — Ein alarmieren-
der Bericht des Gesandten v. Schwarzenau S. 176. — Des Königs
ÜHeil S. 177. — v. Schwarzenaus Antwort S, 178. — König Friedrichs
bisher behaupteter Anteil an der Blum in aten Verfolgung eine Le-
gende S. 179, — Constanzos Ausweisung aus Berlin S 179. — Die
Gründe der Ausweisung S. 179/180. — Bericht der Französischen
Yll
6«Ue
GesandUchftf!. S. 181. — Brief des Ministera HerUbergs an Herzogin
Maria Anna, die Hluminalen betreffend S. 182, — Eine Anklage«
schrifl gegen die llIuminaLen im Pariser Arcliiv S. 183. — Wer ist
der Verfasser dieser Sclirift? S. 187. — Ghalgrins Darsleilung einer
Unteri*ediing zwiscfien Baader und der Herzogin Mai'ia Anna S. 180.
— UUschoeider kein Verräter S. ItM). ~ Der Geheimsekretär Andri'e,
lieimlicher Gälte der Herzogin S. 190. — Verwendung des Ordens
um Andröe S. 19L — Der Grund einer Antipathie der Herzogin
geigen den Orden S. 191. — Die Zorriesursaclie des KurfürsLen gegen
den Orden S> 192,
lie (Jrdensbeziehungeii zur österreichischen Re-
gierung ..,.....,. 192
Die Freimaurer in Wien, Ordensaussichten daselbst S. 192/193. —
'Graf Kolowrat S. 194. — Wie Weishaupt über politische Umtriebe
denkt S. 196. — Seine ünzulViedenheit mit Arrian S. 195/196. —
Eine österreichische offizielle Erläuterung der Geschichte und des
Ursprungs der Illuminaten S. 197. — Was der österreichische Ge-
sandte V. Borrie nach Wien über die Illuminaten berichtet S. 203.
— Was ihm geantwortet wurde S. 204. ^ Graf Riedesel, preussischer
Gesandtor in Wien S. 205.
lÄassregehing und weiteres Schicksal des Professor
Weishnupt 206
Nochmals die Papstbriefe S. 207. — Grund der EnUassung Weis-
hauplÄ S. 207. — Kurfürstliche VerfQgungen bezüglich der Eni-
lassung S. 208—210. — Weishaupt flieht aus Ingolstadt S. 211. —
Wohlwollender Brief des Herzogs von Golha S. 212. — Priester
I,8nz wird vom BHlz erschlagen S. 213. — Die erste IHuminaten-
liste bei der Leiche gefunden S. 213. — Arreslbefehl gegen Weis-
baupt S. 214. — Der Tod von Weishaupts ersten Frau S. 215. —
Eine delikate Angelegenheit hinsichtlich seiner zweiten Frau
S. 216— 221. — Weishaupts Dispensation^ seine Schwfigerin heiraten
2U dßrfen, trifft ein; seine Heirat 8.221—225. — Weishaupts ällester
Sohn Wilhelm S. 22ö. — Schillers Urteil über Weishaupt S. 227.
— Weishaupt in Hegensburg S» 228. — Seine Haftnahme wird he*
absichtigt; Weishaupt in Wien S. 228. — Herzog Ernst von Gotha
schützt seinen Hofral Weishaupt S. 330* — Die beabsichtigte Er-
nennung Weishaupts zum Gesandtschaftsbeamten S..330. ^ Kurfürst
Carl Theodor verlangt die Auslieferung W^eishaupts S. 123, — Der
Rat von Regensburg wegen Weishaupt in Ängsten S. 232/33. — Die
Lage W^eishaupts spitzt sich zu S, 236. — Weishaupt flüchtet nach
Golha S. 236. — Konllikt des Herzogs mit dem Kurfürsten wegen
Weishaupt S. 237—239.
ie Wurzeln der 111 uminotenverfolgung 240
Die ersten Fehdeschriften S. 240. — Jesuilen als Rosenkreuzer
S, 242. — Ein Brief von Pater Frank als Rosenkreuzer S, 243, —
Ein Brief von Dr. Oelrichs, enthaltend die Kopie eines Briefes
vom späteren König Friedrich Willielm von Preussen S. 245. —
Letzterer in Rosen kreuzerhänden S. 245. — Des Königs Brief
- VIII ^
die llluminaten betrefTend an den Kurfürsten von Sachsen S, 247,
Wie sich diese Angelegenheit erledigt S. 248, — Hosenkreuzer-
Übermut und Baaders Entgegnung S. 249—251.
Die Massregelung Zwacklis .
Zwackhs Werdegang S. 252. — Zwackh wird als Uluminal ver-
dächtigt S. 263. — Haussuchung bei ihm in Landshut; amiliches
Protokoll hierüber S. 254, — Eckartshausens Tätigkeit als Archivar
in IHuminalenangelcgenheil-en befohlen S. 257, — Wie Eckarts-
hausen Archivar wurde S, 258. — Verzeichnis der bei Zwackh ge-
fundenen Papiere 8.259—261.— Ein Paket an Paler Frank S. 2ß2.
— Wie die Kommission arbeitete S.262, — Zwackh Hiehl 5.263.—
Versuche zu seiner Rechtfertigung S. 2G4, — Brief von und an
V. Belderbusch S. 2(i4— 269, — Berichte des französischen Gesandten
über die lUuminaten und Zwackh S. 270—272.
Verfolgung des Baron Bassos
Wie der Baron Hin min at wurde S. 273. — Zwackh sein Ober*
Btlminislrator S. 273, — Zwackhs unterschlagener llhef an den Ver-
walter Meyer S, 273. — Chalgrins Angaben S. 274- — Die Herzogin
Maria Anna sagt über Zwackh aus S. 274. — Befehl des Kurfürsten
zur Visitation zu Sandersdorf; Gründe hierzu S. 276, — Neue 111 u-
minatenschriften werden gefunden S, 276. ^ Wie Bassus diese
Schriften erhielt S. 276. — Das ninminalennest Sandersdorf S, 277.
Bassus wird verhört S. 27K — Er unterschreibt einen Revers S. 279.
Das totgeschwiegene vierte Verbot mit angedrohter Todesstrafe für
den Ordenswerber S. 280. — Wie sich der Kurfürst über gericht-
liches, gesetzliches Verfahren hinwegsetzt S. 281.
Die Loge Theodor vom guten Rat. Die Aussagen
zweier Priester
.\udienz des Grafen Seeau S. 282. — Memorial der Loge, dem Kur*
forsten überreicht S. 283. — Prediger hetzen gegen die niuminalen
S. 283 (Fussnote). — Zirkular des Ordens nach dem ersten Verbot
S, 284 (Fussnotej. — Echtes und unechtes Maurer-^ystera S. 286. —
Der Kurfürst selbst Freimaurer S. 287 (Fussnote). — Lesegeselb
schaflen der IHuminaten S. 290. — Bericht von Sulpitius Cosandey
S.29I.— Bericht \onVilusUennerS.21ia — EinellluminatcnlisteS,3()3.
Weitere \>rnrdnungen des Kurfürsten und Ver-
folgungen
Erlass des Kurfürsten für das Mililär S. 306. — Freiherr v. Meggen-
hofen zur Besserung ins Kloster gesteckt S 306. — Seine Erleb-
nisse, von ihm selbst erzählt S> 307-316. — v. Meggenhofens Tod
S. 315. — Das dritte kurfürstliche Verbot S.316. — Ein satyrischer
Brief Borns an Betderbuscii S. 318. — Wie Paler Fast die Ver-
folgung zu nützen weiss S. 321. — Stadtoberrichtcr Fischers Amis-
entsetzung S. 322. — v. Dellings Verhör und Verurteilung S, 322.
— Graf Savioli und Constanze werden entlassen S. 323, — v. Moni-
gelas des Ordenssiegels wegen in Verhör genommen S. 323. — Das
niuminatensiegel S, 324. — Weitere Amisentlassungen S. 324. — Wie
viele niuminalen sich an der Universität Ingolstadt befanden S. 325.
^em
251
272
282
1
304^
Giftrezepte der Illuminnten und ein l>erüclitigtes
I Protokoll . 325
Massenhausen als GiRmisrlicr S, 326. — Seine Verliafluiig S. 32ß.
— Sein Verhöp und seine Schuld S. 327. — Massen hausens FhicliL
S. 5128, sein Steckbrief S. 329. — Dr Munt*?r verlangt Einsieht in
die konfiszierten Papiere S. 329. — Baron Mänd! und seine un-
glaublichen Aussagen S. 331— 334. — Die llhiminatenkasse nach
Mandls Aussagen S» 335. — Mändla Behauptungen» dass die lllu-
minaten Gift gebrauchen S, 337-339.
Die Ordenskasse. Geistliche oIs Illuminoten ... 340
L Kanonikus Hcrtcl eingesperrt S. 34(1 — licrtels Aussagen über
Verbleib der Ordenskasso S. 340. — Die Einnahmen des Ordens
S. 34K — Die Ausgaben des Ordens S. 343. — Hertels Enllnssung
S. 344. — Verbot des Fürstbischofs von Freysingen S. 344— 346. —
Grönde, die die GeisÜichen veranlassten Illuminalen zu werden
S. 347. — Anerkennungsschreiben des Kurfürsten an den Forste
bisehof zu Regensburg S. 348,
A tisbr-eitung des Ordens 349
Die NaliünabDii*eklions-Tabelle von Deutschland S, 3ii0. — Staacks
Angaben S. STjI. — Knigges und Weishaupts Ansichten über die
Ordensausbreilung S. 352, — FürsHichc Mitglieder des Ordens S. 353,
^ War Goethe Illiiminal? S, 356. — War Scliiller Illuminat? S, 356.
luminntismus und Freimauierei 357
Die Freimaurerei zur Zeil der Ordensgründung, Freiherr v, Hund
S. 357/358. — Knigges Absichter»; das von ihm verfasste Consti-
tution sbueh S. 359. — Instruktion in Ansehung der Frcymäurer
l.ogen S. 359. — Ein Schotten -Revers S. 362. — Ritter Eid S. 3B4. —
Die unbekannten Oberen S. 366. — Der Nimbus der Echtheit des
Freimaurer-Systems S. 3fn. — Befeindung der Hosenkreuzer S. 368.
s Ende des Ordens ............. 369
Der Fall Pechmann S. 369. — Der Huf von Zweibrür-ken schützt
die Illuminaten S. 370. — Das geheime Inquisitions Kabinett S. 370.
— Ein Katalog der ntuminaten von 1791 S. 371-373. — Einige Be-
richte Montezans über Fater Frank S. 374. — Graf Pappen heim
verbannt S. 375. — Kluckhohns Artikel über Blumi na ten Verfolgungen
S. 375. — Wie Illuminaten Denunzierte behandelt wurden S. 377. —
Interesse für die Schulen war verdächtig S. 378. -- Des Kurfürsten
Tod S. 378. — Graf Montge!as, der Retter Bayerns a 378/79.^ Zwackh
zurückberufen S, 379. — Geheime Gesell seh öRen verboten S. 379.
eishaupts letzte Jolire und seine Familie. . . .
Weishaupt in Gotha S, 380. — Weishaupts endliche Erklärung Im
Reicbsanzeiger S. 381. — Ein Brief Weishnupts an Montgelas S. 384.
Weishaupt wird zum Mitgliede der Königlichen Akademie der
Wissenschaften in München ernannt S,3H6. — Zschokkes AngriflT auf
Weishaupl S, 386. — Weishaupts Söhne S.387. — Ein Brief von Ernst
Weist ja upt aus dem Jatjre 1818 S. 389, — Professor FUd verteidigt
380
Weishaupt gegen Zschokke S. 390. — Die Karriere von VVeishaupls
Söhnen S.391. — Zwei Briefe Weishaupta an Utzschneider S.393— 395.
— WeishaupU Tod und Grabschrin S. 396* — Major Karl Weis-
haupt schreibt an Bölliger über seinen Vater S. 398. — llluminaten*
papiere in Gotha, der dortigen Freimaurerloge gehörig S. 40L —
Die Gräber der zweiten Frau Weishaupts und ihrer Töchter S. 402.
— Die Familie Weishaupt ausgestorben S. 402.
Beschuldigungen, die dem Orden wurden .....
Der Orden als Beförderer der französischen Revolution S. 404. —
MIrabeau, Illuminat S. 404 und Mauvillon. — Die Lage der Frei-
maurerei in Frankreich zur Revolutionszeit S. 405,i'406. — Der Herzog
von Orleans, Egalilö S. 4ÜB. — Die Abgesandten des Ordens: Bode
und Busche S. 406, — Die Entstehung der Jacobiner-Clubbs S. 408.
— Jacobinismus und Illuminatismus S. 409. — Die Reise Bodes
nach Paris und ihre Gründe, von ihm selbst erzählt S, 410. — Seine
Erfahrungen über den tierischen Magnetisnaus S, 413. — Schillers
Zeugnis über den Erfolg von Bodes Reise S. 415. — Bode als Nach-
folger Weishatipts S.416. — Die französischen Gesandlschansberichtc
zur Revolutionszeit S. 416. — Was diese von den niuminaten wissen
S, 417—419. — Die Illumin^^s sind nicht niuminaten S. 420, -^ Ca-
gliostro als niuminat S. 421, — Seine Lügen über den Orden S. 422.
— Was ist Wahres an Cagliostros Behauptungen? S. 423. — Peter
von Leonijardi und Knigge S, 424.
Der Fortbestund des Ordens und die Furclit vor ihm
Die allgemeine lUuminatenfurcht S. 425, — Die liluminatcn in
Berlin S. 426. — Nicolai» Gedike und Biester S. 426/427. — Die
deutsche Dnion S, 429. — Die österreichische Regierung sendet
Armbruster als Agent aus S. 429. — Sein Bericht S. 430. — Die
niuminaten nach Armhruster S. 430— 436. — Die Patrioten, Ulz
schrieider Haupt derselben S- 43ti— 443. — Fourniers Meinung über
diesen Bericht S. 443 — 445. — Preussische Schrift über den Tugend-
bund im Sächsischen Staatsarchiv S. 446. — Extrait d'un Memoire
sur les niumiuL'Ä et TAllemagne, Dokument im Pariser Archiv
S. 447—461. — Napoleons niumiiiatenfurcht S. 46l — Der Atlon-
liler Staps S. 462. — Das wirkliche Ende des Ordens S. 463.
Der neue Illuminatenorden
Allgemeine Angaben über die Begründung de* neuen Orden» und
d esse n f^ en rga n i sn I o r ,
BtiU
42
46^
-^M^'"^^
D
Einleitang.
8 grosse Piiblikiini Ijat gewöhnlich füi' einzelne Vorgfinge in
*lej' Ciescliiclite, wenn sie nicht eine durch Bhit und Kriegs-
yeschrei herv^orrogende Epoche dorstellen, wenig Interesse, selbst
'donn niclit, wenn die Ereignisse in das soziale Leben einslens stark
i eingegriffen haben und als einen Au??gangspunkt für manche Er-
rungenschaften der Neuzeit betraclitet werden müssen. Dem Ge-
fechichtsforscher jedoch, der die Geschicke der Völker nicht nur
recht oft durch Zufälligkeiten, sondern setir oft durch ganz unvor-
hei'gesehene, in ilu'cr Wirkung auf die Menschheit unfongs unter-
schätzte Ereignisse, beeinflusst sieht, hohen gerade Geschichts-
voi-gange besonderes Interesse, die die Grundlagen s|tätereT'
^-EntwickUing in sich tragen. Ohne der Gi^ündung und Verfi>lgung
Hdes Illuminatenordens nun eine übertriebene Bedeutung bei-
messen zu wollen, ist doch erwiesen, dass in dem Kampfe, den
^wdie Zopfzeit mit der erwachenden, modernen Kulturepoche aus-
Hfeufechlen luitte, die seinei^ Zeit in Bayern in ihrem Gesamtbilde
recht uneifreuliche Verfolgung der Illuminaten eine Rolle spielte,
ilie von dei" Geschiclite bleibend aufgezeichnet ist als ein Mark-
stein für den Beginn der- lu'schütterung des absoluten Herrscher-
Regiments, des Niederganges einer Zeit, in der das stolze Wort:
,Regis voluntas suprema lex" noch unumschränkte, selbst das
leclit beugende GewaU besnss.
Weil aber jene Zeit dei' Erschütterung des willkürlichen
Regimen les als ein solcher Markstein in der weiteren Zeiten-
folge bezeichnet wurde, sr» konnte sich die Beschuldigung, „der
Jlluminaten-Orden liabe diese von vornherein beabsicijtigt, er sei
egründet worden, um die Fürsten von den Thronen zu stürzen,
habe die französische Revolution verschuldet, sei in seinen
ehren höchst Staats- und religionsgefahi'lich, vernichte die
Engel, Qe*olilebtc de* ILlumiDalenarduDs. |
Moral des einzelnen und des \ olkes, und dergleichen Unsinn
mehr (Beschuldigungen, die lieutzuUige den Freinuiurern noch
vielfach nochgesagt werden)'' sehr lange erholten, während in
Walniieit nichts von alledem nnchzuweisen ist. Die Begründung
des Illuminatenordens durcli den Professor Adnni Weisluiupt
hatte bezüglich ihrer späteren Wirkungen gänzlich un-
beabsichtigte Erfolge; nieinols hat er daran gedacht, politisch
tätig sein zu wollen, wold aber liatte er beabsichtigt, der Geistes-
entwicklung des Einzelnen im Orden eine feste Buig zu schaffen;
nie hatte er geglaubt, dass sein Orden jemals einei* \'eift>lgung
ausgesetzt sein könnte. Wenn letzteres dennoch eintrat, so
lagen die Fäden denn docli auf anderer Seite, als vielfach ver-
mutet wurde* Es kommen vei-scliiedene Dinge zusammen,
welche eine Verfolgung veranlassten, und würden diejenigen
Personen, die eine Wühlarbeit im Interesse der Unterdrückung
des allgemeinen, freien Geisteslichtes verrichteten, heute über-
blicken können, was aus diesei* in Ba\ern und Deulscidnnd
allerdings viel liirm vei'ursaclienden Verfolgung entstanden ist,
zum Wohle der Allgenicinheit, sie würden entsetzt erkennen,
wie das Wort Mephistos auch auf sie passt:
Ich bin ein Teil von jener Kraft,
Die stets das Böse will und sleLs das Gute schafft.
Wir werden uns im weiteren damit zu beschäftigen Imben,
die Fäden blosszulegen. Sie sind im Laufe der Zeit kein Ge-
heimnis gehlieben, und deswegen sind auch Bescliönigungs-
versuche mancher Art vorgenommen worden, die infolge ihrer
Tendenz, zwar nicht schroff, so doch deutlich durchblicken
liessen, dass Weishaupt ein mindestens zweifelhafter, moralisch
nicht reiner Charakter gewesen sei, der Illuminatenorden staots-
gefährliclie Umtriebe, böse, nur den geheimen tibern bekannte
Absichlen \erfülgt liühe und dass deswegen die Verfolgung immer-
liin gerechlfertigt gewesen. — Im Laufe unserer Auseinarjder-
setzungen werden wir an der Hand teils nticb gänzlich un-
bekannter, teils bisher in ihrem Wortlaute noch nicht ver-
öffentlichter Dukiunente nochweisen, was davon übiig bleibt.
Wir gesteheu en dicvser Stelle ofTcn ein, dass der jetzige
llhnuiuatenoiTlen, eingetragener Verein zu Dresden, in der un-
aiil'echtbaren, geschichtlichen Dai-stcllung seiner Voifahren, auch
das beste Verteidiguiigswerk für Angi*itfe auf seine jetzige Ten*
denz erblickt, SmIcJic Angriffe erlaultt man sich bereits in un-
zweideutigste!' Form, unter Benutzung alter Werke aus den
3 —
Jaliren 1784 — 1788 Man stellt aus diesen sehr leiclitein verzerrles
Bild des damoligen (h'dens zusammen; durch Aneinanderreihen
«glichst schroffer Stellen, die aus ihrem Zusammenhange ge-
sen werden, und dadurch ganz anderen^ unbeabsichtigten
Sinn ergeben, wii'd es immer spollleichl, sein, alles zu beweisen,
was man bewiesen hoben wilL Dieses altbekannte Rezept
findet sich z. B. in einem allerneuesten Gebräu*) literarischer
Taschenspielerkunst vortrelilich angewandt, segelt unter dem
edlen Voi^eben der Volksaufklorung in die Welt hinaus, und der
oder die Verfasser sind sicher, dass naivere und urteilslose Leser,
angegrault von den Veiführnagskünsten und dem angeblicl»
schändlichen Ti'eiben des nlten Ordens, den neuen Orden eben-
fciUs nicht anders beurteilen werden. Der neue Orden ist leider
juridische Person und dCnfle offenkundige Verdrehungen als
Verleumdungen zu strofen wissen — folglich greift man am
sichersten für das eigene Heil den historischen Orden an, indem
En sicher ist, dass von allen diesen Verleumdungen am
igen auch etwas kleben bleiben wird.
Dem heutigen lllumirmtenorden, der seine Existenz doch
1 einmal aus den Restbestünden alter Zeit nicht ableugnen
in, dazu auch gar keine Ursache bot, könnte es im Grunde
genommen höchst gleichgültig sein, ob die längst verth>ssene
historische Periode vorwurfsfrei gewesen oder nicht, er hat ledig-
Jich fui- sich selbst einzustehen und darauf zu achten, dass er
jetzt vorwuifsfrei ist; aber es verlangt das Interesse an dem
Ursprung, sowie die rierechtigkeit, dass l)esteliendes Falsches
ausgeschieden und die Wahrheit festgestellt wird, falls dieses
möglich ist. Und das ist möglich, wenn das Geheime Staats-
archiv, sowie das Geheime Hnusarchiv in München, sowie
andere Staats- und Privatarchive vorurteilsfrei hei'angezogen
werden. In diesen Archiven (Berlin, Dresden, Wien, Gotha,
»ris) befinden sich diejenigen Urkunden, Briefe, Schriften und
otokolle, welche, wenn nicht einseitig beui'teilt und ausgelegt,
recht wohl imstande sind, ein klares Bild zu geben. Leider
wurde bisher nicht völlig ein\Aandsfrei diese Arbeit geleistet,
entweder waren es Teilarbeiten oder Nichtkenntnis mancher
vergrabener Licht gebender Urkunde oder uucli Rücksichten,
welche die Verfasser zwangen, gewisse Dinge mit einem
♦) „Volksöufklärung'v kleine Handhibliolhek zur Lehr und Wehr für
lundc der Wahrhell Nr. 4D/50* Der niuminaten Orden v. Dr. jwr. Kruecke-
fei\ Verlag von A, Opitz in Warnsdori; Böhmen,
1*
Mönlelchen zu beluiiigeri, wodurcli \N>lle Kkii-heit über diese
Zeitperittde bis heuligon Tapes nicht gepebeii ist. Wir wollen
versuchen, olme alle Beschönigung, aber auch ohne olle Be-
denken, eine Darstellung der Dinge zu geben und suchen zunächst
noch einem ntlen Leitfaden» der uns auf den vielfach ver-
worrenen Irrwegen zum Führer dienen kann, — Wo ist dieser
Leitfaden zu finden?
In den üblichen Anklagen heisst es, weil der (Jrden staals-
und religiousfeindtich gewesen sei, liabe Staat und Kirche ein
Interesse gehabt, ihn zu vernichten. Wir werden uns folglich
zum näheren Verständnis zuerst umsehen müssen, ob diese
beiden notgedrungen Gegner werden mussten bezw. waren, und
warum sie es waren. Wollen wIj' jedoch richtig urteilen, so
müssen wir uns über die Zustande in Bayern zuerst orientieren,
wie das Land zur Zeit der Gründung des Ordens aussah; wir
wei'den uns in die Denkweise jener Zeit zu versetzen haben,
die jedenfalls der unseren nicht gleich gewesen ist, andernfalls
würden wir falsche Schlüsse ziehen >
Damit nun niemand glauben kann, diese vom heutigen
( h'den begutachtete Schrift sei tendenziös zugestutzt, möge
ein Nichtilluminat, der Professor August Kluckhotm zur Sprache
kommen, der 1874 in der Allgemeinen Zeitung längere Aufsatze
über: Die Itluminalen und die Aufklarung in Bayern unter
Karl Theodor veröffenthchte und in der Einleitung über die Zu-
stande in Bayern folgendes sagt:
vKuT'fürst Maximilian HL, gewöhnlich Max Joseph genannt,
welclier am vorletzten Tage des Jahres 1777 starb, wurde als
einer der besten Fürsten Bayerns lang und aufriclitig betrauert.
Dankbar erkannte man seine Hei*zensgütc, seine Liebe zu dem
Volke und seine ernste Sorge für dessen Wohlfaljrt an. Die
Denkenden und Weiterljlickenden wussten no(^h Besseres von
ihm zu i*ülirncn. Sie priesen es als ein bleibendes Verdienst
des aulgeklärten Fürsten, dass das geistige Leben Bayerns
noch langer Verkümmerung und Vei'sumpfung einen neuen
Aufschwung genommen, dass die Übermacht des Filerus ein-
geschränkt, das entartete Mönchtum in seinen Auswüchsen be-
schnitten und eine bessere Erziehung des siHlich verwahrlosten,
in Aherglauben und Unwissenheit dahinlebenden X'olkes,
wenigstens angebahnt war. Hatten ja scIhmi vor* der Aufhellung
des nu'iclitigen und gefürchteten Hixlens der Jesuiten, welcher
seil zwei Jalirhunderten jeden frischen Geistestrieb im Keime
— (J —
zu ersticken und Bayern gegen jede Berührung mit dem
protestantischen Deutschland abzuspeiren gewusst halte,
\Aaekere Miinner es unter-nommcn, ci-st in der Stille, donn laut
und öftenllicli mit Wort und Schritt gegen Priesterdruck und
Möncheswahn zu streiten. Die den Jesuiten zum Trotz in der
Hauptsladt des Landes 1759 gegründete Akademie der Wissen-
schaften bildete den Vereinigungs]Hmkt für die Vorkampfer
einer vernünfligen Aufklärung. Heilsame Anjcgungen gingen
von hier aus auf weitere Kreise über. Die sclilummernden
Geister wurden geweckt, und die frischen, kräftigen Tj'iebe,
welche dem bayrischen Volksslamme entkeimten, belehrten
!iuch die Zweifler^ dass jahrhundertelanger Di-uck, bei Mangel
nn I^uft und Liclil» wohl jenen gebeugt und im Woehstum ge-
liemnil, niclit aber, dank seiner unveiwüstlichen Kraft, ihn ge-
brochen und der Verdorrung preisgegelien halie.
Was die Hofi'nung der Freunde des Volkes befestigte,
war namentlieli die \'erbesserung des ünterricljlswesens, wo-
ran Mannei* wie Ickstatt, Bi'aun und andere mit ausdauern-
dem Mut und liebevoller Hingebung arbeiteten. Hatten die
Jesuiten einst schon im IG. Jahrhundert das in seinen Anlangen
bestandene Volksschuhvesen systematisch uniergraben , so
wurde jetzt, nameathcli unter Brauns täliger Teilnalime, die
Neubegründung desselben versuclit, und die niclit minder not-
wendige Hetbrni des fiymnasinlunterriclrles, der den Jesuileii
nur als Mittel, die Geister zu knecliten, gedient hatte, wenig-
stens seit der Zeit mit Aussicht auf Erlblg in Angriff genommen,
als durch dos Brevc des Papstes Clemens XIV. vom 21. Juli
1773 die Auflösung des l M'dens Jesu ausgesprochen war. Das
sehr bedeutende \'ermögen der Gesellschaft, von der kurfürst-
lichen Regierung jetzt ganz für Bildungszwecke bestimmt^
schien hinlängliche Mittel fui' einen systematischen, nllen Be-
dürfnissen genügenden Neuhau des Unlerrichlswesens iiu bieten.
Der greise Ickstatl vor alten ging dabei von den höchsten
Gesichtspunkten aus. Grosse Pläne wui-den entworfen, Gut-
achten über Gutacliten eingeholl, bis im Jahre 1774 auch glück-
licli eine Schuhndnuiig zustande kam, von der man das beste
hatte envarten können, wenn sie tatki'äflig, nller Hindernisse
ungeactitet, wäre durcligcCührt worden. Die Hindei'nisse
freilich, ^\ eiche einer tiefgi eilenden Untej'richtsloi'm sich ent-
gegenstelllcn, waren belangreich genug. Es fehlte für die
mittleren wie für die niederen Schulen an allen mich nur not*
— 7 —
dürftig vorbereiteten Lehrern, so dass man, was doch ein gar
bedenkliches Auskunftsmiltel war, für die Gymnasien, um sie
I nicht verwaist zu lassen, wieder zu den Mitgliedern des auf-
gelösten (Jrdens greifen musste. Es fehlte ferner der Regierung
nn eifrigen, pflichtlreuen und einsichtigen Verwaltungsorganen,
um die Durchführung der Schuleinrichtungen, dem Widerstand
[des bildungsfeindlichen Klerus und der trägen, vorurteilsvollen
"V
J^
Kurfürst Kar t Ilieudor.
Masse des Volkes zum Trotz, zu erzwingen. — Es fehlte endlich
nn den leitenden Kreisen, auch unter den Männern, welche das
Gute wollten^ vielfach die ernste Ausdauer und noch mehr die
wÖnschens\\'erte Einlrncht. Jeder wollte neue Pläne entwerfen,
neue Theorien aufstellen; Erinnerungen und Gegencrinnernngen,
heimliclie Einflüsterungen und oflene Streitigkeiten hinderten
'ein gemeinsames und nachhaltiges Wirken. Schon 1777 ging
aus zahlreichen Vorsehlägen und Gegenvorsch lagen, nicht ohne
Hücksicht auf die durch die Fiimnznot des Staates gebotene Spar-
tsamkeit, eine neue UnterricIUsordnung für die Lyceen und
— 8 -
Gymnasien hervor Ehe dieselbe jedoch praktische Bedeutung
gewinnen könnte, starb der wackere Fürst, welcher, wenn auch
ohne grosse Tatkraft , dnch das Gute gewollt und gefördert
hatte*
So lögen in Bayern die Dinge, als an die Stelle Max
Josephs IIL, mit dem die ältere Linie des Wittelsbech'schen
Hauses ausstarb, der Kuifürsl von der Pfalz und Herzog in
Jülich und Berg Karl Theodor ti-ot Der überlieferte Zustand
war erschüttert, die Stagnation einer heilsamen Gärung gewichen,
aber mit nichten ein neuer Geist schon zum Durchbruch ge-
kommen. Him zum Siege zu verhelfen, beduifte es eines Herr-
schers, der klaren Blickes und festen Sinnes einen langen und
schweren Kampf gegen Trägheil, Dummheit und Aberglauben
nicht scheute. War Max Jctsephs Erbe dieser Mann?
Schon seit dem Jaln-e 1742 hotte Karl Theudor bei seinem
Regierungsantritt, 26 Jahre alt, am Rhein mit dem Ruhm eines
aufgekläi'ten, Kunst und Wissenschaft liebenden Füi'sten gew^altet.
In Mannheim hatte er eine Akademie der Wissenschaft
gegründet, Bibliotheken und Kuiistseliätzo in der Pfalz wie in
Düsseldoif vermehi'l und mit Vorliebe das deutsche Schauspiel
gepflegt. Bekannt ist, dass bei der Einrichtung des Moiniheimer
Theaters die Ralschlage keines Gcringei'cn als Lessing in
Anspruch genommen wurden , und dass Schillers erste
Dramen unter den Auspizien des Kurfürsten zur Aufführung
gelangten.
Fi^eilich zeigte Kai'I Theodors Regiment auch in der Pfalz
schon neben öusserlichern Glanz bedenkliche Schattenseiten.
Weiber und F^ricstei' übten früfi bösen Einfluss. Eine Kamai-ilhi
von Jesuiten, Favoritinnen und natürlichen Kindern schränkte die
liberalen Neigungen immer mehr ein und liess Schlimmeres füi'
die Zukunft fürchten. Hätte die wackere Pfälzerin Elisabeth
Charlotte v»ni Orleans bis in die zweite Hälfte des vorigen Jahr-
hunderts gelebt, so würde sie von Karl Theodor vielleicht das-
selbe gesagt haben, was sie einmal über dessen Voiigänger Karl
Piiilipp in einem Brief geäussert hat: »Hätf mein Leben nicht
gedachl, dass Kurpfalz sich den Pfafien so unterweifen wüixle;
hat ja vor saisonebel passiert, nur sich durch Pfaffen regieren
lassen, ist gar nicht raisonabel.*
Allerdings sagt auch sclion dieselbe Elisabeth Charlotte:
tLeute, die in ihrer Jugend nicht gar ordentlich gelebt haben
und alt werden, denen machen die Pfaffen die Hölle lieiss«, aber
sich die HÖlIc lieiss macheu zu lossen, liebte Karl Theodor tiieht,
r liebte das Leben zu geniessen» und wer bestimmenden Einfluss
ber ihn gewinnen wollle, musste den sinnlichen Neigungen
echnung tragen. Der jesuitische Beichtvater Frank sieht in
em Rufe, dass er es verslanden, durch fromme und kluge Be-
dsamkeit etwaige Gewissensskrupel seines Herrn zu besänftigen
und niclit rnindei' ihrn sieh dadurch teuer zu machen^ dass er
idie zarlhchc Fürsor^^e des Fürslen für seine nütüdiclien Kinder
^— eheHche hatte ei' nicht =— hegte und stützte. War aber
P. Frank sclion den Pfalzern ein Anstoss, so sollte er den
Bayern ein Gegenstand des Schreckens und des Abscheues
werden.
Doeh niclil sogleich nach seiner Ankunft in München ent-
ttullte Kar! Theodor die schliminen Seiten seines Regiments.
Iwar nvusste es die patriotischen Kreise schmerzlich berühren»
lass der neue Landesherr so sehr bereit war^ mit einem grossen
Teile des ihm zugefallenen Staates die VergrÖsserungssucht des
fstlichen Nachbors zu befriedigen,*) und wer auf gute Sitte hielt,
unnte imi- mit Bedauern die strengere und vei-ständige Riclitung,
ie Max Josef so würdig vertreten hatte, vermissen. Aber in
lanchen Beziehungen zeigte die neue Regierung offenbar Sinn
ir das Gute, So gab sich anlVichtige Sorge für die X'ulkswohh
fahrt in verscliiedenen \^'irtschafllichen Massregeln kund. Auch
HjKir künstlerische und wissenschaftliche Bildung legte Karl
^iljeodor insofern Interesse an den Tag. als er die Kunstschätze
„Münchens und die kurfürstliclic Bibliothek vermehrte.
Sogar das Volksschulwesen schien unter dem neuen Regi-
lent kräftig gedeihen zu solleiL In einer der Oberlandes-
"regierung gegebenen Instr-uklion wird die gute Erziehung dei*
Jugend und die Einrichtung tüchtiger, mit geschicklen Lehrern
ptersehenen Schulen als ein Gegenstand bezeichnet, der dem
Landesvater vorzüglich am Herzen liege, wie denn aucli die
Glückseligkeit des ganzen Staates darauf grösstenteils ruhe.
Diese gesunde Auffassung kumnit auch später nocli wieder-
holt zum Ausdruck, *da Seine kurfürstliche Durchlauchtt, heisst
^8 in dem Reskript vom 15. Dezember 1779, »mittlerweile nicht
mr von dem elenden Zustnnde, worin das Sctiulwesen sich
*) Karl Theodor Lrat drei Tage nach seinem Hefjriei'tJiiKsaiarUt am 3. Januar
1778 den grössleii Teil AlÜjayeins an Österreich ab. 14 Tage danach wurde
ganz Niederbayern, ein Teil der Oberpfalz, von Osler rcirhi sehen Truppen besetxl
— 10 —
durchaus, insonderheit aber auf dem Lande verluUt, sonden
auch von dem Übel sieh über-zeugt Inibe, welches aus dessen
Vei-säumnis bisher entstondeu nnd zum äussersten Nochteil
der gemeinen SicherliBit immer mehr zuzuuelimen scheine, so
wii*d befohh^n, nicht nur auf die Eri'iciitang xmi genügenden
Schulen und Sehulleln'er-Seniiunrieu, sondern auch auf die
Bildung eines nnsreiclienden Schnlfonds ei*nstlich Bedacht zu
i
In letzterer Bezieljung \\'ird es überrasclien , zu
ver-
lUMunein.
uehinen, dass eine kurinrslliche \>rordnung in erfreulichem
Gegensatz gegen die damals wie spaiei* lierrscliendeu An-
schüuuugeri luid Ci^^wulinheilen für einen Vnlksschnllehi'er kein
geringeres Jo!u*eseiukonunen als 300 Gulden in Aussichl nirnmU
Es schien also nicht allein jene Sclndordnung, die Heinrich
Broun noch in den letzten Tagen Max Josephs für die niederen
Schulcji neu bearbeitet hatte und die von Karl Theodor im
Jahre 1778 snnktioniert wurde, jetzt wirklich ins Leben ein-
geführt werden zu sollen, sondern es stand zu liolfen, dass
weitere zidiunftsreiche Reformen auf diesem wichtigen Gebiete
folgen würden.
Nicht minder wird, angesielits des mönchisclieu Cluiraktei^,:
den die Regierung des Kurfürsten später so grell als möglich
kennzeichnet, die Tatsache Verwnndennig eri'egen, dass Karl
Thettdor in den ersten Jahi^en sogar einen Anlauf nahm, fiber-
gläubisclic Bräuclie durch Polizei massrege hi abzustellen und
goltesdienstliche Handlungen, inshes<nider(i die öflentliclien
Prozessir*nen» von jenen ungeheuerliehen Zutalen zu reinigen^
w^clche Dejdcenden schon lange lun^ zum Ärgernis oder zum
Gespött gedient habeiL So wurde der in Obei'bayern allgemeiu
hei-rschende Uidug des Wetterläutens und Wetterseh iessens
mit Strafen bedroht, der sogenoimtc Polmesel von den Strassen
verscheucht nnd die Früideichnamsprozession, die unter den,
Hfiuden der Jesuiten zu einer so abgeschmackten Maskei*ade
ausgeartet wai-, dass sie selbst nach der Meinung des geist*
liehen Rots der Würde und Heiligkeit der Religion offen Hohn
sprach, wenigstens von den anstössigsten Mnmmereien ge-
sauber-t, indem man die phantastisch zugestutzten Reilerscharen,
die Triumphwagen und Tragbahren mit lebenden Bildern, die
sieberd<öptigen Drachen usw. preisgab. Dazu stimmte es, dass
die Regieiimg aucli jener verdeiblichen Flut vorj Mönchsscbriften,
die unter dem Titel von Andachlsbücbeiii dein krassesten Aber-
und Wunderglauben dienten, Einhalt zu tun sich anschickte,
I
— 11 —
Nur scluidi:*, dos^^ dorartige Besd-pboiigeii uiclit die Konse-
[ueuzeti eines testeü Hegieruiig.ssysH^nis, sondiM*n zufölligo
Jiichvvirkungen der unter Mnx Joseph eingeschlagenen Richtung
Svnren, und dnss um dieselbe Zeil, da man einer vernüol'figen
Aufkiüruug noch das eine und andere Zugeständnis machte.
Dinge geschahen, die einen vullstöndigen Bruch mit jener
Fiichtung ankündigten und die bis dahin ausgestreuten Keime
einer besseren (ieisteskuUur geradezu mit Vernichtung bediTthten.
Wer sollte es für mögh'ch lialten, dass die ehemaligen
lesuitengüter, mü' welchen der Bestand der Gymnasien und
Lyceen bei-uhle, iediglicti im Interesse der bequemen Versorgung
i"ijn Günstlingen, vor nHem dei- notürhchen Kinder des
I
^^•ijn Günstlingen, vor nHem dei- notürhchen Kinder des Kui
forsten, zur Dotierung einer neugegründelen Zunge des Mal-
theser Or^dens verwendet, die miltleren Studienanstnlten aber
den Klostergeistlichen, unter Obhut der Piiilnten des Landes,
ubeiigeben wurden? Wolii W7ir ein so verdei'bliche!* \'orschlag
fcuch in Max Josephs Tagen schon zur Sprache gekommen, aber
sofort auf dos lebhafteste bekäni]>f"t worden, indem man mit
Bchlagenden Gi'ünden geltend moclite, dass nie und nimmer
Eur Erziehung künftiger Stantsdiener die Mönche brauchbar
Hen* Jetzt hörte man darauf nicht, und schon im Jahre 1779
mrde die verliangnisvolle Massregel getroften, welche die
Lrbeit eines MensclienaUers vernichtete. —
Wo solclie Tendenzen zum Durchbruch kamen, lioben
&elbslverstiindlicli jeiu^ finsteren Mächte, welche sie'h nurgn^llend
jine kurze Zeitlang dem Willen des Staates gebeugt hatten,
iron neuem und kecker als je ihr Haupt.
Die Exjesuiten str'itteii mit den Kapuzinern, Franziskanern
und den Scharen andei'cr Mönche um die Herrschaft; nur in
der Verfolgung denkender Männer und bei dei* Jagd auf ver-
dächlige Bücher boten sie treulich sich die Hand, Und wie
Lviel sie am Hofe selbst gegenüber den besten MänruM^n ver-
lochten, halte unter anderen der w^eit über Biiyern hinaus
nachtete Dichter Zaubser zu emj>[iuden. Gegen die hiquisition,
"deren Einfülirung famitische Mönche zu (Vu-dern wagten, hatte
I Zaubser eine nril Beifnll aufgenommene >t)dc€ verötTentlicht,
\ind zw'ar mit Genehmigung der kurfürsUiclien Zensnrheborde,
► Dem Zensurk(d!egium ging deshalb nebst einem scharfen
Verweis der Befehl zu, jer^e Schrift zu unterdrücken. Dem Ver-
fasser aber, welcher die Stelle eines Hr^fkriegsi-atssekrelars be-
kleidete, wurde autgegeben, ibei gesessenem Pleno sein christ-
— 12
I
katliolisehes GlaubeiisbekeiHitnis abzulegen, wonocli ihm <
zuschaifer», dass er in Zukunft bei Venneiduiig auderweilen
schweren Einsehens in dorn religioiis- und tlieologischen Fäche|
heimlich oder on'ontlich zu sclireibeu, sicij um so weniger unter-
fangen solle, ols er weder den Beruf, noch aus Mangel der
erforderlichen Wissenschaft und Prudenz die geringste Anlage
du für habe«, — »wie denn auch lieute dem Hofkriegsrats-
direktorio der Aufti^og bescheben isl, erwähnten Secretarium
Zaubser mit der Konzleiarbeit sa weit zu besclififtigten, damit
ihm zu tlieologischen nnd anderen ausschweifenden Sclireibe-
i'eien keine Zeit übrig bleibe.« So geschehen München, am
11. Oktober 1780.
Um diese Zeit war es, wo ein geheimer, anfangs nur in
engem Kreise tatiger <h'den, durch wellÜche und geistliche Mit-
glieder vnn einflussr'cichcr Stellung verstärkt, zu einer öffent-
lichen Macht aiigewaciisen, begann, stai*k genug, wie man
wähnte, dem Heei-e der Priestei* und Mönche mit ihrem ge-
samten Anhang die Spitze zu bieten und einer energischen Auf-
klöi'ung allen 1^'instei'hngen zum Ti^otz zu einem vollständigen
Siege zu verhelfen. Ich meine den Geheimbund dei^ lüuminaten,
iiev auch nacli seinem Sturze noch Jahre lortg die Geisler in
und ausserlnilb Bayerns teils in Liebe, teils in Hass beschäftigte
und selbst in der Literatur der Gegenwart die widers[>rechendsten
Urleile über sich ergelien lassen musste.
Nicht minder als Geist und Tendenz des Ordens gehen
die Ansichten über den Stifter Adoni Weishaupt auseinander.
Von den einen als ein begeisterter Ai»ostel der Aufklarung und
Hnmonitut gefeiei-l, gilt er den anderen als Heuchler und Böse-
wicht. Wir wallen \ersuchen, ihn an der Hand dei" Geschichte,
zunächst seiner eigenen Geschichte, kennen und würdigen zu
lernen.*
Soweit Khickhohn. Wir ahnen aus diesen Worten bereits,
dass der Hauplquel! der \'erf(tlgungen auf kircldicher Seite zu
suctien sein dürfte, welche sich der Staatsmacht bediente, und
wir werden den roten Faden gefunden hoben, an dem sich Er-
eignis an Ereignis reihen Itisst, wenn wir dem Entwicklungs-
gang voi*greifend zwei Briefe des Papstes Plus VL an den Bischof
von Freising verölTentltchen. Die Or-iginole, lateinisch ge-
schrieben, liegen im Münchener Staalsarchiv und lauten in der
Übersetzung'*'):
•) Die beglaubigleAbscIlrinderläleinischen Briefe im Oi'detisarchiv zu Dresden.
13 ^
Pias P. P. VI.
Verelirungs würdiger Bj'uclcr!
Gruss und apostolisclien Segen!
Unserem allergi*össten Leidwesen haben Wir aus Deinen
Zeilen vom IL MmI ersehen, doss die Sekte der Freimaurer,
welche gegenwärtig einen neuen Aufsetiwnng zu neinnen scheint»
jhren Sitz in der Hauptstodt Münclien aufgeschlagen liot und
lass sie, was Uns noch mehr beunnilrigt und auch von Deinem
Nuntius selbst bezeugt wird, in der jüngsten Zeit sicli weiter
ausbreitet und im geheimen iliren Ansteckungsstofl" fsisl durch
die ganze Welt verLi-eitet. Und doch kann es durchaus nicht
bezweifelt werden, wie verderblich für die Menschheit die Be-
rülu'ung rnit jenei* l*est ist, wie sein- dieselbe die Religion
und die königliche Mncht schädigt; und wenn die Gesetze und
lie Anschauungen derselben auch nur teilweise an die Öffent-
lichkeit gedrungen sind, so ist doch mehr als hinreichend über
MÜeselben bekainit geworden, um zu wissen, dass Geseltschaften
der Art von Tag zu Tag fluclnvürdiger erscheinen. Dies gewinnt
loch an Deutliclikeit durcli die Dokumente, welelie Du Deinem
■Schreiben beigelegt hast. So nehmen Wir derm, verelirungs-
^würdiger Bruder, in nocli versiäi'kteni Masse Deinen Fleiss in
mspruch, dass Du alles sammehi luid Uns und dem apostoli'
sehen Stuhle einsenden mögest, was für die katholische Religion
von NutzcTi ist und Unsere obei^liiilliche Sorge und Wachsanr-
keit weckt, indem Du dabei der Sitte der Vater und
Bischöfe folgst, die schon seit den ersten Jahrhunderten
bestanden hat, alle wichtigen Vorgänge, wo sie sieh
auch immer begeben mögen, der römischen Kirche, aller
Kirchen Muttei' und Lehrerin, zu vermelden und von dort im
Falle von Schwierigkeiten Hilfe und Trost zu erhilten. Neben
pDeinem Uns hocherfreulichen Bemühen und Deinem Uns mit-
geteilten bischöflichen Eifer waren für Uns in Un.serer Be*
kümniernis ein ansehnlicher Ti'ost die Dekrete Unseres demütigen,
geliebtesten Sohnes in Christo, des Herzogs Karl Tlieodrjr von
Bayern und Grafen von der Pfalz, die im allgemeinen gegen
■derai^tigc geheime Bruderschaften und Versammlungen, speziell
Hftber gegen die Fi-eimauj-ei" gerichtet sind, deieii Gesellschjdten
Hpr strengstens unterdrückt und ächteL Dieses weise und günstige
^V erholten desselben fügt zu seinen übrigen Tugenden noch eine
Mehi^ung seines wahren Lnbes und Glanzes. Nunmelir, ein*-
ui
I
de
me^
14
würdiger Bruder, ist es Unsere Aufgabe, zu ermittelu» was ge-
schehen muss um diejenigen Mittel zu finden, durch welche
die verborgenen und docli überrill vei*breiteten Anschlage der
Feinde ans Licht gebmclit werden können. Hierin weiTlen Wir,
Noweit es an Uns liegt, aufs beste danach schauen, dass etwas
geschiebt und sich als heilsam erweist. Und wenn Wir Unsere
Arbeit als dieser sehr grossen Schwierigkeit zu widmend an-
sehen, so dürfen Wir, wie Du selber leicht begreifen wirst,
dennoch von solcher Sorge und solchem Unterfangen Uns nicht
zurückziehen und Unseren Sinn nicht davon enllasten, in Hin-
sicht auf den göttliclien Beistand, den zu erflehen Wii- nichl
müde werden; und Wir erbitten von Dir selbst, dass Du Dein
Fh^beii mit dem Unserigen vereinigen mögest und mit Deinen
durch solchen Beistand machtigen Kräflei* l'nsere Unzulänglich-
keit iiusgleichen möchtest. Dir dies zu schreiben, ehrwürdiger
Brndeiv, benutzen Wir nun eine passende Gelegenlieit und
si>ornen Deinen Uns bekannten Eifer für die Sache aufs neue
an. In Unsere Hände kam ein Druckblatt, welches sieben Vor-
schläge enthält. Es entstammt der Bnc!idi*uckerei dei* heiligen
Fakultät der Sorbonne vom Jahre 1785. Dass es von Dir der
Fällen hat der Sorbonne zugestellt worden ist, gilt nls sicher und
sollst Du vun jener ein Outachten über die Vorschläge erhalten
haben. Welche Antwort Dir von jenem Kollegium zu teil ge-
wrjrden ist, wissen Wir nicht. Wij* bitten Dich also. Uns über
<liese Angelegenheit si>bald wie möglich Bericht zu erstalten
und Uns das Urteil über jeden einzchien Vorschlag mit Deinem
gewohnten Fleisse mitzuteilen. Dir, ehrwüi'diger Bruder, Unseren
a[>ostolischen Segen, als Pfand Unserer ausgezeichneten Liebe
und Wertschätzung, und Unsei^e dauernde Fürbitte für alle
Deiner geistlichen Hut Anvertraute!
Gegeben zu Rum hei St. Peter, unter beigedrucktem Siegel
des Fischerrings, am 18. Juni 1785, dem elften .lahre Unseres
Pontifikats.
An den Ehrwürdigen Bi-uder Eudwig Josef, Bischof von
Freising.
Pins P. P VI,
Ehrwürdigster Bruder, Gruss und apostolischen Segen!
Sofort nach erlblgtem Schlüsse der Herbstfeiien beantworten
Wir Deinen letzten Brief, worin Du, ehrwürdiger Bruder, Dich
über das äusserst, was Uns zumeist am Herzen liegt. Einen
^ Trost io Widerwäi'ligkeileii bereiteten Vns Deine so wunderbur
H^rossen Verdienslc uni Uns und erhöhen diese Dein Lob. All-
^fiberfill wird der orllirnhixe Cdnube iingefeindet und denselben
jjucli in Deinem Sprengel bedroht glaubend, musstesL Du bei
Deinem Eifer für die Snchc der Religion heftig erschüttert werden
durcli dos, wqs Du aus der von Grund aus entarteten Ingol-
städter Universität erfuhi'est. So gingst Du unvei^züglich nach
. München zum Kurfürsten seihst und stelltest ihm mit dem ge-
Hpieldeten Eifer den Ernst des Übels dar. Die Tugend des Kur-
^ifürsten verdient nllcs Lob, Denn sofoi-t ging von jenem ein
■ Dekret aus, welches so geeignet wie niöghch und denkbru* wirk-
^kamst ist, nm die von fjüttlosen nn jener Universität herbei-
H^eführten Schaden auszurotteu und dieselbe wieder zu ihrer
^Binstigen Zienle, die vorzüglich auf der Heinheit des (iltiuhcns
^beruht, zurückzuführen. Es ist schier ungln üblich, elrrwürdiger*
Bruder, wie sehr Dein Ertass Unsere Seele gelröstet hat und
weiche Freude Wir emptinden. und so erwerben Wir Uns den
Düiik üllei* geretteten Guten unter Gottes IlilfV\ Ein anderes
kurfürstliches Dekret fügst Du noch bei, welches speziell für
Militfirjiersonen beslinimt ist und welches irn höchsten Grode
den Zeitverhaltnissen angemessen ei-scheint. Eine gleiche Ver-
fügung ist, wie Du schreibst, für' die Beamtenschaft erschienen.
Durch so viele ausgezeichnete Tatsachen und Anzeichen für des
nKurfürsten Frömmigkeit untl herv<uTagende Tugend erhöhl sich
^Hessen Lob, erhölit sich aber auch Unsere Hochachtung \or
Deiner Uns schon bekonnten bischöflichen Treue, Wachsamkeit
Hiiud Verdiensllichkeit. Wiewnlil Wii* nicht dar-an zweifeln, doss
Hpeine letztzeitigen Demühungen für die Religion unter Gottes
^Beistand einen rülrndichen Ausgang hal>en werden, so sind doch
^■ene ersten der fünf gottgleichen Vorschläge des Peter Hartmann
^baldmöglichst zum ervvünschteji Ende zu führen, und würde es
Uns sehr erfreuen, nach dei' Drucklegung in der Sorbonne das
H|L7rleil und die ganze von Dir glücklich \ollendete Serie, von
^■rgeml jemand üt>er'setzl, in einem J\xem]jlai" enlgegen zu nehmen,
^pür Dich vom nllgütigen und allmächtigen Gott als Frucht Deinei*
Hfeemühungen und Arbeiten reichen Segen erflehend, senden Wir
Dir Unseren apostolischen Segen als immerwährendes Pfand
■Utiseres ausgezeichneten väterlichen Wohlwollens.
' Gegeben zu Rum bei St. Moria Major-ins, unter Beidruck
des Siegels des Fischerringes, am 12. Ni^vember 1785, dem elften
ihre unseres I^»ntifikatea
— IG —
An den Ehrwürdigen Bruder Ludwig Josef, Bischof
Freising. —
Diese Briefe sind an sich so klar, dass sie eines Kommei
fares kaum bedürfen, wir werden im Laufe der Auseinander
Setzungen auf diese zurückzukommen haben, zunächst sind si<
ein unumstössliches Dokument, dass, der Sitte der Väter un(
Bischöfe folgend, wie es im ersten Schreiben heisst, recht vieP
schon vor dem Johi-e 1785 noch Rom berichtet sein muss, und
dass die angeblich entartete Ingolstadter Universität {wir werdeij
erkennen, dass damit die Tätigkeit Weishaupts gemeint isl)
schon lange ein sclimerzender Dorn im Fleische gewesen seil
muss. — Gleichzeitig dürfte aber erlaubt sein, darauf hinzuweisen]
dass die angegebene Sitte der Väter und Bischöfe auch nocli
heute Gellniig hat und dass der unversöhnliche Feind aller Frei-l
inonrer, llluininaten und ahnlicher (iesellschaften sich in deaj
Kreisen befindet, die naher zu bezeichnen überflüssig sein dürflej
Die Unirersitlit zu Ingolstadt.
Von Ingolstadt ging die Begründung des Ordens aus, do
war Adam Weishau]>t geboren, erzogen, Besucher der l'niversilat
und schliesslich Pn)fessor derselben geworden. Wir werden also
um die inneren Gründe der Ordensentslehung richtig würdigen
zu können, bemüht sein müssen, auch den Grund und Boden
genauer keimen zu lernen, auf dem die ganze Bewegung ge-
wachsen und gediehen ist.
Bei Darstellung der Zustände der Universität Ingolstadt
fussen wir auf die ausgezeichneten Studien des schon genannten
Professor- Kluekhohn, welciier mit rülnnenswertem Eifer nament
lieh die Zeiten erforschte, in welchei- der Freiherr von Ickstatt
an der Universität wii-kte inid rliese reorganisierte. Ickstatt war
der Pate des jungen Weishaupl, und er war es nanientlicti, der
dem jungen Gelehrten die Wege ebnete; seinem Einfluss muss
man den bedeutendsten Anteil an der Entwicklnng desselben
einräumen, selbst in Anbetracht des Umstandes, dass diese
späler eine Richtung aimalnn, die jedenfalls von dem Paten
weder gewollt noch gebilhgl werden konntcv
— 18 —
Wir eutiiehmen dem Vuilrage des damals Di\ Kluckhohn,
dej] derselbe in der offentlicheii Sitzung der königlichen Akademie
der Wissenschaften zu München am 25. Juli 1868 gehnlten haL
folgende Angaben.
,,.luhann Adam Ick^^tatt ist am G. Januar 1702 zu Vocken-
hausen als der Sohn eines Hammerschmieds geboren und sollte
das Gewerbe seines Vaters fortsetzen. Er zeigte jedoch wenig
Lust hierzu, sodass er dem Unwillen seines Vaters hierüber, der
sich durch körperliche Züchtigungen oftmals aussprach, entfloh
und in Mainz zu den gelehrten Schulen Zutritt suchte und er-
hielt Er ging als Jüngling UGch Paris und trat im 18. Jahre
als Soldat zuerst in französische, darm in österi^eiehische Dienste.
Bald jedoch kehrte er zu den verlassenen Studien zui'ück untl
hielt sich in Hnlland, in Londoii, dann in Irhmd und SchoHland
auf. Er kehrte nach Deutschland zurück, um eigcnt liehe Fach-
studien zu betreiben und widmete sich der Jurisprudenz mit
solchem Eifolge, dass er in Mainz durch eine staatsrechtliche
Abhandlung sich den juristischen D(»ktorgrad erwarb. Im Alter
von 29 Jahren wan-de er mit dem Titel eines HotVates an die
Universität Würzburg berufen, wo er das deutsche Staatsrecht,
das Natur- und Völkerrecht öffentlich zu lehren übernahm. Aus
dieser Periode seiner Wirksamkeit in Würzburg ist wichtig zu
wissen, dass Ickstatt von dem Philosophen Brucker aus Augs-
burg als ein Mann gerühmt wird, den die göttliche Vorsehung
ausersehen hohe, die Wahrheit fortzupflanzen, das Studium in
einen besseren Stand zu setzen, die Vorurteile zu bekriegen und
den wahren Grund der Erkenntnis sowohl der gelehrten Well
als der studierenden Jugend aufzudecken. Damals hatte er je-
doch erst die Hälfte seiner Laufbahn hinter sich und sollte den
tatenreichsten undglänzeridsten Teil derselben noch durchmessen.
Er wurde 1741, 39 Jahre alt, nach München berufen als Instruktor
des Prinzen Maximilian Joseph, des nachmaligen Kurfürsten,
und es gelang ihm, trotz des gefährlichen Einflusses, den der
Beichtvater des Kurfürsten und des Prinzen, der Pater Stadler
ausübte, welcher bemüht w^ar, den künftigen Herrscher m*cht
dem Kreise überiiefeiler Anschauungen zu enlreissen, in Maxi-
milian dennoch jene Neigung zu Reformen zu entwickeln, die
dessen Regierung für Bayern so segensreich gemacht hat. —
Ate Maximilian zur Regierung [gelangte, hinterliess der Vater
ihm ein zerrüttetes, von Feindesmacht besetztes Land, er behielt
seinen Lehrer als Ratgeber in der Nahe, erhob ihn in den Reichs-
- 19
freiherrnstand und überliess ihm die Aiisarbeilung und Aus-
führung mancher inneren Reform. Vergeblich suchte man den
gewählten Mann aus der Gunst des Kurfürsten zu verdrängen,
gelang nicht, \ielmehr wurde er mit dem Range eines wirk-
^chen Geheimen Rates und unter gleichzeitiger Beförderung
nun Administrator des freien Landgerichtes Hirschberg und Vize-
)räsidenten <]e^ kurfürstlichen Rates zu Ingolstadt mit dem Amt
Mnes Direktors der Universität und mit der Professur für deutsches
Staatsrecht, für Natur- und Völkerrecht, sowie für Kamerolwissen-
t Schaft betraut. Die alte bayrische Landesuniversitat, welche im
■Zeitalter dei* Reformation als Pflanzstätte Iheologisclier Gelehrsam-
keit galt, entsprach schon lange nicht mehr ihrem alten Ruhme. —
Während anrlere Hochschulen Deutschlands sich bei Eintritt
j-des 18. Jahi'hunderts aus der überlieferten Barbarei emporrangen,
var Ingolstadt von keiner Neuerung berührt worden. Maximilian
Joseph erkannte die Notwendigkeit an, die, wie er selbst sagte,
►durch eingefallene schwere Kriegsti'ubel und andere Zufälle von
Ihrem ehemaligen Flor weit abgekommene Universität pro bono
nibliro wieder empor zu bringen« und ernannte zu diesem Zweck
Sni Sommer 1746 Irkstatt zum Direktor der Hochschule und zum
srsten Professor in der juristischen Fakultät.
Ickstatt hatte nicht nur die Aufgabe, mit Rektor und Senat
iuf die bestmögli<dien Vorkehrungen zur Hebung der Univer-
■iitäl bedacht zu sein, sondern aucli den misslichen, bestimmt
formulierten Auftrag, die Professoren zur genauen Befolgung
der kurturslliclien Verordnungen anzuhalten und nötigenfalls
zur Verantwortung zu zieheih
Mit seiner Lehiiatigkeit als Professor des Natur- und
Völkerrechtes, der Polizei und Fiiianzwirtschaft betrat Ickstatt
ein bisher in Ingolstadt ganzlich, unbebautes Feld, zu dessen
t Bearbeitung Ernennungen notwendig wui^den. Infolgedessen
Mjrde auch Weisliaupts \'iite!' als Professor der juristischen
•^akultät aus Wüi'zburg nach Ingolstadt berufen.
War durcii diese Neuerungen die juristische Fakultät aller-
Idings verjüngt, so blieb die Professur' des kanonischen Rechtes
pedoch in den alten Händen, die der landesherrlichen Ein-
[^•irkung so ziemlich entzogen war. Diese, \v\q die ganze tlico-
logische und philosophische Fakultät befand sich im Allein-
besitz des Ordens, welcher seil zw^i Jahrhunderten die Univer^sität
beherrschte. Neben den Mitgliedern der Gesellschaft Jesu
konnten die paar unglücklichen Mediziner, welche, unbekannt
Wfpi^
20
mit den Fortscliritten ihrer Wissenschaft, ols vierte Fokültär
kläglich figurierten, ebensowenig in Betrnclit kommen» als vor
Ickstött die paar weltliclieii Mitglieder der- JurislenrakiUtaU' —
Ickstült liotte gründliclien Widerstand zu überwinden, Neid,
Eifersucht, Unzufriedenheit über dos bisher unbekannte Amt
eines alles überwachenden Inspektoi's, der die altgewohnten und
bequemen Zustände in energiscfier Weise störte, regten sich
bald. Diese Erscheinung konnte nicht überraschen, sie findet
sich überall ein, wo ähnliche Zustände herrschen. Hier aber
kam ein Konflikt von ganz besonderer Bedeutung hinzu, den
wir beleuelüen müssen, um den Grund der späteren Entlassung
Adam Weishaupts von der Universität verstehen zu können.
Kluckhohn sagt hierüber wörtlich: >Es war ein seit lange
geübtes Heclit der theologisclicn Fakultät, durch strenge Hand-
habung der Zensur jedes akatholisclic Bucli von Ingolstadt fern
zu halten. Auch die Jurisprudenz, von der Philosophie ver*
stand es sich von selbst, blieb in die engsten konfessionellen
Schranken gebannt. Da zeigte plötzlicli das von Ickstatt publi-
zierte Programm der juristischen Vorlesungen, dass bei 'den
meisten derselben Kompendien akotholischer Autoren zugrunde
gelegt wurden. Bei Institutionen und Pandekten hätte das noch
hingehen mögen, bei dem Staatsrecht, das nach iMascows prin-
cipia juris publici angekündigt wurde, w^ar es eine nicht zu
duldende Neuerung. Und Ickstatt blieb auch dabei nicht stehen.
Er wollte Mascows und, wie man sagte, soger Ludwigs publi-
zistische Arbeiten Studierenden in die Hände geben, und als
der Nachdruck von Mascows deutschem Staatsrecht in Ingol-
stadt von der Zensur beanstandet wurde, bezog Ickstatt die
nötigen Exemplare aus Leipzig.-!
Es entstand ein gewaltiger Streit, in dem namentlich Eck-
her, welcher an der Spitze der theologischen Fakultät stand,
hervortrat. Dieser entdeckte als geistlicher Zensor, sogar in
dem Heft über Naturrecht, das Ickstatt früher dem Kurprinzen
vorgetragen und das dci'selhe für seine jetzigen Zuhörer drucken
lassen wollte, eine Beihe verdächtiger Positionen, nötigte den
Verfasser zu allerhand Korrekturen, bis Ickstatt im höchsten
Zorne auf den Druck vorläufig verzichtete.
Vom Kurfürsten wurde verlangt, dass an der Universität
nur katholische Autoren zugelassen würden, oder doch solche
akatholische, von deren Ungefährlichkeit die theologische Fakul-
tät sich vorher überzeugt habe. Eine si>lche begehrte Verord-
21
lg wurde nicht bewilligt, noclidem Ickstatt am 22- Januar 1747
»ei^ichligte, dass die beanstandeten Autoren au den Universitälen
pu Mainz, Würzburg, Bamberg und Fulda, ohne jede Einsprache,
Itelesen würden. —
Selbstredend war damit der Frieden nicht hei'gestellt, son-
lern die Anfeindungen in Gestalt allerhand Klagen bestanden
ireiter Namentlich wai*en es in späteren Jahren immer wieder
(ie Anschuldigungen, dass verdächtige Druckwerke eioge-
schmuggelt und enqilbhlen wurden, die als kirchengefährlich zu
bezeichnen wären. Schhesslich wurde behauptet, dass in der
Umgebung des Direktors und in dem engsten Freundeskreise
Iki rohe ngefahrl ich e Tischgespräche gehallen würden.
I Bezüglicli dieser Tischgespräclie ist darauf hinzuweisen,
pass die Professoren, teils um ihre Einkünfte zu verbessern,
teils wohl auch um einen Privateinfluss auszuüben, den Studie-
^renden gegen Entgelt Miltagstisch boten, eine Sitte, die all-
jmein üblich war. Diese Tischgespräche im Hause des Pro-
pessors sind gemeint, welche derartig verleumdet wurden, dass
;>gar 1752 Eckher auf der Kanzel in leidenschaftlicher Weise
m die gelehrten Beförderer des Luthertums predigte. Zwei
indere Pfarrer folgten diesem Beginnen, dadurch hiess es als*
>ald in Ingolstadt, dass die aUkatholische Universität im Glau-
ben wanke.
B Ickstatl forderte Genugtuung, der Inhalt der- Pi-edigt
Eckhers wurde protokollarisch festgestellt, die theologische
Fakultät dagegen richtete an den Kurfürsten eine Vorstellung,
die alle Beschwerden gegen die verdächtigen Juristen zusammen-
Bfasste. — Letztere siegte anscheinend anfangs, indem Ickstatt
^aufgefordert wui-de, sich zu verantworten und die Entfernung
protestantischer Bücher, sowie strengere Handhabung der Zen-
sur gewährt werden sollte. Nachdem jedoch Ickstatt am 9. August
^1752 eine umfangreiche Denkschrift eingereicht hatte, in der er
^knit kräftigen Worten unverblümt alle Anklagen niederschlug,
Hteowie persönlich in München seine Sache führte, entschied der
^Kurfürst den Streit endgültig im liberalen Sinne. Eckher
musste vor versammeltem Senat Abbitte leisten, der Gebrauch
okatholischer Bücher über Jurisprudenz und Staatswissen*
Hschaften wurde, so lange die Professoren nicht eigene Kompeu-
^dien veifasst hotten, gestattet, die Ausübung der Zensur in der
, herkömmlichen rigoi'osen Weise als nicht mehr zeitgemäss be-
teiclinel. —
— 22 -
Damit war der Streit beigelegt und Ickstalt setzte iiocli
dreizehn Jahre seine Lehrtätigkeit fort, bis jüngere Kräfte, die
zum Teil unter seiner Führung herangewachsen wai*en, darunter
später auch Adam Weishaupt, an seine Stelle treten konnten.
Ickstatt war dann nicht immer in Ingolstadt anwesend, oft nur
vorübergehend, behielt jedoch das Direktorium der Universität
nach wie vor in der Hand^ auch als der Kurfürst ihn wegen
staatsmannischer Geschäfte in seine Nähe berief.
So lagen die Verhältnisse in Ingulstodt, als Adam Weis-
haupt den ersten Schulunterricht erhielt und als Jüngling die
Universität bezog.
Welshaupts geistige Ausbildung und Charakter-
en tiricklung bis zur Ordensbegrunduiig.
Weishaupts Vater, Johann Georg Weishaupt, ist geboren
1717 zu Brilon im preussischen Regierungsbezirk Arnsberg in
Westfalen. Er wurde durch Dekret vom 14, Oktober 1746 als
Professor der kaiserHchen Institutionen und des Kriminalrechtes
durch Ickstatt nach Ingolstadt berufen, und ebendaselbst wurde
Adam Weisliau])t am 6. Febj'uor 1748 geboren und von Adam
Ickstatt über dem Taufbecken geiialten. Der Knabe verlor
seinen Vater sehr bald, bereits 1753 im September starb der^
selbe während eines Ferienaufenthaltes in Heihgenlhal bei
Würzburg im Alter von 36 Jahren.
Wie bereits gesagt, war das gesamte Gymnasialwesen in
Bayern seit zwei Jahrhunderten in den Händen der Jesuiten,
welche die Jugenderziehung völlig nach ihren Grundsätzen leiteten
Diese konnten jedoch dem aufgeweckten Knaben, dem es selbst-
redend nicht mögüch war, sich diesem Einflüsse zu entziehen, wenig
zusagen. — Widerstrebend muss der Knabe ihrem Lehi-gange
gefolgt sein und sichertich ist die Abneigung gegen diese Art
der Belehrung, der später der heftige Drang nach Beseitigung
solcher üebelstande fr>lgte, schon sehr früh dem Gemüle des-
selben eingepflanzt worden.
Weishaupt schreibt über diese Jugendzeit im Nachtrag zur
»Rechtfertigung meiner Absichten«:
— 23 —
»Ir.h kMm ids ein Knab von achthalb Jahren das erstemöl
in die Schule. Es ist wahr, wir mussten unaufhörlich beichten
'und dem ausserlicheri Gottesdienste beiwohnen und ^orzüglieh
die Andöcliten zu ihren (der Jesuiten) Heiligen verrichten.
Aber dies war auch alles: Sie %volIten sich auf diese Art, nicht
durch Gründe, sondern durch den äussej^lichen Glanz, durch
Gewohnheit und Fertigkeiten des jungen Kopfes so sehr be-
metstern, doss er dereinst bei reiferen Jahren gar kein Bedürf-
nis nach liöheren Gründen haben sollte. Unser einziger Unter-
triebt war jeden Fr-eitag, wo wir ein Stück aus unserm Canisius
auswendig daherplappern mussten.'-') Wenn gegen Ende des
Jahres die Prämien verteilt wurden, so ward eine dei^gleichen
Belohnung auch demjenigen zugedacht, welcher bei der vor-
genommenen Prüfung die besten Beweise seines Unterrichtes
im Christentum gegeben hatte. Und nun höre die Welt diese
KBeweise und sie sage, ob ich unrecht habe? — Wir mussten
^der Reihe nach, meistens nach alphabetischer Ordnung, an der
Tüi- des Zimmei^, in welcliem sich drei von unsei'en Gloubens-
Richtern versammelt batteji, warten, der erste nacii gegebenem
i deichen eintreten und nicht eine Glanbensfrage, sondern ein
Balsel aus dem Canisius auflösen, z. B. wir sollten das Vater-
(Unser rückwärts oline Anstand auswendig hersagen. Wir sollten
^gen, wie oft et, in oder cum in dem ersten Plauptstück stehen,
teder es wuitlen uns zwei oder drei Worte aufgegeben, wo wir
Sogleich fortfahren mussten und dies so oft, als diese Worte in
diesem Hauptstücke enthalten waren. Wenn einer nach dem
andern diese Fragen vor diesem geheimen Heligiousgericht be*
antwortet hatte, so kam der Präfckt an die Türe und verlas die
•) Die Studienordriun^ der GeeeliBChaft Jesu von 1599 schrieb den Pro-
Jiessoren der niederen Klassen vor: »Die Jünglinge, die man der Gesenscliafl
^esu zur Erziehung aoverlraul hat» unterrichte der Lehrer so, dass sie
rugleich mit den Wissonschönen besonders die eines Christen wurdiijen Sitten
lewinoen. Er wache darübei", dass alle der Messe und Predigt beiwohnen;
ind zwar der Messe täglich, der Pr-edifrt aber an den Festtagen Der Christ*
Jiche Unterricht soll besonders in den Klassen der Grammatik und, wennnötig,
luch in andern Freitags und Sonnabends auswendig gelernt und hergesagt
ireiNien. ... Er baUe auch Freitags oder Sonnabends eine halbstündige fromme
^xhorte oder Erklärung des Katechismus; er dringe vorzuglich auf tägliches
ebet, besonders auch zur täglichen Abbelung des Rosenkranzes oder der Tag-
eilen Maria» ... Er empfehle sehr die geistige Lesung, besonders aus dem
Leben der Heiligen, er bemOhe sieh, dass niemand die monatliche Beichte
'unterlasse.« Pachaer I c. II, B79— 381.
— 24 —
Namou derjenigen, welche die Frage erraten hatten. Diese
bliebeil sodann und fingen unter sich iliren Wettstreit aus der
Religion auf das neue an, bis ein einziger Sieger blieb, und
dieser allein wurde gekrönt, — Nun sage alle Welt, was sie
von diesem Religionsunterricht hält? Diesen und keinen andern
rnlerrielit (deiui iln*e Predigten waren nicht viel besser) erhielt
ich bis in das 15. Jahr meines Lebens, wo ich das Gymnasiiuii
verliess and mit dem akademischen Kursus den Anfang machte.
Ich bin auf diese Art, ich darf sogen, 20 Jahre alt gewoi^den,
«ihiie dass icli für die Wahrheit meiner Religion einen andern
Beweis nnfübren konnlCj als: so bin ich gelehrt worden; so sagt
die Kirche; dieses Reclit der Kirclie ist in der heiligen Schrift
gegründet, und die Kirche hat das Recht, den zweifelhatlen
Sinn der Schrift zu bestimmen.
Was s<^ll aus eiirem solchen Menschen werden, wenn er
hinter andere Bücher gerat, wenn ei' mit Vernünftigen einen
Umgang pflegt, wenn er ous der Schule mit einer so schwachen
Gegenwehr und Voi-bei'eitung in die Welt ti^itt?€ —
Ickstalt soll nach der bisherigen Auffassung sich der Sorge
für den verwriisten Knaben ganz besonders angenommen haben.
Ist es auch zweifellos, dass in späteren Jahren Ickstatt Weis-
houpt protegierte, so dürfte jedoch seine Unterstützung zu
Wcishaupts letzten Studienjahren sehr überschätzt worden sein,
andei-nfalls ist ein Brief von Weishaupts Mutter vom 12. Dezem-
ber 170L> nicht erklärbar. Diese schreibt unter angegebenem
Datum an den Geheimi'at Lippert:*)
Wohigeborener Hoclizufererentej* Herr Gebeimraht.
Euer w^ohlgeboren nemen mier nicht für ungnod, dass i
inen schreiwe und meine not Klage, es isi mier von der Hof-
kammer, dass stihendium das mein söhn von der Universitet
gehabt genomcn worden, nun weiss ich mier nicht zu helfen
was ich anfangen sohl damit er doch seine Studien absolvieren
und Jura docentihi'en Könnte, wir seintvon der gansen wehR
{ganzen WeR) verlassen. Kein Mensch will sich unser an-
nemen, so bitte Euer wohlgeboren sie mögten ihm docfi mit
einen rath oder recommantation an die Haut gehen, er wirdt
gewisHcb gutt belonen, ich bin ja schon 14 Jalire wüttib (Witwe)
eil I
*) Ofigiadl im Archiv des Hielorischen Vereins zu München, unter den
IJppertsehen Akten.
— 25 —
.und muss mit 800 W. le^\'en, ich Kau im wedci- bücliei' nocli
mderes schaffen und er hat doch ein Talent, dass man ihn ge-
K%ieslich brauchen Kon(e, es diit mir das Herz wehe dos ich im
|ht hoifen kann — — usw.
Dieser Hilferuf aus niülterhchem Herzen ist jedenfalls von
LHbIg gewesen, denn der junge Weishnupl wurde in den Stand
3set2i, seine Studien zu vollenden und zwei Jahre spätoi* sein
hX^ J
IN
:fTVf rs UfK\/
vtn
J
Weishaupts Doctordiplom.
DoktiH'PXamen abzulegen. Es geht aber auch aus diesem Briefe
Jiei'vor, doss Mutter und Sohn, die von der ganzen Welt ver-
issen waren, und deren sich kein Mensch annehmen wollte,
ilso auch nicht Ickstatl, gegen diesen keine besonders tiefe
Jrsache der Dankbarkeil haben konnten, wie hi^!M*r behauptet
rurde,
Dass Weishaupt entschieden ein sehr befähigter Kopf ge-
»n ist und sich bemühte, dös damalige Wissen für seinen
Bpäteren Beruf gründlichst in sich aufzunehmen, bezeugt der
Wortlaut seines Doktoi^diploms vom Jahre 1768. Dasselbe
26 —
wurde auf Veranlassung des Neffen Adam von Ickstatts, Peter
von Ickstatt, ausgefertigt, welcher^ nachdem er in Mninz und
Jena die Rechtswissenschaft studiert hatte und in Ingolstadt
mit ausserordenthchem Beifall promoviert worden w^ar, im Jahre
1764 auf Ickstatts Wunsch zuerst zum Extrafjrdiuurius erriüimt
wurde, um an Stelle des Direktors die Vortrage über deutsches
Staatsrecht zu überneluiien. 1765, als Adam von Ickstatt siel»
ganz zurückzog, wurde der Neffe zum ordentlichen Professor
und spater zum Hofrat befördert, ki'änkelte jedoch früh und
starb schon im Jahre 177 L
Das in lateinisclier Sprache abgefasste umfaagreiclie, höchst
inleressante Dokument auf Pergament gesctiriebeo, welches im
Archiv des Illuminatenordens zu Dresden jetzt bewahrt uird,
lautet in der Übersetzung:
Im Namen der heiligen und persönlichen Dreieinigkeit, Amen.
Wir Peter von IcksLaU, DocLor der Rechte, des madigsten und mSchtigsien
Churfürsten, Herzogs von Ober- und Niederbayern etc. etc. wirklicher Hofratb,
an der ehrwürdigen, catholisehen und churfürstlichen Universität Ingolstadt,
Professor Ordinarius des Nalurrechts und des öffentlichen gemeinen Rechtes»
auch der kaiserlichen InsUtylionen, auch zur Zeit der berühmten juristischen
Facullät Decafius: auch die übrigen Docloren derselben Facultäl, die actueüen
churfürstlichen Hofräthe und Proressoren entbieten allen, welche diese Urkunde
anschauen werden, ihren Gruss und Frieden in dem Herrn.
Recht und pd ich (gemäss glauben wir zu bandelu, wenn wir nicht un*
würdige, sondern durch GeJehrsamkeit ausgezeichnete und erprobte Männer zu
den hftehslen Ehren und WDrden zulassen. Denn wie wir es für ungerecht,
inhuman und jeder Gleichheit der verteilenden Gerech ligkeit fremd hallen,
jene zuzulassen» diese ober abzuweisen und um die schuldigen Ehrentitel und
Prämien zu bringen, so ist der auserlesenen und berühmlesten Zahl, wegen
der empfehlendslen und ausgezeichnetsten Verdienste, einzureihen, der sehr
berühmte Herr Adam Weishaubt von Ingolstadt (Beyern), bis jetzt öffent-
licher Hepetitor der Rechte an unsrer Hochschule, welcher unsej'em AÜienaeum
drei Jahre hindurch nicht allein unermüdlichen Fleiss durch vortreffliche Proben
bekundet, sondern auch zwei Jahre hindurch die Collegi^i über die Inatitu*
tionen Julians, das Natur- und öffentliche gemeine Recht sowie das Privat-
recht ein Jahr lang mit dem Lobe ausdauernden Fleisses gehört hat und sich
durch die hier erworbenen Früchte auszeichnend, hat er sich alle diese
Jahre hindurch durch eminente und männliche Bescheidenheit bei vielen Ge-
legenheiten, vornemlich bei privaten Anreden als einen in der ganzen Literatur
und den humanioren Studien, besonders auch verschiedener Sprachen höchst
bewanderter Mann bewährt. Und wie er an dieser unsrer Universität ausser
dem Feudal-, Natur-, allgemeinen und Völkerrecht, desgleichen das öffentliche
deutsche Fiechl in PHvatcoUegien in ununterbrochener Reihenfolge wiederholt
gehört bat und mit ganzer Seele dabei (ganz Ohr) war, so zeigte er sich, nachdem
er Früchte hieraus geschöpft und eminente Fortschritte gemacht, als einen
-^ 27 —
'dorch viele Beweise der besten Censur und Hott'nung wQrdigen und gelehr-
testen Candideten der Rechte höchst lobeiiswerth; ebenso hörte er öffentliche
und private Collegia, welche den Maximiliauischen Codex zu erklären pflegen
Iiwei Jahre mit eifrigstem Fleisse und gab von den Fortschritten» welche er da-
durch erlangt wiederholt offen tlicho Beweise, zugleich aber auch von dem Ur-
|len seiner absonderlichen AufTasBiingsgabe. Hierüber besuchte er häufig in
iden&elben zwei Jahren die Collegia, Öffentliche wie private, über den Bayrischen
'Bechts- und Criminal-Codex mit dem lobenswertesten Fleisse und unermud-
lichem Eifer besonderer Anwendung, welcher sich öfTenllich herrlich bewährt
hat. Da er ferner mit dieser ausserordentlichen Gelehrsamkeit, die in jeder
^^Hinsicht rühmlichsten Sitten verbindet, so ist kein Zweifel, dass er zu seiner
^Ks^it zu seiner und seines vornehmen Standes Ehren und Buhme ein erwOnschtes
^^Rust/eug unsres Vaterlandes werden wird. Da er es nun für nützlich» ehren-
voll und seiner Absicht entsprechend hielt, so richtete er das Gesuch an uns,
wir möchten ihm durch unsre Autorität und Censur bestätigen, was für Kennt-
nisse er durch die verkosteten Studien beider Rechte erlangt habe, und ihm
den Doctorgrad beider Rechte verleihen: so wollten wir diesem gerechtesten
Gesuche gern willfahrend ihn seines wohlvej'dicnten Wunsches teilhaftig •
machen. Deshalb haben wir früher nach dem Brauche und der alten Gewolin-
heit unsj^er Facultat über dessen Fortschritt in dem uft erwähnten doppelten
^^Becht in unserm CoUegium am 1. Juli dieses 1768 sIen Jahres ein privates
^■l'en tarnen abgehalten und da er in diesem die glänzendsten und aussser-
^Bordentlichsten Beweise seiner Gelehrsamkeit gegeben hat, haben wir ihn bald
^B^m öffentlichen oder strengen (rigorosen) Examen zulassen müssen, in welchem,
^■^a er am 4*^" Tage des benannten Monates und Jahres alles was er sich ein-
^B geprägt hat, an bezeichnetem Orte und Stunde auf das geschickteste und geist-
vollste wiedergegeben« auch auf die schwierigsten Fragen auf das trefflichste
■und gediegenste geantwortet und somit unsre Meinung, die wir vorher schon
von ihm uns gebildet, völlig entsprochen hat, ist er mit allgemeiner Einstimmig-
keit würdig erklärt worden, dass ihm der höchste Lorbeerkranz oder das Doc-
lorat beider Rechte zuerkannt und übertragen werden könne und müsse. Nach-
dem er also am 5^^° Tage des genannten Juli den Grad als Licentiat beider
^■Hechte unter den ßblichen Förmlichkeiten erhalten hat, ist am heutigen unten
^^verzeichneten Tage nach vorhergeleisteten üblichen Eidschwuren in Gegenwart
vornehmlich des Bector Magniflcus dieser ehrwürdigen Universität, desgleichen
aller Professoren unsi-er Faeultät und aber den hochzuverehrenden, vornehmen,
berühmten und ausgezeichneten Herren Doctoren und Professoren der meisten
I andern Fakultäten, genannter edler und berühmter Herr Adam Weishau bt,
1 Licentiat t>eider Rechte, zuletzt (schliesslich) in demselben doppelten Rechte
joder Doctorgrade durch den sehr berühmten Magniflcus und erfahrensten
FXlann, Herrn Johann Paul Sutor Doctor der Beeilte, wirklichen Hofrath des
[gn&digsten und mächtigsten Churfüislen beider Bayern, Herzogs etc. etc. und
k Professor p. o. (öffentlich er ordentlicher) der Pandecten an unsrer werten Uni-
iversitit, unsern hochgeehrten Collegen legitime und Öffentlich erklärt und ge-
iBchaffen, auch in die Zahl unsrer Doctoralen Öüentlich cooptirt, nicht minder
Imit allen und einzelnen Rechten zu lehren, zu erklären, zu schreiben und wo
pn aller Well über diese Rechtswissenschaft öffentlich und privatim zu corre-
ipondiren und anderen Privilegien, Freiheiten und Vorrechten, welche den
[wahren und legitim ernannten oder nach l^echt und Sitte unsrer werten Hoch-
28
schule uiHJ (Jen befiondei*en Vergünstigungen unsi*es juridischen Collegü xu-
kommen, oder auf welche Art solche zu erlangen sind, mit Vergnügen be-
schenkt worden. Zur BesLäligung, Beglaubigung und zum ewigen Andenken
und für Alle als geeignetes Zeugnis haben wir demselben vornehmen» be-
rühmten und exceilenten Herrn Adam Weishaubt, dem legitim ernannton Doctor
der Hechte diese Urkunde ausfertigen und von dem Kaiserlichen und Universitäts-
Notar unterschreiben; auch mil dem grossen Insiege! unsr es juridischen Collegii
versehen lassen.
Ingo Isla dt, d. 9, August 1768.
Diese Urkunde ist unterzeichnet von Ferdinandus Müriii,
Mendel, Universitöts-Nutar; das in einer Buchsbiiumköpsel ge-
IVisste ongehöngte rote Wachssiegel der Universität ist un-
\erietzt.
Die Schreibweise des Namens Weishaupt ist hier noch
W'eishaubt, entsprechend der Orthogrnpliie Jener Zeit, es wurde
nach z.B. das Wort überhaupt: überhaulit geschrieben, einige
Jahre später schreibt Weisbanpt seinen Namen in Briefen, wie
noch jetzt üblich mit p.
Aus dieser Ui^kundc leuchtet deutlich hervor, dass Weis-
haupt sicli bereits in jungen Jahren, er war 20 Jahre, eines
Wissens rühmen konnte, das, unabhängig von oller Pro-
tektion, ihn ganz sicher zu der Stehung berechtigte, die er
bald an der Universität einnahm.
Es ist bereits gesagt worden, dass die Universität von
[ngolstadt gänzlirli in den Händen der Jesuiten seit ca.
200 Jahren stand, welche die Lehrstühle mit ihren Ordens-
angehörigen besetzten, es wäre demnach zu envarten gewesen.
dass das Werk Icksiatls, welclier sicIi bemühte, die Universität
aus diesen l^esseln zu befreien, dui-ch die Authebung des
Jesuitenordens am 2L Juli im Jahre 1773 bedeutende Fort-
scliritte erziehe. Das war jedocli nicht der Falk Bezüglich der
Aufhebung des Jesuitenordens weisen wir biei- nur darauf hin,
dass Papst (Jlemens XIV., dem Drange der Umstände nach-
gebend, die dos Treiben der Jesuiten verursacht hatte, das Ver-
bot des Ordens, durch die Regierungen von PortugaU Sfmnien
und Frankreich, über die ganze kntholisclie Christenheit aus*
deijnte. Die Bulle Dmninus ac Bedemptor noster enthält fol-
genden charakteristischen Sntz: >In Erwägung, dass die genannte
Ge^elischalt die Frucht, wozu sie gestiftet war, nicht mehr
bringen kann, ...... ja, dass es kaum mehr möglich ist, dass
so lange sie besteht, der wahre und dauerhafte Fiiede in der
Kirche wiederhei^eslelU werden kann, bebe ich mit
— 29 —
I
I
I
reifer Überlegung, niis gewisser Erkenntnis und aus der Fülle
apostolischer Macht die erwähnte Gesellsclinft auf, unterdrück*'
sie, lösche sie aus, schofle sie nh.-^ —
Mon mag nun über die Jesuiten denken wie mau wolle,
eines wird man ihnen nicht abstreiten können, nämlich, dass
sie zu jeder Zeit über tüchtige Lehrkräfte verfügten, die im-
stande waren, wenn auch in ihrem Sinne, ihren Platz auszu-
füllen, weil sie dös Wissen ihrer Zeit beherrschten. In einem
Lande wie das damalige Bayern, in dem das Schulwesen un-
glaublich danieder lag, in dem es an Lehrkiiiften allenthalben
fehlte» war man dadurch gezwungen, den jesuitischen Professoren
die Lehrstühle wieder zu' überlassen, falls ,man die Universität
nicht aus Mangel an Lehrkräften scldiessen wollte. Durch diese
Toleranz, erzwungen von der Notwendiglceit, wurden selbstver-
ständlich Zustände geschafien, die den Boden gaben für aller-
hand Intriguen, Streitereien und Verleumdungen, deren Weis-
haupt nach seinen Angaben sich ganz besonders erfreuen durfte
Dass das richtig ist und keinesfalls der Begründung entbehrt,
beweisen die Briefe desselben, sowie die seines Protektoi'S Ick-
stott, welche beide an den Gelieinu-at Lori (ein Schüler Ickstatts
und neben ihm Mitdirektor der Universität) richteten und im
Konigl. Boyr Geheimen Staatsarchiv aufbewahrt werden.
Bevor wir auf diese Briefe näher eingelicn, verötTentlichen
wir einen Brief aus den Lippertschen Akten, der geeignet ist,
ein klares Licht auf die Universitätszustönde zu weifen, auf das
Verhalten Ickstatts, Weishaupt gegenüber, und der Gründe,
weshalb Professorenstellen erbeten wurden.
N
No. 82 der Lippert-Akten.
Hochedl gebohrener, liochgelehrt,
Sonders Hochgeetirtester Herr!
Nach dem mich von Einei* kleinen Unbässüchkeit Erhellet,
so komme ich meine Danksagung vor alte mir in München Ei*-
wissenen Höflichkeiten zu machen, und mich umh dero beider
zeitigen Wohlstand zu Erkundigen, die ich dann hofle solche
zum bessten seyn, betaure auch sehr, dass Herr von Abendoifer
mit seynem Gesuch nit reussirt hat, welches ihm und mir vei
treglich wahre.
in München geht Es arthig zu, mir sagte man Es würd
keine Professur nit aufgestellt, weillen ohne das umb Einer zu
vill, und da ich nachher nach Hause komme, Vernimm ich das
wehrend Zeit da ich umb die Rathsslelle anhalte, der Herr
weisshaubt alss extra ordinari Professor durch Pntrocinaiiz des
Herrn B. v. Ickstott ist aiigesteilt worden mit der Erlaubung
auch allen privata zu geben, und die Attestala zu Ertheillen,
welches den Juristen gar recht seyu würd und ihnen das übriche
Geld zur regreatioo dougeu. Dann der Herr weisshaubt wüttl
ihnen gar gern Voi* Einem Bayrischen tholler aus allen die
atlestatta geben, w^illen Er ansonsten nichts hat, und wie man
sagt solle Er eine Euchstatlerin (Eichstatt) heurathen so auch
keinen Bazen hat, ander \vellen auch behaupten das Er in
denen Pfingstferien schon copolirt ^\'orden seyn in Enchstalt
über welches der Herr Baron von Ickstott heftig Erzürnet ist,
mit Vermelden das wann disses ist so solte der weisshaupt nil
mehr in seyn Hauss komen. die Ursach wahre, w^eillen sie ihm
Ein Junge weinbnchin zur Ehe geben wollen, mithin siebet sich
der Ickstatt betrogen, indessen hat sich disser junge und nethe
(nette) mensch bey allen Professoribus Verieindet gemacht, und
solche \>rtrisslichkeiten auf anbötzung angestcllet, das Es zu-
gegangen wie in dem bolnischen Krieg, dann diesser weishaubt
lasse sich zu alleTi gebrauchen. Er hat alle juridische Herrn
Professores bis auf den von weinbach Verachtet, und gedrohet
wie Er und w^einboch zusammenhelfen und denen übrigen Ver-
truss genug macheu w^oUen, wo sodann ein consilium gehalten
und ihme seyn Uni-echtduhn auf das scherfeste Verwissen
w^orden, ohnerachtet dessen duhet er ihnen vast deglich Neue
rii*obheilen an, ob wollen vost keiner hier, so ihm nit zeit seynes
Studierens mit geld zur kost, oder mit Kleidung an band ge-
gangen, w^e ich hni-e, so sollen sich die Herren Professores
wider diesen Jungen Menschen so sich von dem Ickstatt haus
zu allen gebrauchen lasset, bey Höchster stelle Verkloget haben,
mithin allen bevorstelienden Q!>el vor zu kommen, kann wohl
geschehen, das dieser nethe mensch nit zum ordinori Professor
gelanget, w^ohalben dann hiervon verschiedenen gutten Freunden
bin animiret w^orden. bey dieser beschafTenheit, Vor meinen
Sohn um die Professur anzuhalten damit docli Einer früher
zu Einem Einkommen gelanget und doch das Hauss
welches unser nieistes Vermögen ist nit umb einer Notb Ver*
kaufen, oder durch hiesig schlechte zinsleith (Zinsleute) müssen
ruiniren lassen , denn wann ich dissmabi nichts Erlialte oder
doch wenigstens Eine expectoranz Erhalte, so habe ich villen
Jahren keine Hoffnung mehr indem schon wiederumben ein
— 31 —
Junger Ickstiilt und ein Junger weinbach auf der anwiirth,
I welche beede die Juro hören und Frotessores werden w^olleii.
Desshalben dann Eure Hochedelgebohren liöffiiclist Ersuche
dieselben wollen docli die gnad haben, und bey Ein und andern
Herrn Minister sich Erkundigen was die hiesigen Herrn Pro-
fessores auf ihre beschwerde Vor eine gutte rcsolution be-
kommen, oder ob ihnen der weisshaupt zu zweiten last auf-
^getmngen würd, dann sie sagen, sie können die Erste Lost des
■ Bar. von lekstntt nit mehr Ertragen, bitte demnach Höflichst
gehen sye mir, wie alle Zeit mit dero güttigen Rath an die
Hand, wie und was ich diihn soHe, in dero gnad mich dann
Isambt denen meinigen bestens recommandire und mit meiner
gehorsamsten Empfehlung geharre ich jeder Zeit zu seyn
1 1 . 1. 1 .. T * .^r,^ gehorsamster Diener
Ingolstadt den 15. Joni 1772.
M. J. scliiltenberg.
Dieser ßi-ief zeigt, dass lekslaft sein Patenkind zu einer
I Heirat zwingen wollte, die ihm zuwider war. Weishaupt hei-
ratete jedoch am IL Juli 1773 die hier angegebene Eiclistätterin,
luimens Afra Sausenhofer, ohne dass Ickstatt ihm das Haus
verbot. Letzterer brauchte den jungen Professor gar zu notig,
dessen Kenntnisse und Befähigungen, bei dem ansgesprocljenen
Mangel an tüchtigen Lehrkräften, nicht zu entbehren waren.
Bezüglich der Verhetzungen und \'erfeindungen» die Weis-
»haupt von Schiitenberg vingeworfen w^erden, ersieht man die
Gründe bei PrantI*) sehr genau.
Derselbe schreibt folgendes Seite 572:
Irn Jahre 1772 aber erhob sich, nanientlicli seit der Er-
nennung Weisbanpls des Jüngeren, wieder eine scharfe Oppo-
sition gegen Ickstatt, w^elche ihren hauptsächliciien Sitz in der
juristischen Fakultät hatte, aber auch vom Theologen Leitnei*
Unterstützt wurde.**) Wahrend Ickstatt sich beschw erdend an
den Kurfürsten wandte, — — schlugen auch Siardi, Schmidt
Hund Pruggei" ihrerseits den gleichen Weg ein, um in schärfster
K^orm ihre Klagen gegen Ickstatt und Weislmupt zur Geltung
Hb:u bringen; sie lieben hervor, dnss Weishaupt überhaupt nur
als »Godl«- (d, h, Patenkind) Ickstatts Professor geworden sei,
•) Geschichte der Liidwig-MaximHians Universität in Inp-olsladt, Lands^
'liut, Mönchen. Zur Fesifeler ihres 400jahngen Bestehens im Auarage des
AIcsdemischen Senates verfasst von Dr, Carl PrantI, München 1872.
**) Archiv der Universität C, l. 15. Mai 1772 findet sich ein wirkJich gtfl-
wollenes Zirkular des Rektors Leittier über Ickstatts Benehmen im Senate*
32 —
sowie dass Weishaupt mit Ickstatts Nefleii Weinbach eine
»Ickstätlisehe Factionc bilde. — —
Seite 597 heisst es:
Derselbe (Weishaupt) wurde im Jnhre 1772 zunächst nur
zur Ergänzung der sehwacheu Lehrkraft Siitors eruoniit und
sollte weder au den Emolumeuten noch an den Sitzungen teil-
nehmen; nach ein parn^ Monaton ober erlangte er nicht nur die
Befugnis, überhaupt ordentliche Vorlesungen zu halten, sondern
auch Sitz und Stimme in der Fakultät und beratendes Votum
im Senate. Hierüber aber erhob sich seitens der Fakultät
jener schon oben erwähnte Sturm, welcher eigenllicb personlicii
gegen Ickstatt gericlitet war. denn was man gegen Weishaupt
aus der \'orrede einer Druckschrift desselben vorbrachte, konntefl
wahrlich nielit zu einer Anklage hinreichen, sondern allenfall:^
nur zum Beweise, dass Weishaupt in wormei" und schöner
Sprache seine Begeisterung für die naturrech tüchen Grundsätze
des Hugo Grotius, Leibniz und Wolf aussprach und die über-
mässige Betonung des jus patrium als einen Fehlgriff bezeichnete.
Ickstatt schreibt nun über Weishaupts Einführung an Lori
folgendes:
Wohlgeborener» Sonders geehrtester Herr Geheimer Bath.
Eure Excellenz erstatte meine Danksagung für den dem
Professor Weishaupt geleisteten Sorgfältigen Beystand. Vor-
gestern arn Freytag ist ev ad Consilium Academicum introdu-
ciret worden, sein piuncipio Solenne so er in gesclnvindigkeit
Verfasst, lege hier bey. Es hat gewaltigen Lärmen erregt bey
Jenen, so sich getroften Zu seyn geglaubt liaben, inssondei'e dem
Professor Siarchi, welcher ihnen auch auf das gi'öbste begegnet;
künftigen Dienstag wird er ad facultatum admittiret. Die Ftede
ist freylicli etwas bissig; allein da er das Jus commune zu dn*
ciren, decretirt ist, wird Jeder nothwendig dessen (deren?) Nutzen
gegen jene, so als Nestor ihren denen Andituribus beständig
Vorschwazen, behaupten müssen. Empfehle mich zu alt, gut
Freundschaft in Sccuia SeculorunL
Euer Exccllenz
gehtU'samster Diener
Freyherr \% Ikslatt
Unser Jubiläum ist so ziemlich
feyerlich begangen worden,
giens soll Weishaupt die Hede drucken lassen.
I
Ingolstadt, d. 26. July 1772.
SS —
Ickslatl erfüllte durch seine Protektion nur- die ihm ge-
stellte Aufgabe, die Universität zu heben.
Bereits gegen Ende des Jahres 1773, also sehr bald nach
Aufhebung des Jesuiten-Ordens, wurde infolgedessen Weishaupt
^die ProfessLir des Kirchenrechtes, die bis dahin nur Jesuiten inne
1 hatten, übertragen, dadurch diesen eine Zielscheibe werdend
Hiur Angriffe aller Art, um den jungen 25jährigen Professor
Hmöglichst zu stürzen oder ihn seines Amtes überdrüssig zu
"fnachen. — Auf letztere Absicht z. B. ist es jedenfalls zurück-
zufüliren, wenn Weishaupt seinen Gehalt nicht erhalten konnte,
■bo doss er genötigt war, folgenden dem heutigen Verständnis
^recht verworren klingenden Brief an den Geheimrat Lori nach
München zu senden:
^m Ihre Excellenz. Hochwohlgeborener Herr (ieheimrath.
^m Hoch Verehrdei* Gönner.
^» Nachdem so Villes schreiben, Memoria lei*ei und Inständiges
bitten um erhaltung wegen meiner Von drey Vierte! Jahren
rückständigen Besoldung so ViM Verm<>gt haben, das ich nicht
dlein keine anweisung an allhisige Hohe schul erhalten, son-
lern sogar, da alle übrigen Professores dieser Tage Ihre Be-
soldungen bekommen. Ich alleinig nicht nur bey der Hohen
schul sondern auch bey dem albertino Proteriat Orden, so kann
ich nichts anderes schliessen, als dass man meiner Dienste
überdrüssig und dadurch all rechtslage um Betreibung des
meinigen angegangen und doch nichts beytreiben können, so
sehe ich nur dieses einzige Mittel Übrig, mit meinen V^or-
lesungen so lange ein zu halten, bis ich entw^eder gänzlich
öinorirt oder die meinige erhalten w^erde, ich kann Euer Ex-
eellenz Versichern, dass mir dieser Schritt keine Verachtung
i nadigster Befehle, sondern die äusserste nothwendigkeit ab-
öttgt.
Ich bin übrigens mit aller Hochachtung
K Euer Kxcellenz
" 1 I . 1. 1 r* 1" .r,«. Geliorsamst Ergebenster
Ingolstadt d. 2. Jan. 1774. Weishaupt.
Dieser Brief erhält eine weitere Beleuchtung durch einen
.Brief Ickstatts vom folgenden Tage, dem ii. Januar 1774, in dem
Jerselbe an Lori schreibt:
Sog«*, 6«tc]ilclile dei riltunJnikteiionletM. 0
— 34 —
Der geschickte und Vor andern (Icissige Herr Professor
Weishaupl muss doch nilerley Fatalitäten erfahren* V'oi-geslern
hebe Herr Proeu rot r»r und Interims \'er\v*dtei' im Albertinischeii
Collcgio heimgesuchl und unter andern betragt. Db, da nun-
mehi' die Besoldungen hier angewiesen wären, Herr Professor
Weisliaupt sein Quartal schon erhalten .......
(Ickslatt erhält die AuskuntT: nein, denn es sei zweifelhaft,
welche Kasse auszuzahlen habe, ob die üniversitätskasse rjder
das Aibertinuui, ein Jesuitisches Seminar, dessen Kinkünfte nach
Aufliebnng des Jesuitenordens für Universita tsausgaben benutzt
\AurdeiL Aus diesen Einnahmen wurden die Exjesuitiseheu
Pi'ofessoren möglichst zuerst befi'iedigt.) ..... Ebenso korabt
Hr. r^rofessor theolog. Moraly. Schmitt Zu mir und referrirt mir
dass dem Vernehmen nach die Pensirmisten und Exjesuiler
Professores ihre Gebor sämintlich erhalten, aber Schollinger
und andere Professores noch nichts emplongen. So ist des
Complotirens kein Ende. Jene suchen auf alle Art die Ein--
künfte des Albertini Vorzüglich auf ihre Rente zu verw^enden,
Sie stecken sich olle hinter' die Grafen Püiysing, diese müssen
die halbe Stadt mit Verunglimpfung der Weidlich und einige
geistüclicn Professores ausposaunen, den Till. Professor Weis-
haupt sti'euen sie als einen Freygeist aus, weil er über den
Rautenstrouch liesst, wider Professor Schmitt streuen sie aller-
lei Historikas ins publicum. Mich getrauen sie öflFentlich nicht
anzutasten, heimlich aber wünschen Sie mich gewiss zum
TeufeL ~ — —
Dieser Brief enüialt in der Nachschiifl:
Stolz und die Viele Umtriebe, die man dem Hn Professorl
Weishaupt erweiset, haben ihn bewogen Selbst auf einige Tage
nachher München zu reissen. Euer Excellenz haben die gute
und Protegiren den bessten Von allen unsern Professoren,
und befördern ihn Vergnügt wieder herunter.
Diese angedeutete Heise nach München hat Weishaupt
unternommen und zwar muss der Erfolg derselben ihn mit
Lori auf bedeutend intimeren Fuss gestellt haben, weil seine
w*eitcren Briefe an diesen einen verlrauiicheren Clnirakter nun-
mehr aufw^eisen und rückhaltlos die Schaden der Universität ■
aufdecken. — Weilerhin ist diese Reise naclt München für
— 35 —
Weishüupt von Bedeulung geueseu, weil iiitoIgB derselben der
Gedanke der Oi'densbegi'ündung festere Gestalt onnohnn. Er
schreibt im dritten Abschnitt des Pythogoras, den wir ^später
'"gänzlich imführeii müssen, dass während dieser Anwesenheit
auf Ansfitten seines Vorfahrers, alsu eines Josuitenprofessors,
er eine bei Hole gegen ihn angezettelte \^erleumdnng glücklich
vernichten k^»nnte. Dieser Umsland zeigte ihm die Notwendig-
keit eines Hücklialtes und Unterstützung, welcher er entbehrte,
denn auch Ickstutt entzog ihm alsbald noch im Frühjahr des
Jahres 1775 seine Freundschaft, die schliesslich in Feindscliaft
Lausartete.
Zur w^eileren Charakteristik der Zustände der Ingolstädter
Iniversität mögen noch zwei Auszüge aus Briefen des Professor
^Schollinger dienen, der ebenfalls, wie aus dem Briefe Ickstatts
^ersichtlich, unter den jesuitischen Umtrieben zu leiden hatte.
>erselbe schreibt am 4. August 1774 an Lori;
Was haben die Exjesuiten nicht für Unruhen durch aus-
gestreute Lästerungen und Verlaumdungen aller Orten verur-
icht? Ist nur ein einziger fremder Professor unangefochten
[geblieben? Und so wird es immer sein, so lange man ihnen
loch Lehr und Beictilstühle lässt und sie beisammen in Städten,
wolil gar am Hofe wohnen dürfen. —
Am 19. September 1774 klagt er gegen Lori:
Soll denn kein Mittel mehi- übrig sein, diese Leute zu de*
mutigen und zur Erkenntnis ihrer selbst zu bringen? Ich glaube
die Erbsünde des jesuitischen Insiiiuts kann durch keine Taufe
abgewaschen und vei-tilgt werden. Nehme man ihnen die Stühle:
Lehr, Predigt und Beiclitstühle, so w-erden sie gewiss weniger
Ich ade n können.
Es muss unter solchen Umständen nicht leicht gewesen
0111 1 an der Ingolstädtei- Universität eine Professuj* zu be-
leiden, denn es ist augenscheinlich, dass Parteisjialtungen
unter den Professoren einti-eten mussten. Alier auch diejenigen»
die der Jesuitischen Partei nicht angehörten, spalteten sich
^wiederum in Parteien, hervor-ge rufen durch das Proteklions-
kvesen Ickstatts,
Weishaupt, der selbst seine Stellung der Protektion Ick-
itatts, Loris und der Fürsprache des Professors von Leitner
3*
— 36 —
verdankte (lelzterei- empHelilt ihn an Lori in einem Briefe vom
19. Oktober 1771 wärmstens), war jedoch keinesfalls einver-
standen, ihm unfähig sclieinendc Leute durch den Protektions-
weg mit weiteren Priilessuren bedacht zu sehen, zurna! nach
seinem Urteile schon genügend träge und minderwertige Pro*
fessoren, deren Arbeit er schliesslicti übernehmen musste, vor-
handen waren. — Wir kommen hier zu einem Kapitel, dn^
na hei' l)eleuchtel werden muss, weil von neueren Schriftstellern
ganz besonders die Undankbarkeit Weishaupts gegen Ickstatl
als Kennzeichen seines mindei'wertigen Charakters liervor-
gehüben wird, sowie seine Sucht, Amter an sich zu reissen.
An der Hand der (-)riginalbiiefe wird jiun Vieles recht anders
erscheinen.
Weishaupt schreibt an Lori am 7. Janum^ 1775 von Ingol*
Stadt aus:
— Im Übrigen aber tinde ich Vor gut Euer Kxcellenz
in secreto einige Mangel so wohl bey dem Wesen L^niversitatis»
als auch bey unserer Facultät anzuzeigen damit Euer Excellenz
seinerzeit einmahl davon gebrauch machen konnten, ich schreibe
nichts, was ich mir nicht zu erproben getraue, und wo Von nicht
das ganze hisige Publicum hin länglich berichtet ist,
1. Besteht unsere Facultät in Professoribus am elendsten.
Professor Brugger, Sutor und Weinbach sind gänzlich unactif
und Domini Commodi und können nicht, kurz sie sind gai* nicht
Modern; unterdessen ist es aber- doch noch ein Glück, dass wir
sie haben, sonst Musten alle response liegen bleiben. Professor
Schmid et Siardi sind emsige Leute, wollten gei^n und können
nicht, im Dociren sind sie aber doch nicht glücklich und finden
gar keinen Beifall Sutor und Weinbnch beschweren die Facultät
am meisten, der eine durch sein nun waclisendes alter, Krsterer
aber durch seine ausserordentliche Comoditat und wird auch
Von den Academicern besonders ausländer erstaunlich durch-
gelassen, welche sich alle beschweren, dass sie sich in deren
Plan durch die Pandecten als Ihren Haubtstudio hintergangen
linden, ich habe auch auf ungestüm und Verhalten der Stu-
deuten mich bey ihm crbotten, statt seiner die Pandecten zu
lesen, er wollte sich aber noch nicht dazu Verstellen Vermuth*
lieh weill ihn das Geld reuen wird und änderst wird es wohl
nicht thunlich seyn, denn die Auslander wollten mich durchaus
haben, weill sie auf alle übrigen geringes Vertrauen sezen.
A ^
— 37 —
önic es denn iiiclil möglich .sovn. dus küiittiges J^hr uiisei'e
guttat durch
Hedr
?lioinei
ich
(en activ
keinen besseren kenne als Herrn Kanzler Thomosini. sollte
dieses nicid sein können, so will ich nächstes Jahr die Kirchen
tHi^tnrin fahren lassen und ein drittes Vor die ausländer not-
vendiges Collngiuni Paodecten oder Jus Publicum über nucU
lushören, deini \\\ diesen beyden glaube ich sollten die bessten
'I.ent angestellt werden» weill sie die ansiander Am meisten
iUzieluL Kurz unsere Fncnltät ist in Docenda die sclilech-
Zu diesem Bi-iel" ist die Erklärung zu geben, da ss Professor
Weinbücli ein Vcrwandlei- Adam v; Ickstntts war. Noch vor
icni Tode des ki*anklichen Petei*s v, Ickstatt — letzterer fungierte,
'wie wir sehnn angaben, ids Veilreler des Direktoi's — wurde
Weinbacli zur Unterstützung desselben mit den Vorlesungen
über Institutionen, Natur- unrl \'ölker'recht betr-iiut, um als
Ordinarius später die Erbschaft des Verstorbenen anzutreten.
Weinbach hatte als Verwandter einen starken Rückhalt an Adam
v. Ickstatt und suchte ihm ergebene Leute als Professoren an-
fcuslelleiK Namentlich wio^ es ein gewisser Rliormüllei', der* von
Ihm f>n>tegiei't wurde, jodneh Weishauj>t mal anderen Prtifessoren
jar nicht genchia war. Hierüber entbrannte eiti lieftiger Kamjjf,
|ei% wie aus den m\ Münchener Archiv bewahrten Brief ersieh«-
ich, scldiesslich eine solche Schärfe erhielt, dass ein Bruch
\isclien Wcishaupt und Ickstatt die Folge wai\
Dieser Br-iefweclisel wird von Gegnern Weishaupts ganz
[besonders gern als ein Beweis seiner Verleurndungssucht und
lerrschsncht nngezngen, wer jedoch \ia"!u1pilslns deren Inhalt
lest, die sämtlichen Umstände, namentlich das unerquickliche
rerhältnis unter den Professoren berücksichtigt, wird aus dem
Pon der Briefe bald ander^ei' Meinung \vei"den. Auch ist ganz
l>e*innders schai'f zu betorjen, tlass Weishaupt im März 1775 zum
>ekan seiner I"'aknltät gewühlt werden wai* und als solcher
verpflichtet war, dem Mildirektur Lori die Schaden der Uni-
Hcrersität aufzudeckeih Der Dekan wird rioch lieute von den
H[>rdeiitliclicn Professuren jeder einzelnen Fakultät als deren
^wertreter envablt; die so envählten Dekane bilden mit dem
^Wector Magniticus zusammen den kleinen Senat. Selbstver-
"Slnndlich bildet der Zustand der Universität den riegenstand
ihrer Sorge.
— 38 —
Es ktiiiH doiiei' nicht Ijesoiiders vei^wuiHleriK wenn Weis-
haupt, dei' sich als Professor bei'cits gegen die Anstellung des
schon genannten Rhormüller, den er für ganzlich unfähig hall
eine Zierde der Universität zu sein, aussprach, in seiner Kigen-
schaff als Deknn sich noch sclmrfer ausspriclil, nicht nui" über
diesen, sondern auch übei- den ihn protegierenden Weinbach*
durch dessen Kern modi tat ei' sich gezwungen sah, immer mehr
Arbeit auf seine Schultern zu nehmen.
Nachdem Weishaupt am 19. März 1775 in einem Brief
namens dei* Fakultät zuerst Lori bittet, sich nicht zur Anstellung
des Rhormüllei' überreden zu hissen, welcliei" Vorschlag de<
Professor Weinbach gegen den Wunsch des gesamten Kolle-
giums geschehen sei, weswegen auch die Fakultät und die
übrigen weltlichen Professoren auf das Höchste gegen ihn auf-
gebracht seien, sagt er dann wöhHcIj ^\'eitei':
— wii- hätten nicht geghiubt, dass unsere Nachsicht den
Streich verdient hätte^ den er uns heimlicher weis spielen will.
Wir wollen alle Quellen entdecken, aus welcher bey diesei* Sach
gehandelt wird, ich will Ihre Excellenz zum \'oHierein aver-
tiren, dass Interesse urni weitere Inti-iguen mit unterlnufleih
ich trug Bedenken unsern bericht gegenwärtig schon hinaufzu-
schicken, so lange der alte Herr von Ickstatt noch in München
ist, ich bitte nur inständig Eure Excellenz wollen \'erhinderjK
dass der von ihm voi-gesch lagen e RhormüUer nielil angenelunigt
werde.
1. Glaubt die Fakultät Verdient zu haben, dass er*) es zum
wonigsten Vorher einem der Fakultät angebotten hätte,
2. Hätte er diesen Menschen nicht in consulta facultatis**)
Vorschlagen sollen, wobei uns dadurch Tnrt geschehen kann.
3. Will dieser RhormüUer, der ein sehr Mitlelmässiger
Mensch und ehemaliger Famulus der Pi^ofessor Sclunied ist
hierdurch uns zur- Professui- seyn.
•i. folglicli Übernihmt ei^ die Instituten gratis, wo er einen
andern bezahlen müsste,
5, Hat selber sich ongebotten eine Schwester Von dem
Herrn Weinbach zu h curat hen.
•) Weliibach,
♦♦) Als durcti BesclilQase der Fakultät
— 39 —
6. ist der alte Herr von Ickslatt durch die Frau Heppen-
stein*) dazu beredet worden.
7. erfordert der Zustand unserer Facultät da ss -auf Abgang
eines Professoris ein sehr excellentes Individuum hergesetzt
werde, sonst ist es mit uns geschehen.
Am 26. März 1775 schreibt Weishaupt:
Ich habe in meinem letzten Brief die gnad gehabt Eure
Excellenz die Verlegenheit anzuzeigen, in welche unsere Facultät
durch das Betragen des Herrn Professor Weinbach gesetzt
worden , da wir nun aber durch sicheren beweis Vernehmen,
dass es an sich schon so weit gekommen sey, dass Herr Rhor-
müller durch Titl. Herrn Baron Ickstatt**) nach München ab-
gerufen worden, so bleibt uns kein anderer Trost in unserer
Verlassenheit Übrig, als uns dessentwegen noch einmahl an
Eure Excellenz zu wenden als \'on dero bekanntem Patriotis-
mus Lieb zu dero Wissenschaften und abgeneigtheit gegen alle
Interessierten absiebten, wir noch allein hoffen können, dass
unsere billigst Bedenken envogen und der circulus Juris con-
sultorum Von welchem Hochdieselben selbst ehmahlen ein Mit-
glied waren, nicht auf eine so erbärmliche art herunter gesezt
werden möge. Wir können uns also:
1. Mit sichern Grund darauf berufen, dass Herr von Wein-
bach dieses Jahr sein officium sehr nachlässig vertretten; dass
er dessentwegen mehreremahlen die empfindlichste Ahndungen
von Serenissimo erhalten und sollte ich als Deputatus facultatis
Juridico in München erscheinen, so werde ich zur Rechtfertigung
unserere Ehre die Intriguen aufdecken, welche er, solche gnä-
digste Befehle zu Eludiren***) mehrmalen getrachtet.
2. Kann ich würklich behaubten, dass in dieser ganzen
sach, ubi de Jure tertii agitur, alles ohne Vorwissen der Facultät
geschehen und wo noch Professures Vorhanden wären die
facultas publici legendi ad extrarum dociret werden.
3. Müssen Sie dabey auf den Gedanken Verfallen, dass es
folglich dem Herrn von Weinbach darum zu thun sey, wie er
tausend Gulden besoldung erhalten und doch nichts zu thun
haben möge, in dieser Absicht
•) Dieselbe war Ickstatls Nichte.
*•) Weishaupt war also überzeugt, dass dieser Hhorrnüller ebenfalls pro-
tegiert, weswegen sein Unwille auch gegen den Paten gereizt wurde.
••*) Auszuweichen.
— 40 —
4. Konnte er tiuf Niemanden andern uis Heirn Hbormüüer
verfallen. Von welchem er Verniiatiien konnte, dass er seine
Instituten gratis übernehmen würde, indem derselbe Ehrgeizig
all Weg und Mittel ergreift sich den Weg znr Professur xu
bahnen, welches umso sichtbarer ist, als er sich schon durch
Verschiedene Heuraths Vorschläge dazu empor sclnvingen wollte.
Wie wir denn nicht untersuchen wollen, ob nicht auch gegen-
wärtig eine 'solclje absieht mit unterlautTe. ob durch solche
Wege der gesunkene Credit und ansehen unserer Facultät kami
hei-gestellt werden und ob Wir nicht Vielmehr nicht nur singuli
sondern de toto auf das ärgste herunter* gesetzt werden, können
Eure Excellenz daraus entnehmen, als
5. Hen^ r^i'ofessor Weinbach auch facta cessione in den
Pandecten doch noch rernissive fj:elien will.
6. dieser zu substituirende HhormüUer, be> dem Herrn
Professor Schmid wirklich als famulus zu Tiscli dient den
heurigen Kostgängern alldort die Teller wectiselt auch mit 30
urlei' 40 Studenten Tuzbruder ist,
anbei 7. mehrei*ennile erhörl woi"den, döss ein Simplex
IJcentiatus Juris bey uns facultatem de superiore Cathedra in
auditoria publica legendi erhalten habe, so übei-dies
8. zu beforehten sieht, dass unter den academicis besonders
ausländem eine gälnnuig entstehe, als welche V'orschüzen schon
einen l^epetitorem zu haben.
Bey so bewandten Umständen erlasse ich tni' Eure Excellenz
tiefstei' Einsicht, ob nicht hiesige Universität eine selir Üble
nachrede zu envarten haben, w^enn die ailliier stüdiereridea
ausländer solche anstnlten und nachrichten ausser lands Ver-
breiten.
Wir können dabey Eure Excellenz aufs Theuei*ste Ver-
sichern, dass v(m unserer Seite wedei' Privathass nocli Vortheil
mit nnterlautTen, Wir wünschen Vielmehr, dass unsere Facultät
nocIi mit einenj herühmlen arbeitsamen, erhihrenen und Philo-
sophen Eectoi* vermehrt werde, welche gaben dem Herrn Rhoi^-
müller ganz gewis Mangeln und da lln-o Cliurfürstl Durcldauchl
in der*! Weitem lande nur 6 Jui'isten Professores zählen
und diese zum Unterricht Junger leut sehr wichtige Professoi-en
sind, so sind wir allerdings der Meinung dass hierzu niclit der
nächst beste genolnuen, sondeiTi eine strenge answahl getroffen
werde. Die gnade mit welcher Eure Exceilenz die Bi-iefe an-
derer Professoren beehren lassen uns Verlioffen, dass unsere
— 41 —
'Fdcultät einer boldigen gnädigen erklärung ^ewürdi^et werde in
der Hoftnuiig dass miserm gewiss billifren gesucli willfahren
werde verharre ich
hEure Exeellenz
Unterthänig gehorsamster*
Weishaupt Decanua
%v1r gobeii hier den ganxen Binef wieder, damit aus dem
Tone desselben jeder klar erkennen kann, dass aus diesem ge*
iss nicht ii-gend welche Absicht, Amter on sich zu reissen,
lesen werden kann, sondern klar hervorgeht, dass sieti Weis-
ftupt verdientei- Männer nicht entgegenzustellen beabsichligU
Die Gründe seiner Abneigung gegen Hbtirmüller sind klar- an-
legeben, sie müssen auch Lori einleuchtende gewesen sein, so
dass er zu Schritten im Sinne Weishaupts geneigt war, sonst
würde Weinbacli nm 15. April 1775 nicht an L.ori sehreiben:
Whft
I
— Eure Excellenz recfmimandii*en Einigkeit, ich tÜi-
leinen part hüte mich gewiss ein Ruhestörer zu seyn» mögteu
nur Andei^e ebenso denken, dass in unserm Decatms Pr. W — pt
unser bisheriges System Verwirrt und auf einmal a de|>il den
Mönchen den prf. Stadler das pnmcancellariat zuschanzen
mögte, auch mit der Stadlerisehen Cohoile calludiret und grciss
confussion und Chieane macht ward Euer Excellenz bekamit seyn.
ich hielte mich dagegen auf, aiusste aber bald eine Chieane er-
fahren, indem er den Rhormüller VcrschwärzI und ich akten-
mässig zeigen kann, dass er wieder Rhoi-müller nichts einzu-
tr'enden habe, sondern nur mir eine Chieane spielen wolle.
Diese Ansicht des Schikanespielens allein wird man nicht
ut teilen können nach dem Briefe Weishaupls, der vielmehr
erarlig klingt, als wolle er wirklich das Ansehen der Univer-
itat wahi-en. Gliorakteristisch jedoch ist die Hartnückigkeit
Weinbaehs, mit der er in demselben Brief Eori voi-schlägt:
■ wie wäre es denn, wenji Hhurmüller auf seine Kosten nach
(lötlingen ginge und alsdann bey nächster Vacatitur als i*ni('essor
aufgestellt würde?
f Es ist klar, dass zwei Mäiuier, die mit gleicher Hartnäckig-
keit ihre entgegengesetzten Ziele verfolgen, sich unversöhnlich
— 42 —
befeinden rnussteiK gleiclniel zunächst , niis \vek*hen Gründen
sie es tnteiL
Dnss Lori auf selten Weishaupts stand geht weiterhin aus
oineni Brief lekstatts hervor, den letzterer nm 25. Api-it 1775 an
Lnri riclitele. Aus diesem Schreihen ist nnvb mehi^ als klar er-
sichtlich, dass die Freundschaft zwischen ihm und Weishaupt
gSnzlirli in die BriVclie ging. Ickstatt schreibt:
Aus Eurer ExceÜenz Werthe Zuschrift nelniie fast ab. dass
dieselbe dem Boshaften und Undankbaren Professor Weishaupt
allzu geneigtes gehör gegeben; nui- dessenlhatben hatte er so
dieses nicht Verdient, weil ersieh ofl'enbahrZu der Sten Pmihev
hält. Wenn diesem Menschen kein Gebiss angelegt wird, und
nicht anbefohlen wird meVir Besclieideaheit gegen mich zu ge-
brauchen; so Tliue keinen Schritt mehr in Universitäts Sachen
und mag gleicliwohl das Universitäts Directoriat Hieimit Vacant
werden, was ich Sr ChurturstL Durchlaucht einherichtet, ist die
Wahrlieit und er Verdient einen Verweis; dieser Mensch, den
ich aus Schlamm nad Koih herausgezogen, lässl übei'aü so gar
bey den Studenten seine böse Zunge gegen midi zu weit
heraus.
Da ich in meiuei' Zuseluift an Eure FlxccUenz letzUiin des
Bhoi»müller gedacht, habe ausdrücklich hinzugesetzt, dass man
demselben wegen dem Su|»|>liren keine Hoffnung zu einer
ProfessiU' Stelle, ja nicht einmal zu dem Titl eine Hofl'nung
nau'lien solle. Weil man Bedacht muss seyn die Facnllät mit
berülmiten Professores zu besetzen. Weishaupt ist so wenig
als Bhormiiller jemahl ans Bayei'u gekommen, ersterer kann
ein geschickter Professor werden, allein ein Si> abscheulicher
Charakter eines undankbaren hochmüthigen und unruhigen
Menschen muss er nicht so Strafe binden lassen?
Der Professor Juris Civilis auf welchen icli meinen Ge-
danken gerichtet dociil zu Maynz, ist eine Götlingsche Zucht
und sehr berühmt.
Die übrigen Punkten beantworte ich Moigen; sezen Sie
mich indess gegen die Impertinenzen des Weishaupt in Huhe,
sonst lasse ich alles liegen.
Verbleibe indessen einmahl allezeit
Ihm Kxcellenz
tiehorsamster Diener
J. A. Frhi-. V. Ickstatt.
43 —
Bedauerlich ist es, dass diesei" iiBclii^tlfigige Brief, auf den
hingewiesen ist, sich im Archiv nicht vnrfindeL Von Gegnern
Weishaupts wird obiger Brief Ickstatts namentlich angezogen
iols ein Beweis für dessen minderwertigen Charakter, fthne dass
aber diesen der- Gedanke kommt zu untersuchen, weswegen
Weishaupt seinen Gormer angegriffen hat. Es wird von ilinen
^ priori angenommen, dass Ickstatt keinerlei Grund gegeben
tiabe, folglieli ist Weisliaupt zn verurteilen.
Wii- sind genötigt, in der DarsleUung diesei' Dinge setir
gründlich vorzugehen, um den Leser in den Stand zu setzen,
durch unverkürzten Abdruck doi* Br-iefe sich selbst ein Urteil
über den Charakter Weishau]jts zu bilden, dei- un[)arteiisch s(>>
Iwobl in seinen Schwäclien als Vorzügen bisher nocli nicht un-
"verschleiert daig:estellt worden ist, sondern immer durch die
gefärbte Brille besonderer Voi-urleile betrachtet wurde, I^r-
scheinen daher dem Lesei- die bisherigen sowie tVdgenden
Auseinandersetzungen etwas weitläufig, so wolle er bedeidcen,
dass es sich liier um eine beweiskräftige, endgültige und dadurch
gründliche Darlegung aller Umstände handelt, die nicht in ge-
drängter Kürze klargestellt wei^dcn können.
^fc Bevor wir die Gründe, welche die Handlungsweise Weis-
^fiöupts leiteten, weiterhin genau nntei-suclien, wobei wir uns
der Schwierigkeit, diese noch Verlauf von über 125 Jahren noch
'eststeUen zu wollen, klar bewusst sind, ist es notwendig, zur
weiteren Cliarakteristik der Sachlage einen Brief Weishaupts
t' i vom 14. April 1775 auch bekannt zn geben.
ßrselbe lautet:
Hochwohlgeborener geheimer Rath
Hochgebietender Herr- Gcheimrath.
Plure Excelenz soll ich im Namen Meiner Facultat den
schuldigen gehorsamsten Dank erstatten, wir hoben es lioch-
demselben zu Verdanken^ dass wir von unserm grossen Übel befreit
weixlen und dafür* stehen aber auch Eure Excellenz in unserm
Facultäts Buch Vei^ewigt eingeschrieben, Herr von Ickstatt ist
höchstens gegen mich iiufgebracht; er hat mich Versichern
lassen, dass ich sein Haus nicht mehr betretten solle, ich
tröste mich dabey. dass icli mir keine Vorwürfe zu machen habe
und dass icli in dieser Sache wie ein ehrlicher Decanus für
meine Facullät gehandelt habe. Überhaupt wünschte ich mit
— 44 —
Kuer Excellenz luir einige Zeit sprechen zu können, aber dn^
gegenwärtige Kindbett meiner Frnn hindert mich noch Münchnrs
diese Ferien zu kommen, so Viel kann ich Eure Excellenz Ver
sichern, dnss sehr Villc schon bemäntelte Inlrigueri gespielt
werden, wo von ich alle Ti'iebfedern kenne. Jesuiten eigenrmz.
Mönch eigennuz und Nepoten eigennuz sind wirklich die von
unserer Univei^sitäl. Wenn es keine frechheit wäre, so wollte
ich Eure ExccUenz unlerthtinigst rathen, gegen tille begehren
die Von hier in München gestellt werden, Mistraui^jch zu seiji.
nnd abzuwarten, ob nichteine vmi diesen dreyen dahinterstecke»
Man weiss, dnss ich nlie drey lieohaehte und doi*um habe ich
sein' Vilie Freunde. (Zum Schluss heisst es): Mit
Euer Excellenz schreiben an mich Muss mir ein Tort gespiell
worden seyn. Man ver*sichert mich HeiT v. Ickstatt habe solches
abschriftlich und ausser den Pi-ofessoren Brugger, Sutor, Siardi
und Steigenberger liat es doch Keiner zu gesiebt bekommen,
ich denke noch Itinter die Wahrheit zu kommen. Ich bin
IMjrigens
Euer Excellenz Gehorsamster Ergebenster
A. Weishaupt, Prof. et Decanus,
Es muss für Weishaupl sehr wiclitig gewesen sein, trotz
der zu erwartenden Niederkunft seiner Frau, mit Lori persönlich
in München zu sprechen, sonst hätte er sicli siclierlich nicht
wiederum auf den Weg i^emaelit und zwar in einer Weise, die
unter seinen Gegnern \'erbluflung hervorrief. Er schloss ein-
fach seine Vorlesungen früfier, als die eintretenden Osterferieii
gestatteten, und schlug nn die Universitätstafel einen Zettel mit
der Bemerkung, dass er die Kollegien am 24. April wieder auf*
nelnnen werde. Du de*^ letzte Brief an Lori vom 14. April
datiert ist, ein Bjief Weinbachs und Ickstatts an Lori, in denen
der angegebene VcnfHll bemerkt wii^d, beide vom 22. April 1775,
so dürfte die Heise kurz nach Absendung seines Schreibens
von ihm angetreten worden sein.
Der Brief Weiidiachs vom 22. April 1775 lautet in den uns
hipi' interessiei'onden Stellen:
Dass Professor Weishaupt nachhero München abgereist ist,
inconsultn*) rectore et Directore geschehen, wenn er Vorgiebl.
•) Ohne Bespf^churiK mit dem Roktor und Dii^klor.
— 46 —
dass er nomine Facultatis gekommen, so ist dieses grundfalsch,
indem ich, prof. Schmid, Brugger und Vielleicht andere gar
nichts davon wissen: die ruhe der facultät und Universität wird
hergestellt, wenn Eure Excellenz, dann andere höhere Ministores
diesen berüchtigen Chicaneur kein Gehör mehr geben werden:
er Verdient einen Verweis, indem er während Collegienzeit fort-
gereisst inconsulto Facultate et universitate und noch überdiess
ursach ist, dass kein Professor der Juristen Facultät mehr im
Collegio fortfahren könne, indem sich die Auditorii auf Prof.-
Weishaupt und sein Zettel |: welchen er an das Auditorio an-
geschlagen mit bedeuten des 24. Apr. erst fortfahren zu wollen:!
ausreden und deswegen auch in keine andere Collegii erscheinen
wollen. Doch bitte, weil ich als Collega mit diesem Ruhestörer
leben muss, bey etwaig Vorwerfung meines Nahmens zu Ver-
schweigen.
Euer Excellenz unterth. gehors.
J. Weinbach, professor Rector.
Fasst man die wiedei-gegebenen Briefe zusammen und ver-
gleicht sie mit den weiteren Briefen Weishaupts an Lori, so
ei^bt sich, dass jetzt in allen ihren Einzelheiten zwar nicht
mehr ergründbare wichtige Ursachen Weishaupt veranlassten,
einen kräftigen Schlag in der Zeit vom 15. — 24. April auszuführen,
der die bisherige feindliche Stimmung gegen ihn ganz besonders
gesteigert haben muss. Ickstatt, welcher am 22. April (Weis-
haupt war noch nicht zurückgekehrt aus München) an Lori
dessen Zettel-Anschlag mitteilt, sagt von ihm in noch nicht allzu
gereiztem Tone in demselben Brief: »Dieser Mensch wird un-
dankbar, unverträglich, schlägt sich völlig auf die Stattlersche
Parthey«, — versteigt sich jedoch drei Tage später zu dem be-
kannt gegebenen kräftigen Brief vom 25. April (s. S. 42). Sicher
hatte der zurückgekehrte Weishaupt inzwischen von seinen
Reise-Ergebnissen nach München, die für ihn günstig ver-
laufen sein müssen, nicht geschwiegen und den Zorn Ickstatts
mächtig heraufbeschworen, dass es sich um RhormüUer dabei
handelte, geht deutlich aus den Verwahrungen im genannten
Brief an Lori hervor. Es wird von dessen Anstellung weiterhin
auch nicht mehr gesprochen. Ebenfalls werden Weishaupts
Klagen über die Trägheit Weinbachs von Erfolg gewesen sein,
die er wahrscheinlich dem Kurfürsten persönlich vorgetragen
hat, wie aus einer Stelle seiner späteren Briefe geschlossen
— 46 —
werden kaini. Allerdings war die Wirkung dieser Klage eine
ilim unvermutete, wie wir sehen werden.
Bevor weitere Briefe veröflentlieht werden, erinnern wir noch-
mals daran, dass der hierbei leitende Zweck der ist, den Leser
durch dieses Material selbst in den Stand zu setzen, sich ein
Ihieil zu bilden, ob Weishaupt mit Recht beschuldigt werden
kann, intoige seines Ehrgeizes bemüht gewesen zu sein, alle er-
reichbaren Ämter an sich zu reissen. Es ist die Frage zu beant-
worten: Ist Weishaupt heri^chsücblig, nur allein für sicli inter
essierl, ein Inlriguant für seine Zwecke, kurz ein missratener
Charakter, nis der er oft hingestellt wird? Muss der Leser eine
solche Ansiclit unbedingt gewinnen, so lasst selbstverständlich
diese füi* die Zwecke der Ordejisbegründung recht ungünstige
Schlüsse zu. Die näheren Umstände bis zum 1. Mai 177t> da*
her genau kennen zu lernen, soweit das heutzutage noch möglich
ist, düHte für ein gerechtes Urteil unerlässlich sein, mag auch
unserer heutigen Zeit, diese Professorenstreiterei selbst kleinlieh
vorkommen. Den dtimals Lebenden erschien sie nicht so und
vielen jetzt Lebenden auch nicht, sonst würden diese Umstände
nicht noch heute dazu dienen müssen, durch Schrift und WoH
als Beweise dei- Chai'aklerunlauterkeit des Ordensstifters heran-
gezogen zu werden.
Am 12, Mai 1775 schreibt Weishaupt an Loi'i folgenden
Brief:
Hocinvohlgeborener, Hochgebietender Herr Geheimer Hat!
Gestern den Uten Currentis ist mir ein, in der aufschrift
im Decan ujid facullal gerichteter, erbrochener Chuifürstlicher
gnädigster Befehl zu Händen gekommen, in welchem mir ad
Interim die letzten Inslituticuien mit beybehaltung der Vorge-
schriebenen tage und stunden outgetragen wird, ich habe mich
so wie ich es gestehen Mus aus blossem Patriotismus Sr. Chur-
fürstlichen DurehL selbst erbotten in dessen die Institutionen
statt des Herrn von Weinbach zu suppliciren und Höchstdie^
selben haben sich daliin geäussert, dass ich ohnehin sclion mit
Collegien Überladen wäre und das sie mich davon entübrigen
wullten.*') da ich nun Von der gnädigsten Gesinnung schon
Versichert hin, so Mus icti mich höchstens Verwundern, das ich
•) Hieraus scheint hervorxuffehen , dass er diese Äusserungen während
seines zweiten Aufenthaltes in MQnchen in Audien?. erhallen hat.
— 47 —
lebst meinen schon 3 aufhebenden C^ollegiis noch soll \'erbundeii
werden, in der heissesten Jahreszeit, nachdem ich auch Vor-
mittags schon 2 stunden heisei^ geschrieen über 2 Verschiedene
Fächer 2 nach einander folgende stunden hindui-cli nller Ki'äfte
zu berauben. Icti Mus eure Excellenz offenherzig gestehen, dass
^dieses mir einmahl unmöglich ist, und dass icli bey meiner nicht
starken Leibes Cornplcxion meinen Tod und untei^nng finden
[Müsse. Wenn ich Patriotisch hin wuj'um soll mich dann
ilches wo keine Schuldigkeit Vorhanden ist zu frühzeitig in
"die Grube hffern*
■ Dass es Weishaupt mit seiner Ablehimng dieser neuen
Arbeitsbelastung ernst war, geht aus diesem Sehreiben un-
zweifelhaft henor, andernfalls halte er kaum so derb schreiben
ikönnen. Er niuss sich auch gegen seine Kotlegen darüber ge-
iussert haben, denn am 15. Mai 1775, drei Tage nach Abfassung
seines Protestes^ schreibt Professor SutoFan Loi^i:
Ich nehme mir die Freiheil Eure Excellenz um Ihre gna-
ligste Patronanz gehorsamst zu ersuchen. Herr Prof. Weisliaupt
hat Vermöge eines gnädigsten Rescriptes den Auftrag erhalten
itatt des Prof. Weinbach die Institutionen ganz auszulesen,
allein da derselbe die Auslesung dieses Collegiums als seiner*
iesundheit nachteiUg betrachtet und selbes bereits verbitten hal,
nfteriere ich mich dieser Arbeit zu unlerzielien. ~
Die Entziehung dieses Teiles der Lehrtätigkeit Weinbachs,
der damals Rektor war, dürfte Ickstatt als dessen Onkel jeden-
JqUs stark gegen Weishaupt beeinflusst haben, dessen Tätigkeit
in München dieses Ereignis doch jedenfalls zuzuschreiben ist,
nicht aber kann behauptet werden, dass er nur an sich denkend
in seinem Interesse gehandelt liabe und nicht wirklich in dem
des Universitätsrufes, —
i Weishaupts Protest, die Institutionen zu übernehmeu,
nützte nichts, er erhielt einfach den Befehl, mit den Vorlesungen
tzu beginnen und fügte sich wohl oder übel, allerdings nur mit dem
ersuchen, ihm dann wenigstens eine Gehaltsaufhessei-ung zu-
zuwenden. Er erhielt bis zu dieser Zeit 900 fl. Gehalt. Dieses
kVerlangen ist ihm von neueren Forschern stark verübeil worden.
— 48 —
ob mit Recht; wird der Leser selbst entscheiden, je nach seinert
praktischen oder ideelleren Grundsätzen.
Der BT'ief, welcbei* hierüber Anfschluss gibt, Inuletl
Hochwohlgeborener, Hoehgebietender Heri^ Geheimer Bath.
Euer Fxeellenz Gnädige Zuschrift \oni 15. Currenti habe ich
richtig erholten und aus solcher so Weit Verstanden das ich i
mit Lesung der Instilutionen den onTeng machen sali Von ■
Meiner Seite kann ich Kner KxcelJenz melden, dass ich meinem
Vaterijind zu dienen die bereitwilligste Arlh habe und doss ich
also dieses amt, so schwer es mich auch ynknmmt ertragen
Will Wenn ich nur sehe dass der Staat für meinen Unter-
halt und Tür meine Ehre auch besorgt ist und dass Mann mich
nicht vor Allen andern blos allein zum J« ichziehen ausersehen.
ibi Patria est ubi bene est. Wenn ich 3 oder 6 «Professoren
Versehe , so glaube ich , dass ich mehr nachsieht und
billigkeit Verdiene, als solche 1 weil sie für das Vaterland
fanllenzen. es ist wahr ich hab mich angebotten aber auf den
Fall wenn gar nicht anders mehr zu hoften, ich t'ordei^ nur
Billigkeit und wo ich diese sehe, dann bin ich gewiss auch billig,
ich wollte jemünd, wer er imnver ist, in meine stelle setzen
und dann sehen ob ich nicht ursach mich zu beschweren habe.
Weini ich mich zu Vielen anerbiete, so zeige icli meinen Dienst-
eifer* und meine Liebe zum \jiterland aber dieses alles hat mir
eben so wenig grund, als wenn ich weniger davon besasse.
ich habe noch niemahlen gehört, dass man mich nur Von der
Classe anderer, worin meine Mitarbeiter, unterschieden, noch
Viel wenigei* Von 4facher last etwas mehr Vortheil zugestanden.
(F'olgt Nebensächliches, dann): unterdessen wenn es unter 100 tt*
wäre glaube ich das nicht zu stark bezahlt. Wenn ich es
weniger Verstehen und erfahrenei'e Kräfte hatte, so würde ich
es umsonst thun. Wollte man mir die gratis Sportein des
Herrn von Weinbach vor dieses Schuljahr anweisen, so wäre
ich woll zufrieden. Ich bin Übrigens mit aller tiefster Hoch-
achtung
Euer Excellenz
gehorsamster ergebenster
Ingolstadt d. 17. May A. Weishaupt,
1775. Professor.
Ob nun seiner Bitte um Gehaltserhöhung nachgekommen
[worden, ist nicht bekannt; bis zu seiner Entlassung im Jahre 1785
[jist er jedoch bis zu 1000 fl. Gehalt aufgestiegen. WahrscheinHch
pst» dass er ziemhch lange auf eine Gehaltszulage warten musste,
vielleicht hat Ickstatt die inzwischen entstandene Abneigung
gegen sein Potenkind durch die Hinziehung dieser Angelegen-
heit bekundet und dadurch Weishoupt veranlasst, immer
schärfer sich über ihn zu äussern. Jedenfalls gab es für Weis-
haupt eine Menge Dinge, die ihn in grosse Erregung versetzten.
Prantl sagt z, B. hierüber in seiner Geschichte der Ludwig
Maximilian-Universilät, Band I, S. 673 ff,: »Infolge seiner frei-
sinnigen Richtung hotte er in Bälde durch verschiedene Angriffe
zu leiden und so äusserte er sich im Jahre 1775 bei Gelegen-
heit der Frage über die Promotions-Gebüliren des Vizekanzlers
in einem Fakultätsberichte sehr scharf über die Verleumdungen,
welchen man ausgesetzt sei, wenn in den Vorlesungen oder
Disputationen die Rede auf das übermütige Vorgehen der
Päpste gegen die Kaiser, auf Investitur, auf den westfälischen
Frieden und dei^leichen komme; er selbst habe gegen manche
Missbräuche gesprochen, sei aber in den theoretischen Grund-
Sätzen stets dem Rautenstrauch getreu geblieben, welcher in
Österreich in hohem Ansehen stehe: allerdings werde man nicht
kjebenso wie dort auch in Ingolstadt geschützt, sondern sei dem
Lufpasser und Jeder Verketzerung preisgegeben; vor Verdruss
und ÄiTger sei er bereits krank geworden und sonach wünsche
er, entweder überhaupt von den Vorlesungen über Kirchen- und
I Natur-Recht enthoben zu werden, damit er nicht noch ferner
idie Jugend verführe, oder genaue Verhaltungs-Befehle zu be-
kommen,« — Nach Prantl ist anscheinend nichts hierauf er-
folgt, sondern erst im Jahre 1777 wurde er beauftragt, Natur-
recht nach Feder als Anhang zur praktischen Philosophie zu
lesen.
Zur weiteren Klarstellung des Charakters Weishoupts ist
es notwendig, auf die Angaben Weinbachs und Ickstatts einzu-
gehen, welche den Voi'w^uri' enthalten, dass Weishaupt sich zu
der StotUer* sehen Partei hingewandt haben soll Aus diesen Be-
Kerkungen ist geschlossen worden, dass er es mit seiner Gegner-
hafl wider die Jesuiten nicht ernst gemeint haben könne, weil
Stattler exjesuitischer Professor gewesen, demnach unmöglich
aus diesem Grunde dessen Freund sein durfte. — Wir müssen
hier etwas verweilen.
CBf«l, GctcbicbU dffs niomiAAteiiiiirdeDS. ^
so
Benedict Stattler*)» nicht zu verwechseln mit Daniel Stadler,
dem einstigen Instruktor und Beichtvater des damaligen Kron-
und Kurprinzen Max Joseph, ist geboren am 30. Januar 1728
zu Kötzing im bayrischen Walde, gestorben am 21. August 1797
zu Mönchen. Derselbe trat am 17. September 1745 in den
Jesuitenorden, wurde 1759 zum Priester geweiht und legte am
2. Februar 1763 die feierlichen Ordensgelübde ab, wurde 1773
erster Professor der Dogmatik an der Universität zu Ingolstadt
Er behielt diese Professur bis 1781.
Slattle!" war ohne Zweifel einer der hervorragendsten Pro*
fessoren, jedenfalls der bedeutendste der Theotogen, die damals
in Ingolstadt lehrten. Er war sich aber seiner Überlegenheit
über die meisten seiner Kollegen wohl bewusst, dabei recht-
haberisch, herrisch und geriet darum in viele Streiiigkeiten auch
mit anderen Mitgliedern der theologischen Fakultät, in der er
nach 1773 der einzige Exjesuit war, w^älirend die übrigen aus
anderen Orden oder Weltgcistliche waren.
Im Jahre 1775 ernannte ihn der Biscliof von Eichstadt als
Kanzler der Universität a'uch zum Prokanzler. Der Kurfürst
bestritt anfangs zwar dem Bischof das Recht, einseitig den Pro-
kanzlej' zu ernennen, erkannte aber schliesslich die Ernennung
an.
Stauler hat zahlreiche wissenschöftliche, namentlich theo-
togische Werke veröiTentlicht, die ihm in Wien und München
Preise eingetragen hoben und aus denen hervorgeht, dass seine
Ansichten sich weit von denen der herkömmlichen jesuitischen
und kurialistischen entfernten: so z* B. lehrte er, dass die Fürsten
bezüglicli ihrer rein politischen Gewalt vom Papste nicht ab-
hängig seien, die Immunität der Geistlichen nicht auf göttlichem
Recht, sondern auf einer Konzession der Fürsten beruhe; der
Fürst Bedingungen für die Gültigkeit der Eheabschliessungen
und trennenden Ehehindernisse aufstellen könne und die
Kirche eine nacli staatlichem Recht ungültige Ehe nicht gültig
erklären kann.
\*ergleichen wir mit diesen historisch unangreifbaren Tal-
sachen einige der bereits bekannt gegebenen Briefe (S. 41
und 42), so wird die Sachlage bald klar. — Statt 1er ist dem
*) Nachfolgende Angrahen finden sich »Allgemeine Deutsche Biographie^
auf Veranlassung S. M* des Königs von Bayern durch die historische Koro
mission der kgl. Akademie der Wissenschaften*, Leipzig, 1893, Bd. S5,
SUittler
t^
, Artikel i
— 51 —
jh Geistesfreiheit ringenden Weishaupt ein freier als alle
anderen Theologen denkender Kopf, das musste ihm wenigstens
anfanglich bis zum Jahre 1775 sympathisch sein, denn Stattler
veröfTentlichte diejenigen Schriften, die Weishaupt veranlassten,
sein besonderer Gegner zu werden, erst später. — Weishaupt
gibt nun in dem Briefe vom 7. Januar 1775, der bereits teilweise
im Wortlaut (s. S. 36/37) wiedergegeben ist, folgendes im Anschlüsse
an dem dortigen Inhalte an:
2. was die übrigen Professoren betrifft, so bitte ich Eure
Excellenz uns mit neuen Mönchen Professoribus zu versctionen,
denn gegenwärtig schon amtlich angestellte sind so Ambitiös
und Intriguant als jemelilen ein Jesuit seyn kann. —
Sollt ich einmalil die gnad haben Eure Excellenz zu
sprechen^ so will icli hochdeiiselben vorher Manchen Streich be-
richten. Niemahlen sollte man es glauben, das solche Kerls
unter den Kutten eines Mönchs stecken könnten, besonders
nehmt sich Prof Steigenberger sehr stark um Titl und ämter
an, thut aber doch sehr wenig, ich finde es wäre gut die Je-
suiten nicht gänzlicli auf der Universität abgehen zu
lassen, denn sie sind die einzigen, die den Prälaten,
K|o|tern und Mönchen Dominirent entgegen stehen.
^m Da wir wissen, dass anno 1775 Staltler an der Universität
^Br einzige*) Exjesuit war und dass er als Theologe hoch-
bedeutend, so ist, wie ein Abwägen des letzten Briefes und der
Anschuldigungen Ickstatts und Weinbachs eingibt, Weishaupt
seinen gegen I.ori ausgesprochenen Ansichten nur getreu, wemi
er den einzigen an der Universität noch angestellten Exjesuiten
Stattler unterstützt. Ob er, bei aller Möglichkeit des diesbezüg-
lichen Wunsches, in der Lage gewesen wäre, das Prokanzellariat
zuzuschanzen, wie Weinbach behauptet, erscheint deshalb sehr
fraglich, weil der Bischof von Eichstädt und der Kurfürst dar-
über zu entscheiden halten, auf beide jedoch in dieser Hinsicht
Weishaupt kaum irgend welchen Einfluss haben konnte. — Nur
Gründe sachlicher Natur können Weishaupt im Interesse der
Universität zur Annäherung an Stattler veranlasst haben, wenig-
stens lässt der Briefwechsel diese Schlussfolgerung recht wohl
•) S. Prantl. Seite 661.
— 52 -
zu. Bedenkt man ferner, dass spater eine allbekannte Gegne
Schaft zwischen Weishaupt und Stattler entstand, begründ
durch ihre verschiedenen theologischen Ansichten, so ist nich!
recht einzusehen, wieso die im Jahre 1775 bew^iesene freun
schaflliche Gesinnung Weishaupts als Beweis der Unzuverläss
keit seines Charakters heute noch angesehen werden kann.
Wir wollen hier einschalten, dass Stattler, gereizt durch du
Gegnerschaft Weishau j>ts, nachdem die Verfolgung der Ulum
naten in Bayern ausgebrochen war, als Entgell eine bissij
Broschüre anonym herausgab, betitelt: »Das Geheimnis der Bos-^
heit des Stifters des llluminatism^s in Bayern, zur Warnung
der Unvorsichtigen hell aufgedeckt von einem seiner alten Kenne!
und Freunde,*
Es ist bekannt, dass diese Schrift von Stattler herrührt. -^
Einen besonderen Punkt haben wir nochmals zu berühren:
nämlich die so oft hervoi^gehobene Undankbarkeit Weishaupta
gegen Ickstatt, die seit einer Bemerkung Kluckhohns in seinem
Werke »Der Freiherr von IckstatU wiederholt als Beweis on
geführt wird, Weishaupt soll im Oktober 1774 Ickstatt einen,
eigennützigen und kindischen Menschen genannt und von seinem
so berühmten Nepotismus in einem Briefe an Lori geschrieben
haben. — Das Original dieses Briefes aufzufinden ist dem
Schreiber dieses bisher noch nicht gelungen. Es ist nicht za
zweifeln, dass ein solcher Brief vorhanden ist, ei* wird jedoch
nicht vom Archiv ausgeliefert; in dem Aktenfascikel der Reihe
der Briefe an Lori befindet er sich nicht, wenigstens nicht mehr,
es liegen daher unbekannte Gründe vor, diesen Brief nicht wie
das übrige Material allgemein zugänglich zu machen. Auch
scheint es, dass das Jahr 1774 nicht richtig ist, denn in diesem
Jaljre ist ein offenbarer Bruch zwischen beiden Männern nicht
ersichtlicli, WT>hl aber haben die Ereignisse des Jahres 1775
einen solchen bewirkt. Erstens der Fall Rohrmülter und weiter
die nachfolgende Angelegenheit: ■
Im November 1775 war dem Kandidat beider Rechte, Ernst
Christoph Henninger aus Württembeig das consilium abeundi
von Ickstatt zugeteilt worden, infolgedessen schrieb dieser demfl
TJniversitäts- Justiz-Kollegium zu Ingolslodt, am 15- November 1775,
dass dieses consilium abeundi ihn in den Augen der Leute zum
Verbrecher mache und ihm die ganze Zeit seines Lebens schäd-
lich sein müsse. Da er aber keines Verbrechens angeklagt,
vielweniger darüber vernommen, am allenvenigsten aber
— 53 —
!esselben überfuhrt worden sei, so sehe er sich genötigt, das
"^Universitäts-KoUegiiim anzugehen, seine Ankläger in specie den
Herrn Geheimrat Boron v. Ickstatt zu provozieren und so sie
licht erscheinen oder Uire Klage nicht rechtlich zu beweisen
'imstande sind, um einen Freisprucli und atteslat zu bitten.
Dieser Angelegenheit schlössen sich mit schriftlichen Gut-
achten die Professoren Pragger, Sutor, Schmidt, Siardi und
Weishaupt an. Weishaupt schrieb in seinem Gutachten
(s. No. 20 d. Ijppertschen Akten), dass Henninger ein Hecht
_habe auf Ablieferung der ihm gemacliten Bescliuldigungen^ die
Bich auf Narreta gründen, so an Serenissimus berichtet worden.
Venn eine blosse Anklage, ohne Frhehung der Umstände hin-
[länglich sei, gleich ohne Grund das consiliuni abeundi zu
[sprechen, so ist der ehrlichste Mensch nicht vor Landes
V'errufung sicher Er sagt dann ^vörtlich:
»Vielleicht sind Ihro Excel lenz Herr Baron vJckstatl aucli falsch
berichtet worden, und ich kann mich an die Stelle des Herrn Hen-
ningers um so mehr setzeti, als ich Selbsten auch von Sr Excellenz
in München als ein Heligionsspötter, Verächter der Geistlichkeit
und Verderben junger Leute angeklagt w^orden. Wenn nun
gegen mich auch ein dergleichen Befehl gangen wäi'e sollte ich
^wohl dazu gesclnviegen haben, es wäre gut wenn durch gesetz-
lässige erhebung eines facti Se* Excellenz einmal Informiert
wurden, das man bey demselben ehrliclie Leute zu Verläumden
sucht, sollte man bey diesem Fall neue Gelegenheit nehmen
sn micli zu hehaubten, das ich lüderliche unterstütze so kann
Ich doch nicht andei-s denken und sprechen, so bald ein (un-
"leserlich) als lüderlich bekannt ist so unterstütze ich ihn gewiss
nicht mehr, so lange aber solches nicht geschehen ist, kann ich
nicht, es mag seyn wie es immer wilLc
Es ist wT>h! jedem einleuchtend, dass einem Professor der
lechte ein ohne ei^sichtlichen Grund und Beweis verhöngles con-
lilium abeundi, als mit der Würde der Universität unvereinbar
erscheinen muss, gleichviel ob der, der es verhängt, der Pathe
ind leilweiser Wohltäter dieses Professors ist. — Es liegt an-
:heinend zu dem Urteile, das Kluckhöhn gelesen haben will,
lach ihm aber noch kein Forscher wieder in Händen ge-
iaht liat, um auch die Begrün d uhj> äu erkennen, die Weishaupt
reranlassten, seinen Pathen Ickstatt eigennützig und kindisch
— 54 —
zu nennen, recht viel Berechtigung vor. Dass Ickstatl sich
jedoch des Nepotismus schuldig machte, ist bereits längst er
wiesen und wird auch durch Prantl Seite 573 in folgendeu
Worten bestätigt:
Soweit nun wir Epigonen uns aus dem Aktenstaube einj
gerechtes Urteil zu bilden versuchen dürfen, können wir alle^j
dings den Ickstatt von einem gewissen Nepotismus und von
Cieldsucht nicht freisprechen, sowie auch sein Benehmen
häutig schroff und hochfahreiid gewesen sein mag, aber dabei]
lag ihm doch das Wohl der Universität und des ganzen Landes]
tief am Herzen. — — —
Dass letzteres auch bei Weishaupt der Fall gewiesen,]
dürfte das vorstehende Material ebenfalls hinlänglich bew^eisen.
Die Gründung des Ordens.
Die Gründung des Ordens datiert nach den Angaben'
Weishaupts vom L Mai 177Ck In seinem Werke »Pythagoras
oder Betrachtungen über die geheime Welt- und Regierungs-
kunst* gibt er im dritten Abschnitt dieses Buches sehr genaue
Auskunft. Will man Weishaupt gerecht beurteilen, so muss-
nian seine Behauptungen und Angaben zunächst kennen, um
dann an der Hand des vorhandenen Aktenmaterials unter Be-
rücksichtigung der historischen Ereignisse zu untersuchen, oh ■
diesen der Glaube gewährt werden kann, den Weishaupt für
sich beanspruclu. Es ist nötig, den ganzen dritten Abschnitt
zur Grundlage weiterer Untersuchungen hier anzugeben, der-
selbe lautet:
Von den Absichten der ersten Stifter geheimer Ver-
bindungen.
Die Absichten der ersten Stifter sind von den Zw^ecken
ihrer Gesellschaften wohl zu unterscheiden. Aus solchen lässt
sich mit grosser Genauigkeit bestimmen, ob der Zweck ihrer j
Gesellschaft wahr oder bloss vorgeblich ist? Üb der Stifter
selbst ein Heuchler oder Betrüger gewesen? Ob die Gesellschaft
sich in der Folge von ihren ersten Grundsätzen entfernt
— 55 —
^ich die Gesellschaft verbessert oder versclilimmert hat? Es
fragt sich also nicht allein, welchen Zweck eine geheime Ver-
bindung hat; es frogt sich noch überdies, was den ersten Stifter
bewogen höbe, seiner Gesellschaft diesen und keinen anderen
Zweck zu geben? Was er durch die Erreichung solcher Zwecke
gesucht habe? Es fragt sich, ob seine Ansichten rein oder
eigennützig gewesen? Diese Absichten verraten sich aus dem
Stand, Charakter, Lebensart, Bedürfnissen und Umgang des
, Stifters, nicht weniger aus den übrigen Umstanden, Zeit und
Adam Weifihaupt
ti»ch viticm im OrdcDUrchi^ be^ndlicben aJtea Kuptemkb.
Ort, selbst aus vielen ursprünglichen Einrichtungen, welche der
Urheber nichl ohne Ursache getroften hat. Wenn diese Um*
Stande genau envogen und gehörig unter einander verglichen
Verden, so kann die wahre Absicht einer solchen Handlung
unmöglich verbot^gen bleiben.
Die öffentliche Welt, welche hinter jedem Geheimnis nur
Ai^list, Bosheit und Betrug vermutet, schreibt ein solches
Unternehmen gewöhnlich dem Ehrgeize zu, der Begierde, sich
jinen Anhang und grösseren Einfluss zu verschaffen.
im ganzen und allgemeinen nach dem zu urteilen, w^as
am häutigsten geschieht, mag dies Urtheil sein* begründet sein:
- 56 -
denn die Erfalirung hat Well und Mensclien klug gemachl,
indem sie lehrt, dass jede Anstalt zehnmal missbraiicht wird,
bis sie einmal zum Guten benutzt wird. Doch sind auch hier,
wie in allen übrigen Fällen, billige und gerechte Ausnahmen
zu machen. Man würde sich z. B- sehr irren, wenn man glauben
wollte, dass alle diese geheimen Verbindungen, sclion bei ihrem
ersten Entstehen, nach so grossen und weit aussehenden Plänen
entwoifen werden.
Viele derselben haben sehr kleine, unbedeutende Ve
lassungen; manche sind auf weiter nichts als Zeitvertreib u
Unterhohung abgeselien, oder sie entstehen, wenn es hoch
kommt, um einem temporaren oder lokalen Bedürfnis abzu-
helfen; sie würden mit diesem aufhören, wenn sie nicht durch
die Gewohnlieit erhalten würden. Erst in der Folge bemerkt
ein oder der andere, dass sich eine solche Einrichtung, da nun
einmal die Sache so weit im Gange ist, zu allgemeinern, forl-
dauernden und reellen Zwecken benutzen Messe. Der politische
oder religiöse Druck sind wolil bei edleren Seelen die natür-
lichste Veranlassung, welche das Bedürfnis nach solchen An-
stalten erwecken. Von einer anderen Seite sind der Eigen-
dünkel, die Heri^chsucht, die Unzufriedenheit mit schon vor-
handenen älteren Gesellschaften, die Begierde, seine Einfälle
geltend zu machen, die Ursaclie, dass sich einige von älteren
Gesellschaften absondern,, um nach iliren Ideen ein neues und
besseres Reich zu gründen. So ist die Freimaurerei die ge-
meinschaftliche Stammmutter der meisten heutigen geheimen
Gesellschaften, Die meisten Stifter der heutigen Orden sind
Apostaten, ausgeschlossene, misshandclte oder nicht befriedigte
Mitglieder dieser Gesellschaft. Diese haben in dieser Schule
einsehen gelernt, dass sich auf diesem Wege noch ungleich
mehr tun Hesse, wie sehr sich der Hang der Menschen nach
Geheimnissen zur Ausführung und Erreichung anderer Zwecke
benutzen liesse. Solche Aussichten ermuntern und reizen die
Thätigkeit unternehmender Menschen, und die anscheinende
Leichtigkeit macht, das sich jeder über alle Schwierigkeiten
hinwegsetzt.
Auch ich war der Stifter einer geheimen, verfallenen und
nun öiTentlich bekannt gewordenen Gesellschaft, Diese Gesell-
schafi, in deren Geist sich die wenigsten meiner Mitarbeiter
hihein gedacht haben, welche der grössere Theil der Menschen
mit Verachtung und Gleichgültigkeit betrachtet, ist von anderen
I
57
l>is zur Üliertreibung verlästert worden. Keine Absicht ist sd
schändlich, welche man mir, ihrem Stifter, nicht zur Last gelegt
halte. Ich Imbe darüber olles mögÜche Ungemach erfahren.
Meine Ehre, meine Ruhe, mein ganzes zeitliches Glück, sind
verloren; sogar meine Sicherheit und mein Leben, sind mehr
als einmal in Cieiahr geraten. Ich habe so viel möglich ge-
duldet und geschwiegen, und die Gelegenheit erwartet, w^o ich
diese Verleumdung von Grund aus untersuchen, und dieses
Schreckensbild in seiner Blosse darstellen kann. Diese Gelegen-
heit ist nun vorhanden. Ich will meinen Lesern beweisen, dass
ich diese Behandlung nicht verdiene. Ich w^ill zu diesem Ende
jeden in den Stand setzen, sich ganz in den Geist meiner Ver-
bindung zu denken; ich will mit ihnen diese Verbindung er-
richten; ich will sie mit den kleinsten Umstanden bekannt
machen; ich will es sodann ihrem Urtheil überlassen, welche
meine Absichten bei der Erreichung dieser Verbindung mögen
gewesen sein, ob meine Gegner Recht haben, mich als Heuchler
^d Betrüger, als einen Sittenverderber, als einen Verführer der
id, als einen der Öffentlichen Ruhe so gefahrlichen Menschen
ftstern und zu verschreien? — Eine so oflenherzige Dar-
stellung wird, wie ich hoffe, viele meiner Leser mit dem Gange
und der Natur dieser Geschäfte, besser bekannt machen, als
ganze Bücher von allgemeinen Regeln und Vorschriften. Ich
will jedem, der nach mir dieses Meer noch einmal durchschiffen
will, die Stellen angeben, wo er Gefahr laufen kann, gleich mir
I scheitern:
Hotircux celui, qui pour devönir sage
Du mal d'aulrui fait son appreniissage.
Wie sehr wird sich niclit Herr H . . . ,, ein Protestant aus
H., er, der nie ein Mitglied meiner Gesellschaft war, w^undern,
wenn er hier liest, dass er, ohne es zu wissen, derjenige ist,
t Icher diesen Gedanken in niir veranlasste, dass er folglich,
entfernte Ursache, von der Entstehung dieser so ver*
«hrieenen Gesellschaft ist? Ich führe diesen Umstand an, um
( beweisen, wie sehr mancher, ohne es selbst jemals zu er-
hren, durch eine Kleinigkeit, durch ein Wort zu seiner Zeit,
das auf ein empfängliches Erdreich lallt, auf die übrige Welt
wirken und sehr grosse Eriblge hervorbringen kann. Dies sei
allen zum Trost gesagt, welche glauben, dass sie in ihrer sehr
eingeschränkten Lage ganz ohne Wirksamkeit sind. — Dieser
Mann kiam gegen das Ende cies Jahres 1774 nach Ihgolstadt.
— 58 —
Vor seiner Ankunft habe ich nie etwas von dem Dasein ge-
heinier Verbindungen gewusst, ob ich gleich nicht leugne, dass
sich durch dos anhaltende Lesen der romischen und griechische«
Geschichtsschreiber, mein Geist vorher gestimmt hatte, dass ich
se]ir frühzeitig einen unwiderstehlichen Hess gegen alle Nieder-
trächtigkeit und Unterdrückung gefühlt, und sehr früh geohndel
habe, wie schwach der Mensch ausser der Vereinigung sei, wie
sehr er sich im Gegentheil durch die Vereinigung mit anderen
stärken köime.
Nach der sehr richtigen Bemerkung: Uril mature, quod
vult Urtica mauere, habe ich zu diesem Ende schon in meinen
Sludienjahren, einige Versuche gemacht, um das Band unter
Menschen zu verstärken, und ihre Kräfte aus der Zerstreuung
zu sammeln. Wenn nun jemand die dazumal von mir ent-
w^orfenen lächerlichen und erbärmlichen Statuten späterhin ge-
funden, und in der Absicht zum öffentlichen Druck befördert
hätte, um mich zu beschämen, und dem öffentlichen Gelächter
preiszugeben, um daraus gegen mich, gegen meine gegenwär-
tige Denkungsart zu beweisen, was würde er bewiesen haben? —
Nichts weiter, als dass ich in diesen Zeiten, in den Jahren 1765
und 1766 gedacht habe, wie ein unerfahrener Jüngling von
18 Jahren, der mehr guten Willen, als nöthige Kenntnisse und
Erfahrungen hat, sich zu einem Geschäfte anschickt, welches
er nicht versteht, dem er auf keine Art gewachsen ist. Wüi^e
er aber auch bewiesen haben, dass ich noch ebenso denke, dass
ich seit dem Verlaufe von 20 langen Jahren, um gar nichts
besser und klüger geworden? — und doch ist dies gerade der
Scliluss, welchen die meisten Leser der Originalschriften» auf
eine sehr inconsequente Art gefolgert haben!
Auf diese Art war mein Geist vorbereitet und gestimmt,
als Herr H... im Jahre 1774 nach Ingolstadt kam. Er hat
mich während seines Aufenthalts einige Monate hinduirh täg-
lich besucht; es versteht sich von selbst, dass die Unterredung
in einem so langen Zeiträume, auf verschiedene Gegenstände
fällt. Er kam soeben von protestantischen Universitäten. Eine I
Nachfrage nach der Verfassung und Einrichtung derselben ist
für einen öffentlichen Lehrer, wie ich schon damals war, sehr
natürlich; es ist nicht minder natürlich, dass auch bei dieser!
Gelegenheit, der dort übiiehen Sludentenorden gedacht wurde*
Von diesen ist der Übergang zu geheimen Verbindungen zur
Freimaurerei etc* etc, sehr erleichtert. Ich fiel um so eher auf
— 59 —
diesen Gegenstand, weil ich zuweilen, den Compass der Weisen,
Blumenöck und anderer hierher einschlagende Schriften, in
seinen Händen gewahr wurde. Diese Entdeckung verursachte,
dass sehr viel über Freimaurerei gesprochen wurde. Herr H.
gestand mir, dass er Freimaurer sei. Er liess dies hin und
wieder vermuthen, durch Reden, welche den Anschein hatten,
als ob sie ihm wider Willen entwischt wären. Wer den
Menschen kennt, muss wissen, welche Macht, solche dem An-
schein nach absichtslose Äusserungen, auf eine Seele haben, in
welcher schon der Keim geworfen ist, welcher auf Entwicklung
wartet. Ich fing an über diesen Gegenstand ernsthafter zu
denken, seine Äusserungen und Reden zu vergleichen, in ein
Ganzes zu ordnen, und die übrig gelassenen Lücken, durch
meine Einbildungskraft zu ergänzen. Besonders fiel mir der
Unterschied zwischen ächten und falschen i—ii^*) und vor allen
anderen die Bemerkung auf, wie leicht man hier hintergangen
werden könne, wie schwer es halte, echte und wahre cif-^ ^^
finden. Von diesen ächten □^i' habe ich von dieser Zeit an
Wunder geträumt. Auf diesem Weg entstand, noch ehe ich
ein wirkliches Mitglied einer geheimen Verbindung war, in
meiner Phantasie ein Ideal einer solchen Verbindung, welches
mich ganz dahin riss, das sehnlichste Verlangen nach dem Bei-
tritte erweckte, und späterhin die Grundlage wurde von dem,
was ich zur Wirklichkeit gebracht habe. Meine Erwartungen
und Begriffe, von der Einrichtung, Zusammenhang, Klugheit,
Behutsamkeit in der Auswahl der Mitglieder, von der strengen
und unaufhörlichen Prüfung derselben, gränzten an das Über-
triebene, und glichen einem wahren Roman. Mit dem allen
dachte ich zu dieser Zeit an nichts weniger als selbst zu bauen.
Ich fand es gleich so vielen anderen bequemer, sich an eine
schon gedeckte Tafel zu setzen, als den Tisch selbst zu bereiten.
Mein Entschluss in die Gesellschaft zu treten, es koste was es
wolle, war von nun an gefasst. Da mich indessen mein Führer,
ohne alle nähere Anweisung verlassen hatte, so schrieb ich zu
diesem Ende in alle Welt, wo ich Freimaurer vermuthen konnte,
nach E . . g . . . und vorzüglich nach Nürnberg. Von diesem
letzteren Orte erhielt ich zu meiner ausserordentlichen Freude
die Nachricht, dass meine Aufnahme gar nicht verweigert
werde. — Was wäre aus solchen Menschen zu machen, wenn
♦) Logen.
— 60 —
geheime Verbindungen die Kunst verstünden, einen solchen
Eifer, der so leiclit angefacht werden kann, dauerhaft zu unter-
halten, stött dass sie diese woliitliätige und zweckmässige
Täuschung durch ifjr späteres Betragen so frühzeitig zersti^eut?
Ich höbe erfahren, wie viel an der Vorbereitung hegt; was sich
iiuf diesem Wege aus Menschen maclien liesse, und wie sehr
man der besten Sache schadet, wenn man Erwartungen er*
w'ecl\t, welche man in der Folge nicht befriedigen kann, wie
sehr eine solche unerwartete Dissonanz alles verstimmt. Mein
Himmel hing so voller Geigen, dass ich noch zur Stunde über
mich hieben muss. Von dieser Stunde an, sah Ich alles in einem
anderen Lichte, alles in Beziehung auf meinen Zweck. Ich
wusste damals nicht, ob und wer in Baiern zu dieser Gesell*
schüft gehöre; doch vermuthete ich, es möchten deren selbst in
Ingolstadt sein. Nach den Begriffen, welche ich mir von dieser
Gesellschaft gemacht hatte, schienen mir alle ernsthafte und
zurückgezogene Menschen, Mitgheder dieser Verbindung zu
sein; ich glaubte von neuem unter der strengsten Beobachtung
vieler mir unbekannter Menschen zu stehen; ich suchte meine
Pflichten zu diesem Ende auf das strengste zu erfüllen, weil ich
nichts gewisser glaubte, als dass keine meiner Handlungen
unbemerkt bliebe. Ganz eigene Vorfälle, welche sich zufalliger
Weise, auf eine sonderbare Art fügten, trugen dazu bei, mich
in dieser Meinung zu bestärken. Ich würde an der Veredlung
meines Characters ganz unendlicli gewonnen haben, wenn sich
diese Täuschung länger, und ich wollte, dass sie sich bis diese
Stunde erhalten hätte! — Um den vollen Gang der Sache ein-
zusehen, muss ich, ehe ich hier weiter gehe, meine Leser mit
anderen vorbereitenden und begleitenden Umständen bekannt
machen, (jegen das Ejide des Jahres 1773, gleich nach Auf-
hebung des Jesuitenordens, erhielt ich auf der Univei^itat zu
Ingolstadt den Lehrstuhl des geistlichen Bechls, welcliem die
Jesuiten seit 90 Jahren ununterbrochen voi^estandon liatten.
Von dieser Zeit an wurde ich der Gegenstand ihres Hasses
und ihrer Verfolgung. Schon im Jahre 1774, im Monat Januar,
entdeckte ich während meiner damaligen Anwesenheit in
München, einen schändlichen*) jesuitischen Komplot und \'er-
leumdung, welche die Jesuiten, auf Anstiften meines Vorfahrers
•) An der allen Ausdrucksweise und InlcrpunkÜon ist absictitlich nichts
geändert
— (51 —
»bei Hüte in der Erwartung, dass ich schon abgereist wäre,
in der Absicht angebracht hatten um mich von einem, ihrem
Systeme so wesentlichen Lehrstuhl zu entfernen. Zum Glück
war ich noch anwesend und vernichtete durch meine Gegen-
wart und mündliche Rechtfertigung die ganze Kabale, Von
dieser Zeit an, wurden die Jesuiten mir und icli ihnen auf das
äusserste gehässig. Ich war 13 ganze Jnhre hindurch ihren
Intriguen und Verleumdungen unaufhörlich ausgesetzt. Meine
I Leser können sich, aus dieser angeführten Tlialsache vorstellen,
dass ich einen Rückanhalt und Unterstützung nothwendig hatte,
dass ich diese natürlicher Weise» in einer so ausgebreiteten,
und nach meinen Begriffen so eng verbundenen Gesellschaft
zu finden hoffte; dass mir folglieh durcli diese Erwartung,
geheime Verbindungen, als der Zufluchtsort, der gedrückten
Unschuld, in einem sehr anziehenden Lichte erscheinen müssten.
Dies ist noch nicht genug.
Im Jahre 1775 ging in meinem Geiste, und in meiner ganzen
Denkungsart eine sehr wichtige Veränderung vor. Ich hatte
vorher der speculativen Philosophie mit Leib und Seele an-
gehangen, und mich in metaphysischen Betrachtungen und
Grübeleien so sehr verloren, dass ich mich beinahe aus-
schliessender Weise» mit der Metaphysik beschäftigt hatte. Zu
meinem grossen Glück, ward ich, um diese Zeit, wieder meinen
Willen, aus diesem Taumel gerissen, und aus der übersinnlichen
Welt, wieder auf die Erde unter Menschen versetzt, deren
nähere Kenntnis, durch meine neu erhaltene Stelle, mir zur
Pflicht und Nothwendigkeit gemacht wurde. Ich erhielt den
Auftrag, nebst den Vorlesungen über das Kirchenrecht, über
das so beliebte Federische Lehrbuch der praktischen Philo-
sophie zu lesen. Von dieser Zeit fängt sich mein Studium des
I Menschen, und meine practische Denkungsart an, und ich halte
es für Pflicht, dem würdigen von mir so sehr verehrten Ver-
fasser dieses Lehrbuches, dem Herrn Hofrat Feder in Göttingen,
für die mir erweckten Ideen den gebührenden Dank öflentlich
zu entrichten; seine Bescheidenheit wird vielleicht nicht ver-
mthen, dass sein Lehrbuch solche Wirkung hervoi^ebracht hat.
Ich bitte nun meine Leser, diese drei von mir soeben an-
geführten Umstände, wohl zu bedenken und zu überlegen,
ivelche Geistesstimmung daraus entstehen müsse? Ob sie hier
gehen eine Anlage bemerken, durch welche solche schändliche
md verabscheuungswürdige Entwürfe möglich werden, als man
— 63 —
Stützung und Versicherung hoft'e ich zu erholten, indem ich
mich mit anderen verbinde. Der Gedanke, dass geheime Vor-
bindungen zu diesem Ende ein sehr wirksames Mittel sind,
r&ngt an, in mir aufzukeimen, und mir diese Verbindungen um
so werther zu machen; auch mein Geist ist indessen, mit den
dazu nötigen Kenntnissen, mit dem Studium des menHchUwrlien
Herzens in etwas bekannter geworden. Es ist auf diese Art
viel, aber noch lange nicht olles geschehen.
Meine Aufnahme war also, wie wir gehör! haben , be*
schlössen, und der Eifer einzutreten, war nicht minder gros«.
Dieser wurde durch die geforderten Receptionsgebühien» schon
in etwas herabgestimmt; diese waren über mein damaligen
Vermögen; zu diesem sollte ich noch eine Reise noch Nürn-
berg, samt den Unkosten des dortigen Aufenthalts bestreiten.
Ich dusserie meine gerechten Bedenklichkeiten; es wurde mir
zu diesem Ende der Vorschlag gethan, mich in München auf-^
nehmen zu lassen, wo man mich versicherte» dass eine '' i von
demselben System wäre. Diese Entdeckung war mir um so
lieber, als ich auf diese Art, bei einer gelegenllicben GeacbSfk«'
reise nach München, unnöihige Reisekosten ersparen, und mit
iierschiedenen mir v^ichtigen Personen in meinem Vateiiande
in Verbioduiig kommen . und durch solche besser unieraUltel
werden konnte, leb schrieb also nach München. Auch von
dieser Seite erlüelt ich die Zusicherung metner Aufmihme; nur
stiess sich die Sache auch hier an dem emteti HindemiMe, an
den Gebuhren der Aufnahme. Dies wurde dadurch bis in da^
Jahr 1777 Tcrzogerl, Während dieser Zeil, suchte ich aller
Bücher übo^ die Freimaurerei habhaft zu werden. Wie er-
staunte ick, als ich darunter einige foncL in welchen alle Grade
ahgednickl waren! Idi wi>IIte anfilniglieh nida glaubefi, «Ims
sie acht waren, aber Peraooen« wdcfee mil dieeer S«dbe niber
bekasol waren, mit welefaeo kfa in der ZwiaelkeiuseÜ bekaiiot
li-urde, ^wnkbeiien midi, daas ieh aidht gjauben aoUte« ämm
wueu Voo dMse Zeü wwile mmm 6hiwy\im$
die Frammmmm, nafcifht ana der ünadbe. woi
BiwyfiioMTI/i Iwlliu "* ami Vofwmmi hnwtUe. m die
— 64 —
waren. Darunter waren Männer, welche mir zu werth und nolh-
wendig waren, als dass ich sie durch eine hartnäckige gmnd
lose Venveigerung meines Beitritts, hatte beleidigen wollen.
Meine grosse Achtung für die Freimaurerei war also von
nun an, aus den eben angeführten Gründen gefallen. Indessei
hatte der Gedanke, von den Vortheilen einer solchen Gesellschaft»]
von dem, was sich nach meiner eigenen Erfahrung, auf diese
Wege aus Menschen machen Hesse, in meiner Seele zu ti
Wurzel gefosst, als dass ich ihn schlechterdings hätte unter-
drücken können. Die Grade der Freimaurerei sind sogar
öffentlich gedruckt; was kann eine geheime Gesellschaft wirken,
welche so wenig Geheimnis hat, dass ihre ganze innere Ve^
fossung der übrigen Welt bekannt ist? Diese Grade selbst!
stimmen mit dem Ideal, welches ich mir von geheimen Ve
bindungen entworJen hatte, gar nicht überein; wie wäre es ali
dachte ich bei mir selbst, wenn du selbst Hände an ein neu-
Werk legen wolltest? Es war freilich ein übereilter tollkühner,
wo nicht rasender Gedanke, ohne Ruf und Ansehen, ohne Welt-
und Menschenkenntnis, ohne auswärtige Conexionen und Bö*
kanntschaftcn, ohne Unterstützung, ohne alle hinlängliche Er»
fahruiig, an einem solchen Ort wie Ingolstadt war, mit blosa
studierenden Inländern, den Grund zu einer solchen Verbindung;
durch mich allein zu legen, Da'/u gehört viel Vertrauen auf siel
selbst, ein hohes Gefülil seiner Kraft, ein Mut, welcher sich
über alle Schwierigkeiten hinwegsetzt, oder was bei mir de!
Fall war, ein hoher Grad von Unerfahren heit und Blindheit,
welche wenig oder gar keine Schwierigkeit vorhersieht. Zvve
Umstände gaben vollends den Ausschlage und bestimmten micl|
wirklich den ersten Grundstein zu legen.
Zu eben dieser Zeit hatte ein Officier des Baron Henne«
beigischen Infanterieregiments mit Namen Ecker, in Burghausen,
eine CZHI errichtet. Diese \ \*) arbeitete auf Alchemie, unc
fing an sich gewaltig zu verbreiten. Ich selbst wurde durch
ein Mitglied dieser |"^~U den damals in Ingolstadt studierenden^
Baron von Er . . auf das dringendste zum Beitritt aufgefordert*
Dies ging soweit, dass ein eigener Deputierter dieser I \ nac
Ingolstadt kam, um dort zu werben, und die Fähigsten unter
den Studierenden auszuheben. Seine Auswahl fiel zum Unglücli
*) ledenfalls eine Loge der Hosenkreuzer, mtl denen W^eJshaupi sti
in Fehde gelegen hat.
— 65 —
gerade auf diejenigen, ouf welche ich mein Auge geworfen hatte ^
sobald ich mein Werk anfangen würde. Der Gedanke so
hoffnungsvolle Jünglinge anf diese Art verloren zu haben, sie
überdies mit der verderblichsten Seuche, mit dem Hang zur
Ioldmacherei und ähnlichen Thorheiten angesteckt zu sehen,
br für mich quälend und unertragh"ch. Ich ging darüber mit
bem jungen Mann, ouf welchen ich das meiste Vertrauen
^etzt halte, zu Kate. Dieser ermunterte mich, meinen Ein-
llss auf junge Studierende zu benutzen, und diesem Unwesen
durch ein wirksames Mittel, durch die Einrichtung einer eigenen
t Seilschaft, so viel möglich zu steuern. Zu diesem Ende ent-
t er mir alle seine Kräfte und Dienste. Die letzte Impulsion,
roh welche mein Vorhaben zur That wurde, erhielt ich auf
gende Art.
^H Unter den vielen Büchern, welche ich lesen musste, um
^Keinem Lehrstuhl der praktischen Philosophie gehörig vorzu-
Hehen, fiel ich auch auf Abts vortreffliche Schrift, vom Ver-
dienst. Nicht leictit hat ein Buch so sehr auf meinen Charakter
^nd Willen gewirkt. Bei Durehlesung dieser Schrift fiel ich
^pf eine Stelle, welche eine Seele, in welcher, so wie in der
meinigen, so viele brennbare Materialien lagen, in volle
lammen setzen und begeistern muss. Icli will diese mir un-
jessliche Stelle ganz hierher setzen, weil meine Leser finden
^nlen, dass sie den ganzen Geist des Illuminatenordens enthält,
^eii sie aus solcher, meine Geistesstimmung zur Zeit, als ich
ieine Gesellschaft errichtete, die Absichten mit welchen ich um-
pg, unleugbar erkennen werden. Diese Stelle ist folgende*):
^Vieler, sehr vieler Mensehen zeitliche und ewige Wohl-
faJirt befördern; ihr Leben und Wandel durch Vorschriften so
einrichten, dass sie immer glückseliger, immer vollkommener
werden; die Veranstaltung treffen, dass ihnen dergleichen Regeln
ebenso geläutig als beliebt seien; solche Lagen aussinnen, da-
durch sie sich alle, aller Widerspenstigkeit ungeachtet, zu einem
gemeinschaftlichen Guten müssen hinführen lassen; dazu denn
^dle Verwickelungen, die meisten möglichen Fälle mit Treffen
^Bd Ausnaljmen überdenken, sich an die Arbeit machen,
^Kenn noch niemand sie nur als möglich ansieht; Jahre
^ng arbeiten, manchmal ohne Frucht, sich trösten, auf-
I ♦) Sie steht im 8. HauplstQck »Vom Maasse des Verdienstes«.
SBf«lf Geocbicfaie d«« XlliiDaioi^tenordeDB, 5
— m —
richten, selbst anspornen müssen; keine Widerwartigkeileti,
keine Gefahr achten; keine innere Abneigung oder Lauligkeil
überhand nehmen lassen; und dies alles bloss darum, weil e&
zu Nutzen und Frommen der herzlich geliebten Nebenmensehen
gehört, ihrer, die nach einerlei Bilde mit uns geschaflfen sind:
Ol Wo ist der Mensch, der dies thut? Wenn er nicht mehr
ist, wo ist seine Bildsäule? Wo ist sein mormornes BruchslückV
Sagt mirs, dass ich hingehe, den kalten Stein in die Arme
schliesse und des Urbilds eingedenk mit heissen Thränen der
Dankbarkeit das Bild benetze.* —
Nun frage ich, ist diese Stelle, welche ich in der Folge,
so oft mir der Mut sinken wollte, noch öfterer las, nicht e^
haben und fähig Begeisterung zu erwerben? Wer, wenn er
den Sirni dieser Stelle, gleich mir, lebhaft enij>tlndet, muss nicht
den Wunsch äussern, dass er im Stande sein möchte, diesen
hohen Grad von Verdienst zu erwecken? Dieses grösste hier
aufgestellte Ideal, so viel an ilim liegt, zur Wirklichkeit zu
bringen; ich frage, ist es gefalirlich oder schändlich diesen
Wunsch zu äussern, zu diesem Ende seine Kräfte anzustrengeDJ?
Ist es besser dabei kalt, gleichgültig, unthätig zu bleiben? Ist
es möglich, wenn man diesen höchsten Grad von V^erdienst
kennt und dafür entbrennt, für niedere und schandliche Ab-
sichten tliätig zu werden, die Sitten zu verderben, die Jugend
zu verführen, die öffentliche Ruhe zu stören und Unterthanea
gegen ihre Füi*sten zu waffnen und zu empören? Ist der
Mann, dessen Ehi-geiz für diese Art von Verdienst entflammt
wird, der dazu nach seinen Kräften und Einsichten Anschläge
und Entwürfe macht, ein Heuchler und Betrüger? Kann man
leugnen, dass alle Grade und Einrichtungen, welche von dem
Illuminatenorden bekannt geworden sind, dass selbst meine
Briefe, welche so sehr gegen mich beweisen sollen, dahin ab-
zwecken, um diese Idee zu realisiren? Kann der Ehrgeiz eines
Menschen eine wohlthöligere und gemeinnützigere Richtung
erhalten? --
Meine Leser mögen hierüber denken was ilinen gefällt, sie
mögen bei einer solchen Stelle viel oder Avenig empfinden, bei
mir \Acnigstens ist der Fall ganz verschieden. Ich lese nie, ohne
die Anwendung zu machen, ohne doss in meiner Seele ent-
sprechende lebhatte Begierden und Entschlüsse entstehen, Genugl
von dieser Stunde an, als ich diese Stelle las, war mein Entschluss
I
67
isst* Ich moclite mich sogleich an die Arbeit und entwnrt'die
^meinen Statuten, welchen ich, wie ich mich nocli sehr wühl
inere,
'Sin tuten
ehe ich auf den Noi
der
imen Illuminaten (iei, den Nar
*erfectibi listen*) gab. Diesen Namen I
ibe
^^ch bloss aus der Ui'sache verändert, weil das Wort zu sonder-
^P>ar klingt Indessen zeigt doch dieser Name, welche Absicht
ich bei der Gründung meiner Gesellscheft hatte. Diese nahm
mit dem 1. Mai des 1776 Jahres ihren Anfang. An diesem
Tage wurden die ersten Mitglieder und zwar gerade diejenigen
aufgenommen, welche ich durch diese Anstalt retten und ihrem
bevorstehenden Verderben entreissen wollte. Welcher Maos-
regeln und aus welchen Gründen ich mich derselben bedient
habe, soll an seinem Orte, in dem folgenden Theile dieser
Schrift, mit eben dieser Genauigkeit und Offenherzigkeit be-
wiesen werden, mit welcher ich hier die Absichten bei der
Entstehung meiner Gesellschaft ohne Schmuck und Zurück-
haltung dargelegt habe.
Hier hätte ich also der Neugiei^de meiner Leser, so viel
thun könnte. Genüge geleistet. Das schreckliche Geheim-
iis von der Entstehung dieser so gefürchteten und verab-
leuten Gesellschaft wäre entdeckt und der Heuchler entlarvt*
^Diese und keine andere waren meine Absichten; diese waren
die Umstände welche meinen Geist vorbereitet und zu einem,
meiner Ruhe so nachteiligen Unternehmen gestimmt haben.
Ich weiss nicht, ob es mir gelungen ist, meine Leser von der
JJnschuId und Reinigkeit meiner Absichten zu überzeugen, denn
iieser Beweis ist schwer und am schwersten, wenn er gegen
leidenschaftliche Leser geführt werden soll. Ich selbst %%iirde
mehr bewiesen, die Sache glaubbarer gemacht haben, wenn
ich nicht genötigt wäi*e, blos im allgemeinen zu sprechen, um
die Namen so vieler Menschen zu verschwetgien, weiche an
diesem ganzen Vereng Anteil und Wissenschaft haben* Aber
wenn anders in Baiem noch ein Mann von Ehre und Wahr-
heitsliebe ist, der mich und meine ehemalige Lebensart ge-
^B^anni bat, der von manchem dieser Auftritte Theilnehmer und
^■Augenzeuge war. so fordere ich ihn hiermit ödentlich auf,
Vinich. wenn er kann, einer einzigen Unwahrheit zu überfuhren,
AOe diese von mir anigegebenen Umstftode lassen sich dorcfa
— 68 —
eine oüri^keithciie Aunbrderung und Nachfrage, aut das ge-
naueste darthun. Ich selbst bin bereit zu diesem Ende, alle
Mittel an die Hand zu geben und manche Umstände mit un-
leugbaren Urkunden zu belegen. Alle, welche mich gekonnt
haben, können mir bezeugen, dass ich einsam, ohne etwas zu
suchen, für mich allein, fern von allen Ergotzungen und Zer-
streuungen gelebt, dass ich mich so wenig nach Macht be-
strebt habe, dass ich vielmehr alle Mittet und Wege versäumt
habe, um reich oder mächtig zu werden. Ich habe es niemals,
mit der siegenden Partei gehalten, ich habe mich niemals an
die Mächtigen gedrängt, um mein äusserliches Glück und
meinen Kinfluss zu vermehren; ich habe die Heuchelei, Zeil
meines Lebens, von ganzer Seele verabsclieuet, sie ist ganz geg^en
meine übrige Denkungsart und Charactcr. Als im Jahre 1785
in Regensburg mein seeliger Freund Lanz, an meiner Seite vom
Blitz erschlagen wurde, welche Cjelegenheit hätte ich gehabt,
den i-eumütigen und bussfertigen Heuchler zu machen und auf
diese Art das Zutrauen meiner Verfolger zu erwerben? Jeder,
selbst meine Feinde, würden unter diesen Umstanden geglaubt
haben, dass es mir ernst sei. Wer kann sagen, dass ich, um
mich zu erb alten, meine Zuflucht zu einem so schändlichen
Mittel genommen, dass ich geheuchelt habe? Tausend andere
würden es zuverlässig gethan tiaben , ich habe es nicht gethan;
ich bin mir wie vordem gleich und unverändert gebliebea
unter allen harten Prüfungen und Aufforderungen, w^elche ich
erfahren habe.
Diese Umstönde und Gründe zusammengenommen, wage
ich es, diesen Theil meiner Arbeit mit einer Frage an meine
Leser zu beschü essen. Ich frage: ist es walirscheinlich oder
möglich, dass ein junger uneifohrener Mensch von 28 Jahren,
auf einer Universität in seiner Vaterstadt geboren und erzogen,
ein Menseli von einem ausserdem stillen und unbescholtenen
Lebenswandel, der, wenn er auch gewollt hätte, in seiner
Vaterstadt nie die Gelegenheit gehabt hätte, an dem V*er-
derhen der Welt Theil zu nehmen, ist es möglich, sage ich,
dass ein solcher Mensch auf einmal, durch den widernatür-
lichsten Sprung, zum abgefeimtesten Bösewicht werde? Ist es
möglich, dass ein blosser Schutmann, ein öffentlicher Lehrer
und was am meisten auffallen muss, ein Lehrer der praktischen
Weltweisheit, der Sitten und Tugendlehre, welcher über das
Federische Lehrbuch Öffentliche Lesestunden, mit ausgezeich-
— 69 —
netem Beifall liest, welcher dadurch genötigt wird, mehr als
jeder anderer, über die Lehre von den menschlichen Neigungen,
von den Triebfedern unserer Handlungen, von der Glückselig-
keit, von dem Werte der Güter, von der Tugend, von den
Hindernissen und Beförderungsmitteln derselben, — zu der
Zeit, wo er über diese Gegenstände am meisten denken muss,
wo er die besten, dazu dienliche Schriftsteller unaufhörlich
liest, wo diese Gedanken, durch die Wiederholung, seiner Seele
zum Bedürfnis werden; — ist es möglich oder wahrscheinlich,
frage ich, dass eben dieser Lehrer, in eben dieser Zeit, den
Grund zu einer Anstalt legt, welche, nach der Beschreibung
meiner Gegner, an Schändlichkeit keine ihres Gleichen hat? —
O Menschenkenntnis, was soll aus dir werden, wenn dem so
ist? Was muss geschehen, um tugendhaft zu werden, wenn
ein solcher Weg zu einem so hohen Grade von Laster und
Gottlosigkeit führt?
Nachdem wir nun Weishaupt selbst gehört haben, können
wir in unseren Untersuchungen fortfahren.
Wir haben keine Ursache an der Wahrhaftigkeit der Weis-
hauptschen Aussagen zu zweifeln. Es spricht erstlich aus seinen
Worten ein offenherziger Ton; zweitens würde es ihm von gar
keinem Nutzen sein, wenn er in diesen Angelegenheiten, die ihn
allein angehen und seine persönlichen Empfindungen klarstellen,
nicht die Wahrheit sagen würde, denn die Tatsachen würden
dadurch nicht geändert werden; drittens haben wir bereits dar-
gestellt und bewiesen, dass Weishaupt wirklich ein vielfach
angefeindeter Mann war, und dass er das bis zu dem Ende
seiner Lehrtätigkeit in Ingolstadt geblieben ist, werden wir noch
beweisen, sodass die Wünsche nach einem kräftigen Rücken-
schutz sehr einleuchtende sind. Dass die Ordensgründung
durch die Abneigung Weishaupts gegen die alchemistischen
Lehren der Rosenkreuzer beschleunigt wurde, ist auch nicht zu
bezweifeln, denn in dieser Abneigung ist er sich getreu geblieben
und suchte alle Elemente, die diesen Lehren zuneigten, später
zu entfernen.
Es fragt sich demnach nur, ob die Absichten Weishaupts
dieselben blieben, ob er Mittel und Wege ergriff, seinen Leuten,
die doch berufen waren die Ordensobern abzugeben, seine Ab.
sichten einzuimpfen und nach seinen Wünschen zu erziehen.
Hatte Weishaupt neben seinen persönlichen Absichten
^ 70 —
noch ideale, die er ouszuführen gedachte oder nicht,
war er allein auf sich bedacht, oder nicht?
Hier hegt die Kardinalfrage, nacli der der Charakter des
( h'densstifters zu beurteilen ist, gleichviel ob die erwählten
Mittel uns jetzt unrichtig oder richtig erscheinen, denn ein jeder
weiss, dass diese stets im weitesten Masse von den Umständen,
von den Möglichkeiten und den diesen gezogenen Grenzen ab-
hängen werden.
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir hier den Er-
eignissen vorauseilen und ein Buch zur Hand nehmen, das
seinerzeit im Jahre 1787 auf churfürstlichen Befehl gedruckt
wui'de, um die schändlichen Absichten des Ordensstifters zu be-
weisen. Als die Verfolgung der llluminoten in Boxern in
Blute stond, wurden eine Anzöhl Schriften und namentlich eine
ausführliche Korrespondenz Weishaupts mit Beschlag belegt.
Eine Auswahl derselben wurde veröffentlicht und unter dem
Titel ,, Einige Originalschriften des Illuminatenordens, welche bey
dem gewesenen Regierungsrath Zwackh durch vorgenommene
Hüusvisitation zu Landshut den IL und 12, Oktober 1786 vor-
gefunden worden. Auf höchsten Befehl Seiner Churtirstlichen
Dui^clilaucnt zum Druck befördert, München, bey josepli Lenl-
iier 1787.
In der Vorrede befindet sich die Anmerkung: Wer an der
Aechtheit dieser Sammlung einen Zweifel trägt, mag sicli nur
bey dem l»iesigen geheimen Archiv melden, allwo man ihm
die Urschriften selbst vorzulegen befehliget ist.
Diese Schriften können noch heute im Archiv zu München
eingesehen werden, sie sind unzweifelhaft echt und geben ein
klares Bild über die ersten Ordens-Anfänge und namentlich
über die Art wie Weishaupt brieflich seine ersten und intimsten
Mrdensmitglieder, zu denen auch Zwackh gehörte, über seine
Absichlen unterrichtete. Es ist zweifellos, dass in diesen
Briefen, die alle einen ganz intimen Ton aussprechen, die
wahren Absichten unverhüilt hervoilreten, weil andernfalls der
kaum gebaute Wagen in ganz falschen Gleisen fahren musste*
Weishaupt schreibt an Massenhausen (Ajax) 19. Sept. 1776.
(S. 173.) ^
Ich denke und arbeite täglich an unserm grossen Gebäude^
Arbeiten Sie auch von Ihrer Seite, und führen Sie mir
Steine zu. Lassen Sie sich keine Mühe verdrüssen: suchen sie
I
— 71 —
Gesellschaft junger Leute: beobachten Sie; und wenn Ihnen
einer darunter gefällt, legen Sie band an. Ich habe auch wieder
einen, der ein ansehnlicher und einsichtsvoller Mensch ist.
Was sie nicht selbst thuen können, thuen sie durch andere.
Agathon, Danaus und Schaftesbury sind zu beordern per modum
imperii, dass sie unter junge Leute gehen, qu'il tachent epier
les characteres, dass sie sich Anhang erwerben, Vorschläge
machen, und dann Befehle erwarten.
Als Nachschrift: (S. 174).
In München befindet sich ein gewisser Advocat B. = ad-
jungierter Bahnrichter; ich habe in meinem Leben keinen ac-
tiveren Menschen gesehen, der auch überdies sehr geschickt
ist. Sehen Sie, dass Sie mit ihm bekannt werden und richten
Sie ihm ein Compliment von mir aus. Sapienti pauca. Reden
kann er wie noch einmal ein Advocat. Dem B. = thuen sie
indessen desgleichen, und versichern Sie ihn, dass ich ihm bald
schreiben werde. Diese beyde sind ein Paar T..s Kerl: aber
etwas schwerer zu dirigieren, eben weil sie T . . s Kerl sind.
Unterdessen wenn es möglich wäre, so wäre die Prise nicht übel.
Ohne Datum (S. 174 u. f.).
Wenn der Winterhaltern einer von uns werden soll, so
muss er noch ziemlich abgehobelt werden. Einmal gefällt mir
sein Gang gar nicht: seine Manieren sind roh und ungeschliffen
und wie es mit der Gedenkungsart steht, weiss ich nicht. Das
wollte ich höchstens recommandieren, dass er sein rohes Wesen
ändere. Er muss ein ganz anderer Mensch werden, bisher ist
er kaum pro carolino*) zu gebrauchen.
Wenn mir meine Absicht mit den Domkapiteln gelingt,
so haben wir grosse Schritte gethan. Suchet junge schön ge-
schickte Leute, und keine solche rohe Kerls. Unsere Leute
müssen einnehmend, unternehmend, intrigant und geschickt
sein. Besonders die ersten.
Wenn denReceptis**) einmal die Augen aufgethan werden,
so müssen sie Leute sehen, von denen man Ehre hat und wo
man sich in ihrem Umgang glücklich schätzt. Nobiles, potentes,
divites, dertos quaerite.
♦) pro carolino, für einen Karolin, eine Münze im Werte von Mk. 8,1
*•) Aufgenommenen.
— 72 —
— — Wenn ihr Leute in München so viel thut, wie ich
hier, so werden Riesenschritte geniacht. Compognie gesucht,
mit artigen Leuten angebunden; das muss seyo, inertes animae!
da muss man sich keine Mühe reuen lassen. Auch zuweilen
den Knecht gemacht, um dereinst Herr zu werden.
Machen sie mir doch in Münclieo eine Acquisition, die der
Mühe werth ist. Sind Sie donn in vornehmen Häusern gar
nichts bekannt, oder wenn sie es nicht sind, kennt dann Danaus
gar keine Seele? Dann, wissen Sie, Sie brauchen sich nur um
einen rechten Cavalier Mühe zu geben; dieser muss uns nach
malen die andern liefern. — ~
Was die Leute auch acta noch nicht sind, das können
sie doch noch wei'den. Darum sind zwey Jahre festgesetzt.
Denn halten sie sich in dieser Zeit gut, so werden sie zu
rechten avanciert. Im übrigen lassen sie nur mich gehen und
sorgen. — —
An Ajax, d. 20. Octob. 1776. (S. 179.)
Dermalen kann man keine brauchen, als qua
tatis generales. 1. Geschickt 2. Industrios. 3. Biegsam. 4. So-
ciabilis. Sind die Leute noch dazu reich, vom Adel und
mächtig, tant mieux. Schreiben sie mir, ob etwas damit zu
machen sey.
d 30. October 1777 an Ajax. (S. 185.)
Nachdem er sich vorher beklagt, dass er nichts mehr
seiner Sache hört, — — das ist keine Kunst, einen grossen
Entschluss zu fassen; aber der Zeit zu trotzen, es dagegen aus-
zuhalten, was man gross gedacht, auch gross und standhaft
auszuführen, das ist, worin sich der grosse Geist zeigt, und
wodurch manche grosse Projecte unterblieben sind. — — ■ ^
ö Ajax! Wenn die Sache so saumselig, so schläfrig]
gehen soll, so ziehe ich die Hand davon ab, ehe ich Prostitution
davon tragen, und Verdruss mit den andern haben soll, und
kehre in meine vorige Ruhe zuj'üek. Und denke, was ich aus
Mangel der Mithelfer nicht ausführen kann. — —
Noch denselben Tag als Weishaupl den vorstehenden an-
klagenden Brief an Ajax absandte, eiliält er eine Abhandlung'
Zwack hs, die ihn sehr erfreut und seine Missstimmung verscheucht.
Er schreibt gewisserart zur Entschuldigung am 31. Octob. 1777:
— das Amt eines wachsamen Mannes ist zu allen Zeiten seine
— 73 —
Mannschoft aufzumuntern, anzufeuern und in gehörige Bewegung
KU setzen. Nichts ist gefährlicher als Stagnation, auch nur von
■Seiten eines einzigen, denn die Bewegung und belebende Kraft
wird den weitern und entlernlern niclü mitgeteilt. — Dann sagt
er weiterhin:
P An dem System des Ganzen arbeite ich beständig. Denke
hin und her. Mache Abänderungen und veifeinere solche. Es
elingt mir auch wunderbar, und sie werden sich verwundern,
Wenn sie einmal meine Kinrichlung für den weitern Grad sehen
werden* Langsam, ober sicher gehe ich zu Werke.
Ihr meine Leute 1 habt euch indessen um nichts zu küm-
mern» als mir Leute anzuwerben, solche fleissig zu studieren,
zu unterrichten und zu amussleren. Für das übrige sorge
ich. —
I
d. 16. December (S. 190).
Soviel die Historie des Negromantisten betrift, so glaube
ich nichts davon, bis ich solche sehen werde: und dergleichen
Geschichten wollen sich gar nicht in mein System schicken* —
Ebenfalls im December ist er gegen Ajax (v. Massenhausen)
lochst erbittert, weil dieser ihm nicht die verlangten Antworten
fibt und nur Worte nicht Taten aufweist, infolge dessen wendet
[er sich jetzt dem tätigeren Zwackh zu, der zuerst den Ordens-
lamen Danaus führte, dann durch Loos (S. 182 d. Orig.) Pliilip
^trozzi benannt wurde, und schliesslich den bleibenden Namen
Zalo erhielt. Im Jübrc 1777—1778 war Weishaupt Rektor der
Iniversität. Die durch diese Würde vermehrten Berufs-Arbeiten
hielten ihn nicht ab auch weiterhin an der Ordensausbildung
^m^VL arbeiten, da ihm jedoch Massenhansen nicht mehr zuver-
Bl^^^ig erscliien, so suchte er Ersatz für diesen und glaubte ihn
in Zw^ackli zu Hnden. !> schreibt ihm deswegen am 22. Oc-
tober 1777 einen sondierenden Brief in dem er sagt, er habe
aus seiner schätzbaren Zusclirift ersehen, dass beide ein bei-
nahe gleiches Schicksal haben, bald oben, bald unten, viele
k Maulfreunde und wenig wahre, was leider die Erfahrung jedes
I ehrlichen Mannes sei. Der von guten Ratsclilägen erfüllte
Brief Iiat seine Wirkung nicht verfehlt, denn nun beginnt ein
intimer Bi'iefwechsel, aus dem herTorgeht, dass Weishaupt
zu Zwackh volles Vertrauen gehabt haben muss, sonst hätle
— 7i —
er bezüglich seiner Absichten und bisherigen Ordeiisarbeiten
ihm nicht so klare Eröffnungen gemocht, als es der Brief-
wechsel zeigt.
Er gesteht ihm in dem Briet' vom 25. Febr. 1778 (S. 200):
Meine ersten Gesellen waren Ajax, Sie» Merz, Bauhoff, Sutor.
Letztere zwei waren wegen ausserordentlicher Nachlässigkeit
gar nicht zu gebrauchen und wurden von rnir ausgestrichen*
Merz aber dauert noch beständig, und thut mir sehr gute
Dienste, er ist auch ungemein geschickt. —
Durcli die Exclusion des Ajax habe ich verlohren, Michl
Hoheneicher und Will. Dermalen sind also nebst mir. Ihnen»
Claudius und Merz noch 5 ihnen unbekannte Eichstatter, wovon
die meisten schon bedienstet, und sehr wackere und mature
Leute sind. Hatte indesse Ajax statt seinen Lüsten mir gefolgt,
so sollte die Zahl grösser sein.
Wenn nur einmal in München 5 oder 6 geschickte und
vertraute Männer könnten zusammengebracht werden. In Eych-
stätt hoffe ich, es bald dahin zu bringen. Aber das grösste
Mysterium muss seyn» dass die Saclie neu ist: je weniger
davdu wissen, je bessei* ist es. Der-malen wissen es nur sie
und Mei^z; und ich hab auch nicht so bald Lust, es irgend
einem zu eröffnen. Wir 3; glaube ich, sind genug, der Maschine
iln* Leben und Bewegung zu geben.
Von den EicOistädtern weiss es kein einziger, sondem sie
leben und sterben, die Sache sey so alt» als Mathusalem.
Sorgen Sie nur, dass sie den Leuten nicht zuviel avancieren,
und zum vorhinein sagen: Nur soviel, als nothwendig ist.
Am 5. März 1778 schreibt Weishaupt an Zwackh (s. S. 210):
Reden sie auch nichts von dergleichen Materien*) zu den
Initiirtcn; denn man weiss nicht, wie sie aufgenommen werden,
w^eil die Leute nocli nicht gehörig praeparirt sind: und dieses
soll erst in den untern Klassen geschehen, die sie zu durch-
laufen haben. Auch nicht einmal von Erziehung und Polilic
höre ich gern, dass man mit diesen Leuten rede. Denn wenn
sie die Politic vor der Moral lernen, so werden Schel-
men daraus. Ganz allein Moral, Geschieht, Menschenkennlniss
und Einsicht in die menschliche Natur. Ändern sie zu diesem
*) Es sind verschiedene Bücher damit gemeint.
io
, Ende auch den betreffenden Passuni in Statutis ab, und setzen
t anstatt Politie, Moral
Besonders müssen den Leuten erwärmende Schriften in
Hände gegeben werden, die durch Stärke des Ausdrucks
stark auf den Willen wirken. Darunter rechne ich Bassedows
practische Philosophie, Abis Schriften, Meiners Schriften, Se-
neca, Epictet, Antonius Betrachtungen über sich selbst, Mon-
Jögnes Versuch, Plutarchs Lebensbeschreibungen und moralische
Terke.
Am 10. März 1778 gibt Weishaupt volle Aufklärung seiner
f sichten und schreibt an Zwackh:
Das System, das ich mir bishero von dem Orden gemacht,
nn wohl seyn, dass ich es morgen, oder irgend zu einer
Zeit abändere. Da ich beständig mehr Heiz und Gelegenheit
habe, über diese Sache zu denken, da ich tägHch an Erfahrungen
und Einsicht zunehme, ist es nicht rathsam, die Festsetzung
^^ Systems so lange hinauszusetzen, als es möglich ist"? Und
Birum suche ich in der ersten Einrichtung beständig Zeit zu
gewinnen, und solche zu benutzen. Zu diesem Ende gebe ich
lange Termine, die, wenn das System einmal fester ist, und
die Anzahl vermelirt, alle abgekürzt werden. In solchen ge-
heimen Verbindungen erw^artet man vieles, und wie bin ich im
Stande mit 80 Jahren meines Alters diesem allen genug zu
Ihun? Unterdessen will ich ihnen doch en Detail meine der-
maligen Gedanken schreiben. Mon but est faire voloir la raison.
Als Nebenzweck betrachte ich unsern Schutz, Macht, sichern
Rücken von Unglücksfallen, Erleichterung der Mittel zur Er-
kenntniss und Wissenschaft zu gelangen.
tAm meisten suche ich diejenigen Wissenschaften zu be-
iben, die auf unsere allgemeine, oder Ordens Glückseligkeit,
oder auch privat Angelegenheiten Einfluss haben, und die
entgegengesetzten aus dem Weg zu räumen* Sie können also
wohl denken, dass wir es mit dem Pcdantismo, mit öfTentlichen
Schulen, Erziehung, Intoleranz, Theologie und Staatsverfassung
werden zu thun hoben.
tDazu kann ich die Leute nicht brauchen, w^ie sie sind,
ndern ich muss mir sie erst bilden.
Und jede vorhergehende Klasse muss die Prüfungsschul
für die künftige seyn. Das kann nicht anders als langsam
n. Nur Thaten ivicht Recommendation kann hier gelten.
— 76 -
In der nächsten Klasse, dächte ich also eine Art von
gelehrter Academie zu errichten: in solcher wird gearbeitet, an
Karakteren, historischen und lebenden, Studium der Alten,
Beobachtungsgeist, Abhondlurigen, Preisfragen, und in specie
mache ich darinnen jeden zum Spion des andern und aller.
Darauf werden die Fehigen zu den Mysterien herausgenommen,
die in dieser Klasse etliche Grundsätze und Grunderfordernisse
zum menschlichen glückseligen Leben sind.
Anbey wird gearbeitet an Erkenntniss und Ausreitung
(roüung) der Vorurlheile. Diese muss jeder anzeigen monatüeh,
welche er bey sich entdeckt? welches das herrschende ist? wie
weit er in Bestreitung derselben gekommen etc. Dieses ist bey
uns eben soviel, was bey den Jesuiten die Beicht war. Aus
diesen kann ich ersehen, welche geneigt sind gewisse sondef'
bare Staatslehren, weiters hinauf Religionsmeynungen anzu-
nehmen.
Und am Ende folgt die totale Einsicht in die Politik und
Maximen des Ordens. In diesem obersten Conseil werden die
Project entworfen, wie den Feinden der Vernunft und Mensch-
lichkeit nach und nach auf den Leib zu gehen sey: wie die
Sache unter den (Jrdens-Mitgliedern einzuleiten, wem es anzu-
vertrauen? ■
Wie ein jeder a proportione seiner Einsiclit könne dazu
gebraucht werden; eben so werde ich es auch mit der Erziehung
und andern machen.
Von Mysterien ein Beyspiel zu geben, so gehörte in den
eleusinischen Geheimnissen die Lehre von der Einheit Gottes
in die Mysterien. Um diess kümmern sie sicli nicht: Sie
werden nach und nach eine eigene Moral, Erziehung, Statistic
und Religion entstehen sehen. — Wie viele Klassen' daraus
werden sollen, weiss ich selbst niclit. Gott und die Zeit werden
es lehren. — — —
Der letzte Brief ist in seinem Inhalt, bis auf den gegen-
standslosen Schluss unverändert hier wiedergegeben, weil dieser
ganz besonders herangezogen wird, um die verderblichen Ab-
siciiten Weishaupts, sein jesuitisches Denken klarzulegen. *-
Der Brief enthält für den ersten Blick entschieden bedenklichn
Stellen. Da ist zunächst der Ausdruck ,,in specie mache ich
darinnen jeden zum Spion des andern'*; dieser Satz, aus dem
Zusammenhange herausgerissen, musste bisher Öfters als Beweis
Hf!lauterer Absichten herhalten, im Zusammenhange erscheint
er mehr ols recht unglücklicher Ausdruck, der vielleicht im
Jahre 1778 durchous nicht diese Bedeutung hatte wie jetzt.
t Weishaupt will Menschenkenntnis verbreiten, dazu bedaif
des Beobachtungsgeisles. Beoboclrten soll einer den andern
um ein klares Auge für Vorzüge und Felder des Nebenmenschen
zu erhalten, an solcher Beobachtung wird sicher Niemand
etwas linden, sie sogar für den Zweck der Erwerbung von
Menschenkenntnis für unerlässlich halten. Setzt man nun den
unglücklichen Ausdruck Spion für Beobachter, so kann sich
beides decken, ohne jede nachweisbare schlechte Absicht. Als
Weishaupt diese Worte sclirieb, zahlte der Orden mit ihm
genau 9 Mitglieder (s. S* 74 Brief vom 25 Febr 1778), ein klares
Programm konnte also Weishaupt noch gar nicht besitzen,
denn dieses war entschieden von der Werbung und Enlwicke-
rg neuer Mitglieder abhängig.
Auf jenen Ausdruck demnach einen besonderen Wert zu
legen, ist mindestens verfrüht und ungerecht.
Der Hinweis, dass er Berichte verlangt, die die Beichte
bei den Jesuiten ersetzen sollen, ist ebenfalls ols bedenklich
erachtet worden.
K Aber auch das klingt mehi- wie ein unglücklicher Ausdruck,
Hb wie eine bestehende hinterlistige Absicht, was auch die
spateren monatlichen Berichte, fjuibus licet benannt, auf die
noch zurück;iukommen ist, beweisen.
Der Hinweis, doss Zwuckh noch eine eigene Moral, Er-
ziehung, Statistik und Religion entstehen sehen würde, dürfte
am allerbedenklichsten erscheinen. Um ihn zu beleuchten,
müssen wir jedoch uns mit dem damaligen Schicksal des
Rindes und der Universität bekannt machen.
■ Am 30. Dec. 1777 starb Kurfürst Max Joseph HL, einer
der edelsten Fürsten Bayerns, der namentlich eine väterliciie
Sorge für das Schulwesen und den öffentlichen Unterricht
bekundet hatte. Karl Theodor bestieg den Thron und sofort
nach seinem Regierungsantritt berichtet die Geschichte von
un e rfre u 1 iche n Er^eign issc n .
Kurfürst Karl Theodor hatte keine besondere Vorliebe für
sein Land und bewies das dadurch auf das deutlichste, dass
er am 3. Jan. 1778, drei Tage nach seinem Regierungsantritt
den grössten Teil von Altbayern an Österreich abtrat. Öster-
reich besetzte durch seine Truppen den abgetretenen Teil
I
14 Tage später. Infolge dieses Ereignisses verlangte der Kur-
fürst, dass die Universität, nachdem sie ihm den Huldigungseid
geleistet hatte, diesen auch der Kaiserin Maria Theresia, als
Regeiitin vnn Niederbayern leiste, was auch geschah.
PraiUl gibt (S, 626) on» dass laut Archiv der Universität D,
IX 2, Jan, 13. März bis 4, April den auf den Kurfürsten bezüg-
lichen Eid ein Auditor dem versammelten Plenum abnehmen
sollte^ dieses al^er entzog sich einer solchen Herabwürdigung
und kam der Beamtenpflicht durch Namensunterschrift und
beigedrucktes Siegel nach.
Dass solclier Vorgang die Professoren erbittern niusste»
ist gewiss, denn zwei Herren dienen zu sollen, ist viel verlangt;
es ist auch einleuchtend, dass Weishaupt, der in seinen Ge-
danken sich stets mit dem Orden bcscliäftigte, ohne ihm jedoch
feste Gestalt geben zu können, sich mit Plänen von dessen
einstiger Wirksamkeit trug, die — noch gänzlich in der Luft
hingen, denn er hatte weder Mitglieder genug, noch irgend eini
Feld, auf dem sich diese betätigen konnten. Wohl aber empfand
er die MisssUinde seiner Zeit, die nur durch verkehrte Erziehung,
Verdrehung der Moral und Religion entstanden waren und
eine Fülle von Verdriesslichkeiten und Verkehrtheiten herv*or-
riefen, auf das empfindlichste. Er glaubte, einstens durch den
Orden Erziehung, Moral und religiöses Empfinden zu ver-
bessern und di'Qckte dieses in jenem Brief an Zwackh auch aus
Der gesciiilderte Voi*gang, die Kampfe in der Vergangenheit un
Gegenwort waren die l^rodukte einer Zeit, in dei' die äusse;
und geistige Freiheit in Bande geknebelt wurde, die zu lösen]
ein schönei* Traum des Ordensstifters blieb und zu desse
Healisierung er Menschen zu finden oder doch zu erziehen'
hoffte. — Dass es ein Träumen war, beweisen auch die vielen
herangezogenen und dann wieder verworfenen Namen, die der
Orden tragen sollte. Weishaupt suchte nach einem Namen,
dessen Begriff auch gleichzeitig den Zweck des Ordens enthalte,.
Er verfiel zuerst auf den Namen: Minerva. -Orden (Minerv^a al
Göttin der Weislioit), Bienen-Orden, der am schnellsten wieder
verworfen wurde, Parsenorden Perfectibilisten und schliesslich
Illuminaten-Orden. Der Name Illuminat war erst für einen
besonderen Grad gewählt, und wurde spater für das ganze
Gebäude angenommen. Aus diesen Tatsachen ist zu ersehen,
Zt. konfiszierten Briefen, die die
herausgelesen werden kann ,
«
i
dass olles, was aus den s.
Periode 1776 — 79 umfassen.
— 79 —
sitel \Vorte sind, die wohl durc^h die Zeit sogai" berechtigte
^i'ünsche verboi'gen, denen aber die liefere Kraft felilte. Es
sind noch Phantasien eines lebhaften Geistes, der das Gute
war wollte, ober gor nicht wussle, ob dieses jemals Form
^winnen könnte. Dabei konnte Weistiaupt die Menschen
renig und musste demzufolge auch schlechte Erfahrungen
machen, wie wir später durch Zw^ackh deutlieh eifahren werden,
der anscheinend ein klarei'es Auge für die begangenen Fehler'
^besass als W'eisliaupt selbst. Letzterem wird man aber frot/,-
Uledem ein ideales Streben bei seinem Werke nicht absprechen
'können.
B Die OiHlensbegriiiidiiug nach der Dareteliung des
H F. X. V. Zwackh.
^V Wir haben Franz Xaver von Zwackh bereits als Schüler
und Freund W/s, sowie Ordensmitbegründer kennen gelernt
In letzter Eigenschaft muss eine Darstellung jener ersten Epoche
ganz besonders interessieren, w^enn man den Charakter dieses
Mannes ins Auge fasst, der sich ganz anders darstellt, als ein
Einblick in die veröflentlichten, konfiszierten Schriften vermuten
sst. — Zwackh war ein ehrlich denkender, offener Charakter,
essen Schilderung Graf Du Mouhn Eckai't in den Forschungen
;ur Kultur* und Literaturgeschichte Bayerns, drittes Buch 1895,
bis auf einige Irrtümer vortreiThcli gelungen ist. Genannter
Forscher erzählt daselbst, dass ihm der Nachlass des Zwackh
durch seinen Sohn zugänglich gemacht w^urde und dass er
US diesen Dokumenten ein klares Bild der Lebensschicksale
dieses Mannes aufbauen konnte. — Von dem Enkel (der Sohn isl
.inrwischen verstorben) wurden diese Nachlasspapiere entäussert,
ie befinden sich daher im Besitz des Autors. Die Papiere ent-
alten eine Darslellung der Ordensbegründung, die bisher gänzlich
"unbekannt geblieben ist, weil sie niemals verötTenllicht wurde. Das
interessante Aktenstück ist etwa Anfang 1787 geschrieben, war
war für die Veröffentlichung bestimmt, ist jedoch, wie gesagt,
nie veröffentlicht worden. Zwackh hat den Inhalt öfters ver-
bessert und scheint in spateren Jahren, wie die vei'schiedene
Tinte vermuten lässt, eine Revision vorgenommen zu haben.
— 80 —
Jedenfalls ist dos Aktenstück inhaltlich völlig glaubwürdig, es
entbehrt jeder Beschönigung, da es namentlich die Gehrechen
des Ordens rücksichtslos aufdeckt. Betitelt ist es:
Beurkundete Geschichte des llluminaten-Ordens von seiner
Entstehung biss auf gegenwärtige Zeiten, mit ernstlichen Be-
merkungen über die Gebrechen dieser Gesellschaft, über die
Beschuldigungen, welche man in Bayern dem Orden und ein-
zelnen Mitgliedei'n gemacht hat und über das Verfahren des
Münchener Kabineis in dieser Sache.
Soweit der Inhalt an diese Stelle gehört, lautet dei*selbe:
§1-
Weishaupt, vorhin Professor auf der Hohen Schule zu
Ingolstadt, nun herzoglich Sachssen -Gothaischer Ilofrath. ein
Mann, dessen Philosophische Schriften, seine in Bayern erlittene
Verfolgungen und die von ihm verfasste Apologie der lUuminateD
hinlänglich Beweisse seines durchdringenden Verstandes und
edlen Herzens geben, war der Stifter des Ordens, Er wurde zu
München in die Loge des Grafen Larossöe, welche sich zu den
retVirmirten Maurer System bekonnten, aufgenohmen, fand aber
bald darin, dass ei' dasjenige Ideal, welches er sich von
geheimen Verbindungen seit mehreren Jahren aufgestellet hatte,
nicht antrerten würde, und da er die Uneinigkeiten» das Miss-
vergnügen einiger seiner Brüder, auch die Absicht am Ende zu
einem Tempel Ritter eingeweiht zu werden, nach und nach
entdeckte, um eben diese Zeit euch ein Deputirter von der
Unionisten Loge zu Burghnusen in Ingolstadt erschien, welcher
die Grade dieser Maurerischen Klasse austheilUe und bekannt
machte, ^o cntschloss er sich diese Gelegenheit, wo da unter
seinen Mitbürgern der Hang zu geheimen Gessellschaften er-
weckt war, zu benützen, und seinen langst durchdachten Plan
zu entvveifen. Dieser Mann war ein Geleluter, der sich in
sein Studierzimmer einsteckte und die Welt wie Viele andere
nur aus Büchern kannte und der auf das heftigste von Jesuiten
und ihrem Anhange verfolgt würde als Lehrer des Natur Rechtes
und der' Practischen Philosotie. Er empfand durch die bestän-
digen verdriesslichen Auftritte, wie schädlich und gefahrlich es
vor den denkenden, wahrheitsliebenden Manne seyn, dtesse
Wissenschaften nach ihrem Umfang öfentlich zu lehren, man
kann daher vor richtig nehmen, dass in seinem ersten Ordens-
— 81 —
plan nichts anderes einfliessen konnte, als was er sich biss
zur selbigen Zeit in wissenschaftlichen Fächern erworben hatte,
dass er daraus vorzüglich dasjenige wählte, woran er am meisten
Antheill nahm, um dessen Bekanntmachung er eine Menge
Hindernisse fand und von welchem ihm sein Schicksal zeigte,
dass sich andere geheime Gessellschaften entweder damit gar
nicht beschäftigten, oder nicht im Stande waren ihre Absichten
zu erreichen, und ihren Anhängern darüber hinlänglichen Schutz
zu gewehren.
Er bestimmte also dem neuen Orden den einzigen Zweck:
Sammlung und geheimen Unterricht in wissenschaftlichen Kennt-
nissen, dass er eine geheime Weisheitsschule seyn solle, in
welcher der Stifter nur junge Akademiker aufnehmen und
diesen ungestört dasjenige lehren wollte, was Dummheit und
Pfaffen-Eigennutz von den öffentlichen Katheder verbannt hatte.
Diesen Plan teilte W. seinen vertrautesten Freunden, die dort-
mals auf der Universität studierten, dem dermalligen bayr.
Hofkammer Rath v. Massenhausen, dem Kayss: Königl. legations
Sekretair zur Kopenhagen von Merz, und dem fürstl. Frey-
singischen Hofrath Hohenaicher mit. Diese ermunterten ihn
zu weiterer Ausführung desselben, und übernahmen es der
neuen Gessellschaft Mitglieder zu verschaffen.
§ 2.
Von nun an war diesser Orden die Lieblingsbeschäftigung
seines Stifters und seiner Mitarbeiter, alle Erhollungs Stunden
wurden diessem gewidmet, jeder dachte, lass und samelte Ma-
terialien zu dem Gebäude, die er dem ersten vorlegte, um daraus
zu ordnen, zu entnehmen, oder zu verwerfen. Es benutzte
jeder seine Bekanntschaften, und suchte seine Freunde in eine
Gessellschaft einzuführen, welche bald als ein Klubb von Ge-
lehrten, bald als diejenige, welche die wahren Geheimnisse der
Massonerie aufbewahrten, geschildert wurde, und so waren in
kurzer Zeit schon Viele Mitglieder in Schwaben, in Franken,
und in Bayern angeworben, unter denen sich auch der bayr.
Hofrath Zwackh und der bayr. revisions Rath Berger befanden.
Weil man aber den Mitgliedern noch nichts von Ordens-
schriften geben konnte, so wurden sie mit gewissen vor-
geschriebenen Büchern und dem Auftrag, daraus Auszüge zu
machen, beschäftigt, sie mussten über bestimmte Aufgaben
Abhandlungen verfertigen, und andere taugliche Mitglieder der
Engel, 0«Mhiehte des lilaminfttenordens. Q
— 82 —
(lessellschaR zufühicn, jeder von den ersleii Auwerbeni be-
liandotte seine Zöglinge nuch der Arth, wodurch er am meisten
iMiidi'iH'k Ulli ihn zu macherj hotlen konnte. Man bediente
sicli, um der Sache den Sclicju von Wichtigkeit zu geben, ver-
schiedener gelieimei' Schreibürteu nnfei* selbst erdachten Buch-
staben, biss endlieh \\\ ein Aufsatz der allgemeinen Ordens-
statuten zu Staude braeljte.
Man würde sicii inen, wenn mau g)aubte> dass diessc
dortmals schun so eutworfeu war-en, wie sie dermallen gedruckt
(Erscheinen. Es wurden nach der Zeit uocli viele Verbesserungen
darin vorgenohrnen, deren Notbwendigkeil schon damals die
Llrhebei' der üessellscbat't einsahen, sich aber begnügten, biss
die Anzahl derjenigen vei^rossert wei'den kötinte, welche mit
den AI>sichteu des Ganzen bekannter, aueli desto vortheilhafter
vor solches arbeiten würden. Die uächslen, welchen W. das
Gebeimniss de^^ Neuheit eröfTnete, waren der oben genannte
von Zwackh und Bej^ger,
I
Durch den Beytritt dieser Mitwissenden wurde nun der
i*rden desto riiliriger verbreitet und weil man vor vortheilhafter
erachtete, wenn die Kenntnisse in Wissenschaften, die An-
leitungen und Lelu-en dazu durch Zeremonien und Grade vor-
getragen, mohrei'en Reiz gewinnen möeblen, beschäftigte man
sich die bisshero gesammelte Materialien in Stufen einzutheüen
und von den Massonerie Zei'enionieu zu entlehnen, welche
letztere Gattung aber bei W. damals noch keinen Be\tall fände,!
sondern er übernalim es neue zu entwerfen, und da er eben
die Werke der Zendavesta lass, so verfiel er auf den Gedanken, -
das neue t h-dens System in die Zeremonie der Parseii ein-l
zukleideu. Um diese Zeit wurde auch dem Ui^den der Titel,
Minerva Orden geschöpft, aus welchem sieb die Sxmbolischen
Worthe der ersten Grade, Licht, Augen, Blendung, so andei'S
die Verschiedenbeit dei- Lampen bey den Initialionen, die In-
signien und das Wapiieu ci'khiren lassen.
Die Anzahl der sclion dortmals vorhandenen Mitglieder
zeigte den ersten Vorstehern der neuen Gessellschatt, dass Vicle^
davon gar nicht brauchl>ar wai^en, und erforderte alsso die^
Klugheil mit mehrerer S«n-gfall solche tn Zukunft zu envälilen.
Damit dieses iiiöchle befolget werden, so ejitwarfen sie vor
jeden, der andere anwerben wollte, eigene X'orscliriflen, i
I
— 83 —
welchen man diesse beobachten, pj*üten unxl bilden sollte um
mn überzeugt zu seyn, dass die Untergebenen darnacli handeln,
so hehändiglen sie ihnen die Formularien der lubellen und
^piarien, welche monfUhlich sollten eingeschickt werden und
^kaben ihnen die lnstrurti(>nen, Insinuationen, Partikularien,
^Ktiituten, Man kann sich leicht vor^stellen, wieviele Ver-wirrung,
^vViderspi'Qche und Wiederhnllungen dnrin vorgekommen sind,
I indem die sogenannten Milw issenden von Ingolstadt hinweg-
bogen, in verschiedenen Ortiien indessen bedienstet worden,
lind in keinem genauen Zusammenhang weiter' unter der Auf-
picht ihres Stifters gestanden sind.
i? 4.
Sie fühlten freilich diesse UnvoUkommenheiten selbst,
allein die Verünlassungen dazu, w^elche einzig in der zu schnellen
I Verbreitung des Ordens* lagen, muss ihnen nicht aufgefallen
l&eyn, und anstatt diese einzustellen, dachten sie dem Übel
Idamit abzuhelfen, wenn sie noch mehrere mit ihi*er Stiftung
bekannt macbeo, und auch deren Beystand haben würden.
, Es wurde also Kanonikus Hertel und Prof. Bader, dann
Baron Bassus aus Graubünden als ehmalliger Mitschüler des
Hofrath W. von der Sache vollkommen unterriclitet. In Eich-
Islett geschähe das nehmliche mit dem Regierungsr-ath Fi^eyherrn
Von Schreckenstein, und dem r*om|>ropsten (ii'afen Kohenzln,
und nun schien die Sactie eine andere (lestall zu bekcjmmen.
Es zeigte sich, duss man eine grosse Menge der Mitglieder
sehr hohe Begi'ifTe von dem t>i'den beygebracht habe, da^^s dann
ihre Ideen und Erwartungen zu hoch gespannt worden, als
man je im Stande seyn würde, sie zu befriedigen, es war jedes
nach einem besonderen Zweck aufmerksam, jedes nach dem
■ Eigendünkel seines Obern gebildet, sie hatten viele willkürliclie,
unnütze, selbst lächerliche Anleitungen und Voi-schriften unter
dem legalen X'orwand als Ordens Satzungen erhalten, so dass
W. seinen ersten Plan gar nicht mein kannte. I)ieses bewog
Ptmn die sammtlielien Stiftej' diesser Gessellschaft, welche den
Namen areopagiten sich bey legten, nachstehenden gemeinschaft-
lichen Schluss festzusetzen, welchen ich seiner Kürze wegen
hier sogleich ganz einrücke.
§ 5.
irslens. Solle dem areopagus die gemeinschaftliche Einsiclit
und Direction über den ganzen Orden zustehen.
6»
— 84 —
Zweitens, sollen diesse nun oii dem ersten Plan des Prof "W
wel^^her biss auf einige Abänderungen ganz angenehme»
wurde, mit vereinigten Kräften arbeiten.
Drittens, was jeder bierin samelt soll eben diessem noch
ferner zugesendet werden, der es nach seinem Gut-
befinden annehmen oder verwerfen könne.
Viertens. Das ganze System solle man in eigene Zeremonien
und Grade stellen.
Fünftens. Der Zweck wissenschaftliche Kenntnisse zu er-
wei'beii, solche dem Untergebenen zu lehren, soll noch
beigegeben werden, Verbreitung dieser Kenntnisse auch
voi' Profane, und thötige Unterstützung nicht nur der
Ordensbrüder, sondern einesjeden rech tschnffe neu Mannes.
Sechstens. Ersuche man den Prof. Weisbaupt nun ohne Ver-
zug die ersten Stufen des Ordens aus den vorhandenen
Materialien auszuarbeiten, und solchen den übrigen um
ihrer Erinnerungen mitzutlieilen, damit man doch deren
schon lange Zeit in Geduld stehenden Mitgliedern etwas
begnügliches mittbeilen könnte.
Sieben den s, übernimmt es Prof. Bader die bisshero aus-
getheilten allgemeinen und besonderen Ürdens-
Satzungcn zu verbessern. Vorzüglich diejenigen Stellen,
welche, obschon wider die Absicht der ersten Verfasser,
darein eingeflossen sind und bedenklich scheinen möchten,
auszustreichen. Darunter geboren vorzüglich die lächer-
lichen Aufträge von Aufnahme der Posl-Sekretairs,
der Apothekci-, Handwerker pp. Die Sammlung medi-
zinischer Rezepten, Kymischer*) Processe, und der
Gebrauch so verscbiedener; Mysteriösen Ordens-Schriften.
unter welchen nur jene des Weishaupts mit Ziffern nocli
könne beybehalten werden.
Achtens, in den arcopagus wäre in Zukunft keiner ohne Ein-
stimmung aller autzunehmen.
Nach diesser Vereinigung erschien auch bald der erste
Minerv'algrad und in mehreren Orten wurden nun diesse Ver-
handlungen gehalten,
§6.
Die Areopagiten arbeiteten zwar mit vielem Eyfer an dem
Hauptplan des Ordens, allein einige wollten nur gewisse Wissen-
•) Chemischer,
— 85 —
^fichatten gelehrt wissen uod dem Orden eine eigene Philosophie
^■eben, andere forderten Unterricht in allen Wissenschaften und
^künsten, jener bestand darauf man sollte das Kristenlhum,
^wie es bey seinen ersten Zeiten gewesen ist, einzuführen
li*ochten, diesser glaubte das grosse Geheimniss solle die Ge-
Hchichte und Einsicht allein anderer Verbindungen seyn, in^
^aessen sich auch ein Theil mit Verbreitung einer guten Moral,
mit inniger Freundschaft und wechselseitigei* Unterstützung der
Brüder allein begnügten, und auf diesse Arth kann man be-
Äöupten, dass jeder aus diessem hohen Rath ein eigenes Ordens-
^^ystem entwarf und um seine Lieblingsmeinung gehend zu
nnachen die andere bestritt, welches um so heftiger wurde, als
■ie gemeinschaftliche Direction ebenfalls vielen unnützen, vei'-
ariesslichen Arbeiten bisshero unterworfen war. Es wollte
^fider gleiche Rechte darin ausüben, kein entscheidende Stimme
^pines andern gelten lassen und um auch diessen Punkt vor der
Zukunft festzusetzen, so wurde die Frage aufgeworlen, weiche
Regierungsform dem Orden am angenehmsten wäre, worüber
sich die Meinungen eben so durchkreuzten, wie über die Er-
weiterung des Ordens, Zweck. Eine Partei nahm hierin die
Hierarchie der Katholischen Kirche die andere den Jesuiten
i >rden zum Modell, und Weishaupt war gewiss am übelsten
daran, aus diessen verschiedenen Vorschlägen musste er die
ILufsätze machen, sollte alle begnügen und behielt daher
pzwungener weisse von jedem etwas bey, welches man auch
US den gedruckten Graden nicht raissverstehen wird, denn sie
zeigen klar, dass daran nicht ein Mann den Ton angegeben
habe, und dass man sie aus vielerley Entwürfen zusammen-
stopelte. welchem auch die Verschiedenheit der dii-ections Ein-
theillungen und dabey gebrauchten Nahmen zuzuschreiben ist.
Zum Beyspiel: Kirchen, Hocinvürdig, Erlauchter, Provinzial,
Nazional, assislenten, general und die quibus licet, welche aus
den Marianischen Jesuiter Kongregationen der Studenten ent-
lehnt sind, wo man alle Monoth verschlossen die bona opera
übergeben musste.
Über all diesse Umstände wäre es bald zu einer Trennung
ikommen und W, musste vor die gute Sache in seinen Briefen
nachdrücklichsten Scliutzreden schreiben und seine Mit-
^sselJen widerum ermuntern, die sich endlich nach langer
— 86 —
Überredung und vielen Konkordenzen zu einem weiteren Eni-
schluss vereinigten. Do diesser die eigentliche erste Grundstülze
von der Illum. Gessellschaft ist, so lege ich ihn in der Beylage
nach seinem ganzen Inhnit vor und hegnüge mich mit der
einzigen Erinnerung daraus, dnss die zueile < Irden s Stufe der
kleine llkiminal dabey zu Stande kam. Domit schliessei sich
Quch die erste Epoche von der Stiftung dieses Ordens, welche
sich mit dem Juhre 1775 onfanget und mit 1779 endiget.
Wir unlerbrechen hier die Zwackhsche Dai'stellung, die
wir sogleicii wieder nnfnelmien werden, um uns über den Geist
der ersten nrdeusjohre noch klarer zu werden*
.Vor allen Dingen ersieht man deutlich aus Zwackh's Er-
klärungen, dass Weisliaupt wohl die Grundidee gegeben, keines-
wegs aber der Ausarheiter des Orden^systems war, vielmehr
haben viele daran gcorbeilet. Er wollte schieben, ward aber
seihst geschoben; wurde er jedoch zu stark bedrängt, sodass
der OrdenswMgen drohte, aus den gesollten Gleisen heraus-
gedrückt zu werden, so gab es in der Zukunft stets Geschrei
über Weishaupts Heri-schsucht, wenn er den falschen Kur*
nicht zulassen wolite. Von neueren Forschern ist oftmals die
Herrschsucht Weishaupts betont w^nrden, dtiss er keinesfalls
dns Regiment des Ordens aus den Händen geben wollte und
nur als Ordensgeneral sich glücklich fühlte. Der Zwackhsche
Bericht zeigt in dem l»islierigen Wortlnute schon deutlich. dassJ
Weishaupt um der Saclie willen genötigt war, seine Autorität"
geltend zu machen. Es wiederholt sich hier ähnlich der Vor-
gang wie an der Universität. Übelstfinde duldet Weishaupt
nicht und wird dafür kräftig angegriflen. Selbst »mit Zwackbi
kam er öfters in Gegensatz, dieser fügte sich aber* stels de
einsichtigen Auseinandersetzungen seines Lehrers, Da wir i
Zukunft öfters auf die Behauptung der Herrschsuchi Weishaupt's
stossen werden, so ist es angebracht die Gründe kennen zu
lernen, die ihn in diesen Verdacht gebracht haben. Nacb-
Iblgender Brief des Spartacus (Ordensname für Weishaupt) iiu
Goto (Ordensname von Zwackh) vom i:i November 1778 ist in
(lieser Beziehung lehrreich. (t>riginalschrif(en, S. 269.)
,,Ihr lefzter Brief ist nach langer Zeit der erste, der wieder
in der Sprache und Ausdr-ücken unsers ersten * offenbarend
geschrieben ist, und nocli etliche solche Briefe sind im StandJ
r-
I
— 87 —
las üUe Vertroiien herzustellen. Sie wer-deii sich eiiiiiiei n. dass
Ich
im
M
onf
lieses Jnhrs
*'ebruanus, Merz, April, und aucli noch Mny
s Vertrnuen in Sic gesetzt, und sie ols meinen
rundstein betrachtet. Ich habe sie nacli dem Fall des Ajax
iror allen andern nus dem Dunkel und Hathselhat'len heraus-
jcnommen, und zum Conscius gemachl. Diese Zeit her kann
*)ch ahei* nicht beiden, dass sie tnir durcli die ewigen Zänkej*eyen,
dureli das dodnreli vei'ursachte Auflialton der ganzen Snoho,
duroll die sehr kurze, seltene, bissige, sogar durch fremde Hand
Äpeschriebene Briefe, durch das Zurückhalten der- meinigen elc.
^Eeiemlich Misstrauen verursacht, -- — ^^
H Theuersler Cato! es ist wahr, ich herrsche, aber weil
Hßs so seyn muss, weil das Gebäude sonst nicht, zu Stand kömmt,
so lang meine Herrschsucht bloss fordert, was unser Gebäude
und Zweck mit sich bringt, so kann sich niemand darüber
>eklagen; denn wenn ich es nicht thäte, so müsste es doch
|ein anderer* thueiK Mein Herrschen also, so lang es unschäd-
lich ist, die Mascbin im Gang erhallet, und bloss allein darauf
jeriehtet isl, kann niemand missliilligen. Wenn ich aber das
Gehäud missbrauchen wollte, blos vor mich sorgen, um reich,
'angesehen und mäclitig zu werden, dann wäre es übel. Wie
können sie al>er diess von mir vei-muthenV Ich lebe zufrieden
mit meinem Amt, verlange nicht weiter, und habe mein hin-
längliches Auskommen, uml begefire im bürgerlichen Leben
I nichts weiter zu seyn, als was ich bin. Ferners nothigen micli
meine ihnen bekannte Umstände, den meisten Mitgliedern,
so lange ich lebe, verborgen zu seyn. Ich bin genöthigt, alles
durch 5 oder 6 Personen zu thuen. Diese sind also die Heir-
schende, ich der Arbeiter, und ich verlange nur Versicherung,
Idass nach der Vorschrift gearbeitet werde. Dahin ziehen
lulle cautellen. Jeder ist frey in allen Handlungen, unabhängig
von mir und vni» andern, nur in dem nicht, was ein Mittel
zum Zweck des Ordens ist. [sl das nicht natürlich? folgt das
nicht aus der* Natur einer Gesellschaft? Wenn ich es auch
nicht forderte, müsste es Flieht ein anderer fordern? Soll ich
niclit berechtigt seyn, das von meinem Nächsten zu fordern,
^pwas jeder von ihnen bey geschehener Verbreitung über 1000
iind melirere fordern kann?
Gefiel es ihnen, wenn ihre Untergebene, und diese wieder
ron den ihrigen eine gleiche Freyheit forderten? Könnte da
slwös geschehen? Theuerster Cato! Merken sie sichs, der
— 88 —
Endzweck des Ordens ist, frey zu sevn, unabhängig von Ans-
Wörtigen. In Bücksicht des Ordens ist solcher allein Herr,
wir alle sind die Diener unsers Zwecks, ich bin der erste
Diener, denn ich arbeile für euch alle. Ich entwerfe, ihr be-
stättigt es, und führt es aus. Sie liaben liier falsche Begriffe
von Freyheit. Um auf einer Seite unöbhängig zu seyn, bin ich
auf der andern Knecht. Denken sie darüber, Cato! und sie
werden linden, dass ich recht habe. —
Wir werden bei weiterem Vorschreilen noch öfter entdecken,
dass Weisliaupt seinen ursprüngliclien Plan kaum w^ieder-
erkannte, wie Zwackh bereits andeutet, sobald er längere Zeit
die (h'densent wickehing andern Händen üherliess. Er zeigt
sich stets konse<|uent in Beibehaltung seiner ersten Absichten
und kommt dadurch wiederholt in Konflikte mit den anderen
Ordensobern, die die Neigung aufweisen, die Grundidee zu
missachten.
Wir kehren jetzt zu der Zwackhschen Ordensgeschichte
zurück, welche von ihm in eine erste Pei4ode von 1775 — 1779
eingeteilt ist 1775 ist augenscheinlicher Irrtum, wenn Zwackh
nicht die Vorbereitungen des Jahres 1775 mitrechnet, es muss
1776 heissen, wie Weishaupt selbst ja auch angibt. Mit dem
Jahi'e 1779 endet er die erste Ordensperiode, weil sie bis daliin
die alleinige Tätigkeit der Ordensmitglieder aus eigener Kraft
umfasst, ohne Anlehnung an maurerische Kreise; wir bezeichnen
jedoch als erste Periode die Zeit unter der alleinigen F^ührung
Weishaupts, und rechnen die zweite von dem Eingreifen des
Freiherrn v, Knigge an. Die Ereignisse werden am klarsten an
der Hand derZw^ackhschen Ordensgeschichte. Diese lautet weiter:
§8.
Bisshero war der Orden noch vor und untei* sich allein
bestanden, nun aber öflnet sich ein neuer Weg um ihm durch
einen andern mehr Macht und Schutz zu verschaffen. Um
diesse Zeit wurden von den areopagiten in München mehrere in
die unionisten-Maurer Loge ,, Theodor zum gutten Rath, wo
der BurgpHegcr Rodl den Hammer führte autgenohrnen. Diesse
Loge vergrösserte sich von Zeit zu Zeit durch viele ansehnliche
Brüder und envarb sicli durch die Constitution der grossen
Landesloge zu Berlin Royal York eine Menge von französisclien
Araden, welches so viel bewirkte, dass die reformc in Bayern
- 89
WA
hi
uiiUiulig und beinahe ausseinander getretten war. Sehr viele
^on diessen äusserten den Wunsch sich an die des Radi anzu-
<:hniiegen, wenn nui- noch einige mehrere Solidität darin her-
Ceslelli würde. Uiesser Antrag scliien den Stiftern des Illuminaten-
ordens ein Gegenstand zu seyo, der all ihre Aufmerksamkeif
verdiente, sie unterzogen sich also dem Geschäfte und brachten
dahiti, dass Radi seinen Hammer niederlegte, der Prof.
Jader zum Meister vom Stuhle gewählet und die ersten Logen-
äraler mit ihren Anhängern besetzet wurden. Nachhero nahmen
äie eine Verbesserung in den Logengesetzen vor, nahmen eine
^Auswahl und Minderung in den Maurerischen Graden und ver-
bannten das überflüssige, geringfähige, vornehmlich an den
Lufnahms Zeremonien, Durch diesse Einrichtung stand in
cui-zer Zeit diesse Loge in einen Kredit, den der Bey tritt von
vielen rechtschaffenen Brüdern aus der reforme und der altern
tngenannten Bögnernischen Unionisten Loge so sehr vermehrte,
asssieum diessen Glanz und Vorzug alle ihre altern Schwestern
leneiden mussten.
■ §9,
Indessen kam diesser neue Zuwachss dem lUum. Orden
sehr zu guthe. Denn er war nun eines Theils in Bayern unter
^(der tolerirten Massonerie mehr verborgen, andern Theils er-
Hivarben sich seine Oberen vollkommene Kenntnisse in den
^Rluurer Systemen und durch den näheren Umgang mit diessen
^pvar man im Stande die besseren davon vor den Orden an-
"xuwerben. Mit Graf Konstanzo wurde der anfang gemacht und
da diesser auf Kosten der Loge eine maurerische Reisse*) unter-
nahm, um bey der Royal York zu Berlin sich von der jährlichen
»dahin zu bezahlenden Abgabe zu befreyen und auch mit anderen
HSystemen X'ereinigung zu errichten, so konnten sich die Areo-
^bdgiten von diesem Manne die Erfüllung ihrer Absichten, im
^E^uslande ihren Orden zu verbreiten mit bestem Grunde ver-
^Rprechen, Sie gaben ihm zu diessem Ende alle bissher ver-
leiligten Grade, Instructionen, Statuten und besondern Instruc-
ionen zur Errichtung ganzer Vei^ammlungen, wie sie mit-
sinander verbunden und untergeordnet und dirigirt werden
tollten, verwilligten ihm auch aus ihrer Kasse einen Zuschuss
ind verschafften ihm Adressen von wichtigen Anempfehlungen
*) Auf diese maurerUebe Reise des Konslanzo wird apilcr uocli au6-
mhrlich 3tu rück gekommen werden.
— 90 —
in jene Städte, wo ei' die I*flcinzschylen erriclilen sfjllie. Diesse
Mission erreichte auch vollkommen den Zweck. Seine AuOräge
verschafften der Ordens-Gessellschaft der IHuminaten sehi* viele
würdige .\{änner, worunter einige in oll andern Masson-Systemen
sehr lioch graduirt \^are^ und doch hekannten* keine Befrie-
digung darin gefunden zu haben. Unter diessen befand sich der
Freyhei'r von Knigge, den mati auch bald wegen seiner aner-
kannten Verdienste von der Aufsiclit des Konstanzo hinwegindun
und jener des Weishaupt übergab, der ihn dem Areopagu^
einverleibte. I
Wir sind jetzt am Ende der vordem bezeichneten Periode
angelangt und müssen uns nunmehr umsehen, wie das bisher
ausgearbeitete Ordenssystem aussah, damit der Leser später
ein si<'heres Urteil über die Gefahi'Iiehkeit oder NichtgerohHich-
keit desselben selbst abgeben kaim.
Das System des Illumliiateiiordens bis zum
Jahre 1781,
Will man sich über die Zwecke einer Gesellschaft info
mieren, die Ziele die dieselbe verfolgt, erfahren, so ist die
Satzung derselben stets dasjenige Aktenstück, welches Anlw^ort
auf Fragen über diese Punkte geben kann. Heutzutage ist eine
klare Satzung für jede Vereinigung, sowie dieselbe von einem
Vorstand geleitet wird, gesetzliches Krfordernis. Früher war
zwar letzteres nicht der FalK immerhin wurden jedoch der
Mitglieder wiegen, sowie um der Klarlieit der Ziele w^egen^
Statuten ausgearbeitet und den Neuaufgenommenen bekannt
gegeV>en.
Die ersten (»rdensstatuten, welclie einen Einblick geben
über das, was Weisheupt wollte, bestanden nur kurze Zeit: sie
waren recht dürftig und unklar. Ks können nur die ersteu
Milglieder diese gekannt haben, da, wie uns Zwackh mitteilt,
Professor Baader bald damit betraut wui-de dieselben umzu-
arbeiten. Die in den schon genannten nriginalschriflen Seit
12 — 26 abgedruckten Statuten dürften dieses zweite Produ
sein, Sie sind aber noch keineswegs glücklich zusammengestellt,
und wurden nochmals umgearbeitet, bevoi* Knigge in den < *rde
- 91 —
sintrnL Um die Rntwickelung zu /.eip:en und den Ideeii^u^m^
laclizuweisen, der die sogenannten Oberen er-füllto, ist es not-
t'endig beide Salzungen des Vergleiches halber hieivher zu
?t2eii. Die letztere Lesung blieb bis zur Auflosung des t*rdnns
jsteben. —
Reform, der Statuten der I. Klasise*
Da die gesötz;:?ebende Khighoit erfordert, nneh Aenderung
der Umslande auch die nöthigen \ orscfiriften, und (insHtze zu
iindern, denen eine Zeit hinduroh eingerissenen Missbniiirher»
I durch neue Gesatze vorzubeugen: und die zweifelliaften Fälle
näher zu erklären, so wie auch die indessen gegebene einzelne
Verordnungen nöthigen Falles allgemein zu mactien, und rleni
ordentUchen Gesätzbuch einzuvei^leiben, so hat der nnJen in
seiner letzten allgemeinen \ ersammlung in Rücksicht der ersten
^Klasse nachtVdgeude Verlügnng gelroHeu.
^ 1. Werden hiermit alle vorigen Satzungen, Constitutionen,
Privilegien, wie sie immer Namen haben mögen, gänzlich an-
nulliert und cassiert, in so ferne sie gegenwärtigen Fundamcntid-
IVeroi'dnungen zuwider sind: beiialtet sich aber auch tur künl-
lige Zeiten vor, benöthigten Falls Aendemngen zu treffen
I 2. Bleibt so, wie bishero ancli für künftige Zeiten der End-
zweck der Gesellschaft, dem Mensehen die Vervollkommnuu;^
^^seines \'erstandes, und muralischen Karakters interessant zu
^knachen, menschliche und gesellscliaftliclie Gesinnungen zu ver
breiten, boshafte Absichten in der Welt zu hindern, der nolh*
^leidenden, und bedrängten Tugend gegen das Unrecht beyzu*
Hstehen, auf die fiefurderung würdiger Manner zu gedenken,
und überhaupt die Mittel zur Erkenntniss und Wissenschaften
zu erleichtern. Man versichert theuer und heilig, dass diese^
Pder einzige und nicht colorierte Endzweck der Gesellschaft sey.
Im Gegentheil stehet die Gesellschaft für nichts weiter,
werden die Gandidalen seiner Zeit mehrer finden, so ist es für
^^s%ie um so besser, und sie mögen daraus ersehen, da^n man
^■wider die Gewohnheit anderer Gesellschaften mehr halte, als
man sich anheischig gemacht.
Ein Mitglied, das durch Er^vartung künftiger grosser Macht
fund Reichthura voi'züglich wurde bewogen werden, in die Ge
^Seilschaft zu t retten wnrdo darinnen nicht das allenvillkommstc
Byn.
— 92 —
Da aber zu Eiiioltung eines solchen Endzwecks der Bey.
stand und gute Eintracht, und unzertrennliche Veilraulichkeit
aller Mitglieder nolhwendig ist, wie auch nicht weniger, dass
andere auswärtige zum Bessten, und zu den Absichten der
Gesellschaft eingenommen werden, so haben alle Glieder
3. In Rücksicht auf die Gesellschaft allen Hass und Neid
gegen Mitbrüder zu vermeiden, sie als ihre erste und liebste
Freunde anzusehen, als Mitarbeiter zu demselbigen grossen
Zweck, zu ihrem eigenen Besten, das ausser dem nicht kann
befördert werden.
4. Fordert die Gesellschaft ein Opfer ihrer Freyheit, doch
nicht durchgehends, sondern nui* im Falle es ein Mittel zum
grossen Zweck ist. Befelile der (Jbern haben allzeit die Ver
muthung vor sich, dass sie zum Zweck führen; denn Obere
sehen w^eiter, tiefer in die Systeme ein, und darum, und aus
keiner anderen Ursache sind sie Obere.
5. Jedes neu angenommene Mitglied stellt seinen Reci-
pienten ein Revers de Silientio aus.
8. Die Gesellschoft kann die Leute nicht brauchen, wie sie
sind, sondern sie sollen erst werden, w^ozu man sie nöthig hat.
Dazu gehört Prüfung, Proben der Treue, Stillschweigen, An-
hanglichkeil, Arbeitsamkeit, die Erweiterung nützlicher Kenntnisse.
7. Datier die Zeit, welche Condidaten in diesem Grade zu-
zubringen haben. Junge Leute von 15 bis 18 Jahren haben
3 Jahre zu ihrer Prüfung, von 18—24 zwey Jahre, und von 24
bis 30 ein Jahr.
8. Doch kommt es auf den Fleiss, Maturität, Rifer und Appli-
cation des Candidaten an, dass ihm auch zuweilen seine Zeit
abgekürzt werde.
9. Inner dieser Zeit arbeitet der Candidat an der Erfor-
schung seiner selbst, an der Erforschung seiner Nebenmenschen
zeichnet alles fleissig auf, notiert auf eine gewisse eigne Me
ihode, und denkt, und beobachtet überhaupt mehr als er liest
10. Viele Nolaten, Bemerkungen, viele entworfene Caraclers
aufgezeichnete (iespräche von Leuten, die in der Sprache der
Leidenschaften redend angetroficn werden; so wie auch Folg
samkeit gegen Obere sind der sicherste Weg zur Beförderung
IL Bey der Aufnahm verändert der Candidat seinen Namen
in einen eigenen fremden: auf diesen Namen liest, und notiert
'^r alles das, was ihme davon vorkömmt.
^ ^
93 —
Pf:
t
12. Unter den Beobachtungen hoben physiognomische Be-
merkungen, gefundene Regeln menschliche Charactere zu beur-
theilen, ein grosses Verdienst.
13. Auch mit Leuten, mit welchen man stark umgeht.
haltet man ein eigenes Buch, wo unter die Rubric jeder solcliei*
*ei*son geschrieben wird, auf der einen Seite dos Gute, auf der
andern das Böse, so sie uns getimn.
14. Vorzüglich empfiehlt mau, Gegenstände nicht auf fremde,
sondern auf seine eigene Art zu betrachten.
15. Unter die ersten Beweise der Fähigkeit gehört die Auf-
be, die jeder zu behandeln, und aufzulösen hat, und am Ende
iner Probezeil überreicht.
16- Die Sicherheit der Gesellschaft, der Reiz alles Ver-
orgenen, die Beohüchtung der Candidaten erfordern es, dass
ährend der Probezeit ohne Noth keinem, auch nur das ge-
ngste Mitglied geoffenbaret w^rde: liötto die Gesellschaft un-
lücklicher Weise einen Schwätzer, so kann er doch nur einen
einzigen verrat lien.
17. Dies wird den Candidaten behulsom machen, gegen
Niemand, auch vermeynte Mitglieder, von (Jrdens- Sachen zu
prechen.
18. Der Recipient von jedem Candidaten ist auch sein
berer» jeder hat Erlaubniss aufzunehmen, doch alles unter
Anleitung seiner unmittelbaren Oberen, will er zu einer höhern
Klasse, muss er wenigst einen, und nach gewssen Umständen
auch zwey aufgenommen haben: So kann es geschehen, dass
ein arbeitsamer Mensch in den Jahren seines Novitiats sich
schon ein kleines Reich baue, und in seiner Kleinheit grbss
und mächtig werde.
19. Dabey müssen aber alle Schritte dem Obern angezeigt
werden, und ohne Anfrage und p]rlaubniss kann keiner etwas
vornehmen.
20. Ueber alle seine Leute, die er aufzunehmen gedenkt,
haltet er eigene für jeden bestimmte Blätter, ^ragt unter jeden
die seelenverrathende Reden und Handlungen ein, besnnders
die kleinsten, wo der Mensch nicht glaubt, beobachtet zu werden.
Da alle Urtheile, die man giebt, so wie alle Handlungen
uns verrathen, so wird es ihm an Stoff zu Notaten nicht fehlen,
21. Diese Notaten sind der Grund von allen künftigen
müssen also sehr accurat gemacht werden, und IjIos erzählend
nicht aber raisonnierend sevn, aus diesen Notaten werden alle
m
94 —
HelotioneiK Traiisiioii, Briefe etc. gemocht, und wenn eine
aufgenommen werden, muss dar-aus dem unmittelbaren oberen
der Carocter des Hccipiendi vorgelegt werden.
22. Zur Siclierhcit der * »beren ist bescldossen worden, dass
kein Untergebener von seinen Obern nur eine Zeile ^'on Ordens-
Sachen in Händen Ijobe. Briefe dei- i^beini müssen also gleich
rnil, der Antwort zurückgesiindt werden.
23. Wohl aller karui .sich jeder aus den ei'hailenen Briefeu
Excerpten machen.
24. Abwesende schreiben un ihre Obere alle 14 Tage franeo:
Anwesende besuchen ihren i >bern wöchentlich wenigst einmal,
und wenn der Obere Zeit hat, so kann er die Tage in dar
Wochen unter seine Leute austheilen, mit ihnen lesen, notieren
öder erbauliche Gespräche führen.
25. Damit alle Mitglieder von einem Geist beseelt werden.
und unter ilmen ein Verstand, und ein Wille werde, so sind
ihnen auch gewisse Bücher vf>rgescli rieben, welche sie lesen,
iind aus w^elchen sie sich bilden können.
Für Teutschland in gegenwärtigen Zeiten sind beliebt w^orden:
1. Seneca Phil.
2. Epictet.
3. Antonius Betrachtungen über sich selbst.
4. Plutai'chs Lebensbeschreibungen.
5. Seine moralisclie, so \v\e auch alle aridere Schrifleir
6. Von Wielands Werken
Agathon.
goldener Spiegel
geheime Bey träge.
7. Tobias Knaut.
8. Hirschfeld vom grossen Mainie, und von heroischeiil
Tugenden.
\K Po|»es \'ersueh über den Menschen.
10. Smilh Theoria der Moi'alisclien,
IL Basedows |vractiscbe Philosophie füi* nlle Stände.
12. Meiners pliilosophische Schriften.
13. Abt vom Verdienste.
14. Montagnes \'ei'suctj.
L5. Helvelius vom Geist.
16. La Bruici'e Karakter.
17. Alle Beilegardische Scbi'iften, so wie auch
18. Von le Noble Weltschule.
i
— 95 —
Ueberhaupt ist kein Buch ausgeschlossen, dass zur Bildung
des Herzens dienet, insbesondere empfiehlt man Fabeldichter,
und alle andere, die an Bildern, oder moralisch und politischen
Maximen reich sind.
26. Das gute Herz fordert man von allen, . Künste und
Wis.senschaften von denen, so es im Stande sind; ausser der
Moral sind der Gesellschaft Chimie und Handlung die an-
genehmsten. Sprachen, besonders französische und griechische
werden hochgeschätzt — wenigstens zum Bücher verstehen;
aber italienisch und englisch haben auch ihren grossen Werth,
wenigstens soll von denen, so weiter wollen, jeder eine Sprache
verstehen.
27. Mit dem Arcano bleibt es durch alle Klassen wie
vorhero.
28. Obere sind unsere Führer, leiten uns in der Finsterniss
und Irrthum, führen uns ab von ungangbaren Wegen. Da
wird Biegsamkeit und Folgleistung zur Schuldigkeit, und selbst
zur Dankbarkeit; keiner wird sich also weigern dem zu folgen,
der für sein Bestes arbeitet.
29. Aber Obere können auch ihre Gewalt missbrauchen,
und sind nicht allzeit Väter; daher will die Gesellschaft ihre
Mitglieder gegen alle Unterdrücker, Herrschsüchtige etc. durch
folgende Maassregeln schützen: mit Ende jeden Monats giebt
der Untergebene an seinen Obern ein verschlossenes Blatt, oder
auch mehrere mit der Aufschrift: Quibuslicet, oder Soli, in
.solchen zeigt er an*.
1. Wie ihm sein Oberer begegne, ob er fleissig oder
nachlässig, hart, oder gelind mit ihm verfahre?
2. Was er gegen die Gesellschaft für Beschwerden habe?
3. Was ihm dei* Obere dieses Monat hindurch für Be-
fehle kund gemacht? — Was er an den Orden be-
zahlt hat?
Sollte er auch keine Beschwerden haben, so muss das
Blatt doch übergeben werden, und damit es der Untergebene
leichter thun kann, so leget ei* schon zu Anfang jeden Monats
ein oder das andere Blatt zu recht, und sobald ihm etwas vor-
fällt, so zeichnet er es dahin auf, und am Ende des Monats
schliesst er es erst. Diese Verordnung dauert durch alle Klassen
hindurch, und ist niemand davon ausgenommen; bleibt solches
unter, so verfällt der Untergebene in eine seinen Umständen
proportionierte Geldstrafe, so wie der Obere, der sie unterlasset
— 96 -
frühzeitig einzusenden. Wenn diese Blätter am letzten Tüge
des Monats noch übergeben werden, so ist der Condidat ausser
Strafe, darum bot sie jeder Obere zu praesentieren.
30. Jeder hat sich bey seiner Reception zu erklaren, ob er
im Stande sey, dei" Gesellschaft einen Geldbeytrag zu leisten,
oder nicht. Ist das letzte, so hotHL man, dass sich niemand
armer machen wird, als er ist; indem man schon vorhinein
von den Glücksumstanden des Candidaten unterrichtet ist; ist
das erste, so hat jeder Obere seinem l^ecepto ante Receptionem
einen pi'oportionierteo Geldbeytrag oofzutingen, der bei Geringeren
nach Belieben, bey Mittelmässigen ein Ducaten, bey Vermög-
lichen eine Caroline ist, dieses wird ihm proponiert nach aus-
gestelltem Revers vor der Publication der Statuten, mit der
Hondunterschrift des Candidaten, dnss er so viel erlegt habe,
an dem nämlichen Tag, wo der Revers ausgestellt ist, und
solche Uuantitüt des zweyte Jahr wiederhollet, und so auch bey
denen, so auf 3 Jahr engagiert sind. Die Einlage wird von
den Obern an ihre weitere eingehöndiget: bleibt die Einlage
um die bestimmte Zeit aus, so nimmt man den unmittelbaren
Oberen dessen her, bey dem die Einlag ausgeblieben. Wollte
einer von den Candidaten die Gesellschaft defraudieren, so
macht er sich aller künftigen Vortheile verlustig. Von einem
wahrhaft Armen soll gar nicht genommen werden, si fidem
paupertotis fecerit; kommt er zu Knülen, so steigt auch der
jahi'licbe l^eytrag nach Proportion der Kräfte.
31, Zu diesem Ende befiehlt der Orden allen Obern bis
künftiges Jahr 1779 den 3L Jon. ihre Ausstände einzutreibeiL
aber niemand dabey zu übernehmen, und gegründete Beweg-
Ursachen sich schrifüich geben zu lassen, Zahlsaumigkeit der
Mitglieder hat zu diesem Gesötze Antass gegeben: die docli
seiner Zeit allen reellen Beystand vom Orden lioffen. Diese
Verordnung wird um so billiger erfunden werden, als bey
anderen Orden 100 und mehrei^e Gulden ohne Unterschied
gleich im Anfang müssen erlegt werden, und dieses Quantum
viele Jahre hindurch wiederhollet wird.
32. Tritt jemand in seinen Probejahren aus der Gesell-
schaft, so erhaltet es alles Eingelegte wieder zurück, darum die
Obern solches fleissig aufzuzeiclmen haben.
33, Jedem Candidaten ist es bis auf die letzte Stunde
erlaubt auszutretten, imposito tarnen silentio.
— 97 —
34. Gegenwärtige Statuten werden dem, so noch keinen
aufgenommen hat mündlich, andern schriftlich publi-
ciert. Bey Abwesenden leidet es eine Ausnahme. Jede nach-
kommende neue Verordnung wird in das in Händen habende
Exemplar sogleich eingetragen.
Die dritte und bis zum Ausbruch der Ordensverfolgung
bestehende Lesart der Satzung lautet wie folgt:
Allgemeine Ordens-Statuten.
Zur Beruhigung und Sicherheit sowohl angehender als
wirklicher Mitglieder dieser Verbindung, und um allen ungegrün-
deten Muthmassungen und ängstlichen Zweifeln vorzukommen;
erkläret der Orden vor allem, dass er keine für den Staat, die
Religion und gute Sitten nachtheilige Gesinnungen oder Hand-
lungen zum Zweck habe, noch an denen Seinen begünstige.
Seine ganze Bemühung gehet bloss allein dahin, den Menschen
die Verbesserung ihres moralischen Charakters interessant und
nothwendig zu machen; menschliche und gesellschaftliche Ge-
sinnungen einzuflössen; boshafte Absichten zu hindern; der
bedrängten und nothleidenden Tugend gegen das Unrechte
beyzustehen, auf die Beförderung würdiger Personen zu denken^
und noch meistens verborgene nützliche Kenntnisse allgemeiner
zu machen.
Dieses ist der ungeschminkte Zweck des Ordens, weiter
stehet selber auch für nichts. Sollten die Mitglieder hie und
seiner Zeit etwas unerwartetes antreffen, so mögen sie sich
dadurch überzeugen, dass man, wider den Gebrauch einiger
andern Verbindungen, weniger verspreche und mehreres halte.
Ein Mitglied aber, weiches durch Erwartung künftiger
grosser Macht und Reichthums bewogen würde, in den Orden
zu treten, möchte in demselben nicht das willkommenste seyn,
1. Da nun zur Erhaltung eines solchen Zwecks, wechsel-
seitiger Beystand, gute Eintracht, und unzertrennliche Verbind-
lichkeit nothwendig ist, so haben dieselbe den Endzweck des
Ordens nie ausser Augen zu lassen, sondern zu überlegen, dass
alles, was sie für den Orden zu thun scheinen, im Grunde zur
Beförderung ihres eigenen Wohls diene, und dass alle Mitglieder
mit vereinten Kräften zu ihrer wechselseitigen Glück.seiigkeit
arbeiten.
2. Daher müssen sie sich untereinanderalstreucste Freunde
betrachten, allen Hass und Neid bey Seite setzen, ihre Herzen
KDfd, Ocsehidite des XDamiiiateoordcM. 7
vor allem schädlichen Eigennutz bewahren, und sich so be-l
tragen, dass sie nicht nur die Herzen ihrer Mitbrüder, sondern]
auch dadurch ihre Feinde niit gewinnen.
3. Sie müssen sich zu einem gesetzten und freundschaft-
lichen Wesen im Umgänge gewöhnen, und überhaupt auf die
grösste innerliche und äusserliche Vollkommenheit sich befleissen,
4. Menschenliebe, Tugend und Rechtschaffenheit fordert j
tnan von allen Mitgliedern, Künste und Wissenschaften aberj
von denen, die Naturanlage und Fleiss haben.
5. Jedes Mitglied muss daher Industrie» Geselligkeit u"n3
Tugend; die, so dessen fähig sind, auch Künste, Wissenschaften
und guten Geschmack verbreiten, und alles das zu heben
suchen» was diesem entgegen stehet. i
6. Ueberdiess empfiehlt der Orden nachdrücklich die goldene
Massigkeit, Häuslichkeit und Zufriedenheit mit seinem Stand,
Achtung gegen das Alter, gegen Obere, gegen die Vorgesetzte
und Staatsbediente, Freundschaft und Liebe gegen Mitbrüder, J
Höflichkeit und Mitleid gegen alle Menschen. Wer Hochachtung
von anderen fordert, muss auch endern mit dem Beyspiel der
Achtung und Höflichkeit begegnen,
7. Verwaltet eure Aemter in der bürgerlichen Gesellschaft
mit Treue, Eifer und Standhaftigkeit! Stehet euren Familien als
gute Väter, Ehemänner und Herren vorl oder gehorchet als
Söhne, Diener und Untei^ebene! Wer die Pflichten seines
Amts vernachlässiget, der wird auch die Pflichten des Ordens
versäumen und vernachlässigen.
8. Obgleich in dem Orden aller Unterschied des Standes
und der Würde verschwindet, den man in der büiigerlichen
Gesellschaft bekleidet; so ist es doch nöthig, besonders wenn
Profane dabey sind, in den Gränzen des Ceremoniels zu bleiben,
und gebührende Achtung zu bezeugen.
9. Aeltere Mitglieder haben sich schon mehr Kenntnisse,
mehrere Verdienste gesammelt, und daher auch höhere Grade
erhalten; sie sind vielleicht Obere, daher begegnet man ihnen
mit der Ehrerbietung; die ohne sclavisches Kriechen wahre
Hochachtung verräth.
10. Mit je grösserer Höflichkeit euch ein Mitbruder be-
gegnet, mit desto mehrerer Achtung müsst ihr ihm solche er-
wiederih Erlaubet euch nie eine auffallende Vertraulichkeit;
ihr müsst euch stets lieben, und die Erfahrung lehret, dass
I
99
nichts so leicht' die stärkste und innigste Freundschaft trennet,
als ein zu grosses Gemeinmaehen oder Familiarität.
IL Die Obern sind unsere Führer, die leiten uns aus der
Finsterniss und Irrthum zum Licht, Sie führen uns ab von
ungangbaren Wegen. Da wird Biegsamkeit, Folgeleistung zur
IPfiicht und selbst zur Dankbarkeit. Keiner wird sich also
'weigern, diesem zu folgen, der für sein Bestes arbeitet.
12. Der Orden fordert also freywillig ein Opfer der Freyheit
von den Mitgliedern, zwar nicht unbedingt, aber allezeit, wenn
es ein Mittel zum grossen Zweck ist. Befehle der Obern haben
allezeit die Vermuthung für sich, dass sie zum Zweck führen;
dann Obere sehen weiter, sehen tiefer in das System hinein;
und eben darum sind sie Obere, und dieser Ursache wegen ist
man Folgeleistung schuldig.
13. Die Obere kennen die Menschen, sie wissen, wen sie
vor sich haben; also werden sie nie ihr Ansehen missbrauchent
noch vergessen, dass sie gute Väter seyn sollen. Dennoch hat
der Orden folgende Massregeln genommen, um seine Mitglieder
gegen alle Unterdrücker, Stolze, Herrschsüchtige und dergleichen
zu schützen. Mit Ende eines jeden Monats gibt jeder Unter-
gebene an seinen Obern oder Recipienten ein verschlossnes
fBlatt, oder mehrei'e nach Umständen, unter der Aufschritt;
Quibus licet, oder Soli, oder Primo. In diesem Blatt zeiget er
tan; Erstlich: wie ihm sein Recipient begegne, und mit ihm
(^erfahre? z. B, gut und fleissig, bös, hart und nachlässig?
Eweytens: was für Beschwerden er gegen den Orden habe?
Drittens: was für Befehle ihm der Obere in diesem Monalh
kund gemacht habe? Viertens: ob er in diesem Mnnath etwas
Geld erleget hohe?
14. Jeder muss alle Monate einen solchen Zettel eingeben,
3r höbe etwas zu melden oder nicht; damit diess mit geringer
Mühe geschehe, so leget sich ein jeder gleich am Auffing des
Monaths ein Blatt zurechte, zeichnet darauf alles auf, was vor-
fallt, und übeiigibt es im Quibus licet. In dem Quibus licet-
Eettel wird der Ordensname innen und aussen hergesetzt.
15. Diese Verordnung des einzuschickenden Blatts dauert
durch alle Grade hindurch, und ist niemand davfMi ausgenommen.
^Wenn es unterbleibt, verfällt dieser in eine angemessene Geld-
llrafe so wie auch der Obere, der es zu gehöriger Zeit einzu-
sammeln oder einzusenden unterlässt. Den letzten Tag müssen
diese eingegeben seyn.
^ 100 —
16. Damit alle Mitglieder von einem Geist beseelet werden,
und so viel möglich nur einen Willen haben, so werden ihnen
Bücher vorgeschrieben, die sie lesen müssen, und daraus sie
sich bilden können. Aus den monatlich wenigst halben Bogen
langen Arbeiten und aus den Vorlesungen be\ Versammlungen
werden Obere und Mitglieder Gelegenheit bekommen, sowohl
ihren Vortrag, als Fleiss und Wachsthnm ihrer Kenntnisse tn
beurlheilen.
17. Die Bücher macht jedem sein oberer bekannt. Ueber-
haupt ist kein Buch ausgeschlossen, so 7,m' Bildung des Herzens
dienet. Für Angehende empfiehlt man Schriften, die an Bildern
und moralischen Maximen reich sind. Besonders siehet man
gern, wenn sich die Mitglieder mit dem Geist der Alten nähren«
und endlich, wenn sie mehr denken und beobachten, als lesen.
18. Der Recipient jedes Candidaten ist sein respectiver
Oberer. Jeder, der einem anderen die Existens des Ordens
eröffnet, und dadurch in selbem das Verlangen rege gemocht
hat, in solchen zu treten, muss von demjenigen, der ihn in den
* *rden gebracht hat, das ist, von seinem Recipienten, die weitern
Verhallungsbefehle erwarten.
19. Jeder hat die Erlaubniss, neue Mitglieder vollzuschlagen
und zu insinuiren, daher müssen alle Mitglieder über jede
Personen, die sie in den Orden aufgenommen, und auch über
die, w^elche sie vom Orden ausgeschlossen zu werden wünschen»
eigene für jeden bestimmte Blätter halten, auf dieselbe die
Stellen, verrathende Reden, Denkungsart und Handlungen ge-
treu aufzeichnen, besonders die kleinsten, wo der Mensch nicht
glaubt, beobachtet zu werden. Da alle Urtheile, die man äusserte
so wie alle Handlungen uns verrathen, so wird es uns nie an
Stoff zu dellgleichen Notaten fehlen.
20. Diese Notaten sind der Grund von allem Künftigen,
Sie müssen daher sehr genau gemacht werden, mehr erzählend
als räsonnirend seyn. Aus diesen Notaten muss, wenn einer
aufgenommen werden soll, oder wenn einer jemand exciusiam
gibt, dem unmittelbarem i*bern der Charakter des Candidaten
vorgelegt werden,
21. Da jeder Mensch zwey Seiten hat, eine gute und eine
schlimme, so fordert der Orden, dass sich die Mitglieder nicht
bloss die eine zu betrachten und zu beschreiben angewöhnen.
Die Menschlichkeit fordert, dass man auch bey seinen Feinden
das Gute aufsuche, die Rechtschöffenheil bey jedem lobe, und
i
— 101 —
nur Feind der That — und nicht der Person seyn solle. Man
kann solche Menschen fliehen, aber nicht hassen und verfolgen.
Man muss den ganzen Menschen aus seinem Charakter, nicht
aber aus einer einzigen Handlung — niclit aus dem blossen
Verhältniss zu uns, entscheiden wollen.
22. Um zu sehen, ob die Candidaten das bisher gesagte
leisten, ob sie ihre Erkenntnisse ei^w^eitern — Vorurtheile ab-
legen und bestreiten — ihren moralischen Charakter vervoll-
kommen; mit einem Wort: ob sie würdige Mitglieder werden
Wollen: so fordert der Orden Proben der Treue, Vei*schwiegen-
heit und Arbeitsamkeit, Anhänglichkeit und des Gehorsams von
ihnen.
23. Daher hat auch der (»rden eine gewisse Zeit gesetzet,
welche die Candidoten in dieser Prüfung zubringen müssen:
Junge Leute haben 3 Jahi*e, andere zwe\ , und andere nur ein
Jahr Probezeit. Es kommt auf den Fleiss, Maturität, Eifer und
Anwendung an, um sich selbst nach seinem Verhalten und
Mitwirken, diese 'Prürungszeit entweder zu verlängern oder zu
%erkürzen.
24. Während dieser Zeit liest der Candidat die vorgeschrie-
bene Bucher; arbeitet an der Erforschung seiner Nebenmenschen;
zeichnet alles fleissig auf; notiert auf eine gewisse eigene Art,
Iund suchet das gelesene gut zu verdauen, und auf seine eigene
^rt wieder von sich zu geben.
\ 25. Viele Nolaten, Anmerkungen, viele entworfene Charak-
lei*s, aufgezeichnete Gespräche von Leuten, welche man die
Spruche dei' Leidenschaften redend angetroffen; so wie auch
die Erfüllung der Ordensstatuten und Folgsamkeit gegen die
rbern sind die sichersten Wege zur Beförderung.
26. Unter den Beobachtungen haben physiognomische Be-
merkungen, gefundene Regeln, menschliche Charaktere zu beur
H|heilen ein grosses Verdienst. Vorzüglich empfiehlt man aber»
"die Gegenstände nicht auf fremde sondern auf eigene Art zu
betrachten.
B 27. Nebst der ganzen praktischen Philosophie beschäftigt
<?ich der Orden mit der Natur und Naturkunde; mit Cameral*
und Oekonomie-Wesen; mit den Freyen Künsten, schönen
issenschaflen und Sprachen,
28. Bey seiner Aufnahme erkläret der Candidat, zu welcher
unst oder Wissenschaft er sich bekennen wolle. Die dahin
in^chlagende Bücher muss er sich bekannt machen, gehörige
— 102 —
I
I
Auszüge verfertigen, selbige zum Beweis seines Fleisses seinem
Recipienten vorzeigen, und solche auf Verlangen einsenden,
29. Unter die ersten Beweise seiner Fähigkeit gehöi*et die
Aufgabe, die jeder zu behandeln, aufzulösen, und am Ende
seiner Probzeit zu übergeben hat
30. Bey seiner Aufnahme verändert der Candidat seinen
Namen in einen fremden. Auf diesen Namen muss er alles,
was ihm davon vorkommt, lesen, sammeln, und aufzeichnen,
oder notieren, um eine Geschichte davon einstens verfertigen
zu können.
31. Da sich der Candidat eine besondere Behutsamkeit
und Verschwiegenheit angewöhnen muss, so erfährt er auch
während seiner Probzeit nicht, wer zu dem Orden gehöret, er
lernet kein einziges Mitglied kennen, und diess darum: Erstens:
döss er sich nicht gegen diese verstellen könne, und folglich
immer unter der Beobachtung stehe. Zweytens: dass er es
wagen müsste» wenn er schwätzen wollte, gegen Mitglieder des
Ordens zu schwatzen, und sich einer Uebertretung der Statuten
schuldig zu machen, die er nicht läugnen könnte. _
32> Eben aus dieser Ursache, und weil man nie weiss, ob |
der, mit welchem man redet, nicht einen höheren, mindern
oder gleichen Ordensgrad hat, ist es nicht erlaubt, auch gegen
Ordensbrüder, die man in Versammlungen hat kennen lernen,-
von der Zeit seiner Aufnahme, von Graden, von Dispensationen,
am wenigsten aber gegen vermeinte Mitbrüder, wo man sich
der Gefahr, solche zu verfehlen aussetzet, nur das geringste _
von Ordenssachen zu sprechen. |
33. Abwesende schreiben an ihren Obern alle 14 Tage
postfrey; Anwesende abei' besuchen ihnen wenigstens einmahl
in der Woche, welchen Tag er Bequemlichkeit halber in der
Versammlung bestimmt. Wenn der Obere Zeit hat, so theilt
er die Tage der Woche unter seine Leute aus. Er lieset,
notiret und führet unterrichtende Gespräche mit ihnen.
34, Aus dem, was der Candidat von seinem Obern erhält,
macht er ollemahl die ihm allein verständliche nöthige Auszüge,
und schickt oder gibt allemohl alle die Originolien gleich wieder
zurück. Der Orden will überhaupt, so viel möglich, verboi-gen
bleiben; denn alles Geheime und Verboi^ene hat für uns sonder-
baren Reitz; Bey andern Leuten aber erweckt die Verborgen-
heit Neugierde, und zugleich wird die Anhänglichkeit bey uns
vergrössert. Die Obern haben dabey mehrere Gelegenheit zu
^ 103 —
beobachten, und also unvermerkt die Leute desto sicherer
kennen zu lernen, Der Orden ist dadurch sicher vor dem Ein-
dringen der untauglichen Mächtigen, und vor den Muthmassunge»
der ausspähenden Vorwitzigen. Die gute edle Absichten können
weniger gehindert, und die Ausbrüche der Herrschsüchtigen
und der Parteygänger desto leichter unterdrücket werden.
35. Zur Bestreitung vielfältiger Ausgaben, und zur Unter«
Stützung armer Brüder, fordert der Orden von jedem bey Aus*
Stellung des Reverses einen geringen, seinen Kräften angemes
senen Geldbeytrag; doch ist es nicht aller Orten gebräuchlich»
36. Sonst hat der Candidat während der Probzeit keine
Abgaben zu entrichten, und erhält das wenige Geld wieder
zurück, wenn er, wie er ohngehindert kann, vor der Initiation
noch zurücktreten wollte. Ueberhaupt wird er bald überzeugt
werden, wie wenig es auf leere Absichten oder Geldschneiderey
angesehen ist.
37. Wahrhaft Arme sind nicht nur gänzlich frey, sondern
erhalten noch Hülfe von dem Orden. Bey anderen verschiebt
man die kleinen Abgaben, bis auf bessere Umstände. Ueber-
haupt wird nichts bezahlt, als nur zum Briefwechsel der monat-
liche Bey trag.
38. Da diese Abgaben aber, gegen andere Verbindungen
wo der Eintritt oft mehr als fl. 100 kostet, ungemein gering
sind; so hofft, man, dass, da es doch leicht begreiflich ist, dass
die Unkosten ein so grosses Werk zu unterhalten, wozu Reisen,
Briefwechsel und dergleichen mehr vonnöthen ist, sich sehr
hoch belaufen; die Hauptsummen darzu auch durch die Gross-
muth einiger Obern herbey geführt werden, dass man sich nicht
beklagen wird, eine kleine Abgabe zur Unterstützung des Ge-
bäudes zu entrichten.
Vergleicht man die mitgeteilten, aus verschiedenen Zeit-
perioden stammenden Statuten, so ersieht man unschwer, dass
die zweite Ausarbeitung viel klareres und zielbewussteres Vor-
gehen enthält als die erste; die Einwirkung der freimaurerischen
Verbindung macht sich entschieden bemerkbar.
Diese Verbindung war jedoch in der ersten Zeit eine dem
eigentlichen Freimaurertum keineswegs günstige, denn die da-
maligen Illuminaten beabsichtigten lediglich durch diese ihre
eigenen Reihen zu stärken. Ein solches Vorgehen mag verzeih-
lich erscheinen, wenn man bedenkt, dass in jener Zeit die
— 104 —
Freimaurerei auf bedenkliche Abwege geraten war, sodass eine
Reformatioo derselben dringend nötig wurde. Der durch die
Zeitstimmung begünstigte Hang nach mystischer Schwannerei,«
die Tätigkeit der Goldsuclienden und Geisterbeschwörendeu neuen
RosenkreuÄer, liess es nur zu begreiHich erscheinen, dass ein
Cagliostro mit seiner neugebackenen egjptischen Maurerei, ein
Schrepfer und St. Germain mit ihren Schwindeleien Erfolge:
haben konnten. Die metaphysischen Lehren des in seiner
Person und Charakter zwnr unanfechtbaren Swedenboi'g hattea
viele Gemüter hochgradig erregt und auf das Übersinnliche hin*
geleitet, sodass eine Sehnsucht, die Geheimnisse des Lebens
und des Jenseits zu ei-gründen, viele Männer ergriff, die in den
geheimen Gesellschaften zu befriedigen von Vielen erhofft w^urde.
Jeder einigermassen Gebildete gehörte ii^end einem Bunde an.
Die Freimaurerei als der älteste und bekannteste Geheimbund
empfing infolge dieser Geistesströmung viele fragwürdige Ele-
mente, die den eigentlichen Kern des Bundes nicht erfassten,!
sondern nur vei*wischten. Es kamen schädliche Prinzipien, ein
Hochgradunwesen und selbst Schwindeleien in das Logenw^esen
jener Zeit, wodurch viele abgestossen, enttäuscht und geschädigt
wurden. Diese Tatsachen sich zu Nutze zu machen, verstanden
die damaligen Illuminaten und brachten deswegen bereits im
\^irhereitungskursus dem zukünftigen Ordensmitgliede bei, dass
die Freimaurerei allein kein günstiger Boden für ihn wäre.
Während der Vorbereitung, die lediglich den Zweck hotte, den
Candidaten nach Möglichkeit für den Orden einzunehmen, wurde
er z. B. auf Folgendes hingewiesen,
*) „Wenn sich die besseren Menschen verbinden, der Cor-
ruption zu steuern, und die Hindernisse hinwegzuräumen, welche
der Weisheit und Tugend im Wege stehen, so müssen diese
Menschen nicht nur alle die Hindernisse kennen, sondern auch
die kräftigsten Mittel haben, dieselben zu heben. Das findet
man aber in solchen geheimen Verbindungen, und namentlich
in der heutigen Freymaurerei nicht.
Nicht nur ist beinahe kein festes System in der Maurerei
über die gemeinsten Wahrheiten, sondern von höheren Kennt-
nissen wird gar nichts gelehrt. Wie sollten auch so verschieden
gestimmte und zu den gewöhnlichsten Kenntnissen nicht einmal
•) Vergleiche: Der fichle lüuminat, oder die wahren, un verbesserten
Rituale der niurainaleu* Edessa 1788.
— 105 —
Rngefülirte Leute in dem Besitze übernatürlicher Weisheit sein
können. Ja die Geschichte der Freimaurerei und ihr eigent-
licher Endzweck ist nicht einmal unter ihnen bekannt. Die
heulige Freimaurerei bekümmert sich nicht um die Hinder-
»nisse, weiche der Weisheit und Tugend entgegenstehen, also
%\ird sie nie auf diese Art etwas füi^ die Welt leisten/*
Diese Aussagen werden alsdann verglichen mit dem, w^as
der Illuminalen-Orden leistete, resp, zu leisten versprach; infolge
^dessen ist es klar, dass viele Unzufriedene lebhaft angeregt und
Bgew^onnen werden konnten, in der Hoffnung, endlich das zu
^finden, was sie suchten.
Eine Ordenseinführung entwickelte sich nun folgender-
messen. Im Noviziat, das der \'orbereitüng folgte, erhielt der
Candidat zuerst einen Revers, den derselbe zu unterschreiben
^hatie. Derselbe lautete:
" »Ich Endesunterschriebener verpflichte mich bey meiner
Ehre und gutem Namen, mit Verzicht auf allen geheimen Vor-
behalt, von den mir durch Herrn N. anvertrauten Sachen, meine
^Aufnahme in eine gewisse geheime Gesellscliaft betreltend,
Hgegen Niemand, auch nicht gegen die vertrautesten Freunde
Hbioch Verwandte, auf keine irgend mögliche Art, weder durch
■Worte, Zeichen, Blicke, noch sonst, niemal das geringste zu
Boflenbaren; es mag nun diese meine Aufnahme zu Stande
kommen oder nicht. Dies um so mehr, da man mich vor
meiner Aufnahme versichert hat, dass in dieser Gesellschaft
nichts wider den Staat, die Religion noch die guten Sitten
unternommen werde. Auch verspreche ich, die mir diesfalls
mitzutheilenden Schriften und zu erhaltenden Briefe, nach vor-
■her gemachten, ausser mir niemand verstündlichen nöthigen
Auszügen, sogleich zurückzugeben, und dieses alles, so wahr
ich ein ehrlicher Mann bin und immer seyn will. Gegeben,
im u. s. w*
Hatte der Kandidat nun durch Unterschrift seinen festen
Willen, dem (»rden beizutreten, bekundet, so musste er ein
Diarium halten, in das er alles, was er vom Orden bekam oder
an diesen abgab, genau aufzeichnete. Auf Verlangen wair das
Diarium einzusenden. Sodann liatte er von Zeit zu Zeit genaue
Schilderungen der Fähigkeiten und Charaktere solcher Personen,
weiche er in den Orden aufgenommen oder von ihm aus-
geschlossen sehen möchte, zu liefern. Es wurde ihm hierbei
jingeschärtX, dass die in Vorschlag zu bringenden Leute ein
— 106 ^
^utes Herz, Begierde sich zu bilden und Liebe zur Arbeit
haben müssten. Am Ende jeden Monats hatte er einen Quibus
licet-Zetlel denn Aufnehmer zu übergeben, in dem er angab, wie I
derselbe mit ihm verfährt, ob er Beschwerden gegen den Orden
habe, Falls ei; ein besonderes geheimes Anliegen hotte, dus
der Provinz-Obere allein lesen sollte, so wurde auf besonderem
Zettel dasselbe niedergeschrieben, mit der Bemerkung Soli ver-
sehen dem Quibus licet beigefügt, sollte ein noch höherer Oberer
den Inhalt erhalten, unter Umgehung des Provinz-Oberen, so
lautete die Bezeichnung Primo.
Weilerhin hatte er die Verpflichtung, die vom Ui'den
gegebenen Bücher zu lesen, sich mit den Charakteren, Ha
lungen und Denkungsart gelehrter und angesehener Männer
alter und neuer Zeit vertraut zu machen, Gedanken und Kern-
Sprüche derselben aufzuzeichnen, um dadurch seinen Charakter
zu ver'edeln. Auf Verlangen mussten diese Arbeiten als Beweis
des Fleisses eingesandt werden.
War diese Vorbereitungszeit zur Zufriedenheit des Auf*
nehmers verlaufen, so wurde der Candidat endgültig unter
besonderem Ritual aufgenommen und kam in die Klasse der
Minervale. Bei der Aufnahme erhielt der neue Ordensbruder
ein Abzeichen, ein Medaillon, welches eine Eule darstellte, die
ein Buch in den Klauen hält mit den Buchstaben P. M. C, V,
Getragen wurde dieses Medaillon am grasgrünen Bande, von
den jüngeren Minervalen um den Hals, von den dirigierenden
f[uer über die Brust von der Rechten zur Linken.
Ausser den allgemeinen bekannt gegebenen Statuten^
herrschten in dieser Klasse, auch Minerva Ikirchen genannt, noch
besondere Vorschriften,, die jedoch nichts enthielten, was den all-
gemeinen Statuten entgegen gewesen wäre. Weiterhin fanden Ver*
Sammlungen der Mi nervale unter besonderen Zeremonien statt,
in denen der Zweck der Klasse verfolgt wurde. Dieser ist in
den besonderen Vorschriften mit folgenden Worten festgestellt.
„In dieser Klasse verlangt der Orden nur als eine gelehrte
Gesellschaft betrachtet zu werden, wobey das Beispiel und der
Unterricht das Herz bessern und den Verstand leiten/* —
Alle diese recht weitläuHgen Dinge in dieser Geschichte
des lUuminaten- Ordens ausführlich darzustellen würde zu weit
führen und den Umfang dieses Buches beti'ächtlich erweitern,
ohne besonders zu nützen. Die sämtlichen Rituale sind bekannt,
werden in dem schon erwähnten Buche „Der achte llluminat
die wahren, unverbesserlen Rituale der Uluminaten 1788*'
wörtlich bekannt gegeben, und von Knigge als unverfälscht und
richtig bezeichnet. Wer sich daher für die genaue Kenntnis
dieser Rituale interessiert, die jedoch, wie hier betont sein mag,
in dem neueren bestehenden Orden gor keine Geltung mehr
haben, kann sich aus dem genannten Buche leicht orientieren.
f\ Die nächste Klasse nach dem Minerval war der kleine
luminat (Illuminatus minor). Es ist das die Ordensstufe, die
Zwackh in seiner Geschichte des Illuminaten-Ordens bereits
erwähnt, und die nach seinen Worten 1779 zustande kam. Der
Zweck dieser Klasse war, Leute zu bilden, welche die Miner*
vale zu dem Geiste und den Grundsätzen des Ordens gehörig
leiteten und anführten, Ks mussten diese ( »rdensmilglieder
also imstande sein, andere zu belehren. Zu diesem Zwecke
mussten sie sich in Menschenkenntnis üben; sie hatten den
Charakter ihrer Untergebenen genau zu ergründen und ihre
Beobachtungen in den Versa mm hingen dieser Klasse bekannt
zu geben. Durch diese Einrichtung, die für die Erlangung der
Menschenkenntnis ganz zweckentsprechend genannt werden
muss, ist hauptsächlich dem Orden der Vonvurf der Spionage
entstanden. Es ist nicht zu leugnen, dass übertriebener Eifer
zur Spionage führen konnte, sicher ist aber auch, dass die Ab-
sicht der Stifter nicht auf diese gerichtet war, sondern lediglich
sich darauf beschränkte, ihre Reihen möglichst rein zu halten
durch Erlangung von Menschenkenntnis infolge Menschenbeolv
achtung. In der Instruktion dieses Grades wird gesagt: ,, Menschen
werden durch beständigen, vernünftigen» zu rechter Zeit an-
gebrachten Zuspruch, durch gutes Beispiel und beständige Sorg-
fall gezogen. Das Auge des Hirten macht die Heerde gedeihen,
und die \*orsoiige guter, wachsamer, unermüdeter Menschen
macht wieder gute Menschen/^ — Aus diesen Worten ist deut-
lich zu ersehen, dass unredliche Absichten nicht vorlagen.
Aus derZwackhschen Darstellung ist bereits ersehen worden,
dass die (*rdensobern öfters zusammentraten, um die Oigani-
sation zu verbessern. Mitte 1781, also nach mehr als fünf-
jährigem Bestehen geschah das ebenfalls und wurde nochmals
klipp und klar festgelegt, welche Ziele der Orden zu verfolgen
habe. Unter dem Nachlass Zwackhs (die (Jriginolpapiere sind,
wie schon gesagt, im Besitz des Autors zu Dresden), befindet
sich ein ausführliches Schriftstück, dessen Inhalt unverkürzt
wie folgt lautet.
— 108 —
Gemeinschaftlicher Schiuss des Areopagus
über
den Zweck, die Mittel und Einrichtung
der
Gesellschaft.
Imo*
Die Geschichte aller Jahrhundert bestättiget den Satz, dass
keine Gesellschaft sich erhalten könne, die ihre scheinbare Voi^
theile auf Unkosten der übrigen Menschen zu befördern trachtet.
Es muss also der Hauptzweck unsers Ordens, wie es schon
grössten Theils der Plan des Sparta cus vortrefflich enthaltet,
festgesetzt bleiben, dass wir der Jugend reizbares Ausehen ver-
schaffen, das Interesse zum Lasier vermindern, und jedem
rechtschaffenen ohne Unterschied als unsern Bruder im Unglück
Schutz und Unterstützung gewähren und dass wir uns selbsl
und andere Menschen durch die Ausbreitung nützlicher
Kenntnisse und guter Sitten vollkommener und glüekUcher
machen. Weder einzelne Menschen noch ganze Völker können
an wahrer Aufklärung und Tugend zunehmen, ohne eben soviel
am Genuss ächter Glückseligkeit zu gewinnen. Aufklärung
können wir aber nicht anders befördern, als wenn wir mit
vereinigten Kräften uns bemühen, die Hindernisse aller Art 1
nach und noch zu entfernen, wenn wir die niedere und hohe
Schulen und gelelnle Geselischaften vervielfältigen oder vervoll-
kommnen, wenn wir die schon vorhandenen nützlichen Kennt*
nisse unter solche höhere oder niedere Stände, welche bissherf»
davon ausgeschlossen waren verbreiten, wenn wir diese Summe
von Kenntnissen vergrössern, die bisshero bekannte Anleitung
zu Wissenschaften und Künsten leichter machen, und allent-
halben das nützliche von dem unnützen oder weniger nützlichen
absondern, wenn wir endlich solche Männer, welche die Vor-
sehung zur Bildung oder Regierung der Mensclien l>ei'ufen hat,
gewinnen, leiten und unterstützen.
Müraiität und gute Sitten werden schon durch Befolgung
ober Vorsclu'iften auf die Kräftigste Art befördert werden, am
meisten aber durch das gute Beyspiel, welches wir und durch J
uns alle übrige Ordens Brüder vorzüglich die Obern geben
müssen, hirhero gehören euch Einführungen, Unterstützung
und Verbesserungen der Erziehungs und Polizey Anstalten und
— 109
das Bestreben die Volks Schulen mit tauglicljeo Lehrern zu
t)€setzen.
2do.
Um diesen Zweck zu erreichen müssen wir entweders er-
'ahrene, aufgeklärte und rechtschaffene Männer sammeln, oder
selbst ziehen. Die bisshero entworfene Anleitungen zur Prüfung
und Bildung junger Leute lässt man sich allerdings gelallen
doch sollen diese von Zeit zu Zeit noch verbessert, und geändert
werden können. Die allgemeinen Ordens-Statuten aber bleiben
vor alle Klassen unabänderlich und sollen vorzüglich von den
Areopagiten in den genauesten Vollzug gebracht werden. Der
lann, welcher ein Verschwender oder ein schlechter Haussvater
r ein treuloser Bürger, und ein meineidiger Staats-Bedienter
:st, kann niemalen vor unsere Gesellschaft weder als Oberer
noch als Untergebener langen, wenn er auch sonstige Vortheile
dem Orden gewähren könnte.
3tio.
H Alle diejenigen Mittel, welche zu dem Hauptzweck richtig
I führen, sollen noch Zeit und Umständen entweders Mittel- oder
unmittelbahr von dem Areopagiten angewendet werden und
sich Fveiner dem Vorwurf aussetzen, dass er nicht jede Gelegen-
heit sorgfältigst benutze, nach seinen Kräften an einem Gebäude
zu arbeiten, welches Gott zur Ehr, und dem Nächsten zum
Nutzen aufgeführt werden solle, was nun hierin von jedem
geleistet wird, soll alle Monat den Übrigentheils zur Ermunterung,
theils zur Nachricht mitgetheilt werden.
I
4io.
Man ist mit Spartacus verstanden, dass Menschen Kennt-
uiss eines der besten Mittel seye, um den vorgesetzten Haupt-
zweck zu erreichen, auch dass sich davon die Erhaltung einer
geheimen Gesellschaft am sichersten versprechen lasse, dahero
sollen dazu eigens einige Grade bestimmt bleiben, die jedoch
von den gar zu übertriebenen Vorscliriften zur Beobachtung
gereinigt werden müssen, denn wir wollen die Karoctere
der Mensclien, und nicht die Familien - Gelieimnisse
erfahren, indessen können die vorgeschlagenen neuen Tobeilen
und Anleitungen zu karakteristischen Schilderungen unter den
Mitgliedei-n bekannt gemacht, und auf ihre \'erfassung strenger
lehalten werden.
I
— 110 —
Die Haupteintheilung des Ordens soll in kleine und]
grössere Mysterien geschehen* Zwar sind anerst noch vorl
jede Klasse die Grade zu bestimmen, ober soviel lässl sichl
schon dermalen festsetzen, doss die erstere zur Prüfung und
Bildung brauchbarer Mitglieder, und die andere nur vor geprüfte
pT'eunde zum Unterricht der geheimsten Absichten des ganzen J
Ordens und zur Ausführung derselben dienen sollte. Zu den'
kleineren Mysterien gehört also der bereits entworfene Minei*val-
grad, der kleinere lUuminat, wo die Anleitungen zur Menschen
Kenntniss, Physiognomie und was sonst noch dazu bey traget,
gelehrt werden, wo man sich durch Pensas und andere Auf-
gaben in den wissenschaftlichen Fächern übet, darauf folget
der grössere, dann der dirigirende Illuminat, oder wie er noch
heissen soll, und endlich der scientivische Grad, in welchem vor
jedes wissenschaftliche Facli eine besondere Klasse unter denen
Mitgliedern, die sich dazu bekennen, errichtet wird, welche aus
den besagten Pensis ihren Beobachtungen und Sammlungen
das Beste, neueste und wichtigste hereussziehen und die hierin
von den untergebenen aufgeworfene Zweifel und Fragen beant-
worten. Zu den grösseren Mysterien, deren Abtheilungen eben-
falls noch zu bestimmen sind, werden die Resultate der Seien-
tivischen Klasse, die Berathungen darüber mit auswärtigen
Ordensgelehrten, und die Verwahrung dann Anwendung des
gesammelten %'orbehalten. Die Mitglieder dieser Klasse erhalten
die Einsicht in alle andere geheime Verbindungen, arbeiten an
der Fortsetzung und Verbesserung des Systemes, sind also mit
der innerlichen Einrichtung und den Grund Maximen desselben
bekannt, administriren die Finanzen des O. unterstützen daraus
die bedürftigen Mitglieder, und dirigiren das ganze. Wer in
dem untern Grad stehet, soll niemalen einen höheren, vielweniger
der in den kleineren Mysterien eingeweihet ist, nur dem Namen
nach wissen, dass es eine weitere Klasse giebt.
6to.
Es bleibt einer weiteren Überlegung und allgemeinem
Schluss überlassen, ob in diesen grösseren Mysterien Unterricht
und Bemerkungen von Beligion und Staats -Verfassungen sollen
gegeben werden. Soviel wird aber schon dermalen als ein
immerwährendes Gesatze bestimmt, dass sich dei" Orden weder
mit lleligion, noch Staats-Sachen beschäftigt. Insofern der
111 —
Hauptzweck und die oben angezeigte Mittel von selbst einen
I Einfluss auf Aberglauben, Despotismus und Tyranney haben,
gegen welche unser Jahrhundert bereits Riessen -Schritte ge-
gangen ist, überlasst man dem Genius, und der Bescliäftigung
■ künftiger generationen,
B Die öffentlichen Ausbrüche des Unglaubens sind eine
KWirkung von Sitteo-Verderbniss und eine Ursache derselben,
^wir müssen uns also diesen eben so wie den grausamen
schwärmerischen, die Verfassung der Staaten, die Ruhe der
Buiiger und Fürsten zerstörenden Handlungen widersetzen.
7mo.
^w So wie wir gegen alle ReHgionen uns duldend vertragen,
eben das müssen wir auch gegen die verschiedenen Anhönger
Kvon philosophischen Systemen seyn, es wird also der Antrag
^eine eigene Ordens4^hylosophie zu haben, durchgehends ver-
worfen, wohl aber genehmigt, dass alle in der Scientivischen
■Klasse voi^elegt, untersucht und berichtigt werden.
8do.
Damit doch einmal Grade verfasst werden, die man nicht
immer abändern muss, und sie ihre möglichste Vollkommenheit
erhalten möchten, so soll aus deren verschiedenen Materialien
und nach der im Steo Abschnitt entworfenen Haupt-Eintheilung
Spartacus die auf den Minerval folgenden Illuminaten-Grade
revidieren und den übrigen Areopagiten zur Erinnerung zu*
schicken, und solche nach Wahrheit derselben ins reine bringen.
Vor die weiteren Grade werden alle Beytrage und Vorschläge
gesammelt und längstens in einem Jahre von jedem dasjenige
an Spartacus gesendet werden, was er selbst gelesen, bearbeitet
hat, und von andern fremden Gelehrten oder Mitglieder erhalten
kann. Wo es sodann wieder auf besagte Art zur Vollständig-
keit kommen solle. Nur wünscht man, dass die Beytrage
richtig und wesentlich seyn möchten, und man sich nicht
mehr, wie bisshero mit alchymischen Prozessen, Medizinischen
recepten, negromantischen Anleitungen oder optischen Täu-
schungen, das alles aus Büchern abgeschrieben ist, beschäftigen
möge, wir haben jetzt Gelegenheit genug, durch geschickte Ärzte
und andere gelehrte Männer wahrhafte Kenntnisse von der
e und Phvsik zu erwerben. •
112
9no.
So wenig Beyfall die Einkleidung des Systems in Ceremn^
nien gefunden hat, so muss man doch solche in allen Graden
fortsetzen, theils weil sie schon in den ersten vorhanden sind,
theils weil man ihnen ihren Werth nicht ganz absprechen
kann, doch sollen sie neu und einfach seyn, auch der folgende
Grad jederzeit jene des vorhergehenden erklären. Spartacu^
soll also die Ceremonien vor die höhern Stufen entwerfen,
worüber sich die Areopagiten wie im vorigen § ebenfalls ihre
Erinnerungen vorbehalten.
lOnxo.
Wenn nun aber vor die Veifassung künftiger Grade out'
diese Art hinlänglich gesorget ist, so muss das willkürliche
von verschiedenen Areopagiten bisshero unter den Mitgliedern
ausgetheilte nach und nacli kassiert werden, und damit man
versichert seye, doss an Unterricht und Graden niclits andere??
den Untergebenen zu Händen gestellet werde, als was hier
bedungen und in Zukunft gemeinschaftlich festgesetzt wird, so
muss jedes Mitglied den Auftrag erhalten, in seinem Quibus
licet ausdrücklich dasjenige anzuzeigen, welche Befehle und
Ordens Schriften es das Monat hindurch erhalten habe. Die
Quibus licet erbrechen zwar die Provinzialen, sie müssen aber
solche an Spartacus senden, durch den die übrigen Areopagiten
davon Nachricht bekommen. Auch ist man einverstanden, dass
jedem aus dem Areopagus frey stehe, sich bey den Unter
gebenen eines fremden Districtes in den sogenannten reprochen
Zettel auf den Fall Erkundigungen einzuholen, wenn ihm in
irgend einer Klasse etwas verdachtig seyn solle, das gegen den
gegenwärtigen Vertrag unternommen würde,
llmo.
Dass der llluniinaten Orden sich mit dem Unionisien
Maurer-System vereinige, und in jedem Lande eigene Logen
darnach errichte, wird aus den beygebrachten verschiedenen
Gutachten genehmigt.
In einem zweiten Teil behandelt das Zwackhsche Manu-
skript Fragen und Anordnungen „über die gesetzgebende und
vollziehende Gewalt in dieser Verbindung/' Es findet sich
jedoch nichts Neues und allgemein Interessierendes in diesen
Betrachtungen, die von den 'Areopagiten als bindende Anord-
113 —
►"
^nuogen für die Zukunft angenommen wurden. Unterzeichnet
^st der Vertrag mit folgender Beglaubigung:
Dieser Vertrag, welcher nach den verhandelten Protocollen
getreu aufgesetzt worden, wird nach seiner Fertigung und
IUnterschrift jedem in gleichlautenden Originoüen zugestellt.
Athen, d. 9. Thirmeh 1151.
1, Spartacus. 5. Hannibal. 9. Celsus.
2. Alcibiades, 6. Anian. 10. Marius.
3* Selon. 7, Mahoraed. IL Scipio.
4. Tiberius. 8. Cato.
Um die Unterschriften zu verstehen muss darauf hin-
gewiesen werden, dass nicht nur jeder Ordensangehörige einen
besondern Ordensnamen erliielt, sondern auch die Länder und
Städte. Ebenso besessen die Monate andere Namen, In unserm
Manuskript hat Zwockh im Jahre 1786 die Namen und Titel
der Betreffenden selbst angegeben, es bedeuten daher die
.Unterschriften übersetzt:
München, d. 9, Juli 178L
L Prof. Weishaupt.
2. von Hoheneiger, Fürst], Hofrath zu Freysingen.
8. Priester Michel.
4, von Merz, dermalen Kais. Gesandschafts Secretair zu
Küpenhagen.
5* Freyherr von Bassus.
6. Graf v, Koblenz!, Domprobst zu Eichstatt.
1, Freyherr v. Schreckenstein, Regierungs Rath zu Eich-
staü.
8. Bayrischer Hofrath Zwockh.
9. Professor Bader in München.
10, Canon icus v. Hertel in München.
11. Revisions Rath von Berger in München.
Aus diesem Vertrage geht deutlich hervor, wie mühsöm
Hdie Ordensentwickelung war, dass Weishaupt wohl stets der
Mittelpunkt blieb, sich jedoch den allgemeinen Beschlüssen
unterwerfen musste, er also keinesfalls Alleinherrscher mit
willkürlichem Regimente sein konnte, wie oftmals behauptet
, worden ist.
Wir schliessen nunmehr die erste Ordensperiode ab und
senden uns der zweiten zu.
EoftU Qescblcbt« d«« T1lajiiiiiat«nord«iii. %
— 114 —
Freiherr v. Knigge und sein Einfluss auf die
Ordensentwlekeliing.
Adolf, Freiherr v. Kiiigge, geboren in Bi*edenbeck hei Han-
nover den 16, Oktober 1752, gesloi*beii in Bremen den 6, Mai
1796, war als 28jäliriger junger Mann im Juli 1780 von Constaiizo
geworben und in den Orden eingeführt worden. Kuigge war
seiner Zeit einer der beliebleslen Sclu-illsieller', sein Werk „Über
den Umgang mit Mensc!ien*\ hat noch heule Werl und ist all*
bekannt Er besass ousgebreitele Bekanntschaften unter den
Freimaurern jener Zeit, ver-
fügte über (Jberredyngskunst
und List, konnte mit Leichtig-
keit über alles sprechen, unter-
stützt von einer ausgezeich-
neten Darslelluiigskunst, kurz»
er war in Jeder Beziehung der
geeignete Weltmann, welcher
imstande war, der Ausbreitung
des Ordens wesentlich zu
nützen. Er tot das auch in
der ausgiebigsten Weise,
nachdem er Einsiclit in das
System erhalten und dieses I
zusammen mit Weishaupt
au^^earbeitet tiatte. X'iele -
Freimaurer wurden durch |
ihn angeworben, denn Knigge
reiste von Stadt zu Stadt,
von Loge zu Loge, von einem
Freimaurer zum andern, über- ■
all das von ihm entdeckte neue System mit der ilim eigenen
Gewandtheit empfeldend. — Be%^or wir jedocli diese Tätigkeit
seinerseits etwas beleuchten, ist e^ nötig, in der Zwackhschen
Ordensgescbichte fortzufahren, um einen festen Untergrund für
die sich allmählich jetzt zuspitzenden Ereignisse zu scliatlen
Zwackh sagt in seinem Manuskript über Knigge, ,
§10.
Kaum hatte dieser neue Mitstifter den Plan, die vorhan-
denen Minen al und kleinen Illuminaten Grade, die Materialien
4
Adolf, Freiherr v. Knigge-
— 115 —
KU den künftigen und die unler den oreopagiten geführten
Correspondenzen eingesehen, als er darüber seine Bemerkungen
und neue Vorschlage das ganze zu ordnen seinen übrigen
Kollegen zusandte, welche damit so zufrieden gewesen, dass
sie ilim und W. ganz allein die Verfassung der weiteren Grade
überliessen. und sich nur ihre Eiinnerungen vorbehielten» wenn
■Wer Ver hoffen darin etwas gegen den allgemeinen Zweck vor-
KOiTimen sollte. Knigge, wie sclion erinnert worden, war ganz
in allen Fächern der Massonerie bewandert, der Wilhelmsbader
Kougress war eben ausgeschrieben, wo er zu ersclieinen und
eine der ersten Rollen zu bestellen hatte; er wusste, dass sich
Tempelritter und Klerici mit ihren Ordensbeforderungen und
Geheimnissen niclit mehr begnügten, dass die reforme einen
andern Zweck und Gestalt erhalten sollte, dass viele Maurer
mit andern unbekannten \'erbrüderungen, die Neugierde er-
wecken und Anhänger finden würden, und dass diese Gelegen-
Blit wohl am besten zu benutzen wäre, wenn er aus dem biss-
hero unbedeutenden MinenTil Orden ein neues Maurerisches
System herzustellen trachten A\'ürde. Er brachte also diese Um-
schalTung des Ordens in \'orschl6g und da die andern oreopa-
giten sich wegen der daraus ersclieinenden Vortheile leicht zu
diesem Entschluss bereden liessen, so entwarf er mit W. den
grösseren und den dirigirenden llluminaten oder schottischen
Rittei^ad. Diesem letzteren gaben sie deswegen nun maure-
rische Zeremonien, um desto leichter damit Eingang zu finden.
§11.
IWas für ein ganz andere Gestalt nunmehr der Illum.
en erhalten hat, geben zwar die Bev logen C. u. C*) das um-
ständliche und verlässigen an Händen, allein um den Faden
^■r Geschichte nicht abzubrechen, liefere ich hier einen Auszug
cmvon. Der tJrdenszweck blieb auch hier noch der nehmüehe,
welcher in dem Vertrag festgesetzt worden, al>er die Grade, die
Eintheilung derselben vorzuglich das Directionssystem wurde
geändert, denn man nahm den Minenalgrad als eine Vor-
bereitungsklasse zu dem neuen Maurer System an, die zweyte
Klasse sollen die allgemein ersten drey maurer Grade enthalten.
Die dritte als das geheime Kapitel der Loge besteht ajis grösseren,
^B *) Beide sind im Original im Besitze des Aulors vorhanden.
VergK Aus den Papieren eines niumLnalen. Seite 191. und 234 die
^ellerinach weise*
8«
— 116 —
und dirigirenden Illuminaten, die sich auf das Studium der
Meoseheokenntniss verlegen und alle Geschäfte der Minervöleri
und der Loge besorgten, doch aber ober sich noch Vorigesetzte an-
nahmen, welchen alle Verfügungen monatlich einberichtet werden
mussten, und deren Verordnungen an das geheime Kapitel und
von diesen an die übrigen Mitglieder erlassen wurden. Diese
Vorgesetzte sollten aber indessen die Provinzialen und der
Nazional seyn, biss die weiteren Grade zu den Mysterien be-
arbeitet waren, welche einen vollständigen Unterricht in jeder
Wissenschaft und Kunst, in den verschiedenen Systemen der
Philosophie, in der Einsicht alier geheimen Verbindungen, und
was man noch wichtiges mit der Zeit in dem Revier entdecken
würde, geben sollten.
Der Nähme dieses besonderen Zweigs der Massonerie war
Illuminaten Freymaurer. — -
Die von Zwackh erwähnten zwei Beilagen gänzlich hier
abzudrucken, würde nur ermüden, sie bestehen aus einem
Biief des Zwackh im Auftrage aller Münchener Areopagiten^
unterzeichnet mit Cato, datiert München vom 12. December 1782»
adressiert an den Areopag, in dem er über den Inhalt des
Neuen Ordensplanes, verfasst Ingolstadt, den 10. December 1782,
sich auslässt und den umfänglichen Neuen Ordensplan, wie
er von Knigge und Weishaupt ausgearbeitet wurde.
Der Brief beginnt mit den Worten;
Hier folgt der vom Areopagus uns mitgeteilte neuere
Ordensplan wiederum zurück. Wir haben uns davon eine Ab-
schrift genommen, und werden nichts ermangeln lassen, um
ihn sobald als es möglieh ist, ganz einzuführen, etc. — Das
zweite Schriftstück ist deutlich mit „Neuer ©Plan** bezeichnet,
trotzalledem erzählt Du Moulin Eckart, der in den Forschungen
zur Kultur- und Litteraturgescliichte Bayerns unter Zugrunde-
legung eben dieser Papiere, die jetzt in meinem Besitze sind,
über Zwackh im 3. Buche genannten Werkes sctireibt» dass
letzterer an dem Ausbau des Bundes hervorragend beteiligt
gewesen und dass als Beweis die eigene Niederschrift Zwackhs»
die er selbst unter dem Titel ,,Mein(!) ©Plan*' angibt, gelten
müsse. Es ist unverständlich, wie solcher Irrtum bei nur
einigermassen genauem Durchlesen der Papiere unterlaufen
kann, Wir sind jedoch genötigt, denselben festzunageln, damit
nicivt, wie leider schon früher von anderen geschehen, solche
Fehler weilergeschleppt und als historisch nachgesprochen werden.
I
^
— 117 —
Zwackh hat an der Ausarbeitung des Ordenssystems gar keinen
bedeutenden Anteil gehabt, wie die bisher bekannt gegebenen
Schriften genügend beweisen, aber ein aufrichtiger Freund
Weishaupls, der dessen Absichten getreuhch unterstützte, war
|€r jederzeit.
[ Der Orden bestand nun nach dem Neuen Ordensplan vom
10. December 178^ aus folgenden Klassen:
Erste Klasse.
Erster Grad. Minervalgrad oder Vorbereitungs Pflanz Schule.
Zweiter Grad- Der Kleinere lUuminaL
Zweite Klasse.
Dritter Grad* Die drei gewöhnlichen ersten Stufen der
Mauerei, Lehrling; Gesell, Meister*
»Vierter Grad. Der grössere Illuminat.
Fünfter Grad. Der dirigirende llluminat, oder der Schot-
tische Ritter.
t Dritte Klasse.
In diese sollten die höheren Ordens-Geheimnisse kommen,
ie war jedoch noch nicht bis zum 12. Dec. 1782 ausgearbeitet.
Erst später kamen der Priester- und Regentengrad hinzu; wir
werden auf beide noch zurückkommen.
M Der besagte Brief Zwackhs an den Areopag enthält zum
HSchluss eine besondere Stelle, die uns interessiert. Diese lautet:
mZu den Decorationen einer | |(LoRe), welche in Eleusis
(Ingolstadt) sollte errichtet w^erden^ können wir aus eigener
provinziol Kasse dermalen nichts beytragen. Die Rechnungen
der Quaestoren und des Schatzmeisters zeigen, dass wir mit
der grössten Mühe die hiesigen | | Verzierungfen, die Corre-
spondenz Auslagen, die Almosen vor reisende Maurer, und die
monatlichen Beitrage vor unsere arme, studierende Jugend
^ri>estreiten können, Marius muss öfters von seinem eigenen
Wl^orschuss machen. Mehr als die Hälfte unserer Mitglieder
zahlt gar nichts, und die andern so saumselig, dass man am
Ende Nachlässe bewilligen muss,** — —
Es geht aus diesen Worten hervor, dass Ende Dezember
1782 in Eleusis, d. i. Ingolstadt eine Loge eingerichtet wurde,
die zu ihrer Dekoration besonderer Mittel bedart Damit ist
festgelegt, zu welcher Zeit der noch in Ingolstadt befindliche
— Uö
Illumiiialensaal entstand, der in den Jahren 1903 und 1904 voo
dem heutigen Orden wiedei'hergesteüt wurde. Der Saal ist
wegen seiner künsllerischeii Borockdecke von kunsthistorischer
Bedeutung, ganz abgesehen von den historischen Szenen, die
sich in seinem Raunne abgespielt haben.
In der Altbayrischen Monatsschnft, herausgegeben vom
historischen Verein von Ober'bayei^n, gibt im 2. und 3, HefL
Jahrgang 1900, Professor Joseph Hartmann folgende Beschrei-
bung von der Örtlicbkeit*) des Illuminatensaales.
Der häusliche Raum, in welchem die Illuminaten zu Ingol-
stadt ihre Zusammenkünlle nbzuhalten pflegten, existiert noch
heute und heisst gemeinhin der llIuminalensaaL Er tindet sicti
in einem kleinen Rückgebäude des Hauses No, 23 in der
Theresienstrasse, welclies früher als Nummer 298 am Weinmarkl
im Besitze von Universitatsprofessoren war. So besass es um
1719 Professor Dn Job. Adam Morasch, um 1762 Professor
Georg Christoph Emanuel HärteL Um 1777, also zur Zeit
Weishaupts, war es bereits Eigentum eines Bürgers Franz
Riedmaier, des sog. Augsburger Boten.
Zu diesem Illuminatensaa! konnte man von zwei Seiten;
sowohl vom Weinmarkt, als auch von der Schulgasse aus
langen, so dass man nicht gerade da, wo man hineingekommen
war, wieder hinauszugehen brauchte. Ohne Zweifel bat mon
es hier mit einem ehemaligen Privothörsaale zu tun, zu welchem
Auskunftsmittel sich irgend ein Universitätsprofessor gleich
manchem Kollegen gezwungen sah, weil in dem eigentlichen
Universitatsgebaude nicht genügend Raum vorlianden war.*' —
Dieser Saal eignete sich zur Abhaltung von Logenversaram*
lungen und zu Aufnahmen ganz vortrefflich, denn er liegt ab-
seits der Strasse, die Fenster nach dem Hofe gerichtet, mau
konnte von zwei Strassen aus denselben erreichen, kurz diaj
Versammlungen konnten möglichst unbeobachtet abgehalten
werden.
Zur Dekoration wurde hauptsächlich die in Stuck reich
ausgestattete Decke ausgeführt, die vier grössere und vier kleinere
Medaillons in Stuck und ein 3 Meter langes, nahezu 2 MeterJ
breites Mittelgemälde aufweist (s. S. 120/21), In derber Manier"
jenes Zeitaltei*s zeigt ein Medaillon die Bestrafung der Neugiei-de,
•) Im ArUkelj Professor Adam Weishaupt zu Ingolstadt und sein IllumH
natisnius.
— 119 —
darüber die Gans, nls Symbol der Dummheit. Diesem gegenüixü'
stelltder Priester im Medaillon einen holieren Illuminoten vor, die
drei Hunde bedeuten Treue, Gehorsam, Wachsamkeit. Über
ihm schwebt ein Adler, die göttliche Begeisterung darstellend*
Die beiden grosseren seitlichen Medoillons bezeichnen den
Frühling, als Zeit der Aussnot und den Herbst als solche
der Ernte. Die kleineren Medaillons bezeichnen Symbole der-
Sicherheit, Gerechtigkeit, Liebe und Fiüeden.
Ausserdem enthält die Decke noch eine ganze Anzahl
kleinere Figuren, die alle eine besondere Bedeutung besitzen.
Bemerkensweii ist das künstlerische Ai'rangemenl der Ver-
zierungen, Jeder einzelne Teil ist anders und dennoch wirkt
das Ganze ausserordentlich harmonisch. Man vergleiche die
Abbildung.
IDer Saal war jedenfalls noch mit einem grösseren Wand-
gemälde geschmückt, darauf lasst eine Fuge an einer Mouei--
iBeile schliessen, die w^ahrscheinhch zur Stütze des Rahmens
idiente. Wer dieses Kunstwerk, das in der Stukkatur noch un-
verändert vorhanden ist, einstens herstellte, ist unbekannt, jeden-
falls kann es kein Laie gewesen sein. Das Mittelgemälde,
umgeben von den Stuckverzierungen, war vor der Restauration
nur noch in scliwachen, doch genügenden Tönen erkennbar,
um es dem Kunstmaler Oskar Rotlie in Dresden zu ermöglichen,
■dasselbe wieder gänzlich herzustellen. Genanntem Künstler
hat der < Ji"den auch die vorzüglich gelungene, gänzliche Her-
stellung der Decke zu verdanken, sowie des ganzen Raumes.
Es sei ihm daher an dieser Stelle der besondere Dank dafür
ausgesprochen.
_ Als der Orden 1785 aufgehoben und die Logen geschlossen
■werden mussten, kam dieser I-launi liald in Vei'gessenheit, Er
verfiel, und diente den profansten Zwecken: als Speiclier, Druckerei
und schliesslich als Schusterwerkstätte. Die Tünche und der
Schmutz von 118 Jahren mussten erst entfernt werden, damit
■die klaren Linien der Stuckarbeit wieder zum Vorschein kommen
konnten, die jetzt das Auge erfreuen. Der Saal wird fremden
Besuchern von Ingolstadt gezeigt, eine Tafel zeigt an, wohin
man sich zu wenden hat.
H Nach dieser Abschw^eifung kommen w^ir nunmehr auf die
^T'fitigkeit Knigges zurück. Dieselbe wird am klarsten, w^enn in
chronologischer Reihenfolge Auszüge aus Briefen Weisliaupts
und Knigges gegeben werden. Es wird sodann auch ersichtlich.
— 120 —
dass es wegen der Verschiedenheit der Charaktere beider un-
bedingt zum Bruche zwischen ihnen kommen musste, umso-
mehr da Weishaupt, wie wdr gesehen haben, zäh und konse-
quent an dem ursprünglichen Ürdensplon bisher festhielt und
nur bezüglich der äusseren Form des Ordens sich nachgiebig
zeigte*
Die hier zu sichtende Korrespondenz beginnt bereits 1780
als Knigge dem (»rden nähertrat, und befindet sich meistens in
den s. Zt. auf kurfürstlichen Befehl gedruckten Originalschriften,
sowie im Nachtrag zu den Originalschriften* Diese s. Zt. als Be-
weis für die Verwerflichkeit des Ordens veröffentlichten Schriften
sind heute eine unumstössliche Fundgrube für die historischen
Vorgänge und — der im Grunde eigentlich recht harmlosen
Tatsachen.
Weisheupt schreibt am 11. November 1780.*)
Philo hat an mich geschrieben, sehr obligeant, er ver-
spricht alles zu thun. Hat nebst dem von ihm in seinem
Frimo überreichten Billet 5 neue Candidaten vorgeschlagen,
w^orunter der M(eister) v. St. (vom Stuhl) der stricten Observanz
in Edessa ist. Dieses Primo muss in Athen sein. Ich habe
es aber noch nicht erhalten, eben so wenig, als ich noch Nach*
rieht habe, ob der lUuminalen-Grad, den ich an Marius gesandt,
eingetroffen sey. — — — Und wiegen den Primo des Philo
bitte ich zu bedenken, dass, wenn ich mit Pliilo correspondieren
soll, und sie nicht fleissig mit mir conferieren, es leicht ge-
schehen könne, dass der eine schwarz und der andere weiss
schreibt. —
Philo an Gate (Knigge an Zwackh) ohne Datum,*)
Ich schätze mich gewiss sehr glücklich, mit so würdigen
und einsichtsvollen Männern in engere Verbindung gekommen
zu seyn, und werde es mir, von nun an, das süsseste Geschäft
seyn lassen, mich dieser Ehre werther zu machen. Wenigstens
sollen sie tinden, dass es mir nicht an gutem Willen, Eifer und
Thätigkeit fehlt, und dass, um für die gute Sache alles zu
wagen, ich weder Gefahr noch Schwierigkeit scheue.
Nun zu Beantwortung ihres Auftragesl Ich muss bekennen,
dass, wenn ich in ihrer Stelle wäre, ich mich um keine | iCLoge)
•) S. 355/66 Origitialschrifteii.
•y S. 367 Originalschriflen,
i
— 121 —
in der Welt bekümmern, niemand nichts bezahlen, niemand
fragen, von niemand abhängig werden, sondern die jetzige crisis
nützen würde» um ganzlich frey zu arbeiten und andere Logen
zu constituiren. Wer würde es ihnen veibietben können, da
jetzt ohnehin niemand w^eiss, wer recht hat? Die grosse, eng-
lische Nationalloge erkennt nicht einmal die Gerechtsame von
lioyol*York, aber wer will sie absetzen? — Doch das geht micli
f'chls an* Also zur Sache!
Wenn sie von London aus eine Provincial-Constitution
heben wollen, so wird das weder schwer halten, noch viel
kosten. Etwas miiss für das Diplom bezahlt, und ein Mann
vorgeschlagen werden, auf dessen Namen es gestellt w^ird (doch
ist auch letzteres kaum nöthig). An jährlichen Abgaben wird
von keiner von England aus constituirten Loge dos geringste
bezahlt, ausser etwa alle 3 — 4 Jahre ein freywilliges kleines
Geschenk von etwa 3 Carolinen zu der Chaiitö, (doch ist auch
tss willkürlich und geschieht nichl immer.)
Wollen Sie nun einen Aufsatz an die grosse Nationalloge
französischer oder besser in englischer Sprache machen, sich
darinn hauptsachlich über das Constilulions widrige Geld-
erpressen der Koyal-York beschw^eren, und um ein Provincial-
Diplom für einen gewissen Niemand eingeräumten District
bitten, diesen Aufsatz auch allenfalls nur als einen Brief an
B|n Gross* Secretaire abfassen, und mir sodann einschicken;
so will ich sorgen und dafür einstehen, dass Gogel und Aristip*
j^s ihn kräftig unterstützen sollen, —
H Diese Anregungen Knigges fielen bei Weishaupt auf frucht-
Daren Boden und der Gedanke, seinen Orden von der Frei-
maurerei unabhängig und diese möglichst dem (»rden dienstbar
zu machen, spricht sich in folgendem Briefe an die Münchner
^veopagiten aus. Sp. A. A. S. d.*)
Hier folgt Philos Antwort auf die Anfrage wegen der
Maurerey nebst dem, was er in dieser Sache an mich ge-
schrieben, welches ich mir zurückerbitte. Ich bin mit ihm
ganz verstanden und nun erwarte ich von Celsus (Dr. Baader),
Ceto (Zwackh), Scipio (v. Berger) und Marias (Heilel), von jedem
ein besonderes Gutachten über folgende Fragen:
•) S. 359/60 Originalschriften
122
Wie ist diese Losreissung im geheimen Kajjilel zu Athen
durchzusetzen, so und dergestalt, doss sieh das ganze geheime
Kopitei unserm Orden unterwirft, solchem ailes überlasse, und
nur von diesem allein die weitern Grade erwarte?
Wie wäre es, wenn in dem geheimen Kapitel ein derley
Ordensbeleh! verlesen würde? Von welchem Innhalte müsste
er seyn? welche anlockende Beweggründe müssten darinn ent-
halten seyn?
Was wäre zu Ihun, w^enn sich die Capitularen zu dieser
Trennung und Unterwerfung nielit verstehen wollten? In Summa,
wie ist diese Losmachung von Berlin zu benutzen, dass niolil
nur allein die Loge St. Theodor, sondern auch das geheime
Kapitel selbst sich dem Orden unterwerfe? i
Ich erwarte darüber, sobald möglich, ihre Meynungen und
Entwürfe; und mir wäre es sehr lieb, wenn sie Ceisus zum
Director unsers ganzen Maurer -Systems ernennen wollten»
Anbey aber, so wie es in den andern Provinzen geschieht, die^
Venvaltung der Provinz in Ordens-Sachen zur Erhaltung der'
Einheit und Ordnung an Cato übei*liessen. Marius und Scifiici
werde ich ein eigenes Departement anw^eisen, das sie ebenfalls
unabhängig von den übrigen vei*walten.
Philo schreibt mir auch unter andern:
Nun habe ich in Cassel den besten Mann gefunden, zu
dem ich uns nicht genug Glück wünschen kann: es ist Mau-
villon, Meister vom Stuhl einer von Royal York aus constiluirteftl
Loge. Also haben w^ir mit ihm auch gewiss die ganze Loge in
unsern Händen. Ev hat auch von dort aus alle ihre elenden
Grade. Spartacus.
Nachdem nun Anfang 1781 Weishaupt eingeselien halle
dass die bisherigen Münchner Areopagilen seinen Zw^ecken
wenig taugten, war er entschlossen (s. S. 367/70 d. Originalscbriften
einen Weg einzuschlagen, der die ihm unbrauchbar scheinenden
Milgiieder entfernen solle; in dem Brief an Zwackh rät er des-
wegen, diese machen zu lassen was sie wollen. In diesem
Zustande des Ordens lag dei* Grund Knigge als Retter anzusehen
und ihm später die Ordnung desselben anzuvertrauen, sow
die Ausarbeitung und Einführung der Grade ihm neben Wei
haupt zu üheitragen, wie Zwackh in seiner Geschichte berichteU
Bis es jedoch dazu kam, waren bereits Meinungsverschieden*'
i
— 12:3 —
leiten aufgetaucht und kommt iiilblgedessen bereits sehr trüh
die UnzutViedenheit Weishaupts zum Vorschein, Er schreibt
daher an Zvvackh mich vorhergegangenen Klagen über die
tkreopagiten am 26. Mai 1781:
„Den Grad, den Philo zur Probe entworfen, und auf die
aurerey appliciert, hat auch Mahomei entworfen. Aber die
iVahrheit zu gestehen, keiner davon gefällt mir: es ist alles so
ocken, so moger, hat so wenig Kinfluss auf Herz und Leiden-
schaften, auf Änderung der Gemülher, dass man es aus allen
Ideen sieht, dass es denen selbst nicht Ernst war, die solchen
entworfen. 0! das ist ganz was anders, aus dem Kopf und
aus de^n Herzen zu schreiben. Keine Ermunterung, keine Auf-
forderung des Muthsl alles trocken oder wassericht ohne Feuer.
Pliilos Briefe sind noch am meisten von empfundenen Innhall;
aber sein Grad ist es nicht, wenigstens erreicht er mein Ideal
icht. Das hat mich genöthigt, mich selbst über die Arbeit zu
machen. Ich denke, wenn sie es lesen, sie sollen den Unter-
schied merken, wem dabey am meisten Ernst war, und wie
HBehr man unrecht hat, wenn man mich in meinem System irre
^Rnaeht. Ich halte diesen Grad für ein gutes Stück Arbeit,
^kur einen Fundamental-Grad, und doch war er nicht in unserm
^Plan. Alles Planmachen ist dermalen umsonst, alle Entwürfe
vom OrdenS'System sind vergebene Arbeit, sie werden es noch
selbst finden. Man sollte die Grade nach dem einrichten, was
die Umstände erfordern. Die Zeit und der Erfolg sollte zeigen,
was man zu ändern hat. Ich selbst lerne täglich, und sehe ein,
döss ich das, was ich vor einem Jahr gemacht, dieses Jahr un-
gleich besser machen würde. Warum wollen wir eilen, Grad
über Grad entwerfen, die vielleicht alle unnütz sind, wenn die
Zeit kömmt, wo sie sollen eingeführt werden. Ich will mein
System auf die Natur der Menschen bauen. Lassen Sie
mich also erst beobachten, was gut thut, was nicht, wo man
zur helfen braucht, und wo sie von selbst thuen, was
man liaben will/' —
Weishaupt war tatsächlich der einzige im Orden, der streng
darauf achtete, sein System der Notwendigkeit unterzuordnen,
wohl wissend, dass dadurch allein der Bestand des Ordens ge-
sichert würde. Phantastische Grade entwerfen, ohne eine Spur
der Notwendigkeit, dass durch diese der Zweck der Vereinigung
Weishau pU Handschrifl.
Origifwl QHTcr S^w«ckh» NkHIjiu im B«»iu dei Aüton,
fach noch jetzt ongewandles, unbrauchbares Rezept, dem auch
Knigge huldigte. Letzterem war es ebenso wie vielen Areopa* I
^iten nur darum zu tun, viele Mitglieder zu haben, um dadurch
— 125 —
Eindruck zu erzielen, die geistige Qualität stand in zweiter Linie,
Weishaupt hatte allerdings auch manche Missgriffe in der Wahl
der Ordensangehörigen getan, war jedoch gewitzigt und vorsich-
tiger geworden, wollte daher frühere Fehler nicht wiederholen
und predigte stets, diese zu vermeiden. Zum Beweise nach-
folgende Stellen aus seinem Briefwechsel an Zwackh:
Auch*) müssen diese Grade nicht mit blossen Zahlen und
Lückenfüllern angefüllt seyn, es sollten lauter zweckmässige
Leute sein, die auch zweckmässig arbeiten. Es soll eine
Mauerey seyn, die sich durch die Reinheit und Ehrwürdigkeit
der Mitglieder, durch ihre Subordination, Bildung von allen bis-
herigen unterscheidet. Ich wollte also nicht rathen jeden Schüler,
wenn er auch übrigens nicht taugt, aufzunehmen. Sie sollten
auch hier nach und nach in der Auswahl und Bildung der Mit-
glieder so streng als bey den übrigen seyn; denn die Maurerey
ist nunmehr mit dem Orden ein und derselbe Körper.
Ich**) gestehe es gern ein, dass im Orden ungleich bessere
und grössere Gelehrte sind, als ich: aber das getraue ich mir
zu behaupten, dass Keiner von allen, auch nicht einmal Philo,
so sehr die Kunst verstehe, die kleinsten Umstände zu nützen,
und die Mängel und Gebrechen einer derley künstlichen Maschine
zu übersehen.
Philo***) sagt freylich, dass er mir 500 Menschen geliefert:
aber 1.) sind es nicht so viele, 2.) sind seine Provinzen in einer
Verwirrung, dass ich mir nicht zu helfen weiss. Nachdem er
sich mit allen Leuten abgeworfen, sein Credit und Vertrauen
verlohren, so soll ich nun wieder so die Sache in Gang bringen.
Philo ist gut zum Anwerben, aber er hat die Geduld nicht, um
Leute zu erhalten, prüft sie nicht genau: daher muss ich
von all den Leuten wohl die Hälfte laufen lassen, und zum
grössten Unglücke sind die Obern sehr partheisch, ohne alle
Menschenkenntniss gewählt: das allein macht mir Mühe und
Denken.
Mitf) nächstem Bothen erhalten sie eine etlich und 20 Bogen
lange deduction des Minos, welche sie bei ihrem Ordens-Archiv
♦) Nachtrag v. weit. Originalschriften, S. 29, 30.
♦^ Nachtrag S. 33/34.
♦*►) Ebenda S. 69.
t) Ebenda S. 88 u. 90/91.
— 126 —
Ijehollen können. Lesen sie solche aufmei*ksom, und urtheilen
sie ols Jurist: sie werden finden, dass mir Philo zum Inspectorn
von Niedersnchsen, einen Erzrosenkreutzer, einen mystischen
Narrn gestellt, der noch dozu mit W . . . (Wollner) in corre-
spondenz steht: der gar keine Anhiingliclikeit hat: der Bericlit
suf 6 Zeilen erstattet. Es ist wahr, ich kann keinen
Fehler ausstehen, und muss ihn sogleich bereden: nber fordert
das nicht das Wohl der Sache? Ware meine Naclisicht nicht
offenbarer Schaden? — — Dermalen steht noch alles auf
Schrauben; lassen sie 5 oder 6 active Männer weichen, oder
degoutirt werden, so ist alles verlohren* Und wie leicht werden
diese Leute durch unkluge Streiche des Philo, den sie ols einen
(»hern kennen, abgesehreckt. An Oberen sind die kleinsten
Mängel entsetzliclie Fehler, weil die Leute von Obern eines
solchen Instituts auch hohen Begi*iff haben. Dieses ist
wai'um ich lärme, weil ich die Folgen vorhersehe, die ihr, meine
Herren, erst ei-warten wollt. Ich sehe, dass beynahe noch kein
einziger Areopagit meinen Plan ganz versteht: sie hangen noch
allzusehr an der äussern Form, in das Innere, und Feinste
dringt beynahe gar keiner ein. Doch lioffe ich, soll auch das
noch gehen, wenn die Sache nicht zu frühe gänzlich ver-
dorben wird.
Hier folgt ein insolenter Brief von Philo; lesen sie wie er
gross sprichL und alle Welt trotzen kann. Das konnte doch
Cäsar und Alexander nicht.
Die letzten Ordensgrade iiiicl Pliilos Austritt.
Aus den letzten Briefzit-aten Weishaupls ist deutlich zu
ersehen, dass langsam aber siclier eine Entzweiung zwischen
Weishaupt und Knigge stattfand, die den äusseren Anlass durch
die Ausarbeitung der weiteren Oidensgrade erhielt. Wir wissen»
<Jass nach dem neuen Ordensplan der vierte Grad ,.der grössere
llluminat'* hiess, dieser stammte von Weishaupt, Nach diesem
beginnt die Arbeit Knigges mit dem Schottischen Ritler, dem
der Priestergrad nunmehr folgte, fast gänzlich von Weishaupl
entwoHen, und dann der Regentengrad. Weitere Grade wurden
w^ohl von Weishaupt ausgearbeitet, sind aber niemals bekannt
geworden und haben auch niemals im Orden Geltung be-
— 127 —
rmen. Weishoupl lint die betreftenden Schnflen hierüber
sorgtallig bewahrt, gibt ober in seinen Briefen über den Inhalt
gar keine Andeutungen und hat in späteren Jahren selbst alle
Papiere, die heute noch Autschluss geben könnten, vernichtet. —
Wie er persönlich nun über die Arbeiten Knigges dachte, geht
am klarsten aus einem Briefe an seinen Intimus Zwackh vom
7. Februar 1783*) hervor. Daselbst heisst es:
^ Die Abteilung in A., B, und C. ist von Mahomet, und ist
nun von dem Grad nichts weiter übrig, als die Einweihung
eines Decanus,**) die euch noch nebst Philos Original-Cahier
folgen wird. Ich wünsche, dass alle Ceremonien, die wirklich
einfältig und unbedeutend sind, liinwegbleiben, und dieser Grad
ausser den vorher aufzulösenden Fragen, der Anrede und dem
UnteiTicht im scientivisclien nichts weiter enttialte, auch die
Kleidung ist einfältig: wieviel Geld geht dabey verlohren. Ich
bin der Meynung; dass die Priester ausser einem kleinen rothen
Kreuz auf der linken Seite des Rocks nichts tragen sollen; oder
höchstens ein kurzes bis an die Hift reichendes weisses scapulier
oder Brust fleck unter dem Rock, auf welchem das rothe Kreuz
angebracht ist. DerDecanusuntei^cheidet sich durch ein grössers
Kreuz, oder trägt solches ganz allein. Philo steckt voll solcher
Jiarrheiten, welche seinen kleinen Geist verralhen,
B Den Regentengrad liabe ich nicht gemacht, obwohl beynahe
alles von mir ist. Er ist ungleich unw^ichtiger, als der Priester-
grad; und hier sieht man, wie wenig Philo im System arbeitet
Anstatt» dass die Grade, je höher sie sind, desto wichtiger
werden sollen, um so schlecliter w^erden sie bey ihm. Auf den
Illum. maj. folgt der elende Schottische Rittergrad ganz von
seiner com|>osition, und auf den Priestergrad ein eben so elender
Regentengrod; doch w^eil es ein dirigirender Grad ist, der die
ganze Provineial-Instruction entfaltet, so ändere ich darum nichts,
etwelche einfältige» niederträchtige Maximen ausgenommen: aber
über diesen hinaus habe ich noch 4 Grade schon componirt,
wo gegen den schlechtesten der Priesteig:rad Kinderspiel seyn
soll; doch theile ich sie Niemand mit, bis ich sehe, wie die
Sache geht, und wer es *v*erdienl: lasse mir auch nichts darinn
corrigieren.
♦) NachtrapT von weiteren Onitrinalschnften, S. 94/95.
) Vorsteher im Prieslei-grad.
— 128 —
Den Regentengrad schicke ich zum Abschi^eiben, sobald sie
mit dem Priestergrad fertig sind.
Wenn Philo sich selbst wieder, wie vor dem» an mich
wendet, und sein Unrecht erkennt, so werde ich mit. ihnen
wieder der alte seyn, aber suchen werde ich ilin auf keine Art;
ich muss ihm beweisen, dass er mir nicht wesenthch ist; dass
er dadurch, dass er beym Orden ist, nicht mir, sondern der
Menschheit dient: dass ich nichts von ihm habe, ich auch durch
ihn um nichts klüger geworden bin: und dass er durch seinen
Umgang und correspondenz mit mir keinen Schaden gehabt
Man muss seine ihm und uns so schädliche Eitelkeit nicht er-
nähren: eben weil er gebethen sein will, muss man ihn nicht
bitten; ich am allerwenigsten, denn mich hat er schlecht be-
handelt, doch nicht so schlecht, als A . . und Mahomet. Wenn
ihm die gute Sfeiche lieb ist, so wird er selbst kommen, und ich
werde ihn mit offenen Armen empfangen: ist ihm aber sein
Eigensinn und Eitelkeit lieber, so verdient er nicht, dass wir
uns weiter um ihn sorgen, weil er ärger als zuvor seyn würde,
indem man ihn gesucht, gebethen hat. Mit dem allem werde
ich ihm das Zeugniss allzeit geben, dass er durch Anw^erbung
wichtiger Leute um den Orden grosse Verdienste hat: aber
ausser dem hat er mir w^enig genützt: hat mir oft manches
verdorben, die Einheit meines Planes durch elende Einschal-
tungen von unbedeutenden Graden sehr stark verdorben: ich
hab ihm gewiss lang nachgegeben, aber nunmehro machte er
es zu ai'g. — —
Soweit Weisshaupt, Um unparteiisch zu sein, müssen wir
jedoch aucli Knigge hören und dieser sclirieb an Zwackh den
nachfolgenden Brief, jedenfalls als Antwort auf ein Schr*eiben»
das jener infolge Weishaupls Auslassungen an ihn richtete.
Catoni amantissimo S. p. et Philo:*)
Bey der Lage, darinn ich, gewiss sehr unschuldiger Weise,
mit Spertacus bin, war es mir ein herzlicher Trost, von ihnen,
mein redlich geliebter Bruder! einen so freundschaftsvollen,
gütigen, oufmunternden Brief zu erhalten. Ich w^ürde der un-
dankbarste Mensch seyn, wenn ich nicht mit gänzlicher Offen-
herzigkeit darauf antwortete, und Ihnen mein ganzes Herz
ausschüttete.
♦) Nachtrag v. w. Orig.-Schriflen, S. 99.
-^ 129 —
Nicht Mahomet und A . . so sehr sind Schuld an nteiner
Trennung von Sportocus, sondern dieses Mannes jesuitisches
Verfahren, durch welches er uns so oft unter einander entzweyet
hat, um despotisch über Menschen zu herrschen, die, wenn sie
nicht eine so reiche Phantasie als er vieüeicht, auch nicht so
viel Feinheit und List besitzen, ihm wenigstens an guten
I Willen, gesunder grader Vernunft und Redlichkeit nichts nach-
geben, die ihm so wesentliche Dienste geleistet haben, und ohne
welche sein, mit einigen ohne Auswahl zusammengerafften
jungen Leuten (man denke an Tiberius, Ajax etc.) angefangener
Orden ein elendes Ding seyn würde. Lange habe ich voraus*
gesehen, wie er mir mitspielen würde, aber mir auch fest vor-
genommen, ihm zu zeigen, dass bei aller meiner Nachgiebigkeit,
und beynahe übertriebener Untenvürfigkeit, ich unwiederbringlich
zurücktrete, wenn man mich unedel behandelt, damit er einmal
sehe, dass man nicht mit allen Menschen spielen könne. Also
hier ist meine Erklärung: Mit Spartacus kann ich nie wieder auf
den alten Fuss kommen, auf welchem ich mit ihm war, aber so
lange ich lebe, werdeich alles beytragen zum Bessten des Ordens,
und allem, wass sie, besste Freunde! mir auftragen werden, nach
meinen Kräften zu wirken. Jetzt komme ich zu meiner Erzählung,
Als Spartacus anfing mit mir über den Orden zu corre-
spondiren, da malte er mir den Orden als ein völlig a\is-
gearbeitetes, tief durchgedachtes, weit ausgebreitetes System ab»
und ermunterte mich, eller <Jrten erwachsene, angesehene, schon
gebildete, gelehrte Männer anzuwerben. Ks war natürlich, dass
diese Männer nicht nur geschwinder befördert werden wollten,
sondern dass ich auch die Direction ohne Nachtheil meiner
Gesundheit und meines Geldbeutels nicht lange allein führen
konnte. Die Sache griff so geschwind um sich, dass ich endlich
SOO Menschen zu behandeln bekam. Um nun Mittelobere an-
setzen zu können, bat ich um die nöthigen Instructionen, mit
einem Worte, um höhere Grade, und nun machte mich Spar-
tacus auf einmal zum Areopagiten, und entdeckte mir, dass alle
übrige Grade nicht fertig wären. Diess schreckte mich nicht ab^
nun bat ich dringend darum, eine gewisse Anzahl Grade, die
zur Direction nölhig wären, auszuarbeiten und ver.'^prach unter-
dessen alle meine Leute zwey Jahre lang hinzuhalten. Darauf
schrieb er mir: ich solle alles nach Belieben machen, und so
viel" Areopagiten aufnehmen, als mir beliebte. Ich nahm aber
niemand zum Areopagiten auf, hielt durch unerhörte Schwanke
EnfpeJ, Gwchiclit« des IlInmiJiHteiiordenJi. 9
— 130 -
und Wendungen die ältesten, klügsten Männer auf, setzte alles
in Feuer, untergrub die stricte Observanz, arbeitete mit Hindan-
setzung aller meiner häuslichen und anderer theils wichtigen,
theils einträglichen Geschäfte 16 Stunden täglich für den Orden;
nahm, um allem in diesen Gegenden so gewöhnlichen Verdachte
des Eigennutzes auszuweichen, von niemand Geld, gab jährlich
250 fi. Porto aus, Hess mich zu allem brauchen, schrieb gegen
Jesuiten und Rosenkreutzer, die mich nie beleidigt haben, mich
aber jetzt verfolgen, und arbeitete unterdessen die untern Classen
aus. Darauf liess man mich zu Ihnen, meine bessten Brüder!
reisen, woselbst ich soviel Freundschaft und Güte genossen habe.
Dort wurden nun die Grade bis zum Schottischen Rittergrad
festgesetzt. Ich kam zurück und führte diess in meinen Pro-
vinzen ein, und legte Versammlungen und Logen an (obgleich
ich noch immer bey dem Satz bleibe, dass, wenn man vom
Grund auf den Orden in einem Lande ausbreiten soll, rnan
besser thut, mit einigen geprüften Männern von oben herunter,
als mit einer Menge ungebildeter Leute, die alle befriedigt
werden wollen, von unten hinauf zu arbeilen),*) aber ich ge-
horchte. Nun aber wurde die Maschine für meine Schultern
zu schwer. Deshalb bat ich um Festsetzung höherer Directions-
grade, nemlich a) einen kleinen Priestergrad zur seien ti vischen
Direction; und b) einen kleinen Regentengrad zur politischen.
Alsdann dachte ich können wir die sogenannten grösseren
Mysterien noch immer für uns behalten, uns dahinter ver*
stecken, und das ganze Gebäude andern Händen überliefern.
Wir sehen, wie diese das Ding dirigiren, bleiben im Hinterhalt,
und arbeiten nach Müsse die hölieren Mysterien aus. Wenn
aber die kleinen Mysterien fertig sind, so will ich jeder Provinz
einen Provinzial geben, 3 Provinzialen einem Inspector unter-
ordnen, und diese mögen dann Local-Obere vermög ihrer In-
struction ansetzen und alles in Ordnung bringen. Nur flehete
ich darum, man solle für eine tüchtige National-Direction soi^gen,
und dazu hatte A . . in Rom herrlicli Gelegenheit, hat aber
nichts geleistete ich sollte immer alles allein thun, meine Leute
mit Lügen hinhalten etc.
•) In diesem Gegensatz der Änsif!hlen Weishau pla und Knigges Hegt der
Grund ihres Zwistes Knigge hätte recht gehabt, wenn der Orden ein fertige«
System gewesen wäre* Welshaupl konnte aber, uro nicht ins Blaue zu arbeiten
und nach seiner Absicht, sein System auf die Natur des Menschen zu bauen.
nur diea^s nach den sich ergebenden Notwendigkeiten bilden.
— 131 --
Unterdessen fing Spnrtocus an in mich zu dringen, ich
sollte nach Edessa (Frankfurt a. M,) eine rechte Farce vorn
Orden legen. Ich stellte ihm vor, dass daselbst die Leute zu
[Wenig Bedürfniss hatten, zu faul, zu wohllüstig. zu reich, zu
republicanisch waren; aber da half nichts. Er erinnerte mich
so oft, dass ich endlich alles versuchte. Ich äeiig nach der
Reihe mit 10 bis 12 Leuten an, deren keiner ganz eingeschlagen
ist, und da nun diese Leute unter 600 treuen Untergebenen
I nicht eingeschlagen waren, und viel andere kleine zufoMige Um-
^ stände machten dann, dass er anfieng, mich für einen höchst-
übereiiten mittelmössigen Menschen zu halten. Er eorrespon-
dirte hinter meinem Rücken mit meinen Untergebenen, Ich
habe Briefe von ihm gelesen, darin n er mit denen Leuten, die
ich aufgenommen, über mich, wie über einen Novizen raisonirte.
Unter andern w^arf er nun sein Vertrauen auf Minos, der ein
sehr ehrlicher, wozu ich ihn brauchte, nützlicher, übrigens aber
sehr unkluger übereilter Mensch ist, der auf besondere Art be-
handelt, und sehr kurz gehalten seyn will. Do ich das merkte,
Hess ich mich nichts anfechten, machte ihm keine Voiwüife,
sondern arbeitete den Presbyter und Princeps aus und zwar
nach folgenden Grundsätzen. Der kleine Priestergrad müsse
die Direction in Scientificis haben, also legte ich dabey Spartaci
Instruction der Provinzialen in Scientificis zu Grunde: bev dem
Regenten hingegen, als welcher die politische Direction haben
müsse, legte ich die erste Hälfte der ProvinziaMnstruction unter,
(Ich lasse jetzt alles für Sie, wie sie befohlen haben, abschreiben.)
Nun kam es aber auf die Grundsätze an, welche man in diesen
Graden lehren müsste, um im Systeme fortzurücken und da
fiel mir folgendes ein: Man soll das Bedürfniss jedes Zeitalters
überlegen.
I Nun hat jetzt die Betrügerey der Pfaffen fast alle Menschen
gegen die christliche Religion aufgebracht, aber zu eben der
Zeit reisst wieder, wie es sehr gew^öhnlich unter den Menschen
ist, die immer an etwas sich hängen wollen, die filmte Schwör
merey ein. Um nun auf beide Classen von Menschen zu würken,
und sie zu vereinigen, müsse man eine Erklärung der christ-
lichen Religion ertinden, die den Schwärmer zur Vernunft
brächte, und den Freygeist bewoge, nicht das Kind mit dem
Bade auszuschütten, diess zum Geheimniss der Freymaurerey
machen, und auf unsere Zwecke anwenden. Von einer andern
Seite haben wir es mit Fürsten zu thun. Indess der Despotismus
— 132 —
derselben töglich steigt, reisst zugleich allgemeiner Freyheitsgeisl
aller Orten ein. Also auch diese beyden Exlrema müssen ver-
einigt werden. Wir sagen also: Jesus hat keine neue Religion
einführen, sondern nur die nolürliche Religion und die Vernunft
in ihre allen Rechte setzen wollen. Dabey w^ollte er die Menschen
in ein grösseres allgemeines Band vereinigen, und indem er die
Menschen duirh Ausbreitung einer w^eisen Moral, Aufklärung,
und Bekämpfung aller Vorurtheilc föhig machen wollte, sich
selbst zu regieren; so war der geheime Sinn seiner Lehre; all-
gemeine Freyheit und Gleichheit unter den Menschen wieder
ohne alle Revolution einzuführen. Es lassen sich alle Stellen
der Bibel darauf anwenden und erklären, und dadurch hört
aller Zank unter den Secten auf, wenn jeder einen vernünftigen
Sinn in dei- Lehre Jesu findet (es sey nun wahr oder nicht).
Weil aber diese einfache Religion nachher enlweyliet wurde, so
wurden diese Lehren durch die Disciplinam Arcani und endlich
durch die Freymaurerey auf uns fortgepflanzt, und alle Frey-
maurerischen Hieroglyphen lassen sich auf diesen Zweck er-
klären. Spartacus hat sehr viel gute Data dazu gesammelt, ich
habe das meinige hinzugethan, und so habe ich die beyden
Grade verfertigt, und darinn lauter Ceremonien aus den ersten
Gemeinden genommen. Da nun hier die Leulesehen, dass wir
die einzigen ächten wahren Christen sind, so dürfen wir da-
gegen ein Wort mehr gegen Pfaffen und Fürsten reden, doch
habe ich diess so gethan, dass ich Päbste und Könige nach
vorhergegangener Prüfung in diese Grade aufnehmen wollte. (In
den höheren Mysterien sollte man dann a) diese piam fraudem
entdecken, und b) aus allen Schriften den Ui-sprung aller reli-
giösen Lügen, und deren Zusammeoliang entwickeln, c) die Ge-
schichte des Ordens erzählen).*)
Nachdem der Presbyter, und Princeps fertig waren, schickte
ich das Concept an Spartacus mit der Bitte, es an alle Areo-
pagiten herumzusenden (ich hatte fast nichts gethan, als alle
ihre verschiedenen Beyträge zusammengetragen, das mehresle
war von Spartacus» ja fast alles), ich bekam aber in langer Zeit
keine Antwort, meine Papiere nicht zurück, und indessen war
*) Aus dieser SteHe wird Öfters auf den beahsiehügten Intiatt der letzten
nie ausgearbailetea Grade: Magus und Hex Keschlossen. Man vergi^^sl
jedoch, dass lediglich Knip/cre hier Reine Ideen kundg:ibl, WeishaufU vier andere
Grade bereits entworfen haue, demnach Knigges Worte gar nictit in Betracht
kommen können.
— 133 —
II
I
I
I
es nöthig meine Leute zu befördern, um die mehr als hercu-
lisclie Last zu erleichtern. Endlich schrieb mir Spartecus,
Mahomet habe zwar manches zu erinnern, doch wollte er schon
sorgen, dass die Grade also angenommen würden. Da ich nun
Eile habe; so solle ich die Grade nur nach meiner Art aus-
Iheilen. Diess that ich, attestierte mit meines Namens Unter-
schrift die Aeclitheit der Cahiei-s, und meine Leute waren ent-
zückt über diese Meisterstücke, wie sie es nannten, ausser das
zwey Personen kleine Einwendungen gegen einzelne Ausdrücke
machten, welche leicht nach den Loeal-Umständen in jeder
Provinz verändert werden können. Auf einmal schickte mir
Mahomet nicht etwa Anmerkungen zu diesen Graden, sondern
ganz verändertes verstümmeltes Zeug. Man verlangte, ich sollte
meine Hefte zui-ückfordern, und als ich mich weigerte, bestand
wenigstens Spartacus darauf, alle Abschriften selbst zu revidiren,
den Leuten zu sagen, es hätten sich unächte Zusätze ein-
geschlichen» um dadurch mich zum Lügner zu machen. Ob-
gleich ich nun gewiss nicht herrschsüchtig bin, alle Provinzen
abgegeben hohe, und selbst jetzt unter Meinos stehe, und ihm
monatlich mein Q. L. schicke; so konnte ich doch eine solche
Beschimpfung nicht ertragen, und da Spartacus noch dazu grob
wird, so sehe ich gar nicht ein, warum ich mich von einem
Professor in Ingolstadt wie ein Student soll behandeln lassen.
Also habe ich ihm allen Gehorsam aufgekündigt; Ihnen aber
bin ich zu jedem Winke bereit, — — — —
Der Zankapfel zwischen Weishaupt und Knigge war der
Priestergrad. Letzterer entwickelte Ideen, die für die damalige
Zeit allerdings recht bedenklich erscheinen konnten, denn sie
enthielten eine freigeistige, wenn auch keineswegs irreligiöse
Lebensauffassung, die öfters in derber Ausdrucksweise sich
offenbarte. Weishaupt empfand sehr schnell das Unzulässige
der letzteren und suchte, nachdem er jedenfalls die Wirkung
auf Neuaufzunehmende erprobt hatte, diese Ausdrucksweise zu
mildern. Er sagt deswegen euch im Hinblick auf diesen Um-
stand: ,^Man muss sich niemalen scheuen, eine Sache besser zu
machen, noch \'iel weniger, wenn dadurch für unser aller Sicher^
heil gesorgt und Missverstand vorgebogen wird."*)
•) Nachtrag S*
134 —
Knigge, der, wie aus seinem Brief hen^orgehl, den Grad
bearbeitete und jedenfalls in der Aneinanderreihung der Weis-
hauptschen Ideen, die der Priestergrad enthSlt, auch den seinen
freien Lauf liess, scheute sich Jedoch zu verbessern. Den durch
Weishaupt vorgeschlagenen Weg, die zu derben Ausdrücke als
unechte Zusätze, die sich eingeschlichen, auszugehen, sah er
als das Mittel an, ihn zum Lügner zu machen. Letzleres war
jedoch unmöglich, da niemand Knigge als den Verfasser kannte.
Jedenfalls war auf Weishaupts Seite mehr Verständnis für
den Rntwickelungsgang einer Sache vorhanden, als bei Knigge,
Dabei ist gar nicht zu leugnen, dass Weishaupt infolge dieses
Anpassungsvermögens gewundene Wege gehen musste, um zum
Ziele zu gelangen. Es ist jedoch mehr als fraglich, ob Kni^e
mit seinem eigensinnigen Beharren auf dem einmal eingenom-
menen Standpunkt bessere Resultate erzielt hatte, Weishaupt
schreibt: „Ich lasse alles Anslössige hinweg; beweise und er-
läutere alles besser; denn Philo hat es ei*sch reck lieh verdorben,
und seithero haben sich meine Einsichten vermehrt/' Weil er
das aber tut, kündigt ihm Knigge allen Gehorsam. — Es ist
augenscheinlich, dnss beide Manner niclit miteinander, bei so
verschiedenen Grundsätzen, dauernd verbunden bleiben konnten.
Knigge braust denn auch weiterhin gewaltig auf, lässt sich
zu Drohungen hinreissen und zeigt sich in einer theatralischen
Pose, dabei seinen edlen Charakter öfter in das rechte Licht
setzend. In den Seite 111—129 abgedruckten Briefen Philos im
Nachtrog zu den Originalschriften findet jeder sehr leicht die
Beweise. Er beschwört dort Calo, die Sache in Ordnung zu
bringen, denn es kostet ihn w^nig, ein sehr festes Bündnis
gegen Sportacus zu stiften, aber etwas in ihm empört sich da-
gegen. Er droht, wenn er aber den Jesuiten und Rosenkreutzern»
gegen die er geschrieben, nun einen Wink gäbe, wer sie ver-
folgt, die kleine unbedeutende Entstehung des ( H'dens nur einigen
Personen entdeckte, bewiese durch seine Konzepte, dass er einen
Teil der Grade selbst aufgesetzt habe, wenn er versichern würde,
dass die, welche Geheimnisse suchen, nichts zu erwarten haben,
wenn er die Logen auf eine Association aufmerksam machen
würde, hinter welcher die Illuminaten stecken, wenn er gewissen
Leuten in Bayern einen Wink gäbe, wer der Stifter sei, wenn
er sich mit Fürsten und Freimaurern wieder verbände usw.
Doch er erschrickt vor den Gedanken, denn so weit wird die
Rache ihn nie treiben. — Er ist ebenso bereit, ganz auf dem
I
■
I
^ 135 —
allen Fuss zu arbeiten, ja« die grössten Dinge für den Orden zu
wirken, wenn man ihm aufs Neue ganz uneingeschränktes
Zutrauen zeigt- Er versteigt sich sodann Zwackh (S- 116) und
Weishoupt (S. 121) gegenüber zu Versprechungen, die er wie
folgt bezeiclinet, da er in Kassel durch geheime Konferenzen
mit dem Prinzen Karl von Hessen und andern Männern dazu
in den Stand gesetzt sei
a) Die ganze ächte Geschichte von der Entstehung der
Freymaurerey und Rosenkreutzerey zu besitzen» und in die
höheren Mysterien zu legen, wenn Sie mich so behandeln, wie
ich es zu verdienen glaube,
b) dem Orden Naturgeheimnisse mitteilen zu lassen» die
erstaunlich und einträglich sind (obgleich keine Wunder),
c) die ganze stricte Observanz nicht mit uns zu ver-
eiDigen, sondern uns unterwürfig zu machen,
d) dem Orden feste Grundlage, Macht und Geld zu ver»
schaffen, ohne seine Einrichtung im Geringsten zu ersciiüttern»
e) einen freyen Handel und Privilegien in Dännemarkt,
Holstein etc. wie auch Vorschüsse dazu,
f) eine machtige Parthey gegen Jesuiten,
g) eine eben so feste Anstalt gegen die deutschen Rosen-
kreuzer, die uns täglich gefährlicher werden. — —
Auf Weishaupt machten diese Versprechungen keinen
tieferen Eindruck, er sprach sich daher auch offen darüber aus,
dass er sie als Lockspeise ansehe, worüber natürlich grosse
Empörung Philos. Letzterer versteigt sich infolgedessen in
späteren Briefen zu immer heftigeren Drohungen und klagt gegen
Cato am 27, März 1783 im dramatischen Tone: — Nur ausFreund-
ehaft» aus zärtlicher inniger Liebe und Freundschaft zu ihnen,
meine geliebtesten theuersten Bruder! will ich noch gegen
niemand Ött'entlich reden. Aber wenn Sportacus zwischen
beute und dem 26ten April nicht alles gut macht — dann
stehe ich für nichts. Ich bin bin im Stande, alles zu zernichten,
Areopagiten in Menge zu machen, das ganze System zu zerstören,
— Ol halten Sie mich ab zu Ihun, was ich ungern thue —
Ich fange an zu ar-gwöhnen — Sollte selbst Spartacus ein ver-
larvter Jesuit sein — denn bin ich der Mann, der ihn zu Boden
schlagen kann — Gottl welch ein Mensch I —
Knigge schlug jedoch Weishaupt nicht zu Boden, sondern
beruhigte sich wieder. Er schrieb am 3L März, also vier Tage
— 136 —
später bereits in ganz anderem Tcme einen höchst charak-
teristischen Nachtrag zu seinem zurückgekommenen Brief, der
hier unverkürzt wiedergegeben sein mag, um Knigges Art und
Pläne, die in seinem Kopfe schwirrten, zu kennzeichnen. Dos
bisher ungedruckte Üriginal befindet sich im Geheimen Haus*
Archiv zu München:
Nr. 123. Nr. III. d. 31. März 1783.
Aus Unordnung der Posten, ist mir mein Paket an Sie
wiederum zurückgeschickt worden, weil ich es nur bis Schmal-
kai den frankiert hatte, das gibt mir Zeit Ihnen
und den sämtlichen Areopagiten folgendes vorzutragen :
Ich setze voraus:
L dass es nur sehr vortheilhaft sein würde, (ja! dass es in
unseren Plan gehört) alle Fry.-Mr Systeme in unsere Gewalt zu
bekommen, weil sie unseren Weg durchkreutzen.
IL dass das aber auf eine Art geschehen müsste, dass wir
weder Gefahr laufen verrothen, noch in unserer festen Einrich-
tung erschüttert zu werden.
IIL dass es uns ein walirhafter Ernst ist, für das Wohl
der Menschheit, und nicht zur Befriedigung unseres kleinen
Eigennutzes, unserer Herrschsucht nach anderen Leidenschaften
zu arbeiten, und dass jeder redliche Mann willkommen seyn
muss, der Fähigkeiten und guten Willen hat, auf unsere Art
zu gleichen Zwecken an einem Werk theilzunehmen, welches wir
aus redlichem Herzen, für das allgemeine Wohl zu Stande
bringen; denn wir haben doch kein Monopolium für die Mensch-
heit zu arbeiten, würden im GegenthcÜ selir glücklich sein,
wenn die ganze Welt nach einem sehi* edlen Plan regiert würde.
IV. dass wenn uns ein anderer überzeugt, dass man auf
bessere Art für das Wohl der Menschen wirken kann, als wir
thun, wir unseren Operationspion umändern müssen.
V. dass wenn uns jemand richtige Kenntnisse, die der
Menschheit unendlich interessant wären, mittheilen wollte, wir
uns nicht für so überklug holten sollten, diesen Mann von unserer
Thür wegzujagen, sondern erst seine Bedingungen zu hören.
Das setze ich voraus, denn wenn z, B. ein lebhafter un-
ruhiger Kopf, der allerley Zeug unter einander gelesen hätte,
mit diesem Plunder ausstaffiert, in einem Lande, wo man sehr
weit in der Aufklärung zurück wäre, sich so hoch stehen fühlte,
dass er sich zum Reformator aufwüife; wenn dieser nun ein
137
Svslem zusammenflickte, woraus hie und da ein Funken von
lichtvoller obgleich erborgter Grösse hervorleuchtete, wenn er
den Jesuiten die Künste ablernte, gutwillige, zu allem Edlen
bereitwillige Menschen für das scheinbare System mit En-
thusiasmus zu erfüllen, w^enn das ihm um so leichter in einem
Lande gelänge* wo das Bedürfnis so gross, der Drang nach Auf-
klärung und Freyheit so lebhaft und die Kenntnisse der Lite-
ratur so geringe waren, dass dieser Mann die herzliche Freude
hatte, alle seine Aufsätze, worin vielleicht nicht ein Wort seyn
wäre, für eigenes Fabrikat geltend zu machen; wenn er dann
die besten Köpfe an sich zöge, die Kenntnisse eines jeden nützte,
sie aller Gefahr einer undankboren Arbeit aussetzte und sie dann
untereinander, damit er im Trüben fischen, immer für den Klügsten
und Besten gelte, die zu geraden feinen Köpfe, w^enn er
ihnen den Honig gestohlen, niuthlos machen und entfernen
könnte; wenn er nun die Pläne ergriffe, die ihn mächtig
und grösser machen könnten, alle übrigen aber elend und
jämmerlich fände, folglich eine Menge Menschen blos deswegen
in Bew^egung setzte, damit er die Wonne hätte, bey einem Pfeif-
chen Taback sich selbst zu sagen: „Wohl dir Heber Magisterl
hier in Leipzig drehest du Nasen in aller Form, füi" Männer
aller Art, von denen zum Theil die undankbare Welt sagt, dass
du nicht werth seyest ihre Schuhriemen aufzulösen; wenn
dieser Elende \ielleicht gar von den Jesuiten heimlich gedungen
wäre, möchte er auch noch so sehr aiii* dieselben schimpfen;
Oder wenn ein anderer mit gutem Talente und wai-men
Herzen, aber mit einem unbezwinglichen Hochmuth, mit gänz-
lichen Mangel an Weltkenntnis, ein solches Werk anfinge; wenn
er schwankend in seinen Grundsätzen, seine Mitarbeiter übel
wählte, bald diesen Mann für einen Engel, bald denselben für
einen Teufel, einen schiefen Kopf, für ein Wissen-Genie, einen
Sokrates, für reif zum Tollhaus liielte:
Ja, dann würde ich es für Pflicht halten, eine dergleichen
Anstalt zu zerstören, sollte mir es auch das Leben kosten und
jenen Schurken und diesen Herren öflenilich an den Pranger
zu stellen, um manchen redlichen Mann vor Thorheit und Ge-
fahr zu retten!
Aber Gott sey Dankl Wir sind in diesem Falle nicht, wir
stehen nicht unter einer sklavischen Regierung. Wer von uns
Areopagiten würde sich auch so blindlings führen lassen? Wir
haben ein überhaupt, dem wir uns freywillig unterworfen haben,
1S8 —
I
her
mdi
enJ
damit es, mil unserer Hülfe, den Orden nach Gesetzen regiere,
die wir selbst gemacht haben, und diese Gesetze beinihen aul
die, eben vorausgeschickten Grundpfeiler.
Nun hat sich folgende Begebenheil zugetragen, die ich
geradezu erzählen will, und dann mögen Sie übrigen Areopagitea
entscheiden» ob ich recht oder unrecht gehnndelt habe, ob Sie
mich schützen, oder mich mir selbst überlassen wollen, der ich
mich auch selbst schützen muss und kann.
Ich bekam von unserem General vor ein Paar Jahren Er-
laubniss so viel Areopagiten zu machen, als ich zu meiner
Hülfe nötig finden würde. — Ich machte nicht einen einzigen,
aus Vorsicht, um sicherzugehen* Der General bath mich, 5 Pro-
vinzen von Deutschland unter meiner Direktion im Auge zu be*
halten, ich gab sie alle ab, weil mir es nicht um Ansehen und
Macht zu thun ist, sondern nützlich zu werden, behielt aber
vorerst die noch nicht in Ordnung gebrachte Provinz Jonten un<
Prafcktur Klein Lydien* Dabei begnügte ich mich, nur zu rathen
weil ich den Zustand der Freymaurer besser kenne als er
Spartacus erlaubte mir vor dritthalb jähren, dem Herz-
Ferdinüud und den übrigen ChefTs der stricten Observanz einen
Wink zu geben, dass wir uns mit Ihnen in Unterhandlungen ein-
lassen wollten. Ich that dies, mit ausserster Vor-sicht, Hess mich
aber nicht weiter heraus, verschob alles, um Zeit zu gewinnen^
nahm indessen die edelsten Menschen aus der stricten Obser»
vanz in unser Bündnis auf und Hess die Zeit des Convents in
Wilhelmsbad herankommen.
Von allen dort vei-sammellen Männern gefiel mir der Lega-
tionsrat Bode am besten. Es ist nur eine Stimme über ihn.
Er ist in und ausser Deutschland als ein trefflicher SchritV
steller, kluger, geschickter, streng i-echtlicher Greis, der ohne Voi^
urtheil Wahrheit zu finden und nützlich zu werden suclit, be-
kannt, . . Ich nahm ihn unter dem Namen Aemilius auf, denn
er wohnt in Jonien, wovon ich noch vorerst Provinzial bin
Da ich indessen den Epaminondas in Tarsus unter dem Namea
Hierotheus selbst zum Inspektor über Jonien und Aeonien an-
gesetzt hatte, so berichtete ich an diesen, als wenn er mein
Oberer wäre, ordnungsmässig, und alles ging envünscht. Aemilius
ist voll Eifer für den Orden, fest entschlossen, alles insgeheime
so zu lenken, dass wir die stricte Obsen'anz in unsere Gewalt
bekommen, ohne dass sie es selbst gewahr wird. Er hat in
meine Hände sehr wichtige geheime Nachrichten über die Ent
I
— 139 —
ihung der Freymourerei und Rosenkreutzerei gelegt, will diese
Orden schenken, sich in seinem 54t. Jahren gänzlich von
IS leiten lassen und die Ausbreitung in Jonien übernehmen,
>zu er den herrlichsten Grund gelegt hat, (wie ich nachher
id noch künftig erzählen werde). Als ich diese freudige Nach-
icht meide, bekomma ich auf einmal einen von Spartacus durch
BJnen eigenen Recepten-Hierotheus mir insinuirten Befehl:
Die Oberen verlangten nichts zu wissen, verlangten keine
Bwalt über andere Systeme, ich soll den Aemilius weder weiter
befordern, noch ihm Papiere geben, und in Obersachsen ver-
yj|knge man keine Etablissements zu haben. — Gott erhalte
Hfiseren würdigen General bis zu den spätesten Zeiten bey ge-
sunder Vernunft. Es muss ein Irrtum mit diesem Befehle er-
gangen seyn. —
^f Da ich indessen den Aemilius, wie jeden Minervalen er-
laubt hatte, in Jonien Mitglieder zu insinuiren, so schlug er mir
Km regierenden Herzog von Gotha vor. Man erkundige sich
o man will, und wenn man ein anderes Urteil über diesen
üi'sten hört, als folgendes: so will ich lebenslang in's Tollhaus
gesperrt werden, oder in Ingolstadt Menschenkenntnis lernen:
„Der Hei'zog von Gotha ist der besste Landesvater, der h^eueste
, freund, der festeste, redliche, massige, bescheidene Mann von
PPHdem Kopf, ohne Vorurtheil und Fürslenstolz, gerecht bis
zur Strenge, w^ohlwoUend bis zur Weichlichkeit. Den Mann,
den er als Richtei* sein Vermengen einziehen muss, beschenkt
er heimlieh als Mensch dojjpelt, den Bösewicht, den er als
Herzog zu einer körperlichen Strafe verdammt gibt er durch
Briefgen von unbekannter Hand einen Wink, sich vorher aus
^em Staub zu machen. Er ist ein Oberer des Zinnendorfischen
^vstemsl aber nicht aus Vorliebe anhänglich an dieses System;
sondern in Wahrheit. Das Jahr hindurch, wenn er nicht zum
Obern gewählt ist, gehorcht er pünktlich, wie der gemeinste
Freymaurer. Die anderen Fürsten hüben ihn nie bewegen können,
zur slricten Observanz überzugehen, seine Antwort war: wer
mich haben will, der muss mir etwas besseres geben. Konnte
es eine Frage sein, ob man einen solchen Fürsten aufnehmen
soll? Man müsste denn besorgt seyn, nur solche Menschen
hoben zu wollen, die man bey der Nase herumführen kann, und
das ist Gott sey Dank unser Fall nicht. — Ich nehme den
Herzog auf, hier sind zwey Briefe von ihm an Bode, darüber
Anlage a und B. Es war nicht möglich, ihn so zu behandeln
— 140 —
wie man andere behandelt. Ich liess ihn einen so bündigen
Revers eidlich unterschreiben, als je einer unterschrieben hal
Von beyden Theilen verbanden wir uns, wenn wir nicht ein
werden könnten, ewig zu schweigen. Aber nun las er die
O.-Papiere, und sehen Sie, was er daüber sagt, ob er Wahrheit
und Licht vertragen kann» ob er nicht die wichtigste Aquisition
ist, die wir je gemacht haben 1 Spartacus weiss noch nichts von
seiner Aufnahme. Er hat versprochen, sogleich eine Buch-
druckerey fiir uns anzulegen, alles zu thun was in seynea
Kräften steht, und nichts zu thun, als was wir befehlen. Dies
hat er noch den letzten Tag mit Thronen in den Augen ge- '
schworen- Ich bitte dies alles an Spartacus zu melden, aber
doch baldmöglichst.
Der Prinz Carl von Hessen ist die wichtigste Per*son im
System der stricten Observanz. Man hält ihn für einen Schwärmer.
Aber ich habe mit ihm über manche wichtige Gegenstände ge-
redet und einst sollen Sie es, wenn Sie wollen, erfahren doss
er bey meiner Seele 1 kein Schwärmer ist. Des guten Minoi
unversöhnlicher Privathass gegen die, welche an der Spitze dep
Freymaurer stehen, hat diesen armen Fürsten, der wie aU(
Prinzen, Professoren, Bäthe, Bannerherren, Ofüziers, Prieste
und übrigen Menschenkinder seine t'ehler hat, von einer solcheni
Seite geschildert, dass Spartacus, der zuviel Gescliafte hat. um
mit eigenen Augen zu sehen, jetzt sehr gegen alle Menschea
eingenommen ist, die in Wiihelnisbad gewesen sind, oder dei
Bruder Minos ersle Vorlesung ein bischen übereilt, und ata
unrechten Platze angebracht gefunden haben. Ich, der ich ohne
Leidenscliaft Fürsten und Professoren darauf anblicke, wie sie
als Menschen aussehen, ich linde folgendes zu überlegen;
Der Prinz Carl hat redliche, gute Absichten. Wenn ef
fehlt, so fehlt er, weil er nicht geleitet wird. Sein Einfluss in
der politischen Welt ist gross, und wohin er kommt, da liebt
und schätzt ilm jedermann. Was geht es mich an, zu welchem
System er gehört? Lassen sie uns ihn aufnehmen 1 Wenn et
nicht gehorchen will, ey nun! so lasst man ihn laufen wie jeden
anderen Minen'alen, Schlägt er gut ein; sn ist dasein grosser
Gewinnst, Uebrigens ist er von sehr grossen Gewicht in dei
Freymaurerey und da unsere Logen Association von dem Herrn
General ohne mich zu befragen (da ich nicht nur als Areopagit
verlangen kann um alles befragt zu werden, sondern auch mehr
von den feinen Verbindungen und Verhältnissen der Logen
— 141
als Spartacus und Minos, de noch dazu bey Letzterem
ndenschaft sein gutes Herz berauscht)* da diese Association
Ige ich, auf die allei^unwürksamste Art angefangen wird, wie
|e es einst empfinden werden, und ich schon durch meinen
Briefwechsel weiss, so dünkte es mir eine sehr gute Sache, nun,
idem von meiner Seite die vielfältigen widrigen Vorfalle die
Iriete Observ^anz ein wenig von ihrem Stolze herabstimmte,
rir dann von einer andern Seite einen nach Wahrheit und Güte
lurstenden Mann wie der Prinz Carl ist, eine Aussicht er-
fneten, etwas Solides zu finden und ihn dann zwangen, die
Intere Freymaurerey naen unserem Plane einzurichten.
Da ich nun, wie eben erwähnt worden, längst auf Spartacus
Jefehl mich der stricten ObseiTanz entdeckt hatte, und seit der
Zeit oft von dem Prinzen Carl gepresst wurde, ihn aufzunehmen;
bno entschloss ich nun, es unter folgenden Bedingungen zu thun,
^prozu ich wieder AemiUan vorschob.
■ 1. Er muss sich behandeln lassen» wie jeder Andere, folg-
■lieh sich entweder von unseren Obern leiten lassen, oder ab*
^treten.
H 2. Wenn er glaubt, dass eine Vereinigung unserer unteren
^Logen für sein System zu wünschen wäre; so muss darüber mit
^unseren Obern iraclirt werden, ohne dass dies auf des Prinzen
[Verbindung mit uns Einfluss hohe.
B 3. Er bekömmt keine Schriften in die Hände, und wenn
^ die ganze Sache nicht zu Stande kömmt, so ist er entweder
Mitglied unseres Ordens oder er schweigt
4, Unsere hölieren Mysterien bleiben ihm so lange ver-
3i^en, bis er nach seinen Kräften für die gänzliche Gründung
les niederen Operatinnsplanes thätig gewürkt hat.
Dies alles hat er nicht allein unterschrieben (doch mit
ler Bedingung, dass indessen seine Handschrift bey mir deponirt
)leiben) sondern hat zugleich
^_ a) beiliegende \'ollmacht (Anlage C) auf Aemilius ausgestellt,
^B b) Mir musst seine Ehre versprechen, wenn er überzeugt
^V§re, dass er nun endlich die in der Fr. M. so lange vergeb-
lich gesuchte Gesellschaft uneigennütziger, edler Männer ge-
funden hätte, so wolle er diejenigen nicht übernatürlichen, aber
^■ehr wichtigen Naturkenntnisse, welche ihn St. Germain und
andere gelehrt, nemlieh den jetzt in ganz r>eutschland so be-
rühmten Gesundheitsthee zu machen, Diomonten von Flecken
zu reinigen, die Composition des goldähnlichen Metalls, wovon
— 142 —
in Ludwigsburg die so einträgliche Fabrik angelegt worden, undl
viel grössere Dinge in unseren Schooss legen,
c) uns dann grosse Handelsvorteile in den dänischen Staaten |
verschaffen.
So stehen die Sachen — habe ich gut oder schlecht ge- \
handelt? Ich bin wenig dabey interessiert, weiss was ich zu thun
habe, es gehe, wie es wolle. Mir kommt es darauf an Gutes
zu stiften. Für mich verlange ich weder Geld noch Ehre. Aber
Gründe will ich hören, und wenn ich sehe, dass auch bey uns
Vorurtheil, Eigensinn, Leidenschaft herrschen, dann suche ich
mir andere Milverbundene aus, und rette meynen Ruf, bey denen
ich für die Güte und Grösse der Sache Bürge geworden bitu
Ueberlegen Sie alles. — Ich bin nicht dafür bekannt, Fürsten-
knecht zu seyn, aber einen solchen regierenden Herrn zur Be-
förderung unserer Br. Br. in Beu^egung zu setzen, das dünkt
mich nicht zu verachten. — Richten Sie mich! nur Spartacus
allein kann und soll mich nicht richten.
den L AprilL
Ist Spartacus zur Billigkeit zurückzuführen, so verlange
ich nichts, als dass er mir sein Zutrauen wieder zeige. Aus
Leidenschaft kann man leicht fehlen, ja, ich bin bereit, wenn
er es wahrlich aufrichtig und ehrlich mit mir meint, _
ihm zuerst die Hand zu reichen. |
2. Er muss aber olles, was er etwa in der Hitze an Leute,
die nicht Areopagiten sind, gegen mich geschriben hat, auf eine
gute Art w^iderrufen, weil es, wegen der Folgen nötig sein wird,
dass w^ir uns selbst unser Ansehen nicht rauben,
3. Ich komme auf meine Kosten mit Bode und einen
Deputirten der vereinigten Loge nach Bayern, um die Ver-
bindung der blauen Loge und was sonst zu verbinden ist, zu
Stande zu bringen.
4. Das Ganze muss (besonders vor Minos und jedermann)
ein strenges Geheimnis bleiben. Philo.
Die Anspielung in Punkts bezieht sich auf die Errichtung
des Eklektischen Bundes in der Freimaurerei, der auf Kniggea
Betreiben zwar zustande kam, dessen Entwurf Jedocli von ihm
aus egoistischen Triebfedern ausgearbeitet war. Für letzterei
Tütsache ist der mitgeteilte Brief ein unumstösslicher Beweis.
— 143 —
Anlagen, zwei Briefe des Herzogs Ernst von Gotha und ein
ief des Prinzen Carl von Hessen, die Knigge erwähnt, lauten
unverkürzt wie folgt:
den 3L Januar 1783
Hier, mein bester Bodel erholten Sie die erste Classe der
r anvertr^iut gewesenen Schriften, nebst Ihrem Togebuche vom
llhelmsbader Conv. mit dem theuersten Danke zurücke.
Erstere iiabe ich als ein Meisterstück menscliliciier Einsichten
I in die Grunderkenntnis des Menschen selber, bewundert, aber
bei weitem nicht genug durchstudiert und hiezu gehört viel und
lange Zeit Bios die Übersicht derselben überzeugt mich, dass
die Manner auf dem rechten Wege sind, um auf andere zu
würken. — Nur der Zweifel ängstigt mich, das nicht ganz reine
Absichten zu Grunde liegen. Ware dieses, so würde das In-
stitut eines der gefahrlichsten seyn, das je erdacht und ersonnen
worden wäre. Im Gegenteil aber, hegen unsere neuen Obern
Liebe zur Wahrheit, wie ich mich dessen nur allzugerne
schmeichle und zu überreden suche, so werde ich mich ihnen
mit den aufrichtigsten und reinsten Vef^nügeu gerne überlassen.
Haben Sie denn schon daran gedacht Ihren neuen Schüler Ini-
tirten einen Namen beyzulegen? Ich beschwöre Sie indessen
lieber Freund, ja Ihres mir gegebenen Worts bey Ihrer Rück-
kehr nach W. eingedenk zu seyn und mir sobald es erlaubt
ist, diese Schriften abschreiben zu lassen und hier die Ver-
sicherung meiner Dankbarkeit und Freundschaft mit Nachsicht
und Ueberzeugung anzunehmen. Ernst.
Id. 12, Febr. 1783
Hier, mein bester Bodel erhalten Sie die letzten Hefte, die
Sie mir zu Weimar zum Lesen anvertrauten mit dem ergeben-
sten Danke zurück. Die Sache ist äusserst interessant, aber
auch so weitaussehend und compUciert, dass ich mir nicht ge-
traue, über das erste Mal Durchlesen, dieselben im geringsten
ein anderes als sehr generale« Urteil darüber zu fällen. Mehr
Scharfsinn, mehr Folge eines ausgedachten und lange wohl-
überlegten Planes lässt sich iiiclit leicht in einen engen Raum
^pr Hefte zusammendrängen, als es hier geschehen ist. Ich
erstaune nur, kann es noch nicht so vollkommen im ganzen über-
sehen als ich es w^ohl wünsclite, und es bey einer so Hüchtigen
Leetüre möglich war Durchstudieren und viel Monathe darüber
- U4
nachdenken möchte ich wohl solches im ganzen kennen.
geachtet alter der Bitterkeiten, die über die Vorurtheile meine^ä
Standes darin befindlich sind, so bin ich doch aufrichtig zu reden,
völlig mit dem Verfasser dieser Schriften einig, und wünschte
im Stande zu seyn, sie zu überzeugen, duss es dennoch auch
redliche Herzen in dieser Classe Menschen gebe. Einige kleine
Zweifel über die Reinigkeit der Absichten sind mir .noch nicht
ganz pelioben, auch glaube ich hin und wieder einige Widet^
Sprüche bemerkt zu haben, doch dieses alles ist vielleicht die
unvermeidliche Folge einer allzuschnellen Uebersicht des Ganzen,
und ich beschwöre Sie bey der Freundschaft und dem Vertrauen,
womit Sie mich brüderlich beehren, mich so bald als möglich
in den Stand zu setzen, das Ganze mit kaltem Blute durch*
denken und studieren zu können. Ich versichere Sie bey dem
Worte eines elirlichen und die Wahrheit und die Menschen
liebenden Mannes, mich sobald als alle Zweifel gehoben, und
ich ganz überzeugt sein werde, für die Ausbreitung und Anlage
dieses so weit aussehenden Werkes aufs eifrigste und warraste
zu verwenden. Ja, ich woge es Ihnen zu gestehen, dass ich glaube
Fähigkeit und Oei'ufim innersten meines Herzens zu empfinden,
um mich der guten Sache ganz zu weihen, und vielleicht solche
mehr, als irgend ein anderer Mensch befördern zu können
Bey Ihren Gesinnungen mein lieber Bode! bey der meinigen
kann der Menschheit überhaupt kein Schaden hierbey erwachsen,
mit weniger redhchen Herzen und Absichten als es die unsrigen
sind, konnte demnach, dünkt mich, einiger Missbrauch entstehen.
Für mich und für die Reinheit meines Herzens kann ober mit
Gewissheit rechnen p. p. Ernst
Copey einer Vollmacht des Prinzen Carl v. Hessen
an den Brd. Bode.
Der hoch würdige Bruder Bode hat mir von Seiten einefl
gewissen geheimen Gesellschaft so schatzbore Beweise ihre*!
gegen mich hegenden Vertrauens gegeben, dass ich solche nicht'
aHein dankbar, sondern euch auf das vollkommendste zu er
widern wünsche, da mir auch nichts mehr angelegen ist, als
zu den aus den Akten und Papieren dieser ehrwürdigen Ge-
sellschaft mir bekannt gewordenen, guten, einsichtsvollen, auf
die Wohlfahrt und Verbesserung des Menschengeschlechtes ab*
E
w
t
u
i
I
ielenden Endzweck und Veranstaltungen, soviel mir immer nur
'möglich» beyzutragen, und mich dazu mit derselben zu verbinden,
so erlheile ich als Prinzipot-Grossmeister der Ordens der Frei-
maurer in ganz Deulsehland, gedachten, mir besonders werten
Br. Bode hierdurch den Auftrag, mit dieser ehrwürdigen Ge-
ellschaft in meinem Nahmen in Unterhandlung zu treten, mich
il den ersten hohen Obern derselben, nach meinen ihm be-
ussten Grundsätzen bestens bekannt zu machen, und ihnen
meinen aufrichtigsten Wunsch, mich unmittelbar selbst mit
ihnen zu vereinbaren, erkennen zu geben, damit ich durch diese
nähere Vereinigung in den Stand gesetzt werde, in den mir an-
ertrauten Provinzen mit Nutzen und sicherem Erfolge wirksam
zu seyn. Indem aber auch zugleich von meiner Seite diesen
ehrwürdigen Obern mit jeden von mir abhängenden Beweise
meines Zutrauens und meinei- vorzüglichsten Hochachtung ent-
legen zu gehen, so erteile ich dem hochwürdigen Bruder Bode
iermil die Erlnubniss, und gebe ihm brüderlich auch Ihneu
alle auf dem Gcneral-Gonvent des Ordens in Wilhelmsbad vor-
egongenen Verhandlungen aus den Akten und Protokollen des
onvents mitzuteilen, auch ihnen nichts von dem hinterhalten,
ras ich ihm selbst bey mehrerer Gelegenheit über die Verfassung
und die gi^ossen heiligen Absichten des Ordens anvertraut habe,
n dessen Urkvuide halie ich diese Vollmacht eigenhändig unter-
ichrieben und besiegeln lassen. —
So geschehen Weissenstein, den 10^ März im Jahre Ein-
tausend siebenhundert Drey un dachtzig,
Carl P. zu Hessen.
Die Mitgliedschaft des Herzogs Ernst v. Gotha sollte einige
Jahre später füi' Weishaupt von grösstem Nutzen werden, denn
nur dadurch, dass dieser edle Fürst ilun seinen Schutz verlieh,
rettete er Weishaupt vor Unteigang und sichei*em Verderben.
Trotz aller Verdienste, die unzweifelhaft Knigge sich um die
Ausbreitung des Ordens erwarb, blieb der Riss zwischen ihm
und Weishaupt unheilbar. Veigleicht man kritisch alle die
Gründe, die solchen Gegensatz hervorriefen, so findet mau immer
wieder, dass Weishaupt als der Manit der ernsteren, inneren
Arbeit angesehen werden muss, Knigge als der Hascher nach
:Susserem Glänze, unter Vernachlässigung des eigentlichen Ordens-
weckes, Diese Ansicht spricht indirekt auch Zwackh in seiner
Ordensgeschichte aus und beweist dur-ch Aufzählung der Namen
— 146 -
hen^orragender Mitglieder, dass Knigge durchaus nicht so leicht
imstande gewesen wäre, seine Drohung, alles zu zernichten,
auszuführen.
Knigge einigte sich 1784 mit den Areopagiten über seinen
Austritt, der alsdann am L Juli desselben Jahres erfolgte, kurz
bevor die Verfolgungsperiode des Ordens eintrat
Zwacks Ordensgeschichte, im Anschluss an den bereits be-
kannt gegebenen Teil, muss hier der Vollständigkeit wegen ein
gefügt werden; sie gibt dem Leser wertvolle Gesichtspunkte
zum Verständnis des Weiteren.
§ 12.
Unter diesem Titel (den der Illuminaten-Freimaurer) wurden
nun in ganz Deutschland Männer von entschiedener Gelehrsamkeit,
Ansehen und Würden angeworben, und einige davon zu areo-
pagiten aufgenohmen. Ich nenne von diesen letzteren nur die-
jenigen, welche die einzigen w^aren, die Einfluss auf Bayern
hatten und die hinlängliche Bürgen sind, dass die Direction des
Ordens in keine unwürdige Hände gekommen und missbraucht
worden sey.
Graf Stollberg zu Neuwied wurde zum Natzional von
Deutschland ernannt. Weishaupt übernahm mit dem Kammer-
gerichtsassessor von Dietfurth das Amt eines Präfect und
Inspektors der deutschen Directionen und Graf Stahemberg,
Domherr zu Eichstedt vermehrte die Zahl der fränkischen, sowie
Graf Kostanza, nachdem er von seiner Maurerischen Reise
wiederum nach Bayern zurückkam, jener der bayerischen areo-
pagiten. Die schon angezogene ßeylage*) bestimmt genau den
Zusammenhang der Direction und es erhellt daraus, dass in
keiner Provinz ohne Vonvissen der ersten Ordens -Vorgesetzten
etwas ausserordentliches konnte unternohmen werden, sodass
alle nur auf einen Zweck und nach dem allgemein beliebten
Plan arbeilen mussten.
§ 13-
Wegen Bayern verdient hier noch besonders angemerkt
zu werden, dass das geheime Kapitel aus nachstehenden Mit-
gliedern bestand, nehmlich Graf von Törring Seefeld, HotTcammer-
Präsident, Professor Bader, Revisionsrath von Berger, Grafen
*) Es ist dieselbe; die im Nachtrag der Origmalscbriflen s, Zt. bekannt
gegeben wurde.
I
— 147 —
5ö\'ioIi, Revisionsrath von Werner, Marquis von Kostanza,
lofrath Zwackh, Freiherr von Monjellas, Kanonikus Hertel,
Neben diesen hatten den Schottischen Rittergrad Graf von Seins-
heim, Baron von Ecker, Major von Ow, Pfarrer Socher und
Bucher, der Schulrat Franhofer, Freiherr von Meggenhofer,
Professor Grünbeiiger, Apotheker Wörz und Unterbibliothekar
Drechsl, welche entweder wegen Abwesenheit von München,
oder anderen Ursachen in dem geheimen Kapitel keinen Beisitz
hatten, sondern nur den förmlichen Versammlungen des
grösseren und dirigierenden Illuminaten beywohnten. Weil den
Münchener areopagiten durch ihre gehäuften Berufsgeschäfte
nicht so viel Zeit mehr übrig blieb, als der Orden erforderte, so
übergaben sie die Stelle eines Provinzialen dem Grafen Kostanza,
jedoch dei^estalten, dass Ihnen dieser von Zeit zu Zeit das
f Wichtigere vortrögen, und auf Verlangen in allen Dingen Ein-
Feicht geben musste, auch wurden um eben diese Zeit Graf
Sinsheim, Regierungs-Vizepresident, einstimmig dem Provinzial
Collegio in Bayern einverleibt.
§ 14.
H Nach dieser Verfassung und unter Anführung so vieler
^ehrw^ürdiger Männer, versprach sich der grössere Theill des
lUum, Ordens eine ruhige, ewige Fortdauer, es mangelte auch
an dem Fleiss der mittel und unmittelbaren Oberen gewiss
nicht, diese berichteten und jene entscliieden pünktlich, aber
dadurch w^urde der Orden mit den nötigen Kenntnissen nicht
bereichert, deren Sammlung seinem Zweck das Verträglichste
hatte seyn sollen und von welchen man den Mitgliedern einen
so grossen Vorrath versicherte» Es schien, dass diese ganze
Epoche mehr zu der äusserlichen Zierde als zu der innerlichen
Verstärkung angewendet wurde, und ausser Weishaupt werden
wenige an dem Hauptplan und den sogenannten Mysterien
etwas bearbeitet haben. Desswegen kam auch ausser den
bisshero gesagten Graden keine weiteren mehr zu Stande, und
eben war man im Begriff den von W. entworfenen Provinzial-
grad, oder Sacerdotium, zu durchlessen, worin die Wissen-
schaften abgetheilt, jedem eine gewisse Klasse von arbeiten an*
gewiessen, die Methode ihren Unterricht zu erleichtern gezeiget
und das resultat voiigelegt wurde, was bissher in jedem geleistet
worden, dann wo nun mit der weiteren Erforschung anzubinden
j wäre» als der schon längere Zeit von Jesuiten, Mönchen, Rosen*
10*
— 148 —
kreutzern und Sektirern, gewissen sonderböhren Verbindungen
ausgestreute Srtamen der Zwietmcht Wurzel fosste und der
erste Sturm in Bayern eben gegen diejenigen ausbrach, welche
die ersten Stifter und die thätigsten Arbeiter stetshin gewesen
waren; in einem Lande ausbrach, wo man sich von der
herrschenden Wuth der Feinde der Aufklarung mehr als in
jedem andern versprechen konnte, und w^o man vorher sähe,
dass die Verfolgten wegen ihrer geringen Staats-Verhöltnisse
und EinfluÄs auf die Persohn des Ftirsten konnten zertrelten
werden, und wo man sich endlich den grössern Anhang der
Unzufriedenen selbst aus der Gesellschaft der Illuminaten ge-
worben hatte.
§ 15.
ulff
Wenn ich unter die Verfolger die Jesuiten, Mönche vi
Rosenkreutzer rechne, so verstelle ich darunter nicht jedes
Individuum, welches zu dieser* Klasse gehört, ich kenne selbst
dorunter IVh'inner, die es den andern verdachten, aber die-
Mehrheit derselben bleibt immer mit meiner gegründeten Be-
scluildigung behaftet. Die Predigten, welche in Bayern von
den Mönchen gehallen w^orden, und wo man sich alle Mühe
gab das Volk gegen die Illuminaten und Maurer durch die
niederträchtigsten Schilderungen von ihnen aufzuwiklen (auf-
zuwiegeln), das Bestreben der Jesuiten, in Privathäussern das
zu werden, was Beichtvater Frank am Hof, die abscheulichsten
Schandthaten der Gesellschaft zuzuschreiben und endlich die
Mitwirkung der Rosenkreutzer ist aus der Geschichte der Ver-
folgung der Illuminaten*) und aus dem Schreiben der letzteren
an Prof, Bnder und seine Antwni-t, die dort abgedruckt ist, hin-
länglich Ijckannt.
Das Münchener Kabinet begnügte sich nicht durch wieder-
holte Mandate, diese und alle maurerischen Gesellschaften zu 1
veiiMCten, sondern entschloss, die Illuminaten-Sekte mit Gewalt
zu vertilgen, und so gnädig und massig die Verordnungen selbst
öbgefasst w^aren, um desto schärfei' war ilir Vollzug. Man ver-
bannte mehrere ihrer Milglieder, zerstreute die andern durch
Drohungen und Furcht und machte dadurch das Ausland auf- -
merksarn und schüchteru, Selbst die auswärtigen Mitglieder |
stellten umsomehr ihre Arbeiten und Versammlungen ein, als
*j Genanrilea Buch ist van Weishaupt herausgegeben.
— 149 —
^
man die weileren Folgen von dem allen Orten verbreiteten üblen
Ruf der 111. Verbrüderung und von der Rechtfertigurig ibrer
Verfolgten erwarten wollte und die ersten Vorgesetzten ohnehin
im Begriff waren in den unteren Graden Verbesserungen vor-
zunehmen, und mit vereinigten Kräften die höhere zu Stande
zu bringen.
§ lö.
Das war der Anfang und das Ende von einer geheimen
Gessellschaft, welche seit drey Jahren beynehe ganz Europa auf-
merksam und neugierig maclite, welche die grösste Regierungs-
beschaftigung vor das Kurptalz-bayrische Kabinet waren, der
man eine Macht, Absichten und einen Zweck zumuthete, vor
welchem sich ganze Staaten fürchten sollten, dessen unbekannte
Obere man vor nichts weniger als Landesverräther, Dokumenten-
räuber, Majestätsverbrecher und Meuchelmörder sclnlderte, alles
bloss deswegen, w^eil man sich die Mühe nicht gab mit gesunden
Augen zu sehen, jede Anklage vor erwiessen aniuihm, die Be-
schuldigten nicht anhoi'en und den In(]uisitoren kein Mittel bey-
fallen oder beyfallen wollte , durch welche nach Vorschrift der
Gesetze das ganze sich sehr leicht hätte entdecken lassen. —
^
Was war denn nun der Inhalt des Priestei^rades, den wir
als den eigentlichen Zankapfel erkannt haben und der als ganz be-
sonders gefährlicli in seinem Ideengang bezeichnet wurde? Es gibt
ein Buch, 1794 anonym gedruckt, betitelt: *die neuesten Arbeiten
des Spartacus und Philo in dem lUuminaten-Orden*, dieses ent-
hält das gesamte Ritual des Grades, wie es von Knigge laut
seiner brieflichen Erklärung verbreitet wurde, Weilerhin be-
findet sich in dem Nachtrag zu den Originalschriften eine An-
rede an die Illuminatos dirigentes, die fast denselben Inhalt hat
wie die in dem genannten Buche enthaltene Anrede an den
neuaufgenommenen Priester. — Aus diesen Werken kann jeder
die Grundsätze des damaligen Priestergrades erkennen und
wollen wir versuchen, einen Extrakt aus der sehr langen Hede
herauszuziehen, die in ihrer ganzen Länge nur ermüden würde.
Die als Unterricht bezeichnete Anrede umfasst nämlich 72 ge-
druckte Seiten.
Unbedingt notwendig ist es jedoch, den Inhalt derselben
zu kennen, denn hier liegt der Angelpunkt, um den sich alle
Anklagen gegen den alten Orden drehen. — Man wird sehen,
— 150 —
wie der Verfasser der Anrede in vielen Punkten stark über
Ziel hinausschiesst, aber auch erkennen, dass die Zeit sehr viele
der aufgestellten Forderungen erfüllt hat. Klar ersichtlich wirdJ
es jedoch, dass in jener Zeit, in der der Despotismus noch seine
Blüten trieb, solche Gedanken recht wohl als aufrührerisch,
volksverderblich und verderblich angesehen werden konnten. 1
Unsere jetzt wesentlich kühlere Denkungsart erkennt heule
manch ausgesprochenes Wort als unzweifelhaften Irrtum, über-
sieht die Grenzen, die einer derartigen Gesellschaft gezogen sind
und innegehalten werden müssen zum Wohle der Allgemeinheit,
weit leichter, als es jenen nach Freiheit dürstenden Seelen mög*
lieh war. Der Freiheitsdrang, der in Schiller einen so bereiten»
begeisternden Sänger fand, pulsierte überall; die Sturm- und
Drangperiode machte sich gewaltig fühlbar, und unter Berück-
sichtigung dieser Tatsachen gewinnen heute viele Vorgänge ein
ganz anderes Gesicht.
Man wollte das Gute, aber über die Mittel es zu erringen,
darüber war man nicht einig. Deswegen brachte jene Zeit wohl
eine Fülle von Theorien zu stände, die alle in beschränkter
Weise ihren Einfluss ausübten, aber keine durchbrechende I
Macht besassen, bis die Weltereignisse selbst mit eherner Ge-
walt das Morsche siüi*zten und die Bahn freimachten für Seg-
nungen, die das heutige Geschlecht geniesst, Geahnt jedoch
haben unsere Vorkämpfer eine neue Zukunft, die uns inzwischen
Gegenwart geworden ist; wie sieh dieselbe nun in ihren Köpfen
ausmalte, das wurde in der Anrede oft recht unverblümt ausge-
sprochen. Letztere hat nun folgenden Inhalt; es sei jedoch
gleich hier eindrücklichst betont, dass der heulige Orden
nicht mehr mit den oftmals unhaltbaren Ansichten und klaren
Irrtümern übereinstimmt. Die ganze Anrede hat nur historisches
Interesse:
I
tNach sorgfältiger Vorbereitung und Prüfung rückt nun-
mehr die Zeit deiner Belohnung herbei: Du hast deinen Verstand
aufgeklärt, dein Herz gebessert, du hast dich und andere er*
kennen und bilden gelernt- Nun triffl auch dich die Reihe,
andere zu erleuchten und zu regieren. Das was du bis jetzt
weisst und was du noch lernen wirst, giebt dir Überlegenlieit
und Finsichten über andere Schwachei'e und eben diese Über-
legenheit ist die einzig wahre Quelle der Macht des Menschen
über andere Menschen,
Durch den Eintritt in die unsichtbare Versammlung wirst
du heute dem höheren Orden zugesteüt, — Weisst du aber auch
hinlänglich, was es heisst herrschen? Nicht über den geringern
oder vornehmern Pöbel, sondern über die besten Menschen ohne
äusserlichen Zwang, ihnen einerlei Geist und Seele einhauchen?
Das ist eine bishero in der Staatsklugheit noch unaufgelöste
Aufgabe. Dort werden die Menschen aus Furcht und Zwang zum
handeln bestimmt, hier bei uns soll sich jeder selbst dazu be-
stimmen.
Weist du auch^ was geheime Gesellschaften sind? O, mein
Bruder! Gott und die Natur, welche die Dinge der Welt, die
GrÖssten sogut wie die Kleinsten zur rechten Zeit und am
gehörigen Ort geordnet haben, bedienen sich solcher als Mittel,
jum ungeheure, sonst nicht erreichbare Endzwecke zu erreichen.
Du stehst hier in der Mitte zwischen der vergangenen und
künftigen Welt. Mache dich gefasst einen flüchtigen oder kühnen
Blick hineinzuwagen. — Die Natur, welche stufenweise Ent-
wickelung eines unendlichen Planes ist, wo das nämliche Ur-
bild in allen möglichen Veränderungen, Graduationen und Formen
zum Grunde liegt, und von uns Menschen nach Verschiedenheit
seiner Gestalt verschiedene Namen enthält, macht in allen diesen
I Veränderungen keinen Sprung, sie fängt von dem kleinst-mög-
I liehen und unvollkommenen an, durchläuft ordenthch alle Mittel-
stufen, um zum grössten und vollkommensten dieser Art zu ge-
langen, welches Höchste vielleicht neuerdings die niederste Stufe
einer neuen höhern Veränderung ist: sie macht Kinder, und aus
ihnen Männer: und Wilde, um daraus gesittete Menschen zu
machen. So wie der einzelne Mensch, ebenso hat auch das
ganze Geschlecht seine Kindheit, Jugend, männliches und graues
Alter. Mitjeder dieser Perioden des ganzen Geschlechtes lernen die
Menschen neue, ihnen vorher unbekannte Bedürfnisse, Aus jedem
befriedigten Bedürfnis entsteht wieder ein neues und die Ge*
schichte des Menschengeschlechtes ist die Geschichte seiner Be-
idürtnisse, wie das eine aus dem andern entstanden, diese Ent-
I Wickelung der Bedürfnisse ist die Geschichte der Vervollkomm-
nung des ganzen Geschlechtes; denn nach diesen richten sich
Kultur, Verfeinerung der Sitten, Entwickelung der schlafenden
Geisteskräfte, Damit ändert sich zugleich die Lebensart, der
moralische und politische Zustand, die Begriffe von Glückselig-
keit, das Betragen der Menschen gegen einander, ihre Verhältnisse
unter sich, die ganze Lage der jedesmaligen gleichzeitigen Welt.
Die erste Stufe von dem Leben des ganzen Geschlechtes
ist Wildheit, ist rohe Netur: wo die Familie die einzig:e Ge-
sellschaft und leicht zu befriedigender Hunger und Durst, Schutz
vor dem Ungestüm des Wetters, ein Weib, und nach der Er-
müdung die Ruhe, die einzigen Bedürfnisse sind, ein Zustand,
in welchem der Mensch die beiden vorzügliclisten Güter, Gleich-
heit und Freiheit, in voller Fülle geniesst und auch ewig ge-
niessen würde, wenn er das schon wäre, wozu sein Geschlecht
erst durch lange Vorbereitung gelengen sollte. Glückliche
Mensehen, die noch nicht aufgeklärt genug waren, um ihre Seelen-
ruhe zu verlieren, und die grossen unseligen Triebfedern und
Ursachen unseres Elends, die Liebe zur Maclit, die Begierde
sich zu unterscheiden und andere zu übertreffen, den Hang zur
Sinnlichkeit und die Begierde nach den vorstellenden Zeichen
aller Güter, diese wahre F.rbsünde aller Menschen mit ihrem
mühseligen Gefolge, dem Neid, Geiz, Unmässigkeit, Krfrnkheilen
und allen Foltern der Einbildungskraft zu empfinden. Aber
bald entwickelte sich in ihnen dieser unselige Keim und ihre
Ruhe und ursprüngliche filückseligkeit war dahin, als die
Familien sich vermehrten, der Unterliaitzu mangeln anfing, das
nomadische Leben aufhörte, dos Eigentum entstand, die Menschen
feste Sitze w^ahlten und durch den Ackerbau die Familien sich
einander näherten, dabei die Sprache sich entwickelte und durch
das Zusammenleben die Menschen ihre Kräfte gegen einander
zu messen anfingen, hier Überlegenheit, dort Schwäche sehen.
Hier sah man wie der eine den andern nutzen, wie Klugheit
und Stärke des einen die zusammenlebende Familie ordnen und
einen ganzen Landstrich gegen die Angriffe des andern Sicher
heit verschaffen konnte. Aber hier wurde auch zugleich der
Grund zum LTnlergang der Freiheit gelegt, die Gleichheit ver-
schwand. Man fühlte neue unbekannte Bedürfnisse, man fühlte
auch, dass sie durch eigene Kraft nicht wie vorhin zu befriedigen
wären. In dieser Absicht unterwarf sich der Schwache ohne ]
Bedenken dem Starkem und Klügern, nicht um von diesem
misshandelt, sondern geschützt, geleitet, belelirt zu werden; die
Fähigkeit dem andern zu nützen, war der einzige anerkannte,
rechtmässige Titel zum Thron und so wie vorher Vätei- und
Haupter der Familien die ersten, so waren nunmehr Wohlthäter
die zweiten und einzigen Könige der Welt,
Nun waren also die Menschen aus ihrer ruhigen Lage in
den Stand der Unterwürfigkeit versetzt, Eden, der Garten des
^ ^^
153
iradieses, war für sie verloren, denn sie waren gefoilen, der
Sünde und Knechtschaft untenvorfen, sie nnissten ihr Brod in
Kr Unterwürfigkeit, im Seliweisse ün^es Angesiclils verdienen,
idere bemächtigten sich ihret% verspraclien ilinen Scliiitz und
wurden ihre Anführer': oder die Klügern, um sie zu ihren Ab*
sichten zu leiten und ihren Vorselnitlen grosses Ansehen zu
[geben , gaben sich tüi^ übernatürliche Wesen und Abgesandte
^Boites aus: und auf diese Art wurde die Theocrolie unter ihnen
eingeführt.
^^ Doch war noch keines dieser X'olker zn gross, sie waren
Hn Horden verteilt, deren jede ihren Antülirer hatte. Diese An-
führer, eben so ungleich an Klüften, als die einzelnen natürliclien
Menschen, mussten nach und nach ebenfalls dei- Überlegenheit
des Klugen und Tapfersten unter ihnen weichen, und so wurden
viele kleine Stämme in ein grosses Volk vereinigt. Es ent-
H^nden Nationen und Vorsteher, Könige der Nationen.
Mit dem Ursprung der Nationen und \%5lker hörte die Welt
auf, eine grosse Familie, ein einziges Reich zu sein» das grosse
Band der Natur wurde zerrissen.
Man vereinigte Menschen, um sie von einander zu trennen;
^aan zog zwischen Menschen und Menschen eine Linie, diese
Iterien aul\ sich unter einem gemeinschaftlielien Namen zu
kennen. Der Mensch fing an, dem Landesmanne nachzustehen,
Bnd der Nationalismus trat an die Stelle der Menschenliebe.
Tun wurde es zur Tugend, auf UnkiKsteii derer, die nicht in
unsere Grenzen eingeschlossen waren, sein Vaterland zu ver-
Rössern. Nun wenn es ein Mittel war' zu diesem engern Zweck,
war es erlaubt, Freunde zu verpachten, zu liinterlisten oder
wohl gar zu beleidigen. Diese Tugend hiess Patriotismus, und
ter Mann, der gegen olle übrigen ungerecht war, um gegen die
einigen gerecht zu sein, der seine Vernunft so weit herunter-
eführt halte, dass er* gegen fremde Vorzüge blind war, und die
Mängel seines Vaterlandes gar nicht, oder wohl gar als Voll-
kommenheit betrachtete, dieser Mann erhielt den Namen des
Patrioten. Die Liebe gegen Menschen war im genauesten Ver-
hältnisse mit der Grösse seines Vaterlandes.
B War es einmal erlaubt oder wohl gar tugendhaft, Menschen
^Lie nicht mit mir einerlei Land bewohnten, geringer zü halten
oder wohl gar zu beleidigen, warum sollte es nicht auch erlaubt
sein, diese Liebe noch enger auf die Bewohner meiner Stadt
oder wohl gar auf die Mitglieder meiner Familie, oder auf mich
- 154 —
aliein zu beschränken? Und so entstand aus dem Patriotismus
der Localismus, der Familiengeist, und am Ende gar der
Egoisnnus.*)
Nun hatten die Menschen Ursach genug sich zu hassen,
aber beinahe keine sich zu lieben. Nun liebte man nicht mehr
den Menschen, sondern einen solchen Menschen. Dieses Wort
ging gänzlich verloren, und nun nannten sich Menschen: Römer
und Grieclien und Barbaren, Heiden und Juden, Mahomedaner
und Christen. Diese teilten sich wieder in weitere neue Secten
bis auf den Egoismus herunter. Nun brauchte man nur das
Wort Christ oder Jud, Römer oder Barbar zu hören, so ent-
stand Neigung für seine und Verfolgungsgeist gegen die andere
Partei. Intoleranz war nun auf allen Seiten, und weil der
Patriotismus den Egoismus geboren, so hassten sich Menscheo
von der nemlichen Seele und Nationen darum nicht weniger.
Die Nation war geteilt, so wie die verschiedenen Interessen,
dieser Name vei^gessen, und die Könige fingen an, sich an die
Stelle der Nation zu setzen, sie als ihr Eigentum zu behandeln
und sich nicht w^eiter als Vorsteher zu betrachten.
Um die Nation vollends zu unterjochen, trug die Eroberungs-
sucht der Monarchen nicht das Wenigste bei. Man gebot über
hunderttausend Menschen, mit diesen konnte man so sicher 1
über die Nachbarn herfallen.
Nun fielen Menschen über Menschen, Nationen über
Nationen, Menschenblut floss auf allen Seiten, Es entstand aus
den Überwundenen eine neue Klasse von Menschen, die man
Sklaven nannte, ganz für andere, nicht für sich geschaffene
Menschen, zur Willkür des Überwinders, ohne Erwerb, ohne
Eigentum,
Törichte Völker! die es nicht vorher sahen, was mit ihnen
geschehen sollte, die dem Despoten halfen, die menschliche
Würde bis zum Vieh zu erniedrigen, um dereinst mit ihnen
ein Gleiches zu versuchen, die Sklaverei der Überwundenen J
wurde das Modell von der Sklaverei der Überwinder. Ihr Ver-
brechen war an ihren Nachkommen gerochen, sie durften nur
ihre strengen Sitten verlieren, der Weichlichkeit sich ergeben, ■
und an den sinnlichen Bedürfnissen Geschmack finden, wozu
sie der Überfluss der gemachten Beute vorbereitet, so w^ar der
Sieger der Überwundene, und der Überwundene der Sieger,
•) Man sieht» auch Tolstoi halle seine Vorgarigej",
— 155 —
Diese waren wichtige, aber nicht die einzigen Folgen von
der Errichtung der Staaten.
" Um nicht zu ermüden» schliessen wir hier den wörtlichen,
wenn auch nur im Auszuge gegebenen Gedankengang und be-
schränken uns darauf, das Weitere inhaltlich anzugeben:
Die Anrede entwickelt weiter, dass National beiden als
ausserordentliche Menschen, als Götter angesehen wurden und
aus dem Glauben, der Sohn eines Wohltaters müsse ebenfalls
ein Wohltäter sein, das Wahlreich und schliesslich das Erb-
reich entstand. Mit letzterem stürmte der Despotismus auf die
sorgenlosen Menschen herein und alle Laster desselben hatten diese
zu ertragen. Die Folgen des Despotismus war das Bedürfnis nach
Freiheit Tyrannen wurden gestürzt, Revolutionen entstanden.
Um letztere zu verhüten oder doch zu erschweren, wurde das
System vom Gleichgewiclit der Staaten erfunden, sodass dadurch
nicht so häutig wie vordem» Staaten entstehen und vergehen, es
sei denn, dass mehrere der Starkern sich zum Raub und Ver-
teilung des sinkenden Reiches einigen. Da es aber im Inter-
esse der einzelnen Könige Hegt, sich zu behaupten, und diese
einsehen, dass es zu diesem Zwecke nicht gut sei, über eine
Horde zu herrschen, sondern über vernünftige Köpfe, so wird
die Aufklarung befördert und die vorher unterdrückte Freiheit
steigt aus ihrer Asche empor. Die Aufklärung verbreitet sich
jedoch jetzt nur in der Absicht, listige Menschen zu bilden, als
Mittel zur Befriedigung der Eroberungssucht der Könige und
zur Unterdrückung anderer. Um solchen Missbrauch zu hindern
und einem Rückfall in vorige Erniedrigung vorzubeugen, hat die
Vorsicht seit uralten Zeiten ein dauerhaftes Mittel geboten —
geheime Weisheitsschulen.«
Die Anrede versteigt sich nun in dem Wunsche, die Wichtig-
keit solcher Schulen zu begründen, zu einem Satze, den wir
wörtlich wiedergeben müssen, weil aus diesem die unzweifel-
hafte Absicht des Ordens — die Fürsten zu stürzen und eine
Vernunftreligion herzustellen — abgeleitet worden ist, sowie
der ebenso klare Beweis, dass die rranzösische Revolution im
Jahre 1789 dui-ch die Illuminaten bewirkt wurde» Es heisst da:
»Diese Mittel sind geheime Weishcitsschulen, diese waren
vor allzeit die Archive der Natur und der menschlichen Rechte,
durch sie wird der Mensch von seinem Fall sich erholen,
Fürsten und Nationen werden ohne Gewalttätigkeit von der Erde
- 156 —
verschwinden, das Menschengeschlecht werde dereinst eine
Familie, und die Welt der Aufenthalt vernünftiger Menschen
werden. Die Moral allein wird diese \'eräodeningen unniert
bar herbeiführen. Jeder Hausvater wird dereinst, wie vordem
Abraliam und die Potriarchen, der Priester und der uneinge-
schränkte Herr seiner Familie und die Vernunft das alleinige
Gesetzbuch der Menschen sein.*^ —
In dem Weiteren wird nun ausgeführt, dass, wer all
gemeine Freiheit einführen will, allgemeine Aufklärung verbreiten
müsse.
Aufklarung ist zu wissen, was ich bin, was andere sind,
was andere fordern, was ich fordere; zu wissen, dass ich mir
nicht allein genug bin, dass ich ohne Hilfe meiner Neben-
menschen nichts bin, sie demnach als wesentlichen Teil meiner
Glückseligkeit betrachte, dass, wenn ich nichts für sie leiste, sie
auch nichts für mich übernehmen. Man muss nachgiebig gegen
Fehler sein, tolerant gegen andere Meinungen, mit seinem Schick*
sal zufiieden leben, mit andern trauern, ihnen helfen wo man
kann und sich freuen über andere Freuden, seinen Übei'fluss
zum Nutzen anderer verwendeiu
Wenn solche Aufklärung ein Werk der Moral ist, so nimmt
auch Aufklärung und wechselseitige Sicherheit zu. Die Moral
ist also die Kunst, w^elche Menschen lehrt volljährig zxx werden,
der \'ormundschaft los zu werden und Fürsten und Staaten
entbehrlich zu machen. * Mei' w*5zu braucht man sie sodann?*)
Die Anrede geht dann auf Jesus über, dessen Lelu-e nun
in dem Sinne ausgelegt wird, wie es Knigge in dem Bride an
Cato-Zwackh (S» 128) mitteilt und die rein in den Symbolen der
Freimaurei'ei erhalten wurde.
Die drei Zustände der Menschheit werden in der Hierogly-
phie der Freimaurei'ei durch den rohen, ges])al tonen und glatten
Stein vorgestellt. Der erste ist der erste Zustand des mensch-
lichen Geschlechts im Stande der Wildheit. Die zw^eite die
Hie!T)glyphie der gefallenen, abgewürdigten Natur, des Menschen
in Staaten; dieser mittlere Stein ist gespalten, weil in diesem Zu-
•) Dieser in seiner Logik groleske Satz enlhalt die berfilimle Öse zum
Einhaken aller mögliciien Angrifte über die StaaUgerährlichkeit des damaligen
Ordens, Wir erblicken jetzt in diesem nur den paradoxen Ausspruch über-
eifriger Kdpfe, die sich über rteii BegrilT der Ordnung nicht klar waren und
Qbei'sahcn, da>s wenn nichl die Moral, doch die Ordnung immer Bangsiufeu
bedingt.
1
— 157 —
slBnd das menschliche Geschlecht nicht mehr eine Familie aus^
*aclit, sondern durch Verschiedenheit der Regierung, Ländej'
id Religionen unter sich geteilt ist. Sobald dieser gemachte
Unterschied verschwindet, sobald wird dieser gespaltene Stein
fieder ganz. Und daher ist der dritte die Hieroglyphe des Zu-
andes von unserer zurückerhaltenen Würdigung unsers Ge-
schlechts. Der flammende Stern mit dem Buchstaben G. ist
die Aufklärung, die Gnade, Gratia, die uns leuchtet auf unsern
bisherigen Irrwegen. Die, in welchen diese Gnade wirkt, sind
die Erleuchteten, Illuminati: ein Name, mit welchem in der
ersten Kirche alle Christen nach der Taufe, hiemit alle Gläubigen
belegt wurden*
Es wird nun der geistliche Despotismus, die Religions-
verfolgung geschildert, dass das Christentum seine Reinheit %'er-
lor und die echten Lehren unter Hieroglyphen, die in geheimen
Gesellschaften bewahrt wurden, sich verbargen. In der Frei-
maurerei bedeutete daher Hieram den für das Beste der Welt
ersclilagenen Meister, Jesus von Nozareth. Der Name Hieram
ist entstanden aus den Anfangsbuchstaben folgender Worte;
Hie Jesus est restituens amorem mundi, oder wie andere lesen;
Hie Jesus est resurgens a mortuis. Dahin deutet auch das
rabbinische Wort Mac-benac, er hat den Sohn erschlagen. Da
nach der Lehre Jesu die Mensclien zu ihrer Freiheit durch Ge-
rechügkei! und Wohlwollen gelangen, so w^erden diese durch
zwei Säulen mit den BuchstabcMi J. und B. (Justitia und Bene-
volentia) angezeigt, als auf wcicherj beiden Grundsäulen das Ge-
bäude der menschlichen Unabhängigkeit beruht. Das Winckel-
maass, Senkblei usw. sind die Symbole und Hieroglyphen der
Rechtmässigkeit unserer Handlungen, mit welchen wir ihr V^er-
hällMis zum Zweck bestimmen und abmessen. Die 9 Meister,
welche den erschlagenen Hieram gesucht, stellen die ei*sten
Stifter des Ordens vor, w^elche die unter Menschen verloschene
Menschenliebe nach der Lehre ihres erschlagenen Meisters
wieder unter sich in Gang gebracht, und von den Schlacken und
menschlichen Zusätzen gereinigt. Und w^eil die Freimaurerei
die Menschen die Kunst lehrt, sich selbst zu beherrschen, so
wird sie eine königliche Kunst genannt. Sonne, Mond und
Sterne sind die verschiedenen Grade der Erleuchtung, welche
der Mensch auf seinem Wege zu diesem Zweck erhalt.
Und so w^äre also der Zweck der echten Freimaurerei durch
tätiges Christentum, durch die Verbreitung der Lehre Jesu und
— 158 —
durch die Aufklarung der Vernunft, die Menschen zu ihrer Frei-
heit fähig zu machen, die Weit und die durch verschiedene Ein-
richtungen getrennte Menschen in eine Familie zu vereinigen, und
das Reich der Gerechten und Tugendhaften herbeizuführen.
Es wird nun dargestellt, dass auch die Freimaurerei auf
Abwege geriet, dass Grade auf Grade erfunden w^urden, woduith
der eigentliche Zweck vergessen und nur der Hang zum Wunder-
baren gereizt wurde, dass aber einige gute Arbeiter diesem ein-
brechenden Verderben sich entgegenstellten, und der Same zu
einer neuen Welt nunmehr Wurzel geschlagen habe.
Es wird dann betont, dass wir (die Orden sangehörigen)
uns bei dem Beginnen der Natur ihr Tagewerk zu vollenden,
nur als Zuschauer verhalten, keinen Erfolg beschleunigen, und
sich keine anderen Mittel erlauben als Aufklärung, WohhvoUen
und Sitten zu verbreiten. Des unfehlbaren Erfolges sicher, ent-
halten wir uns aller gewaltsamen Mittel, vielleicht vergehen
Jahrtausende oder hunderttausende darüber, wir begnügen uns
damit, das Vergnügen und die Glückseligkeit der Nachwelt schon
sofern vorhergesehen und durch die unschuldigsten Mittel den
Grund dazu gelegt zu haben.
»Wir beruhigen uns dabei in unserm Gewissen gegen
jeden Vorwurf, dass wir den Umsturz und Verfall der Staaten
und Thronen eben so w^enig veranlasset, als der Staatsmann
von dem Verfall seines Landes die Ursache ist, weil er solchen
ohne Möglichkeit der Rettung vorhersieht. Als fleissige und
genaue Beobachter der Natur verfolgen und bewundern wir
ihren unaufhaltbaren majestätischen Gang, freuen uns unsers
Geschlechts und wünschen uns Glück, Menschen und Kinder
Gottes zu sein.« —
Nachdem der Neuaufgenommene noch aufmerksam gemacht
wurde, dass man diese Lehre ihm nicht aufdringe, sondern falls
er besseres wüsste, das nicht verhehlen möge, er daher heraus-
suchen solle, was ihm geföllt, schloss die Anrede, —
Es folgte nun das Zeremoniell der Aufnahme, das aber nie-
mals gründlich in der Weise durchgefülirt wurde, wie es Knigge
angab. Die Anrede allein ist nur umhergesandt w^orden, w^rde
abgeschrieben und von einigen Mitgliedern so begeistert auf-
genommen, dass Weishaupt kopfschüttelnd an Zwackh schrieb:
»Sie können nicht glauben, wie unser Priestergrad bei den
Leuten Auf- und Ansehen erweckt. Das wunderbarste ist, dass
— 159 —
protestantische und reformirte Theologen, die vom
sind, noch dazu glauben, der darin ertheilte Religions-
unterricht enthalte den wahren und ächten Geist und Sinn der
christlichen Religion. 0 Menschen! zu was kann man euch
bereden: hätte nicht geglaubt, dass ich noch ein neuer Glaubens-
stifter werden sollte.« —
IDas weitläufige Zeremoniell bestand wesentlich in der Über-
be des Priesterkleides, wer sich für die genauen Angaben
interessiert kann das in dem angegebenen Buch »Neueste
Arbeiten etc.« nachlesen. —
Nach dem Priestergrad folgte als letzter der Regentengrad,
eine Einführung in die Reihe der regierenden Mitglieder. Es
■rurde hier eröffnet, dass der Orden folgen dermassen regiert
werde: Uuser Bund hat einen National-Obern, unter diesem
stehen die Provmzialen, Vorsteher eines jeden Kreises. Zu
dessen Hilfe stehen Consultoren und unter ihnen eine gewisse
Anzahl Präfekten oder Lokal-Obere. Aus diesen Mitgliedern be-
stand der Regentengrad, über den dann noch der Areopag und
der ürdensgeneral als höchste Obere standen. In diesem Grade
herrschte völlige Freiheit und Unabhängigkeit, nur das Empfinden
einer guten Sache zu dienen, sollte das Bindemittel der Brüder-
schaft sein, infolgedessen erhielt der neue auf Lebenszeit er-
nannte Regent alle seine Unterschriften und Papiere bei der
Aufnahme zurück. —
So war der Orden gestaltet, als Knigge denselben verliess
und als des Unwetter bald danach hereinbrach, das für viele
tüchtige Menschen von den schwersten Folgen sein sollte. Knigge
blieb verschont von dem Sturme der Ordensveifolgung, er gelangte
schliesslich nach Bremen und starb daselbst am 6. Mai 1796.
Sein Grab befindet sich im Dom zu Bremen. Der Grabstein
befindet sich gegenüber dem Eingang zur berühmten Bleikammer,
in der aufgestellte Leichname nicht vei-vtesen, linker Hand. Er
ist von einer grossen Schutzmatte bedeckt, weil der Besucher
des Domes, die Leichenkammer verlassend und links sich haltend,
über ihn hinwegschreiten muss, die Inschrift lautet:
Hier ruhet
Adolph Freiherr Knigge
Königl. Grossbrittanischer Oberhauptmann in Bremen.
Er wurde geboren d. 10. Octobei* 1752 in Bredenbeck bei Hannover
und starb den 6, Mai 1796 in Bremen,
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Die OrdensYerfalgiing In Bayern.
Am 22. Juni 1784 erschien plötzlich eine »Höchst-iandes-
' herrliche Verordnungf (s. Originalabdruck) folgenden Inhaltes;
Gleichwie alle ohne öffentlicher Authorilät und landesherr*
licher Bestättigung errichtete Comni unitäten, Gesellschaften und
Verbrüderungen, als eine an sich schon verdächtige, und gefähr-
liche Sache, ganz unzulässig, und in allen Rechten vei'bothen
sind, so wollen auch Se. kurfürstl. DurcliL solche überhaupt,
wie sie immer Namen haben, und in ihrer innerlichen Ver-
fassung bestellt seyn mögen, in dero Landen nirgend gedulden,
und befehlen hiermit ernstlich, dass man sich all dergleichen
heimlichen Verbind- und Versammlungen um so gewisser ent-
äussere, als nicht nur das Publikum darüber schüchtern und
aufmerksam wird, sondern auch Höchstdieselbe sowohl in
Gnaden als anderen Sachen sorgfältigen Bedacht darauf nehmen
werden, welches zu jedermanns Abmehn- und Warnung hiemit
öffentlich kuntgemacht wird.
München d. 22. Juny 1784.
Ex commissione serenis. Dni. Dni.
Ducis, et Electoris specioli.
Konrad Ruprecht,
L. S. kurfürstl Obern Landes-Regierungssekretar.
Die Illuminaten glaubten durch dieses Verbot sich wenig
oder gar nicht berührt, arbeiteten daher ruhig weiter, bis im
Jahre darauf ein zweites Verbot (s. Originalabdruck) eine un-
I begrenzte Verfolgung einleitete. Dieses verschärfte Verbot lautete:
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Gl
M
de
zu
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Wir Karl Theodor,
von Gottes Gnaden Pfalzgraf bey Rhein, Herzog in Ober- und
Niederbaiern, des H. R. R. Erztruchsess, und Kurfürst, zu Gülch,
Cleve und Bei^g Herzog, Landgraf zu Leuchtenberg, Fürst zu
Mors, Marquis zu Bergenopzom, Graf zu Weldenz, Sponheim,
der Mark und Ravensberg, Herr zu Ravenstein etc. etc.
Unsern gnädigsten Gruss und kurfürstl. Gnade Jedermann
zuvor.
Uns kann nicht änderst als sehr raissfällig und empfindlieh
fallen, da Wir vernehmen, wie w^enig Unser bereits unterm
schiedenen in Unsern Landen noch befindlichen Logen der s(
genannten Freymaurer und lUumi nuten geachtet wird, Inder
— 163 -^^
sie sowohl ihre heimliche Zusammenkünften als eigenmächtige
Collekten, und Anwerbungen neuer Mitglieder immei'hin fort-
' setzen, sohin ihre schon t?elir hoch angewachsene Anzahl je
langer je mehf zu verstarken suchen.
Gleichwie Wir aber eine solche, zumal von ihrem aller-
ersten Institut allzuweit abgeartete Gesellschaft sowohl in geisl-
als weltlich- und politischen Betracht für allzubedenklich finden,
als das Wir solche in Unseren Landen ferner gedulden konnten,
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anerwogen hieraus nichts als Verwirr- und Unordnung, allge-
meines Misstrauen in publico factiones in collegiis, und mehr
andere auf die Religion, Justiz, gute Sitten, und den ganzen
Staat überhaupt grossen Bezug habende böse Folgerungen zu
gewarten hat, und grossen theils schon wirklich verspürt, so
schaffen Wir solche auch hiermit gänzlich ab, und verbiethen
derselben all weitere Conventicula, anmassliche CoUekten, und
Anwerbungen neuer Mitglieder. Befehlen auch allen Obrigkeiten,
gute Obacht darauf zu haben, und bey verspürenden Ungehor-
sam Uns die geheime Anzeig darüber zu thun*
164
Das durch obige so eigenmächtig als unzulässige Colleclen
zusammengebrachle Geld und Gut, deklariren Wir für conlis-
kabe!, und wollen, dass die Hälfte der ermen Cessa* die andere I
Hälfte aber dem Aufbringer, wenn er gleich selbst ein Mitglied
wäre, zu Guten gehen, und solcher keineswegs geoflfenbart,
sondern in Geheim gehalten werden solle.
So lieb nun einem jeden Unsere Gnad und seine selbst
eigne Ehre und Wohlfahrt ist, so zuversichtlich erwarten Wir
hierinn allenthalben die schuldigste Folgleistung, damit Wir
andenveiterunbehebigerMaassnehmungentübriget bleiben mögen.
Gegeben in Unserer Haupt- und Residenzstadt München, den
2ten März 1785.
Karl Theodor. Vt. Fr. von Kreittmayr»
Karl von Kiessing, kurfürs
geheimei' Sekretarius.
Ein drittes Verbot wurde im August erlassen. Es lautet:
• Man weis höchster Orten ganz gewiss und zuverlässig,
dass die Freimaurer und Illuminaten ihr schädliches Handwerk
durch heimliche Zusammenkünfte, Kollekten und Anwerbungen
neuer Mitgliedergegen wiederholt landesherrliches Verboth noch
immer forttreiben, und sogar in Justiz- und anderen Kollegien,
wo solche am Avenigsten Eingang finden sollten, sich so w^eit
verbreiten, dass sie in einigen derselben schon die Oberhand
und Mehrheit der Stimmen erreicht haben.
Gleichwie aber Seine kuifürstl. Durchlaucht auf Ihrer hierinn
ergangenen Generalverordnung ganz unbeweglich bestehen, so-
fort solche nirgend mit grösserer Genauigkeit, als bey ihren
Kollegien und Gesetzbewahrern gehorsamst befolgt wissen w^ollen,
so ergeht auch hiemit der weitere ernsthafte Befehl, dass sich
1. alle und jede dieser Sekte noch anhangende Vorstände und
Mitglieder der Kollegien längst inner acht Tagen von Zeit der
in plena Sessione beschehenen Publikation schriftlich, und zwar
die Vorstände nnmittelbar bey der höchsten Stelle, die andern
Mitglieder ober entweder sich angeben und manifestiren sollen,
mit der Erklärung, dass sie von dieser Sekte gänzlich abstehen,
sohin weder ihre Winkelknnventikula mehr besuchen, noch andere
dazu verleiten und anwerben, oder dahin kontrihuiren; viel
weniger sich bey auswärtigen Logen engagiren wollen und werden»
Wer sich nun 2. von den noch existierenden Frevmaurern
i
Bio^üphiai - Geschichte
Uhraxliteraiur
bayrischen Geschichte im 4. Band, Aarau 1818, eine Übersicht
über die Ziele und Zwecke des lliuminatennrdens gibt, hat auf
[•wenigen Seilen eine solche Fülle von Verdrehungen, falscljen
Angaben und Irrtümern zusammengetragen, die sodann unge-
j prüft und als richtig unbeanstandet weitere Wege gebahnt
[haben, dass der Forscher zweifelhaft werden muss, ob hier Un-
[wissenheit oder Boslieit vorliegt. Zscbokke, welcher Zeilgenosse
der in dieser Periode lebenden Hauptpersonen war, konnte,
w^enn er ernstlich gew^oUt hätte, sich über die fraglichen Punkte
[recht wohl onentieren, dass er es sehr stark hat daran fehlen
— 166 —
la^en, ist der mindeste Vorwurf, der gegen ihn erhoben werden
muss. Zwar berufen sich die Historiker heute nicht mehr auf
Zschokke, aber seine falschen Angaben leben noch w^eiter. Wir
müssen diese darum wörtlich anfilhren, damit an ihrer Hand
die Anteilnahme, welche der Herzogin Maria Anna und Friedrich
dem Grossen an der lUuminaten-Verfolgung zugesprochen wird,
untersucht werden kann. Er sagt in der schon genannten
Bayrischen Geschichte Band 4 ab Seite 342, nachdem er ein*
leitend über den Illuminatenorden und von dem Austritt einzelner
MitgHeder aus dem Orden gesprochen: >Unter diesen (welche
ausgetreten waren) w^or der Ersten einer Joseph Utzschneider,
Geheimschreiber der Herzogin Maria Anna, ein junger Mann
von feuriger Seele und seltenen Geistesgaben. Begierig, das
Wissenswürdigste zu wissen, zu thun das Thunwürdige, hatte
er die Einladung zum Beitritt in den Bund angenommen. Ein
fahrender welscher Ritter, genannt Costanzo di Costanzo, weihte
ihn in die höheren Heimlichkeiten ein und forderte von ihm
endlich, seine Ergebenheit zu prüfen, für den Orden die Aus-
lieferung einiger Briefe, welche König Friedrich von Preussen
und dessen Grossstaatsbeemter Herzberg an Maria Anna, die
Herzogin von Baiern, geschrieben. Desselben Tages sandte
Utzschneider statt der Briefe seinen Ordensschmuck zurück.
Seit diesem Augenblick ward er von den geweihten Brüdern als
ein Verschwundener mit Mass verfolgt, doch andere dadurch
nicht geschreckt, thaten bald wie er.
Constanzo, welcher nach diesem auf Kosten des Bundes,
Reisen in mehrere Länder machte, kam nach Berlin. König
Friedrich, durch maurerische Verbindung von seiner Erscheinung
belehrt, Hess ihn beobachten. Constanzo war betriebsam, den
Bauhütten Berlins illuminatische Stufen zu geben.
Friedrich nun der geheimen Zwecke derselben kundig, er-
teilte seinem Gesandten zu Regensburg Befehl*) den Ver-
hältnissen des Ordens nachzuspüren, welcher, wie in Baiern so
in Oesterreich ausgebreitet und selbst am Wiener Hof wirksam
sein sollte. Und als in derselben Zeit der Antrag des Kaisers
zum Austausch Baierns gegen die Niederlande geschah, erging
von Berlin der Mlaminaten wegen, eine warnende Botschaft des
Königs an die Herzogin Maria Anna**), denn es ward geredet
•) Unter Ziffer 163 zeigt das Original die Fassnotcs: Im März 1784.
•♦) 164 Schreiben des Grafen Herzberg an die Herzogin Maria Anna,
Berlin, den 25. Januar 1785. Hd8chr.
I
— 167 —
der Orden hange in seinen Gliedern zu München und Wien
der Sache des Erzhauses an und arbeite füi' die Vollbringung
des Tausches. Die bairische Fürstin forderte von ihrem Geheim-
schreiber Licht über das finstere Treiben. Dieser eingedenk der
Pflichten gegen Staat und gesetzliche Obrigkeit entdeckte, was
^r selber gewesen und wos er gekannt.-« —
^B Weiter behauptet noch Zschokke, dass Ulzschneider in
^■eistündiger Unterhaltung den Kurfürsten über die Schädlichkeit
Tres Ordens belehrte und dieser nunmehr die strengen Verbots-
befehle ergehen Hess.
H| Hier ist einzuschalten, dass die Bekenntnisse Utzschneiders
oie Herzogin entgegennahm und diese sodann dem Kurfürsten
die bedrohlichen Mittheilungen weiter gegeben haben soll»
dadurch die Verfolgung veranlassend. Dieser Ansicht schliessen
sich verschiedene neuere Historiker an, es bleibt jedoch keine
Berechtigung übrig, sie als geschichtlich anzusehen,
Nacli Zschokke ist der Tatbestand kurz gefasst folgender:
■ Graf Consta nzo, derselbe, der 1780 Knigge aufnahm während
seiner Reise, fordert als lUuminat von Utzschneider, dem Geheim-
schreiber der Herzogin Maria Anna, deren teilweise Korrespondenz
mit Friedrich dem Grossen. Utzschneider tritt infolgedessen aus
dem Orden. Constanzo reist nach Berlin, wo ihn der König,
durch maurerische Verbindungen von seinem Kommen belehrt,
beobachten lässt, weil er der geheimen Zwecke (die nach
Zschokke sich nur auf alle erdenklichen Niederträchtigkeiten be-
ziehen) des Ordens kundig ist. Zur selben Zeit, also doch 1780(1),
erfahrt der Konig, dass der Orden für die V'ollbringung des Aus-
tausches Bayerns an Österreich arbeitet, eines Planes, zu dessen
Verhütung der Konig den Fürstenbund stiftete und mahnt in
einem Schreiben durch den Grafen Herzber^: d. 25. Januar 1785*)
die Herzogin, nachdem er bereits im März 1784 seinen Regens-
burger Gesandten beauftragt hatte, den Verhaltnissen des Ordens
nachzuspüren.
Um nun nachzuweisen, welche unglaubliche Verdrehungen
sr vorliegen, muss man zunächst die Beziehungen der Herzogin
Maria zu dem Konige von Preussen kennen und wodurch diese
veranlasst wurden,
Kurfürst Karl Theodor hatte, wie bereits gesagt, keine
^r *) Der König hätle siso fast 5 lalire mit dem Briefe gewartet, denn
ConsUntzo reiste nur einmal narli Berlin km Jahre 178D, Zschokke setzte die
Heise augenscheinlich ins Jahr 1784.
— 168 —
besondere Vorliebe für sein Land und bekundete das dadurch
auf das deutlichste, dass er am 3. Jan, 1778, drei Tage nach
seinem Regierungsantritt, den grössten Teil von Altbayern an
Österreich abtrat. Österreich besetzte durch seine Truppen den
abgetretenen Teil 14 Tage später. In den späteren Jahren ver
hehlte es seine Gelüste auf die angrenzenden Ländereien nicht,
die unter Verzichtleistung aller Rechte des Kurfürsten an Öster-
reich übergehen sollten. Als Entschädigung sollte Karl Theodor
unter dem Titel eines Königs von Burgund die österreichischen
Niederlande erhalten. Dieser Landertausch fand in dem Könige
von Preussen den stärksten Gegner, du er keinesfalls eine solche ■
Stärkung der österreichischen Macht glaubte dulden zu dürfen.
Die Absicht spukte seit 1778, führte zu dem Bayrischen Erb-
folgekrieg und dem Teschener Frieden und zur Errichtung des
Fürstenbundes im Jahre 1785. >
Kuifürst Karl Theodor war natürlich einverstanden mit
dem Plane, er wollte König werden. Warum er also später den
Illuminaten-Orden verfolgt haben sollte, nur weil dieser seine
Pläne unterstützte, ist ganz unerfindlich.
Seine Schwägerin, die Herzogin Maria Anna, war die
heimhche Verbündete des Königs von Preussen und arbeitete
an der HintertreibungdesTausch*Projektes. — Diese gemeinsamen
Interessen waren das Band, welches die Herzogin mit dem
Könige verband, den sie hoch verehrte, persönlich aber niemals
zu Gesichte bekommen hat. — Den brieflichen Verkehr mit dera
Könige vermittelte weniger Graf Herzberg, der Staatsminister,
als Freiherr von Schwarzenau, der Regensburger Gesandte des
Königs, derselbe, dem nach Zscliokke Friedrich den Befehl er-
teilt haben soll, den Verhältnissen des Ordens nachzuspüren.
Es ist also klar, diiss die Herzogin sowohl, w*ie auch
Friedrich der Grosse in ihrem Briefwechsel den Illuminaten-
orden unbedingt nennen mussten, wenn die Behauptung
Zschokkes und seiner Nachbeter wahr ist, der ausserdem auch
noch einen beweiskräftigen Brief, datiert vom 25. Januar 1785
angibt.
In der ganzen in dem königlichen Haus-Archiv Be
findliehen aufbewahrten Korrespondenz beider Fürst-
lichkeiten befindet sich kein Hinweis darauf. I
Eine vom königlichen Haus-Archiv in Churlöttenbuig dem
Schreiber dieses vom 14. November 1902 ausgestellte Bestätigung
lautet:
— 169 —
lAuf das gefällige Schreiben vom 6. d. Mts. erwidern wir
Ihnen ergebenst, dass in dem hier aolbewehrten Brietwechsel
der Herzogin Maria Anna von Bayern mit König Friedrich dem
Grossen von Preussen de 1762—85 zwar vieHach das Bayerische
Austauschprojekt erörtert wird, dass aber in diesen Briefen des
Illuminatenordens und seiner angeblichen Stellungnahme zu
dem gedachten Projekte mit keinem Worte Erwähnung geschieht!«
Sollte also wirkHch jener Brief Herzbergs existieren, ent-
g^en allem Gebrauch derselbe eine Abschrift dem Archive nicht
übermittelt haben, sodass jetzt keine MögHchkeit vorhanden
wSre, festzustellen, ob die Absendung des fraglichen Briefes je
stattgefunden habe oder nicht, so müsste doch bejahenden
Falles die Wirkung desselben in der direkten Korrespondenz
sich widerspiegeln. Es ist dos nicht der Fall, nicht mit
einem Worte wird der Illuminatenorden erwähnt.
Vergeblich sucht man auch nach einer Spur jenes ominösen
Briefes in der Korrespondenz des Freiherrn von Schworzenau
mit der Herzogin Maria Anna, die durch Dr. Heinrich Meissner
bekannt geworden ist. Derselbe hatte im Nachlass des Reichs-
lagsgesandten Freiherrn von Schwarzenau, welcher im Gräflich
Schwarzenauischen Familienat'chiv in Grossdammer Prov. Posen
seiner Zeit bewahrt wurde, eine Sammlung von Briefen der
Herzogin Maria Anna aufgefunden, welche gerade die Periode
des AustauschJ^roJektes umfiissen. Diese Briefe sind veröflfent-
licht in der Festschrift zur Feier des 25jälH4gen Bestehens des
Gymnasiums zu Jauer am 9. und 10. Oktober 1890, heraus-
gegeben von Dr K. Volkmann, Jauer 1890, Verlag von R. Guerckes
Buchhandlung. Aus diesen Briefen geht hervor, dass die
Herzogin bereits wahrend des ganzen bayerischen Erbfolge-
krieges mit Friedrich dem Grossen Briefe wechselte und ilm
genau über alle Ereignisse am Münchenei' Hofe unterrichtete-
Mit dem Freiherrn von Schwarzenau korrespondiert sie ganz
besonders seit 1782. Wenn man nun diese Briefe ebenfalls noch
so genau durchsieht, man findet keine Spur einer Hindeutung
auf den Illuminatenorden. Es ist aber doch ebenfalls ganz
ausgeschlossen, dass die Herzogin gegen Schwarzenau nicht
wenigstens eine Bemerkung hätte fallen lassen, falls Friedrich
der Grosse wirklich, wie behauptet wird, durch Herzberg sie
hätte aufmei'ksam machen lassen, um so melu' da sie später,
nachdem die Verfolgung ausgebrochen war» tatsächlich glaubte,
— 170 —
der Orden sei gefährlich. Herr Dr. Heinrich Meissner bestätigte
bei der Anfrage auch, ob er bei Durchsuchung des Archives
vielleicht an irgend einer Stelle einen Hinweis auf den Illuminalen-
orden gefunden höbe, dass das nicht der Fall gewesen wäre,
da er sonst diese Spur unbedingt weiter verfolgt haben w^ürde.
Also auch hier Hndet sich keine Erklärung.
Meissner weist jedoch nach, dass Herzberg den Gesandtschafls^
Sekretär Ganz, welcher unter Schwarzenau in Hegensburg be-
schäftigt wurde, an die Herzogin absandte, um sie von deni be*
absichtigten Tausch, dessen Verhandlungen erat im Anfang des
Jahres 1785 zu diplomatischen Verwickelungen führten, in
Kenntnis zu setzen. Maria Anna sehrieb am 16. Januar 1785
dann an Herzberg einen Brief, der von Reimann „Neuere Ge-
schichte des Preussischen Staates^ S. 387, veröffentlicht worden
ist und bietet ihre Hülfe an. Die Herzogin drängt zum
stürmischen Vorgehen, Herzberg, der besonnene Staatsmann
bleibt zurückhaltend, kalt überlegend. Infolgedessen (veiigL
Meissner), da ihr diese Art nicht passte» sie Herzberg gegenüber
nicht alles, was ihr Herz bewegte, in häufigen Briefen aus-
schütten konnte, nahm sie ihren unterbrochenen Briefwechsel
mit Schwarzenau wieder auf, der ihr als der rechte Mann
erschien. Nach einem kurzen Brief des vorerwähnten Ganz,
der vom 7, Februar 1785 datiert ist und worin dieser der
Herzogin die grösste Vorsicht anempfiehlt, beginnt Maria Anna
bereits am andern Tage ihre Korrespondenz mit Schwarzenau, —
In diesem Briefe, den Meissner wörtlich angibt, findet sich
ebenfalls nicht die Spur eines Hinweises auf den Illuminaten-
orden. Solhe jedoch dieselbe Frau, die eine schwärmerische !
Anhänglichkeit an Friedrich den Grossen bewies und von ihm
alle Rettung erhoflle, eine solclie bedeutungsvolle Warnung des
Königs gegen den befreundeten Gesandten übergehen, auch
sonst in keiner Weise diese später erwähnen? Unmöglich, —
Es kann also in dem Briefe Hei^beigs, wenn er jemals am
25. Januar 1785 geschrieben wurde, dann aber nur infolge des
Anerbietens der Herzogin Hülfe zu leisten, von dem llluminaten-
oi'den überhaupt nicht die Rede gewesen sein.
Bis jetzt ist eine Spur dieses Briefes noch nicht nach-
gewiesen, er gehört ins Reich der Legende, wie unzweifelhaft
durch die Berichte des Freiherrn von Schwarzenau bewiesen
wird. Da die Existenz, oder Nichtexistenz eines anklagenden
Briefes die Gründe der lUuniinatenverfolgung und die Anteil-
— 171 —
nähme der Herzogin sowohl, wie Friedrich des Grossen und
nicht zuletzt die so scharf beurteilte, im behaupteten vollen Um-
fange jedoch gar nicht bewiesene Verröterei Ulzschneiders
in dos reclite Licht setzt, so habe ich die Berichte des Frei*
herrn von Schwarzentiu im Berliner Staatsarchiv einer genauen
Durchsicht unterzogen. Die Ergebnisse lege ich nachfolgend
vor. Es ist klar, dass in diesen Berichten von den Illuminaten
die Rede sein muss, wenn der König wie Zschokke behauptet,
im März 1784 Befehl zur Nachspürung der Verhältnisse des
Ordens gegeben hat Die Verlasslichkeit des Geschichtschreibers
Zschokke ist jedoch gönziich negativ, denn in allen Berichten
des Gesandten vom Jahre 1784 erwähnt dieser nicht mit einer
Silbe die Illuminaten, erst am 10. März 1785 gibt Schwarzenau
in seinem Bericht ganz beiläufig aus eigenem Antriebe folgende
^rwähnung:
> Vermöge eines Churfürstlichen Mandats zu München ist
übrigens eine gewisse Gesellschaft von Frey Maurern oder
Illuminaten aufgehoben, Ihre CoUecten Gossen confiscabel ge-
machet auch der Staatsrath von Costell, der sich viele Tonnen
Goldes durch Dienst Verkaufungon und andere Wegs erworben
hat, zur Ruhe versetzt worden, — —
" Aus der ganzen Fassung und der Verbindung mit anderen
Dingen geht deutlich hervor, wie unwichtig Schwarzenau am
10. März 1785 noch die Illumiiialenangelegenheit hält. Aus dem
nächsten Berichte, der die Illuminaten erwähnt, datiert Regens-
bui^:, den 22. August 1785, gewinnt man auch keinen andern
Eindruck. Derselbe lautet in der interessierenden Stelle:
|p Die Aufstellung eines eigenen Päbstlichen Legaten zu
München mit uneingeschränkter \'olhnacht verursacht nicht
weniger grosses Aufsehen unter den Teutschen Bischöffen.
Warum der Münchener Hof, der doch deren sogenannten
Illuminaten dermalen ungemein stark zusetzet und sonderbare
Entdeckungen gemacht hoben soll, seine Landesherrlichen Rechte
in Geistlichen Sachen aufopfei-n will, solches ist ganz unbe-
greiflich und allein aus dem Einfluss des Pater Frank auf die
Handlungen des Churfürslen von Pfalzbayern erklärbar — —
Der König, der augenscheinlich gar kein Interesse hat, die
sonderbaren Entdeckungen kennen zu lernen, gibt seinem
— 172 —
Gesandten gör keinerlei diesbezügliche Befehle und Schwarzenau
fährt daher in kurzen charakteristischen Sätzen aus eigenem
Antriebe fort, zu berichteiK Zum Beweise der Passivität Fried-
rich des Grossen in der ganzen lllurainatenangelegenheit lass«
ich Schwarzenaus Berichte in den interessierenden Stellen hier
folgen.
d. 25. Aug. 1785,
Zu München dauern die VertV:)lgungen der sogenannten
llluminaten fort und machen, dass man an grössere Geschäfte
gar nicht denkt. — —
d. 29. Aug. 1785.
Zu München kommt die Beschickung des Russischen Hofes
wieder aufs Tapet und dürfte noch diese Stelle am Ende dem
hiesigen Pfalz Bayrischen Minister, Grafen Lerchenfeld» der
solche dringend suchet, hier aber in weniger Achtung stehet»
zu Theil w^erden. Die Politique scheint weniger Einfluss auf
diese Ernennung zu hoben, sondern es mag das Absehen dahia
gerichtet seyn, einen jungen Grafen von Sinzheim, der als das
Haupt der llluminaten Parthey angesehen wird, ob er gleich
solche abgeschworen hat, von München hinweg und auf deaJ
hiesigen Comitial Posten zu schieben, wie denn jelzto alle Be-
schäftigung des Münchener Hofes allein die Ausrottung der
llluminaten zum Gegenstände haben, worüber das subLiL A^
beyhegende neueste churfürstlichc Rescript einen näheren Auf-
schi uss giebt
d. 8. Sept 1785
Der von München so eben zurückgekommene Hannoversch
Minister hat ausser einer eckelhaften Verfolgungs Geschichte
der sogenannten llluminaten keine Entdeckungen von Erheblich-
keit daselbst gemacht.
d. 12. Sept 1785.
Der Churfüi^t von Pfalz Bayern ist wirklich zu sehr mi|l
Verfolgung der sogenannten llluminaten und andern Neben-
dingen beschäftigt, als dass Er an Politischen Angelegenheiten
Anteil nehmen könnte. - — ^ ^^ —
1
j
Es wird w^oh! unmöglich sein, aus den angeführten Be-
richten herauszufinden, dass diesen ein Betehl des Königs zu-
grunde liegt; damit fällt jedoch eine solche Behauptung in nicht
— 178 —
isammen und es wnrd zur Gewissheit, dass Friedrich der Grosse
kich nicht im mindesten vorher um die llluminaten gekümmertt
dass er deren Existenz vielleicht kaum kannte.
Auch die Behauptung, Marquis Constanze sei wegen illu-
minatischer Umtriebe beobachtet und dann deswegen aus Berlin
ausgewiesen worden, ist falsch, der Beweis hierfür liegt eben-
falls in einem Bericht des Gesandten v. Schwarzenau.
Die Berichte des Gesandten, in denen er von dem Illu-
minatenorden spricht, berühren natürlich auch die Auslausch-
angelegenheit. Sie weifen ein helles Licht auf die damaligen
Verhaltnisse und verdienen daher ganz besonderes Interesse.
Schwarzenau schreibt am 26. Sept. 1785:
Nachdem der ,,Cuner du bas Rhin*', auch die Leidener und
Cölner französische Zeitungen, die von dem Geheimen Legations
Rath von Böhmer an verschiedenen Teutschen Höfen angebrachte
vortreflFliclie Erklärung der Ursachen öffentlich bekannt gemacht
hat, auch hiesiger Orten jederman das dringendste Verlangen
bezeiget, solche in ihrem ganzen Umfang habhaft zu werden;
^^ habe in allergehorsamster Beantwortung des allei^nädigsten
^^escripti d* 13. Sept. und zweyer erhaltenen unmittelbaren aller-
huldreichsten Depeschen von dem nelimlichen Dato, wie auch
ISten curr um nur einer angedrohten im Werke gewesenen
unäcliten Teutschen Übersetzung auszuweichen und solche
hinterstellig zu machen, mich nicht länger erwehren können,
dieselbe herauszugeben, wo sie dann von den hiesigen Colpor-
teurs sogleich nachgedruckt, allenthalben verbreitet und mit
der grössten Begierde und Wohlgefallen aufgenommen worden.
Wenn jemals eine Slaatsschrift, hauptsächlich aber in Bayern
Aufsehen erwecket hat, so ist es gewiss! ig diese, weil darinnen
der Stiefvälerliche Vorsatz des Chuifürslen, Seine Lande gegen
geringfügige Staaten umzutauschen und sich mit dem Titel eines
Königs ohne Geld und Kriegs Völker zu begnügen, an das
Tages Licht gestellet wird, wodurch dann die Unlerthanen der-
^Restalten in den Harnisch gebracht worden, dass sie fast schwierig
^KU werden beginnen und die bedrohlichsten Reden ausstossen,
Hpb man zwar zu München sich alle Mühe giebt, durch die Ver^
lolgung der sogenannten Illumtnoten dem aufgebrachten Volke
andere Gegenstände vor die Äugen zu mahlen. Die Bedrängnisse
und der Geldmangel sind auch daselbsten so gross, dass gegen-
wärtig nicht einmal die Besoldungen ausgezahll werden können
— 174 —
und der Chuifürst, welcher anheute hierdurch nach Sulzbtich
und andere Ortschaften reiset, sich in die Notwendigkeit ver-
setzt gesehen hat, bey seinen Pfälzischen Gassen Unterstützung
zu suchen. Von den angeblich eifrigsten Illuminaten ist der
Graf Savioli sammt dem Grafen Constanza mit sehr massigen
Pensionen noch Italien verw^iesen, der Hoffiscal und Cammerraüi
Zwackh als Regieruogsrath nach Landshut versetzet und ein
Ungarisch Österreichischer Avant urier nahmens Graf ä Ponte
Leone, der weder Illuminat, noch Zweybrückischer Spion, wie
ihm beygemessen wird, seyn mag, nach durchsuchten Brief-
schaften aus dem Lande bereits verwiesen worden, ohne was
noch von dem Schicksal mehrerer anderer zü erwähnen sein
nnöchte. —
Zu diesem Briefe ist zu erörtern, dass Friedrich der Grosse,
um den Austausch Bayerns an Österreich unmöglich zu machen,
in einer Erklärung alle Gründe zusammenfasste, die ihn ver-
anlassen, sich dem beübsichligten Tausch entgegenzusetzen.
Dieses Schriftstück, dotiert vom 23. August 1785, Berlin, wurde
gedruckt allen Höfen zugesandt und trägt den Titel:
Ministerial Aeusserung des Königlich Preussischen bevoll-
mächtigten Ministers bey den General Staaten, Herrn von Thale-
meyer, die nähere Verbindung der drey Chur-Höfe betrefTend.
In demselben wird nach Darlegung aller Gründe die Mit-
teilung gegeben, dass der Konig als Kurfürst von Bi-andenbuig
sich mit dem Churfürsten von Sachsen und Braunschweig-Lüne-
bui'g verbündet habe, ein Unionslraktrat geschlossen und unter- J
zeichnet worden ist, um die Hendhobung des gesetzmassigen
Systems in Deutschland, namentlich der im Teschener Frieden
festgelegten Bestimmungen zu sichern, durch die alle Staaten
des Pfalz Bayrisclien Hauses mit einem ewigen und unverausser- J
liclien Fideicommiss belegt worden waren. ■
Auf diese Erklärung spielt der Gesandte an, die von ihm
verursachte Ausgabe ist inhaltlich ganz gleichlautend mit der
Ministerial-Aeusserung und trägt den Titel: M
Erklärung der Ursachen, welche Sr. Königliche Majestät
von Preussen bewogen haben, Ihren hohen Mitständen des
Teutschen Heiches eine Association zur Erhaltung des Reichs-
Systems anzutragen, und mit einigen derselben zu schliessen.
— 175 —
Die Druckschrift trägt zum Schluss das Datum Berlin, im
Augustmoimlh des Jahres 1785. Es wird darin gesagt, dass der
lönig im Jänner dieses Jahres von dem Herzoge von Zwey-
brücken vernahm, dass der K. K, Hof diesem Fürsten durch
den Russisch Kais. Gesandten Grafen von Romanzow den vor-
her schon in München durch den Gesandten von Lehrbach er-
gangenen sonderbaren Antrag tliun Hess, das Haus Pfalz-Bayern,
dem Hause Österreich ganz Ober- und Nieder-Bayern, die Ober*
Pfalz, die Landgrafenschaft Leuchtenberg und die Herzogthümer
leuburg und Sulzbach gänzlich abzutreten, dagegen des Kaysers
lajestät dem Hause Pfalz Ihre Niederlande, mit denen von der
Republik Holland zu ei'wartenden Vorteilen, jedoch mit Aus-
schluss des Herzogthums Luxemburg und der Grafschaft Namur,
unter dem Titel des Königreichs Burgund abtreten und dem
Churiursten und Herzoge annoch 3 Millionen Gulden zu ge-
fälligen, allenfalls vergnügenden Gebrauch auszahlen, sich aber
alle Artillerie und alle National Truppen, sowohl von den Nieder-
landen als von Bayern und zugleich das Recht in den Nieder-
landen nach Gutbefinden Geld negociiren zu können, vorbehalten
wollten. —
I Dieser Handel sollte ev. ohne Einwilligung des Herzogs,*)
näa man die des Kurfürsten bereits besass, sogar gegen dessen
Willen abgeschlossen werden, man erwarte daher innerhalb
8 Tagen seine (des Herzogs) feste Entschliessung, Derselbe er-
klärte rund heraus, dass er nie in einem seinen Hause so nach-
^teiligen Handel einwilligen und nie seine altväterliche Erblande
reilauschen würde Er gab Mitte Januar dem Könige von
Preussen daher Nachricht, als seinem Freunde und Urheber
des Teschener Friedens, und verlangte dessen Beistand gegen
dieses Projekt, der ihm dann aucli sogleich ausreichend wurde,
wie in dem genannten Schriftstücke ausführlich klargelegt ist
Durch diese Urkunden wird bewiesen, dass Friedrich der
Grosse, der im Januar 1785 vom Herzoge von Zweibrücken die
Tauschangelegenheit vernahm, bis zum 10. März 1785 Jedoch
in keiner Weise von seinem Regensburger Gesandten über die
Illuminaten irgendwie unterrichtet worden ist, nicht in der Zeit,
als der Antrag des Kaisers zum Austausch Bayerns gegen die
•) Es ist der Herzog Max Joseph von Zweibrücken, der Nachfolger Karl
Theodors gemeint. MU letzlerem starb die bisherige regierende Linie aus und
die Regierung ging an das Haus Zweibrickea Ober.
— 176 —
Niederlande geschah, eine warnende Botschaft im Januar 1765
nach München der Illuminaten wegen richten konnte. Die Daten
stehen im schreiendsten Widerspruch.
Noch unzweifelhafter und beweiskräftig für die Verdrehung
der Tatsachen wird die Nichlbeteiligung des Königs an der
Illuminatenverfolgung durch die weiteren im Preussischen
Staatsarchive liegenden Dokumente. Der Befehl des Königs,
den Verhältnissen, zwar nicht des Ordens, sondern der Ver-
folgungsgründe nachzuforschen, ist vorhanden, jedoch nicht
vom März 1784, wie Zschokke behauptet, welches Datum nur
angegeben scheint, um eine Grundursache für die Verfolgung
zu erkünsteln, sondern vom 8. Nov. 1785, eine Zeit, in der die
Verfolgung schon mit einer bedenklichen Willkür ausgeführt
w^urde. Die Veranlassung dieses Königlichen Befehles ist
folgende:
Am 3. Oktober 1785 giebt der Gesandte v. Schwarzenau
einen Bericht mit schweren Beschuldigungen gegen den Chur-
türsten, derselbe lautet:
Der Churfürst von Pfalz Bayern ist zw^ar noch nicht ab-'
gereist, allein seine Entfernung aus der Hauptstadt und wohl
aus dem Lande selbst, soll nichts weniger als eingestellt seyn.
Die Verfolgung der Illuminaten scheint ein blosses Spiel zu se)D, i
um einige angesehene Familien zum Missvergnügen zu reitzen,
und die geschicktesten Männer aus Ihren Stellen zu vei'drängen*
Der Hauptumstand aber, der die grösste Aufmerksamkeit ver-l
dient ist, dass die Churfürstlich Bayrische Gassen zu zalen auf-
geholt haben, indem der Churfürst für guibefunden hat, den
ganzen Gassen Vorrath des verflossenen Quartals zu sich zu
nehmen. Die Vorstellungen, so der Finanz-Minister Graf Thörring-
Seefeld und der Geheime Heferendar Stübener auch dagegen
gemacht, haben nichts gefruchtet und die Beyliülfe der Pfälzischen
Gassen ist ausgeblieben* Indessen ist die Ghatulle des Chur- ■
fürsten sehr gut bestellt. Man spricht von ungeheuren Summen,
so derselbe in die Banque zu Wien, in den Niederlanden und
der Banque zu Venedig niedergelegt haben soll; und noch täg-
lich gehen ansehnliche Geldremessen aus dem Lande. Man halt
dafür, auch dieses seye ein verdecktes Spiel des abwesenden
Land Chomthurs, welcher ob er gleich die heranwachsende Un-
gnade des Kaysers fühlt, in Vereinigung mit dem Ghurfürsten
einen Schritt der Veraweiflung wagt um wo möglich die trotzigen,
— 177 —
inbändi^en und äusserst missvergnügleri Beyern zu einem Auf-
stand zu bewegen, wonach es dem Knyser ein leiclites seyn
dürfte, unlerm Vorwande des Landfriedens, der öftentlichen
Ruhe und der guten Nachbarsctiaft, das Land Bayern mit seinen
'Iruppen zu besetzen,
P Merkwürdig ist es nicht weniger, dass das Münchener
Gouvernement, dessen Verfügungen ebenfalls vom Land Comthur
geleitet werden, die diesseitige Erkhirung der Ursachen, welclie
las reine factum des vorhergewesenen Umtausches von Boyern
Inihält, in die ofl'entliche Münchener Zeitung hat setzen und
dadurch dem ganzen Lande bekannt machen lassen. Auch
^dieses sehen einige für einen Kunstgriff zur Beförderung der
^pievolution. Dem seys nun wie ihm w^olle, die angezeigten That-
^Bachen haben ihre Richtigkeit; ob die darauf gebauten Mutb*
massungen auch gegründet sind, muss die Zeit lehren.
B Nach Erhalt dieses Berichtes erregt die Verfolgung, aber
nicht der Illuminatenorden, des Königs Interesse und er schreibt
^^n franzosischer Sprache aus Berlin am 8, Nov. 1785:
On m*6crit de plusieurs en*
droits, qu'il y'a un desordre
g^nöral en ßavicre, et que
TKIecteur et le Sr, de Lehr-
hach persecutent sous le nom
des Uluminös proprement les
patriütes Bavorois, pour porter
|a Nation ii une rövolte, afin-
jue l'Empereur ait un pro-
*xte de s'enmeler et de s6-
questrer la Baviere; mais i!
me semble qu'un parti aussi
violent ne quadre pas avec la
caractöre timide de TElecteun
rjuoiqu'il en soit vous prö-
terez votre attention parti-
culiöre a cet objet/et vous
conseillerez aux patriotes Ba-
ivarois avec lesquels vous
Mes en liaison et sourtout ä la
)uchesse Clementioe d'öviter
EofeU G««e1iicbt« dea IllumiiuttDord«!!.
Man schreibt mir von ver*
schiedenen Seilen, dass in
Ba yer n a 1 Ige me i n e U n ru Ii e
herr-schl und dass der Chur-
fürst und der Fr, v. Lehrbach
unter dem Namen der Illu-
minaten eigentlich die Bay-
rischen Patrioten verfolgen, um
das Volk zur Empörung zu
treiben, damit der Kaiser einen
Vorwand habe, sich darein zu
mischen und Baiern zu seque-
strieren; aber es scheint mir,
dass ein so gewaltsames Mittel
zu dem scliüchternen Charac-
ler des Churfürsten nicht passt.
Wie dem auch sei, schenken
Sie diesem Gegenstande Ihre
besondereAufmerksamkeit und
raten Sie den bayrischen Pa-
trioten, mit denen Sie in Ver-
ls
178 —
toule exlremile et d'attendre
pluLut des remedes plus sürs
et moins dougereux du temps
et d*uoe potience ralsonnable.
bindung stehen und besonders
der Herzogin Clementine, das
Äusserste zu vermeiden und
von der Zeit und einer ver-
nunftmössigen Geduld sicherere
und weniger gefährliche Mittel
zu erwarten.
Schwnrzenau beantwortet diese Depesche des Königs eben-
falls in französischer Sprache und in Zahleo-ChifFreschrift. Das
mir vorgelegte <Jriginal entluilt über den Zahlen, aus denen der
ganze Brief besteht, den französischen Wortlaut, In den uns
hier interessierenden Stellen lautet seine Antwort in deutscher
Sprache:
— — — Die Unruhen, welctie in München herrschen, sind
noch dieselben. Dem Anschein nach zu urteilen, sollte man
ghiuben, dass die Verfolgung der llluminaten das Werk der
raffiniertesten Politik ist, aber seit ich an Ort und Stelle selbst
zuverlässige Ei-kundigungen habe einziehen lassen, habe ich
Grund zu glauben, dass es ein Zusammentreffen zufälliger Er-
eignisse ist, die Jeder zu benützen strebt, um seine persönlichen
Rachegelüste zu befriedigen und dass die Politik dabei wenig
ins Spiel kommt. Doch beliaupten Einige, dass der Kaiser,
der sich für seine Angelegenheiten in Bussland der Jesuiten
bedient, ihnen die llluminaten in Bayern preisgegeben hat, ob*
wohl sie in seinen Staaten geschützt sind.
Übrigens ist es sehr natürlich, dass eine Sekte, welche der
katholischen BeUgion den Todesstoss geben wollte, von denen,
welche sich zu diesem alten Kultus bekennen, verabscheut
werden; es ist nicht minder wahr, dass der Kommandeur
V. Lehrboch alles tut, um das bayrische \'olk in den Augen
des Kurfürsten verächtlich zu machen, um ilin dahin zu bringen,
dass er seine schriftliche Einwilligung zum Austausch gebe und
mit dem Wiener Hofe gemeinsame Sache gegen die Verbindung l
(contre l'association) mache. Augenblicklich scheint es nicht
zur F^mporung zu kommen, aber ich würde für die Zukunft
nicht einzustehen wagen. Die Gerüchte' über den Austausch
dauci*n fort und der Kurfürst trifft keine direkten Massregeln,
um ihnen zu widersprechen.
In den weiteren Berichten des Gesandten werden im
179
29. J
an.
^
I
Jahre 1785 nur om 10. u, 17. Oklob,, im Jahre 1787 am
und 9. April die llluminaten noch einmal erwähnt, ohne dass
der König jemals nach dem Orden gefragt hätte. — Es ist
klar ersichtlich, das Interesse desselben richtete sich über-
haupt nicht, weder im Guten noch Bösen auf den Orden und
alle derartigen Behauptungen sind in das Reich der Legende
zu venveisen. Damit fällt aber auch jede Möglichkeit, dass die
Herzogin Maria Anna in der bisher behaupteten Weise Anteil
an der Verfolgung iiabe. Gewarnt worden vom Konige ist sie
nicht, eine Vernehmung Utzschneiders auf Grund der Warnung
ist demnach ausgeschlossen. Hat seine \'ernehmung staU-
gefunden, denn erwiesen ist sie nicht und Utzschneider gibt
in seinen Schriften nichts derartiges zu, so hatte sie sicherlich
eine ganz andere \'eranlassung\ und dürfte kaum den Tat-
sachen eines offenbaren Verrates entsprechen, wie des Öfteren
betont wird. Eine vollkommene Aussöhnung zwischen Utz-
schneider und Weishaupt*), dem Gründer des Ordens, die in
späteren Jahren trotz aller gegenseitigen Befeindungen stattfand,
ei'scheint unter Berücksichtigung der Charaktere beider Manner
doch nur möglicli, wenn Irrtümer und Missverstiindnisse vor-
lagen^ welche später als solche erkannt wurden, nicht jedoch
Treubruch und Verrat.
Ebenfalls steht die Behauptung, Graf Constanzo habe von
Utzschneider die Hei'ausgabe einiger Briefe des Königs an die
Herzogin gefordert, auf recht scliwachen Füssen. Sollte es selbst
geschehen sein, denn für das Ja oder Nein finden sich keine
unantastbaren Beweise, Utzschneider selbst hat diese Behaup-
tung niemals zugegeben, so ist dadurch aber keinesfalls ein Faden
nach Berlin gezogen worden, um Constanzo zu beobachten.
Der Graf reiste nach Berlin und wurde alsbald dort vom
Könige ausgewiesen. Das ist Tatsache- Das Warum der Aus-
weisung hat viel Kopfzerbrechen verursacht, denn nach üblicher
Annahme ist in Constanzo der gefährliche lüuminat ausgewiesen
worden.
Schon der Churfürst Karl Theodor interessierte sich sehr
über das Warum und liess Constanzo über die Gründe des-
selben vernehmen, ohne befriedigenden Aufschluss zu erhalten.
*) Die Be'w'ei&e hierffir, Briefe WeishauplB an Utzachneidei% Hegen im
Schriflensaal des Mürichener Archivs uriJ wurden von Eduard w W'eUhaupt
demselben übergeben. Siehe das Kapitel: Wei^haupts letzte Jahre.
t ir
— 180 —
Die Gründe, die der Graf selbst angiebt, kiingen geradezu lachen
lieh und beweisen nur, dass es ihm darum zu tan war, die Ur-
sachen zu verschleiern. In seiner Aussage*) giebt er an, er sei
nach Berlin gereist, um für die Freimaurerloge .Theodor vom
guten Rath^\ der er angehörte, die Befreiung von einer Kopf-
steuer von 3 fi., welche nach Berlin zu entrichten war, zu er-
halten und Maurerische Kenntnisse, die die MuUerloge Royal
York versprochen hatte. Er sagt dann wörtlich: dessen zu Folge
veriugte ich mich dahin, nachdem ich vorhero der Loge von
Berlin von den erhaUenen Aufträgen Nachricht gegeben hatte.
Kaum war ich aber zu Berlin, so erhielt ich den Königlichen
Befehh Berlin zu verlassen. Die Ursache weiss ich selbst nicht,
sie mag aber wohl die gewesen seyn, dass die Loge von Berlin
selbst nicht gern eine jährliche beträchtliche Einkunft, die sie
von der unsiigen zog, verlieren wollte, und dass sie selbst diesen
Befehl bewirkte.
Der König selbst in dem Brief, den Höchstderselbe zur
Rückontworl an den Grafen von Seeleld schrieben, gab keine
Ursache an, und sagte, dass dieses meiner Ehre auf keine Weis©
nachteilig sein sollte.
Diesen königlichen Brief hat der Herr Graf von TörringSee
feld noch in Händen und kann von ihm begehrt werden.
Die Annahme, dass Friedrich der Grosse aus Gefälligkeit
für die Loge einen Ausweisungsbefehl hatte ei^ehen lassen^
kann nur ganz naiven Gemütern glaubhaft erscheinen, der
Grund mussein triftigerer, weniger willküi'licher sein, mag aber
sonst der Ehre des Grafen, wie angegeben, keineswegs nach-
teilig werden. Er muss auch eine politische Ursache haben,
denn in persönlichen Angelegenlieiten war der König tolerant.
In dem schon angefülirten Bericht des Freiherrn v. Schwär-
zenau vom 10, Oktob. 1785 findet sich ein Hinweis, der diese
Angelegenheit klaren dürfte, es heisst da:
Ausser den bereits angezeigten Exilirten ist noch vor kur
zem ein junger Mann, Namens März, der unter der Direction
des verstorbenen Chur-Mainzischen Gesandten von Hausser die
Doiiauwörther Sache zum \'orteil des Bayrischen Hauses ne-
gociret, und indessen die Consta nzischen Absichten auf die
Coadjution des Bisthums Regensborg befördeii hatte, aus den
Bavrischen Landen verwiesen worden.
I
I
*) Gedruckt in »Apologie der niummaten,* FronkfUrlh und Leipzig 1786.
— 181 —
Diese Coiistanzischen Absichten der Coodjution des Bis*
lums Regensburg, Regensburg war damals der Sitz des Heichs-
tages, dürften denen des Königs entgegengesetzt gewesen sein.
Er liess daher den Grafen, von dem er vermuten durfte, dass
er unter dem Deckmantel harmloser Logenangelegenheilen
Stimmung für seine Absichten zu machen versuchen würde,
pn bekannter Fritzischer Kürze ausweisen, Constanzo hatte
^natürlich keine Veranlassung, diesen geheimen Grund, der mog-
. licherweise Verwickelungen auch in München hervorrufen
connte, anzugeben. Vielleiclit interessiert es andere Forscher
se Spur nach genauer zu verfolgen, in der jedenfalls der
tlüssel zu der sonderbaren Ausweisung zu finden ist, sonst
lätte der Gesandte diese so harmlos klingende Meldung nicht
erst besonders dem Könige mitgeteilt.
PGar keinesfalls ist Constanzo mit dem Austausch projekt
In Verbindung zu bringen, das im Jahre 1785 erst im Januar
Friedrich den Grossen zu besonderen Schritten veranlasste, weil
Constanzo nach der Zwackhschen Originalgeschichte (siehe § 12
und 13) höchstens aus den übereinstimmend angegebenen Logen-
gründen im Jahre 1780, als er Knigge aufnahm, in Berlin ge-
wesen sein kann und jedenfalls vor dem ersten Verbot vom
k22. Juni 1784.
H Um nun aber jedweder Einrede, als habe Friedrich der
HGrosse doch vielleicht irgendwelchen Einfluss auf die Verfolgung
Vder Illuminaten gehabt, entgegenzutreten, sei noch ein Bericht
^Chalgrins nach Paris mitgeteilt. Dieser gibt auch der Herzogin
Maria Anna von Bayern in dieser Angelegenheit den richtigen
Platz.
^In München waren Montezan und Chalgrin wahrend der
"erfolgungsjahre Vertreter der französischen Regierung, Ersterer
neigte zur Verteidigung der Illuminaten, letzterer zu deren An-
klage. Am 2. März 1784 sendet Chalgrin einen Bericht nach
Paris, der im Archives des Affaires Etrangeres, Ba^it'^re T. 169.
p, 80 bewahrt ist*) und eine Schilderung der lUuminaten-Frei
maurer enthält. Er erzählt nun in diesem Bericht, natürlich
kin französischer Sprache, folgendes:
tSo vorsichtig auch die Vorbereitungen waren, welche
diese Gesellschaft vornahm, um ihr Geheimnis zu bewahren»
•) Alle diese Dokumente befinden sieh in AbschHft in meinem Besitz.
— 1S2 —
•so war es doch unmöglich, dass nicht auch Einzelheiten in das
.Publikum drangen, oder dass sie durch austretende Brüder
(Fnäres ömigrants) verraten wurden.
Und dies geschah. Einer (!) davon enthüllte sie der Her-
zogin von Bayern und übermittelte ihr zugleich einen Auszug
der Statuten, welche, es möchte einem Mühe machen es zu
glauben, die Grundlage des Systems und Intriguen dieser Gesell-
schaft ausmachen. Ich gebe mir die Ehre Ilinen beifolgend
eine Abschrift der Namen der Illuminalen, erleuchtete Brüder,
zu übersenden, die Hervorragendsten sind besonders bemerkt.
Die Herzogin von Bayern war davon eigentümlich über-
rascht, der Inhalt dieses ungeheuerlichen (monstreuse) und v€^
brecherischen ScluMftstückes schien ihr bedrohlich für die Nach-
kommenschaft des Hauses Palatin. Sie beeilte sich es dem
Herrn Baron von Hertzberg zu übersenden und ihm ihre Auf-
regung mitzuteilen; um seinen Rat zu fragen, welche Mass-
regeln wohl die geeignetesten scheinen, um das Aufkommen
dieser abscheulichen (destetable) Gesellschaft zu unterdrücken.
Sie werden, mein HeiT, aus der Antwort des Baron von Hertz-
berg an die Herzogin von Bayern ersehen, welcher Art dos
Denken dieses Ministers der preussischen Majestät war, bezüg-
lich, des Gegenstandes über welchen ihn die Prinzessin um sein
Gutachten befragt hatte.« — — —
Die Antwort Herizbergs, datiert vom 14. Dezember 1783 ist
in fi-anzösischer Sprache gehalten und lautet in der Übersetzung:
Madame.
Ich antworte ein wenig spät auf den Brief, welchen Ew.
Holieit die Gnade hatten mir unter dem Datum des IL October
zu schreiben, weil ich ihn erst seit einer Keihe von Postlagen
erhalten habe, Icli übermittele Ew. Hoheit meine untertänigsten
Danksagungen für das merkwürdige Aktenstück, welches sie die
Gnade gehobt hat mir mitzuteilen und von dessen Gegenstand
man hier keine Kenntnis, keine Vorstellung der Möglichkeit hat.
Ich bekenne aucli, dass icb mich auch nicht in Gefahr begeben
kann, wie man dort findet, und dass, zufolge der Denkungsart,
an welche man hier gew^ohnt ist, man dieses wie ein Spiel be-
trachten würde odei* einen ähnlichen Zeitverheib, Possen so-
weit, welche die frivolen Leute unseres Jahrhunderts beschöfligen.
I
— 183 —
Indessen kann Ew. Hoheit überzeugt sein, dass ich ni*Vht
fveifehien werde, alle Aufmerksamkeit dort zu leihen, welche ich
muss und dass ich voll Eifer für alles bin, was von Seiten
E\v, Hoheit mir zukommt. Hertzberg.
(Diese Ablehnung ist so deullicb, dass die Behauptung
Zschokkes damit gänzlich in Nichts zerfüllt, zumal dieser Brief
beweist, dass nicht Friedrich der Grosse die Herzogin gewarnt
haben kann, sondern die Sache sich gerade umgekehrt verhält.
Die Herzogin warnte den Konig, wurde aber abgewiesen, w^eil
dieser die geschilderten Absichten des Ordens als ».Possen''
fonsah, die die frivolen Leute jenes Jalirhunderts beschäftigten.
Der weilsichtige, grosse Friedrich konnte auch über das
milgesendtc Manuskript, das die Herzogin so selir beunruhigte,
unmöglich anders urleilen. Wir legen es dem Urleile der Leser
wörtlich so vor, wie es im Pariser Archiv in deutscher Sprache*)
»bewahrt wird. Deutlich gelit aus diesem Schrittstück die Ab-
sicht zu verleumden hervor. Die Bemei'kung Chalgrins, dass
„Einer'' die Geheimnisse des Ordens der Herzogin verraten
hübe, wird durch eine Note über die Herkunft des Manuskripts
nnch bestätigt, denn diese sagt;
On tient cette piece d'un des membres des III. dont les
^Statuts lui fönt hon*eur et ([ui s'en est retirc. —
Es lautet nun dieses famose Schriftstück, dos eigentlich
[eine Anklageschrift ist, wie folgt:
In Bayern, besonders in der Stadt München ist dermalen
eine so betitelte Frey- Maurer Gesellschaft so sehr eingerissen^
dass man selbe bohl als sehr gefälniicli zej-streuen dürfte.
Man wirbt alles an, Reiche und Ar'me, Adeliclie und Vn-
ladeiiche, Einsichtsvolle und von wenigen Verstandeskräften^
Alle und Junge, doch sucht man die letzteren am meisten, so-
lange sie der Erziehung und Bildung noch fähig sind. Der LGrud
heisst die Minervalschule, wo Jünglinge so erzogen werden, dass
sie des Ui'dens Absichten einst auszuführen taugen,
Moralitüt und Menschenliebe sind ihi* Deckmantel, wie hei
der Inquisition die Heügion, Anhängigkeit an einen Fürslen
♦) Das Schriflslück srheini von eiriem Nichtkcntier der rleulschen Spraelie
abgesch riehen xu sein.
184 —
und Vaterlandsliebe sucht man gonz ous dem Herzen der jungen
Leute zu verdrangen. Potriolisniusei'klärtmtin für ein kindisches,
der Menschheit höchst schädliches Hirngespinst und das ist
ein Grundsatz, Zweck heiligt die Mittel. Man predigt, dass
der Selbstmord erlaubt sey, sobald man der Menschheit du-
durcli einen Dienst tliuen kann. Man macht überhaupt die
jungen Leute so enthusiastisch für diese Gesellschafl, dass nur
derjenige geliebt ist, der Bruder heisst, und dass man denjenigen
atigemein veifolgen muss, der als Bruder wider die Einrichtung
dieser Gesellschaft etwas vornimmt. Es ist ein Grundsalz der
Oberen, junge Leute und Mitglieder sollen handeln par possion,
nun par raison; sie sollen thun, was der Orden ihnen betiehlt
ohne zu fragen warum? Der erste Grad ist sozusagen die
Prüfungsschule, das Noviziat» wo die Candidaten unterriclitet
und der <Jrden ihnen als die einzige Schule der Menschenliebe,
als die Schule der Moralilfit voi*gestellt, so dass er noch und
nach an das System und die Denkensart des Ordens gewöhnt
wird; er bleibt so lange in dieser Schule, bis man sich ganz
auf ilm verlassen darf, bis er ganz dem < irden zugehört. Dann
kommt er zum IL, IIL und IV. Grad, welche eigentlich nur ein
Gi^ad sind, wo die Brüder einander selbst studieren, dem Orden
ihre Leidenscliaften und Fehler, ihr Gutes und Böses verraten
müssen, denn jedem wird aufgetragen, seine Brüder nach
Folgendem zu beurteilen und diese Beurteilung einzugestehen.
1) Gemütsart, ist er wie im Grade der kleinen Illuminaten-
Versammlung vorgeschrieben ist — odei^ erfolglos: bandelt
er gerade aus, oder verstellt er sich gern? Gegen wen?
Interessiert ihn das Schicksal anderer? oder sorgt er nur
lur sich? Arbeitet er gerne? Ist er in seinen Handlungen
rechtschaffen? ISsst er sich davon abbringen? Durch
Drohungen, Liebkosungen, Gold, Frauenzimmer,
Ungnade, Verfolgung, Unglück, Freundschaft, Hass^
R achgier, Versi> re ch e ii , Be fo rde r u nge n , w^a n n er
ungestraft das Gegenteil thun kann? Ist er im
Schmerz geschwätzig, wortreich, oder still und
stumm? Ist sein Schmerz lange anhaltend? Ist er
fröhlich und heiter?
2) Leydenschaften. Hat er starke Leydenschaften? welcher
ist er am meisten ergeben? Kann er einem gegenwärtigen,
lebhaften, peinlichen Eindruck widei^tehen? Hat er einen
Hang zur Schwermuth, die Leydenschaft zum Grunde
— 185 —
hat? oder ist er bloss temperamentvoll? Ist er geizig
oder zur Verschwendung geneigt? und zu welcher
Zeit? Liebt er die Jagd? welche Art Jagd? Hört er
gerne von Mordgeschichten?
3) Alter.
4) Name,
Vaterland,
Figur,
Physiognomie,
Haar,
Stimme,
Gang,
Anstand,
Gesundheit,
Sprache,
A^ortrag.
Den höheren Illuminaten sagt man meist Fragen
folgender Art:
a) Wie bey den Brüdern wahre Anhänglichkeit an den
Orden zu bewirken und wie es dahin zu bringen sey,
dass man ihr Vertrauen ganz gewinnen kann.
b) Was sich jeder Illuminat zu diesem Ende für Brüder
auswählen würde, so dass er sich von selben eine wahre
stete Anhänglichkeit und Sympathie ihrer Herzen ver-
sprechen könnte, wodurch den Minen^alen der Orden
und dessen Absichten interessant und er von der Güte
ganz überzeugt und durchdrungen werden müsse?
Ist so eine Frage der Ruhe eines Staates
nicht gefährlich? Ist hier nicht ein Eingriff in
die höchsten Rechte?
c) Wie es anzugehen , um ein allgemeines Sittenregiment
durch ganz Europa aufzurichten? Hat man dazu allge-
meine Revolutionen, Kriege, oder nur die Erziehung
dazu nötig? Wieviel trägt die christliche Religion da-
zu bey?
Es wird auch angemerkt, dass zu den künftigen
Graden nur solche Brüder gewählt werden, die Erbe und
Gut für den Orden hingeben, und dass nur welche
taugen, die Geheimnisse des Ordens fortzupflanzen.
Aus diesem wenigen wird man klar, wie schädlich
— 186 —
diese Gesellschaft einem Staate werden kann, und k\
die Frage, ob sie es für Bayern wirklich ist.
1) Werden junge Leute ohne Religion, ohne Vaterlandsliebe,
ohne gute Grundsätze und Sitten gebildet, denen tyian
predigt, dass der Selbstmord erlaubt ist, die Religiun
Dummheit und Vaterlandsliebe ein kindisches Hirn-
gespinst sey?
Ibre Aufführung ist Zeuge, wie schlecht ihre Sitten
seyen.
2) Ist ihr Zusammenhang so klug, dass sie morden können
ohne entdeckt zu werden, und da sich der Orden düs
Recht des Todes wenigstens stillschweigend zu-
eignet?
Beweiset die Frage, ob der Orden das Recht habe,
die verrätherisehen und ungehorsamen Brüder mit dem
Tode zu strafen?
Auch die Worte: Einen Verräther zu stürzen, scill
kein grosser Herr im Stande seyn? Desswegen suchen sie
auch alle Apotlieker, Medici und Hofmeister an sich zu
ziehen. Und was thun nicht Menschen ohne Religion,
Cosmoponten? Ein guter Ereund sagte, dass man bey
diesem Ordei^ vergiften könne, so dass man nach und
nach an dei' Auszehrung sterben müsse.
3) Sammeln sie auch Diplomata und Urkunden, suchen alle
Archivari auf, locken ihnen manches Stück ab,
dann durch Ingolstadt an Heri*n Coblenzel nach Eich-
städt oder gleich direkt mit den übrigen Schriften
an Herrn Sonnenfels Üesterreichs grossen Patrioten —
Denn Wien ist der Hauptpltitz für die hiesige Loge.
4) Aus Vorhergehendem siebt man klai% dass doch etwas
gross Politisches mit unterlauft, welches durch folgendes
noch mehr bestätigt wird. ■
Ein Bruder, der grosse Kenntnis von dem Orden hatte,*
sagte einem anderen Bruder: dass Oesterreich einmal
durch diesen Oi'deji ganz Deutsehland an sich ziehen
werde, und durcli diesen Orden Naciiricht aus allen _
Europäischen Staaten haben könne. |
5) DerOrdensbischof in München sagte, dass Oesterreich bei dem
Todesfälle Carl Theodors ganz ruijig seyn wird, denn Bayern
bekäme es in Zeit von 20 Jaliren ohnehin gewiss, indem
während dieser Zeit alle grossen Augen zugehen würden*
— 187 —
Der (Jrden örbeitet wirklii'li an dem einen, Herrn
Zwockh, Hofrat und Fiscal in München, seinen eifrigsten
Anhänger nach Zweybrücken als Informator des jungen
Prinzen zu bringen.
Also kann man aus diesem schliessen, dass so eine
Gesellschaft jedem Staat, besonders aber Bayern und seyner
Successiou höchst gefährlich sey.
Wer war nun der Verfasser dieses Schriftstückes und der
Erfinder jenes guten Freundes, der da sagte, man könne
bei diesem Orden vergiften, so dass man nach und nach an
^er Auszehrung sterben müsse? Hier liegt jedenfalls die Quelle
fbn dem Märchen, doss der Orden nötigenfalls mit aqua tofana
arbeite, wodurch mehrere Fürsten, wie wir noch sehen werden,
in ai^e Angst versetzt wurden. — Man hat sich daran gewöhnt,
ützschneider als einen Ordens- Veri'üter anzusehen, eine Ansicht,
die recht haltlos ist; es ist jedoch unmöglich, diesem später so
verdienstvollen Manne ein solches Machwerk zuzutrauen, wie
fhier vorliegt. Der Verfasser muss ein anderer sein,
Dr. Wolfram bezieht sich in der Broschüre >Die Illumi-
naten in Bayern und ihre Verfolgung, 11. Teil«, auf Seite 11 auf
ein Sehreiben vom 30. Dez. 1784, das durch Chalgrins Hände
ging und im geheimen Staatsarchiv zu München bewahrt wird.
In diesem heisst es, dass die Herzogin Maria Anna, gestützt
auf Angaben, die sie von einem Professor des Kadetten-
korps, d. h* der Marianischen Akademie, vor nunmehr bald
einem Jahre (also Ende 1783) empfangen habe, dem Kurfürsten
warnende Mitteilungen machte. Dem Grafen Hertzberg schickte
nun die Hei-zogin, laut dessen Antwort, am IL Oktob. 1783
diese Mitteilungen in jenem Schritlstücke zu; es ist also wohl
sicher, dass der angedeutete Professor dasselbe auch als Anklager
verfasst haben muss, denn die Daten harmonieren. Als kurfüi^st-
lich beglaubigte Anklager des Ordens sind im Jahre 1786 durch
die Schrift; »Grosse Absichten des Ordens der llluminaten*,
Georg Grünberger, kurt'ürstl Censurrath und Mitglied der bai-
rischen Akademie. Sulpitius Cosandey, Wellpriester, \1tus
_Benner, Weit])riester und Joseph Ützschneider, kurfürstlicher
irkliclier Hofkammerrath, alle vier Professoren der herzoglichen
mdesakademie, bekannt gewoi'den. Die ersten zwei wurden
Zt in Vei4iöre verwickelt, deren Protokolie vorhanden und
if die wir noch zu spreclien kommen. Von Ützschneider ist
— 188 —
abzusehen aus Gründen, denen wir gleich nähertreten werden.
Der Verffisser düifte aber unter dem Tritblio: Grünbetiger, Renner,
Cosandey höchstwahrscheinlich zu finden sein.
Chalgrin sendet mit seinem Bericht noch eine 160 Nomen
umfassende Milghederliste der lUuminafen ein, auf dieser fehlt
Ulzschneider gänzlich, aber die drei Professoren finden sich mit
noch zwei Namen in einer Schlussrubrik unter: Nomes de ceux
qui se sont retirös und bei ihren Namen die Note: Attaches ii
i'^cole des Cadets de Mme 1q Duchesse de Bavi6re. Letztere
Bezeichnung findet sich sonst bei keinem Namen, es bleiben
also nur diese drei übrig. Es ist ausserdem zweifellos, dass später
auf kurfürstlichem Befehl diese drei Professoren aussagen mussten,
was sie vom Orden wusslen, und do findet man eine recht auf-
fallende Ähnlichkeit mit dem bekannt gegebenen Schriftstück,
namentlich bei Cosandey. —
Jedenfalls ist ein Professor des Kadettenkorps der Ver-
fasser gewesen und dos genügt vorläutig, um den weiteren Fäden
auf die Spur zu kommen, selbst wenn es nicht ganz klar ist,
wem die Ehre dieser Arbeit zukommt.
Chalgrin erzälilt in seinem Berieht nun weiter:
Dieser Schritt der Herzogin von Bayern (der Brief an Hertz-
berg) fand keine Beachtung und ist es noch bei den Illuminaten
der Falk Sie hatten, und z%var erst seit kurzer Zeit, durch ilire
Milbrüder in Erfahrung gebi'acht, dass diese F'rinzessin Kennt-
nis habe von dem System, welches sie vereinige. Diese Ent-
deckung genügte ihnen, um sie zu bestimmen, den Ort ihrer
Zusammenkünfte zu verlassen, ihre Correspondenz in Sicherheit
zu bringen und in der Furcht überrascht zu werden, sie fremden
vertrauten Händen zu übergeben, w^elche sie sorgfältig verbor'gen
halten und von welchen man noch nicht Kenntnis erlangen
konnte.
Das Überbringen dieser verdächtigen Correspondenz an
einen andern Ort konnte nicht ohne Gefahr und Ängstlichkeit
ihrerseits bewerkstelligt werden.
Es blieb nur übrig die Herzctgin von Bayern zu belehren,
dass sie sich getäuscht habe. Professor Baader w^ar mit dieser
Mission betraut. Er sah die Prinzessin* Er schilderte ihr den
Kummer, mit dem er von den nachteiligen Eindrücken erfahren
habe, welche man in der Seele Ihrer Hoheit hervorzurufen ver-
sucht habe, der Gesellschaft, der er angehöre, zuschreibt und
18D
£31
1
I
hüuplsochlich ihm; schliesslich protestierte ei\ dass die Gesell-
schaft nicht fähig sei, wie sie argwöhne, sich zu erlouben gegen-
teilig zu denken, noch weniger zu handeln in ihrer Ei^ebenheit
gegen das erlauchte Haus Palütin, sondern, dass ganz im Gegen-
leil sie gegen das Haus Oesterreich arbeiten. Indem er glaubte
sich und seine Anhänger reinzuwaschen, merkte dieser be-
eisterte Professor nicht, dass ihm jedenfalls ein verwerfliches
■Geständnis entschlüpft war über das Wesen der Gesellschaft,
Und dass es nicht geglückt war, wedei- der Gesellschaft noch
ihna, listig davon abzubringen. Er gestand naiverweise, dass
sie sich in die Angelegenheilen der Regierung einmischten und
das genügte, um den Verdacht, den man schon hatte, zu be-
festigen*
Die Herzogin verstelUe sich und glaubte unterdessen den
Chuifürslen benachriclitigen zu müssen von dem, was geschah.
Schrecken war die erste Empfindung, welche diese ver-
trauliche Mitteilung bei Sr Kurfürstl. Hoheit hen'orrief und
seine Sorglosigkeit, wodurch der Zustand des Verfalls herstammt,
Verwirrung und Anarchie, deren Folgen hier alle Administrations-
parteien emptinden, verschwand beinahe gleich.
Aus dieser Unterredung Baaders hat man den Anfang
^der Verfolgung ableiten wollen, es ist aber klar, dass die von
Chalgrin kopierte Anklageschrift des verleumderischen, unbe-
kannten Professoi^ dem Kurfürsten den ersten Anstoss gegeben
haben muss,
Chalgrin scheint dieser Schrift zu glauben, ersieht infolge-
dessen Gespenster und übertreibt auch weiterhin in seinen Be-
richten die Sachlage; er malt die Gesellschaft als höchst gefährlich,
Iw^ahrend der Botschafter Montezan om 24. August 1785. kurz
nach dem dritten Verbot in seinem Bericht sagt: »Ich muss ge-
stehen, mir scheint es, dass man hier zu viel Wichtigkeit einer
mehr lächerlichen als gefahrlichen Verbindung giebt.«
Diese Tatsachen beleuchten nun auch Zschokkes Ver-
drehungen bezüglich Utzschneider,
Dass die Herzogin Utzsehneider, der ihr Geheimschreiber
war, um den Orden gefragt hoben wird und dass dieser von
dem professorlichen Schinftstück Kenntnis hatte, ist in seiner
Stellung als Geheimschreiber selbstverständlich. Sein plötzlicher
Austritt aus dem Orden Ende 1783, nachdem er doch jedenfalls
— 190 —
I
1
selbst den Brief au Hertzberg, im Auftroge der Herzogin, am
IL Oktob. 1783 gerichtet hatte, ist ebenfalls selbstverständlich,
wenn die besonderen Verbnltnisse berücksichtigt werden» die
ihn noch ausser seinem Amte an die Herzogin fesselten. Es wird
dann auch keineswegs mehr verwunderlich, dass Utzschneidem
Name mit denen der drei Professoren zusammen den Vorberichl
zu dem Werke > Grosse Absichten des Ordens c beschliesst»
denn auf Befehl des Kurfürsten traten diese Männer in die
( »ffentlichkeit und Utzschneider musste der Herzogin w^en
w^ohl oder übel mittun. Nirgends finden sich Beweise von
einer Verreterei dieses Mannes, im Gegenteil, er suchte durch
Schweigen das aufflammende Feuer zu dampfen und wenn
Weishaupt ihn auch anfangs für einen Verräter hielt, so war
das ein Irrtum, den jener später selbst eingesehen hat, denn
beide Männer waren 25 Jahre später die besten Freunde. Wir
kommen darauf noch zurück.
Das besondere \'erhältnis Utzschneiders zur Herzogin be-
stand darin, dass er ihr Neffe war, jedoch hatte die Öffentlich
keit keine Ahnung von dieser Tatsache, die A. Erhard in seinem
Artikel »Bayrische Patrioten Verfolgung vor einem Jahrhundert«
im Sammler, Beilage zur Augsburger Abendzeitung 1884 zuerst
festgelegt hat. Erhard gibt daselbst etwa folgendes an:
»Maria Anna, geborene Prinzessin von Pfalz-Salzbaeh, seit
1770 Wittw^e des Hei'zogs Clemens, war, wie bereits bewiesen, _
die politische Gegnerin des Kurfürsten. Letzterer wollte sie|
deswegen schon bald nach seiner Thronbesteigung veranlassen,
München zu verlassen, er glaubte das am sichersten zu er-
i'eiclien, wenn er sie in der Person ihres Zahlmeisters Andrea
treffen würde, der um alle Geheimnisse Maria Annas wusstdl
und der mit dem auf österreichischen Befehl im Febr, 1779 ver-
hafteten preussischen Spion Doi-opp zu München vertrauten _
Umgang gepflogen hatte. Der Kriegsminister Generallt. Joh« |
Ernst Freiherr von Belderbusch erhielt Befehl Andr^e zu ver-
haften. Der Befehl w^urde am 10. Juni 1779 ausgeführt und
er nach der Veste Rothenberg abgeführt. Andr^es Neffe war
Joseph Utzschneider, der sofort die Dienste seines Onkels über-
nahm. Die Herzogin bemülite sich nun ungemein Andr<^e zu
befreien, es gelang ihr anfangs nicht, bis endlich persönliches
Bitten beim Kurfürsten, Andröe nach viermonatlicher Haft be-
freite- Dieser Andree ist dann der heimliche Gemahl der Her-
— 191 —
zogin geworden, denn sie schreibt*) deutlich am 10. Nov. 1788
an Andr6e — 1780 lors de mon manage. War Andr6e auch
wieder frei geworden, so durfte er jedoch nicht München be-
suchen, erst mehrere Jahre nach Maria Annas Tode, derselbe
erfolgte am 5. April 1790, bekam er auf Utzschneiders Ver-
wendung die Erlaubnis, incognito wieder in München zu leben,
laut Erlass an den Stadtkommandanten Generalmajor Graf von
Topor Morawitzky vom 12. September 1795.«
Nun hatte, jedenfalls um diese Rückkehr zu erzielen, auch
der Illuminatenorden sich bemüht, denn in den ungedruckten
Briefen Weishaupts Nr. 159 schreibt dieser an Zwackh in einem
Brief ohne Datum jedoch aus dem Jahre 1782:
»Aus einer andern Beylage werden Sie ebenfalls ersehen,
was dann ich in betreff des Andr6 in Wien zu hoffen habe,
machen Sie dorten äusserst behutsam Gebrauch und sagen Sie
davon Archytas (d. i. Professor Grünberger) nichts weiter als
uns Arrian (Graf Cobenzl) rathen will, dass man ihm sagen soll.
Will Andr6 nicht glauben, dass man sich für ihn verwendet hat,
so mag er selbst an Arrian schreiben, welcher das nämliche
bestärken wird.« —
Da Professor Grünberger (Archytas) zu den drei famosen
Professoren gehört, ist wohl anzunehmen, dass trotz des Miss-
trauens Weishaupts, der Vorsicht vorschreibt, dieser zu erfahren
suchte, was irgend möglich war, um es der Herzogin mitzuteilen.
Dass diese Frau über die Verwendung des Ordens nicht en^
zückt war, zumal sie fürchten konnte, der Orden wisse um ihr
Geheimnis, ist einleuchtend und dadurch dürfte schon 1782 eine
mit Politik nichts zu tun habende Antipathie gegen den Orden
erzeugt worden sein, die auch beim Kurfürsten beste Früchte
zeitigte.
Carl Theodor suchte bereits 1779 nach Opfern für seine
Unzufriedenheit, als deren erstes Andr6e gefallen war und dem
Obermayr und Lori folgten, welch letzteren wir aus Weishaupts
Universitätsbriefwechsel kennen. Beide wurden verbannt. Er
glaubte in diesen Männern die Widersacher seiner Königspläne
auf Burgund zu verfolgen und gab bereits, wie Lehrbach in
*) Original in der Autographensammlung der K. Hof- und Staatsbiblio-
thek zu Mönchen.
— 192 —
seinen Berichten schreibt, 1779 Befehl die Forschung nuch Xjiy
Zufriedenen fortzusetzen. Es ist also recht einleuchtend, dass
der Professorbericht vier Jahre später seinen Zorn entttamrate,
nachdem der erste Schreck ühenvnnden war, namentlich falls
die Herzogin die Arbeit gegen iJsterreich betont haben sohte.
Chalgrins Dai-stellung der Unterredung Baaders mit der
Herzogin mag daher ganz richtig sein» denn sie reiht sich logisch
den ersten V'orgängen an, nur genügen diese noch nicht zur
vöUigen Erklärung des inquisitorischen Verfahrens, das alsbold
behebt wurde.
Da nun die Beziehungen des Ordens zur österreichischen
Regierung herangezogen werden, dem Orden landesverrälerische
Pläne vorzuwerfen und namentlich Österreichs Pläne auf Bayern
unterstützt zu haben, in der Hoffnung, unter der Regierung
Josef H, freieres Spiel zu erlangen, so müssen wir zunächst
auch hier die kritische Sunde gebrauchen und klaren Bück zu
erhalten suchen.
Die Ordeiisbeziehimgen zur österreichischen
Regierung,
Bis zum Jahre 1782 hatte der Orden nur wenig Mitglieder
in Wien (Rom genannt in der Ordensgeographie) und wenig Be-
ziehungen in Österreich überhaupt. 1
Die zwei Berichte des Hannibal, Baron Bassus, die mit
Streichungen und Auslassungen in dem Nachtrag zu den Ori-
ginalschrirten Seite 134—139 verölTentlicht sind, geben ziemlich
gute Anhaltspunkte über die ersten österreichischen Erfolge.
Hannibal träumt zwar dovün den Kaiser Josef IL selbst einmal als
Ordensmitghed zu sehen, docli das blieb Traumerei. Die in
München im KgL Hausarchiv bewahrten Originale lauten in
den betreffenden Stellen.*)
d. 14. Januar 1782.
*Hier in Samos (Innsbruck) ist wirklich eine Loge von
beyläuflg 50 Brüdern Maurern, worunter recht viele wackere
Manner sind, und man ti-ilU in Tirol und Trideotiaischen in
*) In deo OHgLiiaiächfiaen sitid diese nur mit Auslasiiungen und Ge-
dankenstrichen abgedruckt.
193 —
'jedem angesehenen Oi'te Maurer Der Fürst von Trient ist
Maurer und so mehrere Cavaliere der dortigen Gegend. Hier
(Innsbruck) ist der Graf Kenigel, Viceprosident, Meister vom
Sluhl.t —
Weiter heisst es:
I
^B »Der Kaiser ist bis jelzo niclit Maurer gewesen; nun aber
^P)ey Gelegenheit, dass der russische Grossfürst in Wien ist auf-
genommen worden, will er auch zu dieser Gesellschaft tretten,
»Dieses wäre nun die herrlichste Zeit, dass der Bruder Arrian
in Wien etwas sehr Grosses, ja so zu sagen, das Grösste thun
konnte, es sollen dort über 400^ Maurer seyn; die erfahrenen
Maurer taumeln nur in allerhand Systemen herum und suchen
Licht: giebt man den Würdigeren nur einen kleinen Fingerzeig,
so laufen sie mit der brennendsten Begierde, und glühendem
Herzen nach. Ich habe mich auch hier nach einigen würdigeren
umgesehen, w^elche das wahre Licht zu sehen verdienen, und
zu dessen kluger Verbreitung am schicklichsten beytragen können,
es sind Graf von Trient, kaiserlicher Kämmerer und Regierungs-
rath, ein rechtschaffener Mann, der zweite ist Professor Schiuereck,
^künftiger Schwager des Spartacus. Der dritte Schlosshauptmann
^Priosser. Erster hat mir heute den Revers eingehändiget, und
die andern zwey packe ich moi^en.« —
^L Im nächsten Schreiben vom 25. Februar 1782 sagt Hannibal:
^m „ — noch habe ich die letzte Nacht eine herrliche acquisition
^^emocht, den Herrn von Gasler, K. K. Archivar, ein Mann voller
Wärme für die ganze Sache. Ferners habe ich eifahren, dass
der Kaiser noch nicht Maurer ist, aber dass man Hofinung ge-
habt, er würde sich bei Gelegenheit, da sich der Grossfürst von
Russland wollte aufnehmen lassen zu Rom, er auch das gleiche
thun würde. Er hatte bisher dem Orden nur die Toleranz,
nicht aber die Protection versprochen. Nun ist es die grösste
Zeit, dass Arrian sich in Rom an die Sach mit Muth wagen
kann und soll" — — ^^^
K Letzteren Wunsch hat Arrian, auf den wir gleich zu sprechen
H|(|]inmen werden, erfüllt. Aber auch Knigge knüpfte Beziehungen
ch Wien, die er in einem Berichte vom August 1782 folgender-
lassen schildert:
»Ich habe auf dem Convente in Wilhclmsbad den Depu-
iiien Grafen von Kolowrat angeworben, und ihm den Namen
£d|^(, Geschieht« dea IJluTuumtcoc^rdeoi.
13
— 19Ö —
I
iehorigen war Grii_r Ci^benzl, Domprobsl zu Eiclislädt, unter dem
amen Arrian imT*rden bekanut, und dessen Bruder, der das Amt
es Kanzlers in Wien bekleidelG; des letzteren i*rdensnomen
"är Memerades. Zu diesen gesellte sich der Scbrirtsteller Ge-
heimrat Sonnenfels (Fabius) ujid der Baron von Schroeckenstein
(Mahomet)r^"
Es scheint, dass diese sehr gegen den Willen Weisboupts
rbeiteten und unmöglich ist es nicht, dass diese Männer poli-
tische Zwecke privatim verfolgten, für die jedoch in keinem Falle
der Orden verantwortlich zu machen ist und Weishaupt erst
recht nicht.
Wie letzterer über politische Umtriebe dachte» geht klar aus
einer Schrift im Zwackh'schen Nachlass hervor. Es findet sich
dort ein Brief von der Hand Zwackhs an Spartacus, korrigiert
Weisliaupt, der folgenden Wortlaut aufweist:
»Überhaupt werden wir die Versammlungen nachdrücklich
J<ouf eins der ersten Ordensgesetze verweisen, nämlich sich in
Heligion und Staaten-Verfassungen gar nicht einzumischen, wir
wollen zwar hierin keinem seine Freiheit zu denken benehmen,
riber die Nothwendigkeit zeigen, u^nrum man darauf mit aller
Schärfe besteben muss, dass die Mitglieder unserer Verbindung
von jeder und besonders derjenigen Religion, welche in ihrem
Lande die herrschende ist, nur mit Ehrfurcljt und von der Regie-
rung, unter w^elcher sie stehen, mit der schuldigen Achtung reden
I ^ sollen, und dass bey einer weiteren Anzeige derley unvernünftige
Bspötter und (unleserlich) als gefährliche und untaugliche GlieHer
■ von unserem Körper wieder abgesondert werden.« —
^ Dieser Brief ist 1783 geschrieben, also kurz noch jener
Zeit, als die Wiener Verbindungen anfingen,
t Letztere gestalteten sieh nicht zur Zufriedenheit Weis-
haupts. Seine ungedruckten Briefe im Geheimen Staats-Arcliiv zu
München lassen darüber gar keine Zweifel So schreibt er den
27. Nov. 1782:
»^ — leider ist es nur zu wahr, das seine Direclion (Arrian)
keinen Teufel taugt, aber in Rom, da will er keinen vorkommen
lassen, er tbut als wenn die ganze österreichische Alonar*chie
zu seinen Befehlen stünde, ich habe mich erbothen, ihm alle
I Briefe aufzusetzen, den er sodann nur zu unterschreiben braucht,
[wenn er doch noch fort dirigiren wifi. —
13*
IW
In eioem spätem Brief ohne Datunn spricht er sich gegen
Zwackh ganz offen gegen Arrian aus und sagt:
I
Meine Ursachen warum ich um das Etablissement in Wien
nicht gerne etwas leisten will und um seinen Plan mich be-
kümmere sind:
1. Weil Arrian solches gegründet,
2. Elend gegründet,
3. und noch elender dirigirt.
4. Weil er sich damit nothwendig machen will den Ton
im LK anzugeben, nichts einführen, bessern will, ausser
was ihm, Mahomet, und seinem Bruder anständig ist.
Weil er sich stellt, als ob Wien und Österreich sein Eigen-
thum wai-e — dieses ist mein Hauptgrund, denn darauf baut
er und Mahomet seine stolzen Pratensionen. Der Orden er-
scheint ihm Sclav von Österreich zu werden, darum will man
mich nach Wien locken und dann dort nach der Seite des Hofs
zu Ungarn,
Das merke ich gar wohl, wir brauchen Österreich gar nicht,
unterdessen kenne ich es leider, obwohl das ein sehr unvoll-
kommenes Etablissement dort ist und schlecht existirt, man
sagt doch in Wien sind lÜuminaten e tanto bosta.t — — ^^
Weishaupt rat nun, Arrian machen zu lassen was er wilK
denn ihm liegt nichts daran und er freut sich Rulie zu hoben.
Am L Üklob, 178i (S. 222, Nachtrag z. d. Orig.-Schriften)
also nach dem ersten \'erbot schreibt Weishaupt:
* Weder ich, weder Philo Iiaben nach Wien Correspon-
denzen unterhalten. Warum alles verfallen, liegt in dem Narren
S ^ und in A — — fehlerhaft getroffenen Einrichtungen;
gleichwie auch in des huchweisen Mahomels I^rovinz nichts
hinter sich und vor sich gebt,<^ —
Aus diesem Material gehl her\x>r, dass die Ordensangelegen,
heiten in Wien gründlich verfahren wurden. Zwar hatte die
Loge Theodor zum guten Hath, eine Tochtei'loge, Augusta zu
den drei Kronen in Wien begründet, aber auch diese Loge hat
besondere Erfolge nicht erzielt, sondern verlief im Sande. —
Jedenfalls hat Weishoupt keinen Einfluss auf politische Intrigueii
gehebt oder solche unterstützt, dazu reichten die Verbindungen
für ihn und die Münchener Illuminaten kaum aus. Es zerlallt
— 197
lit aber dann die so zah festgehaltene Behauptung von den
lesverrälerischen Absichten des Urdens, der die Auslieferung
^Bayerns an Öslerreicli unterstützt haben sollte.
Dass auch die österreichische Regierung bemüht war, dem
"Kurfürsten Carl Theodor Klarheit zu gel>en, beweist eine Beilage,
iiie nebst einer geheimen Instruktion von dem K. K. Hofe an
<Iie K. K. Gesandlschaft, an den Clun^-Pfalz Bayrischen Hofe zu
München gerichtet ist, datiert Wien, den 23- November 1784,
Ials Antwort eines Gesandlschaftsberichtes vom 5* Nov. "— —
^ Es heisst da zuerst:
I Formalia.
I Was die lUuminaten betrifil, so hat die Gesandtschaft
kuchts für sie, aber auch nichts gegen sie zu thun; nicht das
erste, weil die Abneigung des Churfürsten zu gross ist; nicht
das letzte, weil die letzhin angezeigte subjeeta wegen des Ein-
flusses, welchen sie in allen Gattungen Geschäfte haben, müssen
äusserst menagirt werden.
Die Beiloge ohne Namensunterschrift lautet:
^Erläuterung der Cicschichte und des Ursprungs der Illuminaten.
B Es verhalt sich mit der Freimaurerei wie gewöhnlich mil
dem Ursprung aller Geschlechter und Völker; jedes sucht seinen
Anfang in den entferntesten Zeiten und versteigt sich aus Stolz
und Ehrsucht soweit, dass es darüber nicht selten in's Lacher-
liche fällt
Fast allgemein leiten die geheimen Weislieitsschulen, wie sie
sich nennen, ihren Ursprung von jenen ab, die ehemals bey den
Ägyptern und Griechen bestanden. Sie behaupten, diese Schulen
Bder Weisheit waren stets bey allen Völkern und zu ollen Zeilen
^■orlgefülirt worden, was also im Alterthum die Mysterien der |
^Bsis bey den Egyptern, und jene zu Eleussis der Griechen waren,
^Bas waren nunmehr die Geheimnisse der Maurerei, nacti den
Umsländcn dieses Zeitpunktes gemodelt.
Wirklich ist diese X'ernuitung so ungereimt nicht, so ge-
l'iss es doch ist, dass der Name Freimaurerei ungefälir in den
EeiterrHer Refurmatioi] — und da sehr schwach nur erscheint, \
'Krst in diesem Jahi4mndert und Grössten teils vor der Hfilfte '
iesselben, entstand seine vollste X'erbreitung. Der Zeitpunkt
iber, wo man davon — wenigstens in Deutschland so gar all-
— 198 —
gemein spricht, ist jenei" der Ti^ennung in zwey Hauptstä
IUI
durch die Ein
zu Braunschweig.
ruiig der strikten Ohservoiiz aus dem Convente
Das ist der eigentliche Zeitpunkt des Mi?^
Verstands und der Verfolgung der Maurer unter sich selbst, er
'eroHenbarens so vieler
:h
id de
ler des Entstehens
Sekten gegen- und untereinander.
Seit der Einführung der ersten Loge sind noch kaum acht-
zehn Jahre zu zälüen. Zwölf Jahre ungefähr sind es, seil der
Entstehung einer zweiten, die Graf Morawizkische Loge genannt.
Ich weiss wenig oder garnichls von dem Schicksal der
ersteren und ihrem wesentlichen Verband, die zweite gründete
sich auf die Auswahl der besten und reclitscbafliMisten Glieder
und hielt zu der sehr kurz vorher eingefülnlen stricten Obser-
vanz. Demungeachtet ent3[»ann sich bald Verwirrung und Un*
Zufriedenheit unter einigen Gliedern von einer Dauer von nicht
viel mehr als drey Jahren, man suchte zwar eine \'ereinigung
wieder, doch nimmermehr wurde etwas Haltbares daraus, und
w^enn ich nicht irre, so ging sie im dritten Jahre der neuen
Fiegierung aus besonderer Hücksicht und Klugheit ganz aus-
einander.
Wahrend des Entstehens und der Dauer dieser Loge trat
noch eine auf» und diese ist die sogenannte Baden isclie Loge.
Sie hielt sich Anfangs zum entgegengesetzten System, bis
endlieh daraus die izt so viel Aufsehen erweckenden llluminaten
erwuchsen^ durch folgende Veranlassung.
Weishaupt, damals Professor des geistlichen Rechtes zu
Ingolstadt und Mitglied der Graf Mnrawizischen Loge, hatte
schon, bevor er zu dieser Verbindung gekommen, grössten teils
alles gelesen, was er von Freimauerei alles auftreiben konnte;
sein Geist noch überdies mit den Schriften der Alten genährt,
und insbesondere mit den so mannigfnltigen Systemen dei*
Pliilosophie vertraut, vermochte nichts zu linden darin, was ihn
befriedigen konnte.
Bey der Entdeckung, dass ihm bey dieser Verbindung
nichts neues erschiene und unzufrieden, nach einem System zu
arbeiten, das von auswärts betrieben, er ganz sicher Chimäre und
Ungewissheit zum Grunde hat, tulilte er ganz das Vermögen in
sich, selbst ein System zu erfinden, das auf metaphysische
Neuheit gebaut, Aufklärung des Verstandes und Besserung
der Sitten, zu seinem Hauptzweck habe. Einsam zu leben
199
Fjwohnt, von unerreiehlmrem Tnleiit, war das nun sein einziges
enken.
Vielmals mit den Jesuiten in Streit und in Händel mit
ihnen, worin er sicher öfters zu weit ging, durchlas er aucli
alles von ihrer Verfassung und bildete nach dieser Einrichtung
sein System.
Dalier die Vermuthung, besonders im Auslande, als wäre
das Ganze der geheimste Jesuitische Verband. Bei dieser Ge-
legenheil, also vor zwey Jolu'en, wie ein Mann von eben so
grossen Geistesgaben, als wie Rang und Geburt, gerade diese
Vermuthung gegen micii äusserte, sagte ich — wenigstens der
bayrischen llluminaten Seliicksal voraus, Nemlich, ich wäre
so gewiss des Gegentheils eines solchen Verbandes überzeugt,
das ich es vielmehi* für ausgcmüchl halte, ein Theil breche dem
anderen den Mals. Wer dieser Theil ist, ist bald zu erwarten.
Meiner Vermuthung nach müssen die llluminaten daran^ weil
sie ausgeartet, übei^müthig und keck auf ihre Vereinsgrösse.trozen,
die anderen aber sich klüger und bescheidener verhalten.
Freilicli, sagte ich weiter, wäre so ein Verband noch Ein
führung der Malteser und Übertragung der Schalen an die
Klöster in Bayern leiclü zu bewirken gewesen, aliein dazu hatten
die Vorsteher der lllumitniten weder Bescheidenheit, weder Ein-
sicht, noch Sitten, noch Klugheit genug, daher den Vorwurf von
Begünstigung des Meuchelmordes und des Giftes, wie dies schon
ehemals den Jesuiten angedichtet wurde.
Sobald Wcisliaupt einen Theil seines Systemes festgesetzt
hatte, suchte er die Ausübung davon, und wählte dazu, vermöge
der schon in den Universitütsjabrcn gepflogenen Freundschaft
und aus Vorliebe füi' Talent, den Herrn Professor Bader als
Chef, und Politur. Klugheit und nötige Vorsicht bei Seite, konnle
er nicht besser wählen. Ohne Zweifel vermulhete er, diese Mängel
würden sich heben. V^ielleicht traute er wohl gar der Feinheit
seines Systems diese Urnslürzung zu.
Wofür sich Weishaupt sorgfallig wahrte, war die VerofTen-
barung, dass aiies nur seine Ertlndung. Er wusste zu gut, wie
wenig ein Prophet in seiner Heimath gelte, und kannte zu gul
die Verachtung gegen Boyern im Auslande, um zu gestehen,
als wäre von da aus nur Weisheit zu holen. Alles war daher
in I)unkel gehüllt; seinem System gab er Alterthumsschein und
bediente sich meist nur griecfiischei' Namen, wie diese bey den
Kirchenvätern und Fhylosophen und in historischen Abband-
200
langen, fioubtsächlich über die Eleusinischen Geheimnisse zu
linden.
Es war daher stets von unbekönnten Obei'en die Rede, und
der Name Illuminoten selbst als der Haubtnorne seines Systems
war verführend weil dieser längst schon unter den Rosen-
kreuzern bekannt, einen besonderen Grod unter ihnen bezeichnet.
leb zweifle daher, ob einer der lUuminaten ganz zuverlässig
weiss, dass Weislioupt ihr Stifter war.
Unterdessen lialte er keineswegs die Ansicht, sich von
Preymaurereien zu trennen; vielmehr verflocht er mit seinem
System die drei mauriscben Gi^ndo; nur suchte er sie schlacken-
frei zu machen, und dachte niemoleu daran, sie zu verachten.
In der Rücksicht w^üllte er jede konstitutionsmässige Verbindung
mit anderen Logen, so gar wohl einsehend, dass aber dadurch
sein S\ Stern gegen olle Kabale mehr gedeckt und blühender
werde, üebrigens ist dieses sein System nichts w^eniger als
schon vollendet, vielmehr ist er grössten thoils so unzufrieden
damit, dass er wirklich schon vor Ausbruch dieses Gewitters
nn vier Abänderungen dachte, aus dem gründe, W'eil es unmc^g-
lieh, all das Fehlerhafte daran, gleich bey seiner Entstehung zu
merken, und weil es unvermeidlich für ihn war, wie dies der
Fall eines jeden Stifters eines neuen Sectionssystemes ist, der
es aus Kigen liebe und Stolz zu geschwind bekannt und in auf*
nähme gebracbt wissen will; dass nicht auch andere, zumal im
Auslande etwas beysetzen wollen. Er, der sich nicht für den
Rriinder ausgcljen wollte, konnte dies um so weniger hindern,
denn jeder daclite an einer ihm fremden, nui' zugetbeilten Sache
zu steigern, dessen ist der Priestergrad, soiern ich nicht dai'an
irre, der stärkste Beweis, soviel Unkluges und Anstössiges findet
sieh darin, was Weishaupt nie gethan haben würde, wenn dieser
sein Werk allein, und nicht viel mehr das Werk des Verfassers
von dem Roman meines Lehens wäre — Knigge. leb äusserte
ilim auch meine vollste IJnzufi'iedenheit darübci\
Soviel ich micli erinnere ist eben dieser Priester^rad noch
überdies der iezle, den die bayrischen lUnminaten besizen.
Hierin bleibt Weisbaupt immer zu tadeln, er der selbst das
ungereimte erkannt; allein seiner Meinung nach sollten ihn nur
wenige wissen und vor des lilinden Zutrauens auf die Klugheit
seiner Anhanger glaubte er dadurch nichts zu wagen; wie viel
er ober w^igte, zeigt nun die Folge.
Eine seiner Hauplabsichten bey Errichtung seines Systemes
— 201 —
an bey jenen der Jesuiten nls mangellioft schall, zu ver-
meiden (diess) denn soferne esgepründel, dass sich deren Entzweck
ertheilt, alle Autkiarung zu hindern, so schloss es so zum vor*
aus den Keim der Verwesung in sich, weil die Natur, die nur
zum Bessersein arbeitet, keinen Zwang vertragt, folglich muss
es endlich erliegen. Kam Weisliaupt diesem Mangel zuvor, so
hatte sein System einen anderen, nicht weniger schädlichen
Mangel, nemlich es fehlte geliörige Ordnung und Zucht, oder
^rferne diese enthaTte^n darin, die Ausübung aber zu schwer
Hb*f so mangelte es wiederum an der vorsichtigsten und klügsten
Auswatil der Glieder Ordnung und Zucht waren bey den
Jesuiten vortrelTlich, so wirkts bis auf ihre Schulen hinab, und
fanden sicli daher unter ihnen wirklich einige der Glieder, die
unnüz und unbrauchbar waren, so schadete das nichts, denn
rnung und Zucht ersetzte gleich alles.
Von diesem Mangel allein kömmt alle Verwirrung, alles
Unheil seines Systems. Jemehr er auf den Grundsatz gebaut
hat, dass man nur Gutes zu wecken bey der Jugend anfangen
müsste, indem sich die Alten zu schwer von Vorurtheil heilen,
desto mehr hätte er auf Ordnung und Zucht dringen sollen,
desto klüger und überdachter hätte er zu Werke gehen sollen
in Auswahl der vordersten Glieder. Talent alleine reicht nicht
hin, es muss unterstüzt sein von Sitte und Klugheit. Für
Jugend gehört vortreffliches Beispiel, nicht bloss in Dingen die
nach Aufklarurjg in Wissenschaft zielen, sondern hauplsächliclj
darin, was Feinheit des Denkens, des Ausdrucks, des Umgangs,
kurz was Sitte anbelangt.
Entfernt sei all Unbehutsames gerade von Religion und
von Staat, und spricht man davon, so werde mit äusserstem
Anstände davon gesprochen. Auch in der Auswahl der Jugend
hätte nicht minder Klugheit zum Grunde liegen sollen, allein
wie konnte dass, nach der Unklugheil von Allen? Nicht minder
ist es Verderbniss der Jugend, wenn sie zu früh in solche Ver-
bindung gerät, worauf sie ihr Auf kommen stüzet. Sie wird
übermütig und stolz, ausschweifend und trag, denn sie verlässt
sich darauf, die Gesellschaft besorge alles für sie, beschüze und
unterrichte in allem.
H Dies zu vermeiden, hätte die Jugend und der grösste Theil
von den Gliedern nichts mehr wessen sollen: als es fände sich
eine Versammlung der aufgeklärtesten, sittlichsten Männer in
der Absicht Gutes zu wirken, durch thätigen Beitrag sowohl
— 202 —
jeder nach seinem Vermögen, als durch Auszeichnung des sitt-
lichen Lebens. Ferne sey es als woUt ich behaupten daduirh
nur könne so eine GesellsehatlL bestehen; vielmehr bin ich der
Meinung, dass jede geheime Verbindung, ihre Anhige sey immer
vorlrefl'lich, zuletzt doch ausarten werde; daher ist wohl keine
zu dulden. Und dann hält aucli noch hierin olle Vorsicht in
der AuswTihl vorangehen sollen, denn nichl auf die Menge
sondei'n auf die Güte kam es an.
Es liätte sich deshalb die Gesellschaft nicht zur Proseliten-
macherei herab%vürdigen sollen, man hätte sie selbst suchen
sollen* Allein dies Alles setzt Zucht und Ordnung voraus und
die klügste Auswahl der vordersten Glieder,
Freilich enthalt dies alles das System ganz vortrefTHch;
nach der Anlage aber erzielt sich nichts» denn jeder thnt nach
seinem Belieben, jeder w^arb, jeder fand in seinem Zögling den
besten, es wurden Grade auf Grade gegeben, und da, wie ein
jeder einsehen konnte, es gäbe der Grade noch mehr, so war
jeder an seinem Gi^ade gesäüigt und verlangte höher und Ijoher.
ja es ging so weit, dass jeder dem anderen ohne Erlaubniss
und Macht, selbst Grade ertheilte, oder doch einsehen liess, oder
nach selbst eigener Willkür und Einsicht erklärte. Der Unbe- i
sonnene theilte Unbesonnenen mit, und hieraus entdeckt sich ^
der Wirrwar, das Widersprechende in Allem, der Unsinn des
Ganzen, die Anschuldigungen von Irreligion, von Umstui'z^djei^ ■
Staats, von VermthereVi von^'^rdrehung des TrecTites"jrnd der
Tugend.
Das System enthält davon nichts, alle Nachforschung hier-
über ist eitel, in der Unbesonnenheit liegt es, mit der sich so
manche Glieder betrugen, in dem Unverstand derselben, in der
Absicht sich höber zu scliwingen, dadurch in der Einbildung
sich durch gewagte Grundsatze in die Klasse höherer Geister
zu setzen, sich Ansehen zu geben, Parllieien zu bilden, um Ueute |
von ihrer Verbindung zu ei'heben, sie mochten nun Inländer ■
oder Ausländer sein* Hierin liegt es, denn, lag es in dem System,
so müsste sich dieses vorzüglich aus dem letzten Grade erweisen,
die den Illuminaten in München noch unbekannt sind.
Mein innigster Wunsch wäre, davon Besitzer zu seyn, und
ich könnte sie dem Fürsten erteilen, erstaunen würde er sicli
über die Neuheil der Ideen, die noch niemand gedacht, noch
niemand gesagt hat, ohne das geringste was onstösst, zu finden,
Unbesonnenheit also, mit Stolz und Übermut verbunden.
r_ 203 —
ist der llluminolen wohres Verbrechen. Sie gaben sich dem
Argwohn preis, erschufen sich Feinde dadur'ch — deren schonien
sie nicht und dunklen sich stark genug sie zu erdrücken- Ihre
Feinde erkannten ihre Schwäche, entdeckten ihre Unbesonnen-
heilen als begangene Laster, vSeztcn %'ielleicht nach Gutbelinden
Abzu, un} sich an ihre Stelle zu schwingen, und daraus entstand
^ei'st das Verbot, und weil sie sich diesem nicht pflichtmässig
fügten, bekamen ihe Feinde neuen Stoff gegen sie, und nun
folgte Strafe und Verweisung.
»Hier haben Euer S. den wahrsten Grund von der Sache,
n allem Partheigeist entfernt. Worum ich Sie bitte, ist dies,
zu besolden, dass nichts davon ins Publikum komme. Es
ist ein Gesetz von mir, mich mit keinem Journal zu bewegen,
denn Lüge und Wahrheit gilt ihnen gleich, sofern nur etwas
zu schreiben, wenigstens was unseren Staat betrifft, von dem
ihnen alles Schmöhhche willkommen; denn ausserdem wäre es
nicht möglich, dass ihnen das elende, partheiische meist nur
Bubengeschmier nicht auffallen soHle.
H Nur noch ein einziges Mal hat sich in der Verfolgungszeit
TOS Ordens die österreichische Regierung mit diesem befassL
Der öslerr. Direktorial- Gesandte Fi'eiherr von Borie in Regens-
bui^ meldete am 21 May 1785 nach Wien, dass Weishaupt sich
in Regensbui'g auflialle und dass die grosse Loge des Ordens
daselbst errichtet werden solle. Archiv und Casso sei unter-
wegs. Der Kuriurst habe auf Erlangung beider Preise ge-
setzt und deswegen habe er dem Gesandten v. Lehrbach nach
Münctien wie folgt Nachiicht gegeben:
B „Der von Ihro Kurfürstl. Drchlcht. aus dero Bayrischen
Landen aus<:2;elrelene Weishaupt ist dahier, ei' hat den Titul
eines Hofrulbes zu Gotha und damit den Schutz von dieses
Hofes döhiesieger Gesandschaft erlangt. Sein absehen gehl
dahin, um die Loge der Illuminaten dahier zu entrichten und
damit Ihro Kurfürstk Durchl, den Hohn zusprechen. Die Cassa
und das sogenannle Ai'chiv dieser Gesellschaft solle in den
Flzbui'gischen Landen dermalen seyn und aus solcher anhero
diese Stadt in wenigen Tagen gebrncht werden.
Wann der Kurpfalz. Hof die Cassa und das Archiv zu
Händen nehmen will, so ist dieses möglich, weil solche nicht
i04 —
kann anhero gebracht werden, ohne die Boyr. Lande zu passieren
und mit diesen die dasige Stadt ganz umgeben ist.
Wenn auch dieser Hof der Person des Weishoupt sich
versichern will, so sieht es in dessen Willen, nachdem derselbe
öfters ausser dem Burgfrieden dieser Stüdt sich begiebt.
Mich bedünkt Aveiter, dass der Herr Herzog von Gotha ihm
den Schutz auwiederum entziehen werde, wann hochstderse!be
belanget werden sollte.
Zu Euer Excell etwa Dienstwissenschaft melde oll dieses
gehorsamst und beharre — —''
Lehrboch berichtete am 29; Mai 1785 nach Wien, dass er
den Kurfürsten über die Absicht, Kasse und Archiv nach Regens-
burg zu versetzen, unterrieliten und im nächsten Monat mitteilen
werde.*)
Anstatt aber eine Ermunterung hierfür aus Wien zu er-
halten, erhielt er die kurze Antwort:
Der Kayser ist nicht gewohnt sich mit solchen
Possen aufzuhalten.
Borrir muss sich also auch damit nicht begeben.
Wahrscheinlich ist diese Abweisung von Kaunitz im Auf-
trage ausgefertigt. Geschrieben ist sie auf kleinem Oktavzeltel
und dem Gesandtschaftsbericht beigelegt.
Die Wirkung dieses Nasenstübers spiegelt sich in einem
Briefe Lehrbuchs an Kaunitz vom 15. Juni 1785 wider, den
Sebastian Brunner in iDer Humor in der Diplomatie und
Regiernngskunde des 18, Jahrhunderts, im I. Band Seite 281
verofl^entlfcht hnt.
Es heisst dorl:
iMit ehifurchtsvoUster Danknehmigkeit verehre ich die
huldreiche Belehrung, welche Euer fürstt. Gnaden mir unter 1.
dieses wegen der in den hiesigen Landen seit einiger Zeit ein*
geführten sogenannten lUuminatengesellschaft zu ertheilen be-
liebt haben.**) M
•) Diese Dokumente ticfluden sich im K. K. Staatsarchiv zu Wien unter
GeseiidUchaflÄbofiehle Nr. tl2,
••) Bezielit sicli jedenfalls auf den bekann «gegebenen Wiener Bericht
Seite 197.
setz ist, in keiner Angelegenheit, welche weder mittelbar noch
miltelbor unsern allerliöchslen Hof betrifft, einigen Antheil
nehmen, so habe ich in dieser Sache bisher noch keinen
iritt gemocht, und ich werde mich auch in der Folge umso-
— 200 —
weniger in dieselbe einmischen, als Hochdero gnädige An-
weisung nnich hierüber von den eilerhöchsten Gesinnungen
unseres allerhöchsten Hofes unterrichtet.« —
Seit dieser Zeit findet sich auch trotz eifrigen Suchens
keine Andeutung mehr in den GesandtschsfLsberichten ober
Verfolgung oder Treiben der Illuminnten.
Wem es daher in Anbetracht dieser historischen Tatsachen
noch zu behaupten möglich ist, der Illuminatenorden hahe
intime politische Beziehungen zum Wiener Hofe gehabt, — der
kann nur verleumden, aber solche Unwahrheiten niclit beweisen
AucIj der Umstand, dass Graf Riedesel unter dem Namen
Ptolomäus, trotz seiner Eigenschaft als preussischer Gesandter
in Wien, dem Orden angeliörte, giebt keinerlei Anhaltspunkte
für eine bereclitigte Annohme, dass der Orden seine Mitglieder
für politische Zwecke ausnutzte. Die Zugehörigkeit zu einer ve^
dächtigten Gesellschaft ist noch lange kein Beweis dafür, dass
<las hochstellende Mitglied nun sofort alle seine Beziehungen
gehorsamst der Gesellschaft zur Verfügung stellte. Diese An-
nahme wird aber von Feinden als conditio sine qua non gern^
daliingestellt, trotz der handgreiflichen Uacberlichkeit derselben,
Der Graf hat dem Orden keine nachweisbaren Dienste geleistet,
hätte sie auch gar nicht leisten können, da die Absichten
des Königs Friedrich, bezüglich des Landertausches, denen,
die dem Orden nachgesagt werden, schi-olT entgegengesetzt
waren. Seine Ordenszugehörigkeit kann geradezu als ein Belegi
angesehen werden, wie harmlos die Ordenstendenz in politischer]
Beziehung war.
I
Massregeliiiig und weiteres Schicksal des
Professor Weishaupt.
Der Leser wolle sicli jetzt der anfangs mitgeteilten pfipst-
lichen Briefe (s. Seite 13) erinnern, in denen dem Bischof von
Freysing ein so hervorragender Anteil und uneingeschränktes
Lob eingeräumt wird, dafür, dass er der Sitte der Vatc
— 207 —
Bischöfe folgend, olle wichtigen Vorgänge dem üpostoiischen
SiuJile meldete. Im zweiten Brief wird die Ingolstädter Uni-
versität als von Grund ous entartet dargestellt und der BisrhoF
belobt, dass er dem Kurfürsten den Ernst des Übels mit Kifer
darstellte. Diese vom Juni und November 1785 datierten Briefe
beziehen sich folgerichtig auf vorhergegangene Tatsachen und
sind einesteils der Freudenausdj'uck über die Verbote des Kur-
«,rslen, andernteils über die endlich durchgesetzte Entlassung
^eishaupts als Professor der Universität. Über die Gründe dieser
mtsenthebung Weishaui>ts lasst sieh Dr. Carl Prantl in seiner
amtlich verfassten Geschichte der Ludwig-Maximihan-Universität
wie folgt aus:
I>Die Veranlassung, welche die Regierung im Febi*uar 1785
m Zaune brach, um Weishaupt zu entfernen, ist wahrhaft
lächerlich und zeigt, dass man im eigenen Schuldbewusstsein
nicht wagen durfte, offene Farbe zu bekennen, welche nur von
der dümmsten Sorte des Obscurontismus herbeigeschafft werden
konnte. Weishaupt nämlich hatte wiederholt darauf gedrungen,
^pss für die Universitäts Bibliotliek Piei're Bayles Dictionaire
mstont]ue et critique, sowie die Werke des Richard Simon an-
^eschalTt werden sollen,*) die Regierung aber forderte eine Ver-
antwortung W/s, über dies gewiss unsträfliche Begehren und
^fcchdem dieselbe eingelaufen war, erfolgte die Entscheidung,
^rass an Stelle der gewünschten Werke Zabuesnigs Wider-
legungsschrift anzusehatlen sei und Weishaupt vor versammelten
Plenum bei geöffneten Türen das tridentinische Glaubensbekennt-
nis ablegen solle, im Übi'igen aber mit Ende des Studienjahres
von seiner Pi-oiessur mit einem GnadengehaUe von 400 fl,,
welchen er weder in Ingolstadt noch in Münchens Nähe ver-
zehren darf, entlassen sei.t**) —
" Die kurfürstlichen Vort'ygungen hat Wekhi'lin in seiner
Zeitschrift »Das graue Ungeheuer«, im 4. Band ohne jeden
•) Wer sich nur einigermassen mit Geschichte der wissenschafinchen
^Oteraluf beschäfli^le, weiss, welche Fund^Tube gelehrten Materials bei Bayle
Hh*liegt, auch dem DileUanLen ist es nicht unbekannt, dass B. Simon die ersten
^Bfänge einer bibJischen Textkritik in die Theologie einrührte,
Wr ••) S. Archiv der Univ. E. I Nr, 7. Mai 1785. D Ut Nr. 70 L 44 ff, Univ.
üibliotliek Cod. Ms«:r. 475 foL 3. 3»^
— 208 —
Commentar, nur mit der Überschrift versehen: Die Geschichte
des Professor Weishoupt, veröffentlicht. Der Vorgang war aber
dem schwedischen Gesandten Björnstjerna ebenfalls so wichtig,
dass er dem schwedischen Könige am 14. März 1785 in seinem
Berichte diese Veifügungen mitteille, gleichsam als eine Be-
drohung freier Denkungsart, die dem Protestantismus gefähr
lieh sei. Im schwedischen Reichsarchiv zu Stockholm findet
sich folgendes vor.
I Serenissimus Elector.
Es kommt vor, dass der Professor Weishaupt von dem
Universitäts Biblilhekorio schon wiederholtermalen und zwar
jüngsthin sogar bey versammelten Senat die Beyschaffung des
Bayle und Simon Richards in die universitaets Bibliothek an
verlanget habe.
Da nun höchst befremdlicli fallet, dass ein öffentlicher
Lehrer zumal einer, welcher das Kirchenrecht docirt, solch gott-
lose Bücher, worinnen die christliche Religion in ihren ersten
Grundwahrheiten angefochten, und der Saamen des Unglaubens
zu weiterer FortpHanzung mit voller Maass ausgestreuet wird, in
einer der studirenden Jugend offenstehenden Bibliothek nicht
ohne grosse Gefahr ihrer Verführ- und ganzlichen Verderbung
eingeführt wissen will, so liat der I^eclor Universitatis ex.
commissione speciali von demselben ollsogleicli seine christlich©
Verantwortung hierüber hegehren, sofort solche mit seinem
Bericht, längst inner zweymal 24 Stunden a dato recepti ad iii-
timum anher einzuschicken, annebens ernieldetem professor zu
bedeuten, dass er sich selbst anher zu begeben, bey schwerster
Ungnad nicht unterstehen, sondern die weitere kurfürstliche
Resolution in Ingolstadt abwarten solle.
München, d. 1. Febr 1785.
Carl Theodor
Freyhen- von Kreitmayr
ad mundo tum Serenissimi
Domini Eiectoris proprium
gez. Dom hoff.
an den
Rectoren der Universi-
tät Ingolstadt, den
Professor Weishoupt
betreffend.
II Serenissimus Elector.
Das Baylische Dictionaire historique et critique dessen
BeyschafTung in die Universitäts-Bibliothek von dem Professor
- 209 —
Weishaupt so sehr betrieben wird, ist bekonntermassen wegen
des gegen die christliche Rehgion und guten Sitten läufenden
abscheuHchen Inhalts ein hochärgerlich und gefährliches Buch,
welches in einer öffentlichen Bibliothek, worinn junge und un-
erfahrene Leute den Zutritt haben, nicht nur nicht geduldet,
sondern auch in den übrigen indifTerenten passagen gar leicht
entbehrt werden kann.
Der von vermeldeten Professor in seiner ad Rectoratum
abgegebenen Verantwortung gebrauchte Vorwand, dass er solches
zu seinen collegien über die philosophische Geschichte bedarff,
[4iient ihm zu keiner Entschuldigung, sondern zeigt vielmehr on,
lass er dernehmliehen philosophischen Secte, wie der Urstifter
Bayle selbst, ebenfalls beygethan sey und sein Werk in keiner
andern Absicht heyzuschaffen verlangt habe, als damit solches
auch den Schülern in die Hände gespielt und ihnen das Gift
auf solche weise beygebracht werden möge,
Sr. KurfürstL üurchl. befehlen demnach, dass mehrberührter
Professor Weishaupt zur kristkatholischen Glaubens profession
Ablegung bey versammelten Acadernischen Senat appertis Januis
angehaUen und anstatt des Baylischen Werkes die in Zween
)ctov-Bänden bestehende Zabuesnickische Christ- und Historische
lachrichten in die Universität Bibliothek beygesclmfft werden,
lOiit man den Bayle, Voltaire, Rousseau und andere dergleichen
leuen Afterphilosophen, welche von Zabuesnick in ihrer wahren
Jestalt geschildert sind, recht kennen lernen, und sich von ihren
teligionswidrig und ansteckenden Lehr Sätzen desto eher zu
hüten wisse.
Man hat auch gegenwärtige Resolution alsofort in pleno
ienatu ohne weitere Remonstration zu publiciren und sich hier-
lach gehorsamst zu achten.
Carl Theodor. A. V. Kreitmayr.
III Serenissimus Eleclor.
Demnach Seine churfürstliche DurchL auf dero Universität
^Ingolstadt das Jus Canonicum wieder durch einen Geistlichen
es vor diesem allezeit gewesen, dociren zu lassen ent-
schlossen sind, so hat man solches dem professor Weishaupt
anzudeuten, damit er seinen Antrag hiernach mache, und mit
Ende des heurigen Schuhl Jahres seine professur niederlege, so-
fort sich um andere Dienste zu bewerben wisse, bis dahin man
ihm eine pension von jährL 400 fl. ex cassa Universitatis ver-
Eng«l, Oetclii eilte des TUamtiiAt^iionieits. X4
— 210 —
reichen lassen wird, welche er jedoch Aveder hier, noch in In-
golstadt oder selbiger Revier zu geniessen habe, auch die höchste
Stelle bei ohnausbteiblicher Ahndung hierüber unbehelligt lassen
solle.
Mit den von der Weishauptischen Besoldung ad Cassani
zurückfallenden 600 fl. aber gedenken Sr. kurfl. DurchL den
künftigen Professoren Canonum zu salariren.
München, d. 11. Febr. 1785.
Carl Theodor, Kurfürst A. V. Kreitmavr.
Zu diesen drei in Stockholm befindüchen Abschriften Set
Originaldokumente vei'öflentlicht das »Graue Ungeheuer« noch
eine vierte Veroi'dnung des Kurfürsten. Dieselbe lautet:
Seren iss. Electon
Seine chuifürstlicbe Durchlaucht haben aus dem Universi-
Ifits Bericlit vom 16ten Maj. und der beigefügten Erklärung des
Professor Weishaupts mit mehreren ersehen, w^as gestalt der-
selbe das heurige Schuljahr nicht mehr ausgehalten, sondern
seine Professur aüscbon wirklich niedergelegt, und die ihm
verwilHgte Pension schlechterdings ausgeschlagen, und sowohl
die Stadt Ingolstadt als das Land längst inner 10 oder 12 Tagen
zu räumen sich erklärt hat. Da man nun an diesem hoch-
müthigen Pocher weiter nichts als einen reduzirten Logenmeister
verliert: so wird er auch hiermit sogleich verabschiedet; und
hat man ihm von gegenwartigem Rescript, so wie er es von den
vorhergehenden verlangt, ebenfalls eine vidimirle Abschrift auf
die Reise mitzugeben.
München, d. 19. Febr. 1785,
Carl Theodor, Churfür-st.
A, \\ von Kreilmayr
ad Mandatum
Sereniss. Domini Electoris proprium
Dumhof*)
Nach den kuriürstlichen Erlassen I—IIl sollte man meinen,
dass Weishaupt wenigstens in allen Ehren entlassen worden
') Der schwedische Gesandte schr^il»! stets Domhoff, das graue Un-
geheuer Dumbof, letztere Lesart ist keine boshafte Namens verdi-ehung, der
Mann heilst Dumhof.
— 211 —
H und in Ruhe seine weiteren Wege gehen konnte, das war
keineswegs der Fall. Hinter den anscheinend so gleichgültigen
Worten verbarg sich die Absicht, sich der Person Weishaupts
zu bemächtigen, und das abfallige Urteil des 4. Erlasses, in dem
Weishaupt ein reduzierter (?) Logenmeister genannt wird, an
dem man weiter nichts verliert, verhüllt nui' mühsam den Ärger,
dass die oben erwähnte Absicht nicht gelang.
Hertog Ernst von Gotha.
Weishaupt hatte noch zuletzt eine Unterredung mit dem
^damaligen Rektor Kandier, die damit endete, dass ersterer sich
schleunigst entfernte, um sofort am 16. Februar 1785 Ingolstadt
biu verlassen. Nicht etwa, dass der -Rektor Weishaupt warnte,
sondern letzterer erkannte, dass ein längeres Verbleiben für ihn
höchst gefährlich sei. Wie er seine Flucht, denn eine solche
war es^ bewerkstelligte, erzählt Joseph Hartmann in der Alt-
— 212 —
bayrischen Monatsschrift, herausgegeben vom Historischen Verein
von Oberbayern, in Heft 2/3 vom Jahre 1900. Daselbst heisst es:
*Weishaupt würde einer glaubwürdigst vererbten Tradition
zufolge» sicherlich nicht mehr entkonnmen sein, wäre er nicht
im letzten Augenblick noch Hndig genug gewesen. Denn schon
hotten die Wachen der vier Tore den Auftrag erhalten, den all-
gemein bekannten Professor Weishaupt nicht entwischen zu
lassen» als dieser, von anderen zur Vorsicht gemahnt, auf folgen-
den Einfall kam. Er begab sich zu dem in der Ingolstädter
Kupferstr. 10 ansässigen, ihm gut bekonnten Schlossermeister
Joseph Martin, der jedenfalls auch Illuminat war, und hielt sich
in dessen Haus ein paar Tage \%rborgen. Dann steckte er sich
in Handwerkerkleidung und fuhr mit einem ihm vom Sclilosser-
meister zur Verfügung gestellten Gespann zum Harderthor hinaus.
Er war entronnen und gelangte glücklich nach der freien Reichs-
stadt Begensburg, woselbst der Geächtete vor Gefangennahme
sicher sein konnte.«
Bevor Weishaupt Regensburg zum Aufenthalt w^ählte, hat
er sich kurze Zeit in Nürnberg aufgehalten. Welche Gründe
ihn dazu bewogen, ist unbekannt.
Jetzt sollte bald der Augenblick für den Herzog Ernst von
Gotha kommen, um tatki'öftig für Weishaupt einzutreten. Er
hatte der Welt bereits einen Beweis seiner Gesinnung zu-
gunsten des Gemassregelten dadurch gegeben, dass er ihn 1783
zum Hofrat ernannte, nun sandte er ihm nachfolgenden Brief.*)
Nehmen Sie, werthester Herr Hofrathl
gegenwärtig geringen Beweiss meiner wahi*en Achtung und
Freundschaft als ein Zeichen meiner innig Theilnehmung an
ihren widrig Schicksal auf, und sind sie überzeugt, dass die
herzlichste Vorsorg für ihre künftige Ruhe und Zufriedenheit Ihue.
Möchten doch diese Zeilen dazu beytragen können, Ihnen
ihre izige läge zu erleichtei'u, und sie von der aufrichtigen Zu-
neigung versichert zu machen, mit welcher ich lebenslängig
verharre
Ihr
Gotha, Wohlgeneigter
d. 14. April 1785. Herzog Ernst.
•) Original in München, Geheimes Haasarchiv.
213 —
Als Herzoglich Golhaischer Hofrat lebte Weishaupt nun-
Ljnehr in Regeiisburg, jedoch sollte seine Ruhe sehr bald daselbst
fcesiort werden, infolge der eintretenden Ereignisse.
■ Ann 20. Juli 1785 ging Weishaupt mit seinem Freund und
rOrdensbruder, dem Priester Lanz, vor den Toren von Regens-
^uiTg spazieren. Ein Gewitier zog auf und Lanz wurde an
^■Teishoupts Seite vom Blitze erschlagen, ersterer blieb unverletzt,
H Laut den im sächsischen Hauptstaotsarchiv zu Dresden
^tindlichen Akten befindet sich im Akt 30150 Nr 32 und 37
bezeichnet: Ada Chur Bayern, insonderheit dessen Irrungen, ein
Bericht des kurfürstliclien Gesandten, der den Vorgang schildert
und angibt, dass bezüglich der Effekten des vom Blitz er-
^p^hlagenen Priesters Lanz ein Streit entstand, zwischen dem
^bnsistorium des Stiftes Regensburg und der Churpfälzischen
Gesandtschaft.
Ersteres wollte nämlich die Obsignation der Effekten des
Verunglückten, unter Angabe wie dieser Fall sich in seinem
Kirchsprengel zugetragen, ganz allein und ohne Konkurrenz vor-
nehmen. Hierüber und dass das Coosistorium die bereits auf-
gedrückten Churpfälzischen Siegel ganz ungescheut und eigen-
mächtig abgerissen, aussei'dem auch die in seinem Quartier
zum schwarzen Bären befindlichen Sachen wegbringen und nach
Freysingen, unter welcher Diocese R Lanz gehörte, transpor-
tieren liess, berichtete der Churpfalziselie Gesandte. Es entstand
grosse Empörung über dieses anscheinend voreilige, unbefugte
Tun und wurde infolgedessen die Sperre über die Temporal
Gefälle der Diocese ausgesprochen, jedoch bald autgehuben,
weil das Stift, in den Kleidern des Lanz eingenäht, Illuminaten-
B^piere und namentlich eine Namenslisle der Ordensmitglieder
vorfand, die es sofort nach München sandte.
Eine wörtliche Abschrift der bei Lanz vorgefundenen Fapiei^e
befindet sich im Dresdener Hauptstaatsarchiv.
^P Von diesem Augenblicke an begann nun eine weitere
Massregelung, die sich bis zum inquisitorischen \'eifahren aus-
bildete. Namentlich suchte man sich der Person Weishaupts zu
bemächligen. In Regensburg, der damaligen freien Reichsstadt,
^^ar der neue Hofrat allerdings unantastbar. Regensburg war
MlllOch von bayrischem Gebiet umschlossen, sehr leicht konnte
weishaupl dasselbe bei seinen gewohnten Spaziergängen betreten
und dieses hofile man, um ihn sodann sofort gefangen zu nehmen.
— 214 —
Ein diesbezüglicher Befehl*) lautet t
Der Regierung Stroubing wird hiermit anbefohlen, auf den
geweslen Professor Weishaupt, welcher seinen Wohnsitz der-
mal in Regensburg aufgeschlagen hat, durch die benachbarte
Gerichte gute Obacht bestellen zu lassen, damit er auf Betretten
in dem Churfürsllicheo Terriloria arretirt und bis auf erlbigend
höchste Resolution des Arrestes nicht entlassen werde.
München, d. 3L Augüst 1785.
Es hatte der plötzliche Tod des Lanz, durch die damit
verbundene Auffindung der Liste noch andere Folgen. Zunächst
die Massregelung des Zwack h und die Oktob. 1786 darauffolgende
Hausvisitation, auf beides kommen wir noch zurück, und w^eiter-
hin eine Haussuchung auf dem Schlosse des Baron Bassus»
durch welche ebeiifolls mannigfache Illuminaten-Schriften und
Briefe gefunden wurden. Die bei Zwackh gefundenen wurden
den ehemaligen Mitgliedern des Ordens: Utzschneider, Renner,
Cossandey, Grünberger zur Anfertigung eines Auszuges über-
geben, der dann nach Fertigstellung den beiden Oberlandes-
regierungsräten v, Eckartshausen und von Schneider laut Kur-
fürsthchen Befehls vom 2. Januar 1787 zur weiteren Begutachtung
ausgehändigt wurde. Auch die bei Bassus gefundenen Briefe
und Schriften gingen durch die Hände der letzteren.
Unter den Schriften fand sich nun ein Brief Weishaupts,
oder soll sich darunter befunden haben, der Schreiber behauptet»
er wäre jedenfalls auf andei^e Weise hinzugekommen,**) der be-
nutzt worden ist, um Weishaupt als ein Ungeheuer von Un*
moral hinzustellen. Wir dürien diese diskrete Angelegenheit
nicht übei^ehen, um nicht den Vorwurf der Bescheinigung und
Verschweigens unangenehmer latsachen auf uns zu laden, bringen
sie jedoch in korrekter l^eihenfolge der Geschehnisse und über-
lassen das Endurteil dem Lesen
Die Tatsache ist sehr einfach. Weishaupt erzählt sie selbst
in seiner Schrift: Kurze Rechtfertigung meiner Absichten, Frank-
furt und Leipzig 1787, Seite 56 folgendermassen:
Gegen das Jahr 1777 wurde meine erste Frau von einer
Krankheit überfallen; diese dauerte bis in das Jahr 1780, wo sie
*) Original im geheimen bayrischen Staats- Archiv.
♦•) Siehe: Kurze Hechtfertigung meiner Absichten, von A. Weiahaupt,
Fpatikfurt 1787, Seite 13, Anmerkung.
— 216 —
ich ihr im Moiiath October des Jahrs 1779 in Gegenwart ihrer
Mutter, döss ich mich nach Kräften bestreben würde, die Er
laubniss zur Heyroth mit ihrer Schwester zu bewürken. Selbst
den Tag vor ihrem Tod hob ich dieses \'ersprechen wiederholt,
Sie war darüber i'uhig und starb, und meine Schwägerin blieb
bey mir, um meine Wirthschaft zu führen,
Sie Ing noch im Hause, so gescliahen mir besonders durcli
die Geisthclie, verschiedene zum Theil sehr voilheilhafte Anträge
zu einer neuen Verheyi^athung. Aus der Hartnäckigkeit, mit
welcher ich solche von mir gewiesen, schlössen viele schon da-
mals, und das Gei^ücht verbreitete sich in der Stadt, dass meine
Absichten auf meine Schw^ägerin gingen.
Indessen war die Trauerzeit vorbey. Ich ersuchte meinen
geisthchen Schwager, er mochte durch die P. P, Franciscaner in
Neuburg sich in Rom erkundigen lassen, welche Hoffnung ich
hätte, mein Versprechen zu erfüllen. Eine geraume Zeit ging
vorüber, endlich kam die Antwort: Dieser Fall sey äusserst
schwer, doch nicht ohne Beyspiel: Diese fänden sich allein in
grossen Häusern; die Hofimng eines erwünschten Erfolgs*) sey
also äusserst schwach und gering.«
Nun sollten neue würksamere Wege ausgemacht wei'den,
die ganze Sache beruhte also bis dahin. Ich hatte damahlen
einen Schwager in Wien. Meine Schwiegereltern wandten sich
durch ihren Sohn an die dortige Nuntiatur. Ich Hess meine
Gi'ünde vorlegen: 1. dass ich genöthigt sey, mich wieder zu ver-
lieyr'atlien, 2. dass ich wünschte, dass solches auf die meinem
Kind unschädlichste Art gescliehen könnte. 3. dass ich glaubte,
dass eine leibliche Schwester der verstorbenen Frau diese Ab-
siclit besser erfüllen würde, 4, dass ich meiner Fr'ou schon bey
ihren Lebzeiten zu ihrer Beruliigung, diese bedingte \'ersicherung
gemacht. 5. dass ich zugleich durcli diesen Weg eine Pflicht der
Dankborkeit ert^üllen, und so gut, als ich es vermag, alle so
grossen Dienste belohnen kann, die wir beyde von meiner
Schwägerin eifahren. Liebe füi- mein Kind, ein gemachtes \'er-
sprechen, Achtung für meine verstorbene Frau, Dankbarkeit,
selbst die Notar der Sache, alles sprach für mich und unler-
stützie mein Gesuch. Aber alle diese Gründe halfen nichts,
In jener Zeil war die Heirat eines Mannes mit seiner Schwägerin als
biuisch&nderisch verboten, konnte jedoch durch einen Dispens des Papstes
gestattet werden.
— 217 —
lian fand sie zu sclnvach. Ich war der Meynung, dass es der
Vernuijfl angemessener wäre, die Heyrath mit der verstorbenen
tu Schwester, im Fall Kinder vorhanden sind, eher zu fördern,
zu verbieten. Bey den geistlichen Gerichten hatte man diese
Meynung nicht. Umsonst; diese Gi'ünde schienen schwach. Sehr
viele Zeit gieng über diesen Streit verlohren; und schon damahleii
im Jahre 1782 versicherten mich viele angesehene Miinner, welche
die Praxis curiae besser v^erstanden, dass eine Schwängerung
das kräftigste Beförderungsmittel bey ähnlichen Gesuchen sey.
Der Leser kann sich einbilden, dass die Einladung und Ver-
suchung nicht gei'ing war. Aber ich scheute die Folgen und der
Vorschlag unterblieb.
^ Nach wiederholten Schreiben, kam man endlich dahin über-
ein, dass die Sache von meinem Bischoff dringend emptbhlen
werden müsse. Dieser Vorschlag war vernünftig, aber die
Schwierigkeit war niclif gering. Der Herr Vicarius generalis,
dei' berühmte Herr Martin Lehehbauer, war durch Anempfehlung
der Jesuiten, mein abgesagtester Feind; diese erhielten also auf
diese Art Nachricht von meinem Gesuch, und nur durch diese
Hände konnte es gehen. Ich konnte aber vorhersehen, welches
der Erfolg seyn würde. Meine Schwiegereltern erwählten einen
Mittelweg, sie wandten sich geradezu an Se. Hochfürstlichen
Gnaden. Hochdieselbe empfahlen diese Sache nachdrücklichst
an ihr Consistorium. Dieses beschloss, das Gutachten der Theo-
logischen Faeultat zu Ingolslatt zu erhohlen. Diese berichtete
^1 meinem Vorteil den 3, Febr. 1783. L Woltgang Fröhhch
Jlar der Concipient, Mit diesem Gutachten begleitet, gieng die
Sache endlich einmahl nach Wien, und von da aus nach Rom.
Alle Well versicherte mich, nun könne es nicht fehlen, in 6 oder
8 Wochen w^ürde ich unfehlbar im Besiz meiner Frau seyn.
H Nun sage mir alle Welt, w^as ist hier gottloser, was, das
©m Sittenverderbnis, eine Bösartigkeit verräth. Jacob hat
beynahe nicht so lange um seine Rahe) gedient. Schon im
Jahre 1779 will ich diese Frau heyrathen, drey ganze Jahre
schreibe ich in aller Welt und aller Orten um die Erlaubniss
herum. Ich habe Hofnung sie zu erhalten; meine Schwägerin
wohnt bey mir unter einem Haus, alle Well versichert mir den
Erfolg meines Gesuchs als unausbleiblich und gewiss; ist es nun
bey diesen Umständen so enlsezlich gefehlt, wenn ein Mann,
der sich so wenig zerstreut, der mit solchen Unmuth und Sorgen
unauniörlich zu kämpfen hat, der stündlich diese Bewilligung
— 218 —
I
ZU seiner Heyratli erwartet, — sich in einer schwachen Stunde
dahin reissen lässt, wenn er glaubt, dass er sich noch so vielen
marternden Stunden, von seinem Kummer in dem Schoos einer
Freundin erhohlt, deren Besiz ihm olle Welt, als unausbleiblidi,
als nächst bevoi'stehend versichert? Wo ist nun die Schand-
that? wo die Heucheley? wo das Verderbnis der Sitten? Es war
gefehlt, das löugne ich nicht: aber wenige Menschen haben ver-
zeihlicher gefehlt. Wo ist die Fertigkeit? wo die böse Absicht?
— Es ist trnurig, wenn ein Mensch geschehen lassen muss.
dass seine F.hre, auf eine so widerrechtliche Art so tief gekninK
und das weniger unterrichtete Pubücum, so unnötiger Weise
in eine solche Gährung versezt werde.
So w^eit waren wir indessen gekommen. Nun bekam die
Sache auf einmal eine minder günstige Wendung. Nach einer
ziemlichen Zwischenzeit, als ich nichts weniger als die würk-
liehe Dispensation erwartete, kam über Wien von Rom aus die
Nachricht, dass man von Seiten des vicariats unterlassen habe,
die nötigen Producta lieyzulegen, und dass überhaupt dies Vor-
schreiben nicht so nochdrükklich abgefasst sey, als es in solchen
Fällen nöthig und gew^öbnlich sey. Man stelle sich meine Ve^
legenheit vor. Ich musste mich also neuerdings an Eichstadt
wenden. Ich erhielt zwar nun die noch abgängige Producte,
aber an eine weitere nachdrücklichere Empfehlung w^ar unsers
Ansuchens ungeachtet nicht zu denken. Auf diese Art konnte
bis in das Monat Julius keine andere Antwor-t erfolgen, als dass
ich an keine Dispensation zu denken iiatte, wenn mein Gesuch
nicht von einer anderen Seite nachdrücklicher von einem grossen
Herrn unterstüzt würde. Indessen war meine Frau schon gegen I
das Ende des dritten Monats in ihrer Schwar^gerschatt voran- ^
gerückt, und in allem Fall meine und ihre Prostitution unver-
meidlich. Man denke sich in meine Lage.
Gesezgeber und Hicliter! Ilii* alle, die Ilir die Handlungen
der Menschen zu beurteilen habt! Hört die Stimme eines Men-
schen, der sich selbst in dieser Lage befand» der sich bey einem
besser ausgebildeten Verstand so wenig helfen, so wenig den
reggewordenen marternden Vorstellungen einer düstern, alles
Übel verkündigenden Zukunft widerstehen konnte, der vielleicht
darum dies alles erfahren musste, um der Retter und Fürbitter
so vieler Menschen zu werden, die sich nach mir in einer ähn-
lichen Gemüthsloge befinden werden. Hört mein Wort: denkt
euch doch nur die Lage einer solchen Person; denkt, was ihnen
— 219 —
:er solchen Umstanden, bey solchen \'orste]lungen möglicli
war Denkt, dass die Aufforderungen entsezlich seyn müssen,
welche eine sonst untadelhafte Mutier bewegen können, gegen
ihr eigenes Eingeweid zu wüthen, und die engsten Bande der
Natur zu zerreissen. Ihr niusst linden, wenn ihr dies überlegen
wollt, dass eine solche Handlung nicht willkührlich sey; dass
ein Mensch in solchen Fällen entweder gor kein Gefühl von Ehre
haben müsse, oder dass er hinUingliche Macht habe, sich über alle
widrigen Folgen der Verachtung hinauszusetzen', wenn er den
Ausgang ruhig erwarten kann* Ihr müsst finden, dass diese
Handlung, die Abtreibung der Frucht, eine unwillkührliche Folge
des ersten Vergehen sey, dass, wenn Ihr also diesem leztern
steuern wollt, eure Vorsorge dahin gehen müsse, dass Ihr die
Quelle dieses Übels, die Unzucht, vermindert* Ihr würdet mit
mir vermuthen, dass, wenn es gleich weniger und nicht allzeit
bekannt wird, unter hundert ehiliebenden gefallenen Mädchen
kaum eine einzige sey, welche sich nicht, um ihre Ehre zu retten,
zu ähnlichen äussersten Mitteln werkthätig entschliesst. — Hört
doch die Stimme dei' Menschheit und Vernunft, und ich will
gerne diesen Fehler selbst begangen, diesen Drang und diese
Schande selbst erfalu-en haben. Ich freue mich, sie eifahren zu
haben, wenn mein Beyspiel dazu dienen kann, unsere Geseze
menschlicher zu verfassen, hart zu diesem Ende empfunden zu
haben* Andere empfinden ebenfalls weniger oder mehr.
Ich sehe vor meinen Augen eine Person, die ich so sehr
geliebt, welcher ich soviel zu danken hotte, deren Glück ich zu
machen dachte, eine Person von exemplarischen Sitten und
Tugend, welche nun der grösste Trost meines Lebens, und das
kostbarste Geschenk des Himmels ist, welche olle M'^iderwärtig-
keiten meines Lebens mit Muth und Standhoftigkeit mit mir
theilt, welche in diesem Stück der Stolz eines jeden Römers ge-
wesen seyn würde: — Diese Person sah ich durch meine Ueber-
eilung, und durch die geflissentliche Verzögerung einer höchst
natürlichen Sache, entehrt, der Verachtung der Welt, dem Un*
willen und Fluch ihrer Eltern und Verwandten, und der Ahndung
der Gesetze ausgestellt, preisgegeben, unglücklich für olle Zeiten,
Ich selbst hatte ein unbescholtenes Leben geführt, eben dieser
gute Ruf, und die Reinheit meiner Sitten, hatten mich in den
Stand gesetzt, so manches Gute zu würken. Ich war öffentlicher
Lehrer; mein widriges Beyspiel konnte so viele Jünglinge ver-
derben. Die Mitglieder meines Ordens hatten vorzüglich alle
— 220 —
Augen auf mich gerichtet, auf meinem Credit ruhte mein ganzes
Gehäude: so wie dieser fiel, war ich iiiclit mehr im Stand» die
Sache der Tugend mit diesem Nachdruck zu verlretten. loh
konnte mir vorstellen, dass jeder unfolgsame Jüngling durch
eben dieses Beyspiel seinen mindern Glauben an Tugend recht-
fertigen und unterhalten, dass er mich mit allen moralischen
Schwätzern in eine Classe w^erfen würde, dass nun alles ver-
lohren seyn würde, wenn keine Auswege gefunden würden, um
diese Mackel meines Lehens zu verbergen. Und was am wenig-
sten in mir gewurkt, ich hatte Feinde von allen Seiten, die auf
meine Schwache schon seit vielen Jahi-en gelauert, die in dem
Taumel ihrer Freude ein allgemeines Geschrey erw^ecken, die
Sache übertreiben, alles gegen mich empören, und meinen Unter-
gang befördern würden. Dies alles sähe ich in der stärksten
Ausbildung, mit den grellsten Farben gezeichnet. Ich war bey-
nolie bis zur Vei"zweiflung getrieben. In diesem Zustande, den
niemand mehr empfinden kann, um meine und meiner Frau
Fbre, und ich darf sogen, hauptsächlich um die Ehre der
Tugend zu reiten, entseliloss icli mich zu diesem äussersteu
Mittel, zu dieser Handlung, die euch so sehr empört, welche ihr
mit meinem übrigen Charakter so wenig vereinigen könnt. Nun
tadelt immerhin diese Handlung, denn sie verdientes; ober sagt
mir, verräth sie Bösartigkeit des Herzens? Bin ich ein Heuchler?
verdiene ich diese Münchner Invectiven, welche mich dadurch
als den sittenlosesten Menschen beschreiben wollen? Ist es
billig, dass man sich niclit begnijgt, alle Welt gegen mich zu
waffnen, dass man auch noch über dies will, dass mein eigenes
Kind mir fluchen und dereinst seinen Vater verabscheuen soll?
Also selbst dies, was das äi-gste ist, be\\eisl nichts gegen
meinen Charakter, gegen meine Absichten, es beweist eher für
mich; wozu war es also nöthig, diese geheime Sünde bekannt
zu machen, ihr dadui^cli eine Art von Sanction zu geben, bey
dem grössern Haufen meinen Cliarakter und mit solchem jeden
Lehrer der Tugend verdächtig zu machen? Wozu war es nötig,
das Kind gegen seinen Vater zu empören, und durch sein Bey-
spiel zu verderben? Scliwerlicli hat noch ein anderer Mensch
vor mir solche Misshandlungen erfahren, und sie so wenig ver-
dient. Der Herr wird wissen, warum ich sie erfahre.
Nicht genug: Auch ein Meineidiger soll ich seyn, Ich habe,
wie man sehreibt, fälschlich geschworen, dass ich nichts von
diesen vorgefundenen, so gefährlichen Giften und Arzneven
— 221 —
risse, und icli selbst habe sie gebraucht?
Ich habe be-
schworen, dass ich niemand von meiner Bekanntschaft wisse,
der sie angerathen und gebraucht habe. — Alles dies schwöre
ich noch zur Stunde. Ich wusste nicht, dass Ajax oder Cato
solche Recepte besitzen; ich würde mich ausserdem vielleicht in
meiner äussersten Verlegenheit an sie gewandt haben. Ich
weiss keinen Menschen, der diese Recepte angerathen oder ge*
braucht hätte. Euriphon hat niclit nur allein nicht mitgewürkt,
»Sondern die UfnnÖglichkeit ohne Todesgefahr dringend vorge-
stellt; aufsein Zureden sind alle weiteren Versuche unterblieben,
und ich muss noch hinzusetzen, dass meine eigenen, von mir
ausgedachten Mittel, Aderlass, Bad, und Bewegung, mehr zur
Stärkung als Abtreibung des Kindes beigetragen haben, wie
noch zur Stunde die Gesundheit der Mutter und des Kindes
augenscheinlich beweisen. Marius, an welchen der Brief ge-
richtet war, hat ebgerathen, und Celsus hat niemahlen etwas
davon erfahren. Was er vor 3 Jahren sagte, war blosser Scherz,
indem er mich wogen meinei" Schwagerin railhrte. Diesen Scherz
nahm ich nach 3 Jahren, wo ich dessen leider benothigt war,
für baare Münze auf, weil ich in meiner Verlegenheit nach
jedem Schilf gegriffen, um den üblen Folgen voi'zubeugen, die
ich vorhersah. All dieses beschwöre ich noch: Gott wird es
i\issen, wenn es Menschen nicht wissen wollen,« - —
Um was es sich handelte, geht klar aus Weishaupts Er-
klärungen hervor Er hatte in dem Briefe an Marius seine Ver*
zweiflung über den Zustand seiner Schwägerin ausgesprochen
und gesagt, dass zur Beseitigung desselben Euriphon, das ist der
Arzt Dr. Kanzler, zu limide sei. Letzterem brachte diese Bemer-
kung später ein strenges Verhör ein, jedoch keinerlei Beweis
einer Schuld. Im Grunde genommen durfte dem Weisliaupt
auch gar kein tieferer Vorwurf gemacht werden, denn der Papst
gab den 29. Nov. 1783 den erbetenen Dispens*) zur Heirat, die
denn auch alsbald erfolgte. Seine Feinde kümmerte das jedoch
wenig.
Eine aus jener Zeit stammende Handschrift, die leider
nicht im Ordensbesitz, von der jedoch dei* Verfasser dieses
Buches Abschrift nahm, sagt:
•) Der Originaltiispena liegt in Mönchen im Kgl. Geheimen Slaats-Archiv.
_ 222 -^
November 1783 hat Weishaupt die Dispensation von Rom
seine Schwägerin heurothen zu dürfen» erhalten und sind darauf
in festo Siephany beide von dem Heirn Oberstatt- Pfarrer in Ingol-
stadt in einem Wohnzimmer des Schloss zu Snndhorst, wo Baron
Bassus als Hostmarckts-Herr residirte, copuliri worden, Gezeugen
waren Herr Pfarrer zu Schamhaupten, als Parochy Loci, und
Assistens; der Zeitliehe Pfarrer und Supei*ior zu Bettbrunn bey
St. Salvatur» E. F. Ord. Erem. S. Augustini und der Hen^-Ver-
walter Joseph Mayr. —
In dem Archiv zu München befindet sich jedoch unter dem
Titel ^Dispensations<Act« eine ganze Anzahl von Dokumenten,
die die Angelegenheit besonders beleuchten. Es wurde dieses
Aktenstück 1787 zusommengestelli, nachdem durch Auffindung
jenes kumpronutlierenden Briefes der KuHurst Carl Theodor
Kenntnis von der Angelegenheit erhalten halte und nun Weisr
haupt unbedingt gebrandmorkt werden sollte, als unmoralischer
Wüstling und Haupt einer verbrecherischen Sekte,
IHese r*okumente geben nun ein so schaifes Streiflicht auf
die damahgen Zustande, dass einige bekannt gegeben zu werden,
verdienen.
Der (»her- Stadt -Pia i'rer Wibmer zu Ingolstadt, mit Weis-
haupt befreundet, hatte sich namentlich um Erlangung des Dis-
penses bemüht; als derselbe einlangte, nahm er selbst die
Trauung voi- und schickte über den Verlauf derselben nach-
folgenden Bericlit ein:
HL*cliwürdiger, Hochfüi'stlicher, Hoch Bischöfliclies
General Vicariat!
Den 21, Vorigen Monaths und Jahre wurden auf die den
19 ejusdeni mensis zugeschickte Hochfürstlich, Bischöfliche
I>elegirte Ordinariats Dispensation beyde Oratores Herr Prof.
jun canon, Doctor Weishaupt, und dessen Sponsa Maria Anna
Sausenhofern folgender massen Priesterlich eingesegnet.
A, Verfügte ich mich auf ersuchen Herrn Prof. Weishaupt
auf das Baron Bassu'sche gut Sanderdorf, als wo selbst
die Braut seith mehi'eren Monathen sich aufhielte.
B. Daselbst Vernamme ich bemeldete Maria Anna Sausen-
hoferin eydlich über die mir schon vormahlen communi-
conte Fragen, auf welche sie betheuert hat:
— 224 —
ad 1. dass Sie auss keiner andere Absicht oder Ursache
sich mit ihrem Bräutigam fleischhch Verfehlt habe,
dass pur ollein auss menschlicher Schwacliheit
und auss gelegenheit der langen Zusammenwoh-
nung, Sie auch
ad 2. Von gar Niemand dazu ermuntert worden, und sie
gedenke
ad 3. niemahlen, änderst als mit der Gnade Gottes in
der allein selig machenden Christ- katholischen
Religion zu leben und zu sterben, so wie
ad 4. Sie gar nicht absehen kann, dass auss dieser durch
Päbstliche Dispensation gnädigster bewilligter Ehe
einiges Ai^erniss entstehen konnte.
Nach diesser Hesse ich
C. Beyde das Juramenta Libertatis de non abstantibus aliis
imperdinertis, ablegen, spräche Sie dann nach der terae
der PäbstUchen Bulle ab strictus creatibus loss, und
legte beyden durch 4 vorher die alltägliche abbetung
deren Buss Psalmen nebst der allen Heiligen Lytaney
und enverbung deren Theologischen Tugenden, dann
einer Vorzunehmenden Wallfahrt und daselbstiger öb-
legung einer reumütigen Beicht und Empfangung der hl.
Communion auf.
und ntich dem
D. wurden von mir Beyde auf schon ehvor erhaltener Er-
laubnis des Schambauptischen Herrn Pfarrer der nebst
dem Sandersdorferischen Herrn Ver\vaUher und Herrn
pater Superior von gross Salvator als gezeigen zugegen
waren, ehelich eingesegnet.
Und diesses ist es, was ich nebst remittirung der Päbst-
liclieii Bulle berichten, und midi gehorsam empfehle als
Seiner Hochwürden, Hochfürstlich
Hoch-Bischöflichen General Vicariats
gehorsamster
Dr. Wibmer, C^ber Stadt Pfarrer.
War nun der (»berstadt-Pfarrer Weishaupt freundlich ge-
sinnt, so war ilim der Unterstadt-Pfarrer Paulus Bauer umso
feindlicher. Letzlerer gab sich nachlräglirh noch im Jahre 1787
durch die merkwürdigsten Auseinandersetzungen die erdenk-
lichste Mühe nnchzuweisen, dass der Papst eigentlich mit der Er-
— 225 —
teifung des Dispenses betrogen sei, weil dieser auf falsche Vor-
aussetzungen beruhe« Es würde zu weit führen, die langatmigen
Berichte*) an den Kurfürsten hier mitzuteilen, charakteristisch
ist jedoch unter diesen ein merkwürdiges Attest, das als Beweis
des Eifers jenes Herrn UnterstadtJ^arrers unbedingt allgemeine
Kenntnis verdient. Es lautet:
Attestum.
Vom hochchurfürsti. Bischöfl. Vicariatswege allhier wird
anmit geziemend attestirt, dass Herr I^aul Bauer, Thigiae D.-Ciiur-
pfalz Bayrisch, w^ürklicher Geistl. Rath und Stadtt>farrer bey
St. Moriz zu Ingolstalt die Professor Weishaupt'sche Dispen-
sation circa impedimentum primi gradas aftinitotis sowohl durch
öffleren schriftlich als mündliche Vorstellungen, auf alle mögliche
Iiis zu hintertreiben sich alle mögliehe Mühe gegeben habe.
Eichstadii ex buria Vicariatus Exp. gratis die 3te SeptbHs 1787.
Jean Martinus Lehrbour.
vicar im geistl Generalis. (Bischöfl. Siegel.)
Am 30. Januar 1784 ward dem Ehepaar ein Knabe geboren,
r Wilhelm Weishaupt genannt wurde» jedoch bereits mit
18 Jahren 1802 in Gotha starb. Sein Grabstein befindet sich
neben dem Weishaupts, derselbe zeigt eine wahrscheinhch
von seinem Vater verfasste, jetzt jedoch sehr schwer zu ent-
ziffernde lateinische Grabschrift, deren Inhalt %äel Kopfzerbrechen
verursacht hat. Jedenfalls ist der Stein in späteren, nicht allzu
fernen Jahren erneuert worden und die verwitterte Inschrift von
einem der lateinisclien Sprache ganz Unkundigen ausgebessert,
dabei jedoch verbösert worden. Es be linden sich jetzt Worte
und Zeichen auf dem Grabstein, die kein Verständnis ei^eben
können, weil sie nicht lateinisch sind. Noch deren Enträtselung
tdie Grabschi'ift:
Wilhelmus Weishoupt
tav. natus Ingolstadii die XXX Jan. MDCCLXXXIIII,
vixit multum aevo brevi,
terrae satur a contemplatione coeli,
ad coelum abiit die VI Jon. MDCCCH.
♦) Abschriften davon in meinem persönlichen Besitz.
Eaf«l, Geachkbt« dM IlltiminmUmordiiQM. \;t
Illic poslquani se In m ine vorn
imjilevil stellosrjue vogas mirolus et astra
est ö polis, vidit quonta siib Tincte iaceret
nostrn dies risitque sui liidihria trunci,
Willjelm Weishaupl, ein Boyer, geboren in Ingolstadtt der
30. Januar 1784, hnl viel erlelit in einer- kurxen Lebenszeit.
Erde .snft ging er von der Betrachtung des Himmels zum Himmel
Hein am 6. Jan. 1802.
V Nachdem er dort sich mit dem wahren Lichte erfüllt halte
und die schweifenden Gestirne und die Sternbilder von Himmels-
höhen aus hewundert, sah ei\ in welcJier Nacht lag unser Tag
^ (Leben) und hiclite übei* die Nichtigkeiten seines Leibes.
Ob Weishaujit mit dem Schlusspossus nun auf seine Ge-
^burt anspielte, oder andere Begebenheiten damit meint, lasst
I
SUljouetten der ersten vier Söhne WeishaupLs.
sich nicht mehr feststellen. Die Silhouette dieses Sohnes, als
I Knabe, ist auf einer nbertüsse erhalten, die sich im Besitze der
Nachkommen Weishaupts in Gotha betindet.
Wir wollen diese Angelegenheit nun mit dem Hinweise
bescli Hessen, dass auch Schiller von dei*selbcn ^Kenntuiss hatte
und am 10. Sept. 1787 dai'ül>ei- an Korner aus Weimar schrieb;
>Weishaupt ist jelzt sehr das Gesprach dei* Welt. Seine
oulgefundeneu Briefe wirst du gelesen haben, sowie auch die
Recension des ersten Bandes in dei' Litcraturzcilung, welche von
Hufeland, und nach meinem Urlheil vortrelTlieh ist. Was denkst
du denn von seinem unglücklichen Verbrechen? — Alle Maurer»
— 228 —
die ich noch gehört habe, brechen den Stab über ihn und wollen
ihn ohne Gnade bürgerlich vernichtet haben* Aber der Orden
bleibe ehrwürdig, auch nachdem Weisbaupt ein schlechter Kerl
sei* Es lässt sich vielerlei darüber sagen und ich muss ge-
stehen, dass mir die moraHschen Declamalionen dieser Herren
etwas verdächtig sind. Ein Kind abtreiben, ist unstreitig eine
lasterhafte That — für jeden. Aber eins machen, ist für einen
Chef de parti unverzeihlicher. Was sie mir von der Abscheu-
lichkeit des Kindermords und von der empörenden Rücksicht:
dass ein V a t e r d i e s es t h u e , sogen ist falsch und schief. Dieser
Fall ist kein Kindermord. Es w^äre schlimm, w^enn man keine
triftigeren Ursachen hatte, eine solche That zu verabscheuen, als
jene schielenden Raisonnements. Ich habe nur einen Massslab
für Moralilät, und ich glaube, den strengsten: Ist die That, die
ich begehe, von guten oder schlimmen Folgen für die Welt, —
wenn sie allgemein ist?« —
In Regensbui^ war Weisbaupt durchaus nicht seiner Freiheit
sicher, wie bereits erwähnt und bewiesen wurde, ja die Unsicher-
heit nahm zu, je mehr sieb die\'erfolgungen in München zuspitzten.
Es ist nalüi'licb, dass diesem Zustande ein Ende zu machen, W/s
innigster Wunsch war Dazu kam noch, dass seine letzte van
fünf Mädchen aus erster Ehe ihm allein noch gebliebene Tochter
mit 14 Jahren in Regensburg starb, deren \'erlust er schmerz-
lichst empfand. Weishaupt überwand seine früher gegen Wien
ausgesprochene Abneigung und reiste im August 1786 nach dort,
in der Hoffnung; daselbst eine Anstellung zu erhalten.
In der Bayreuther Zeitung vom 26. August 1786 findet sich
folgende diesbezügliche Notiz:
Wien, den 16* August 17fi
Der berühmte Bayrische Professor Weishaupt, welcher aus]
bekannten Ursachen sein Vaterland verlassen hat, ist hier en-l
gekommen, und wird ihm mit vieler Hochachtung begegnet j
Man w^eiss zwar den eigentlichen Endzweck seines Hierseins i
noch nicht, doch ist zu vermuthen, dass man diesen geschickten
canonischen Rechtslehrer liier behalten werde. —
Letzteres geschah jedoch niclit und Weishaupt kehrte
glücklich nach Regensburg zurück. Er benutzte seine Zeil,
um die immer stärker werdende Flut der Verdächtigungen und
VVeishaupts Wohnhaus in Regeiisburg.
4_
— 230 —
Schmähungen mögliclist einzudämmen, konnte jedoch einen wirk-
samen Einfluss darauf nicht, ausüben.
Von München ous gab man sich alle ei'denkliche Mühe,
seiner habhaft zu werden, es wurde sogar noch Stodtamhof,
gegenüber von Regensburg, auf der andern Seile der Donau,
ein Spion abgesandt, um die Gelegenheit auszukundschaften, oh
Weishaupt nicht unbemerkt in seiner Wohnung zu überraschen
wäre. Der Oberleutnant Loi'eozer ward mit diesem ehretihatten
Auftrag betraut und berichtet*) denn auch unter dem 19. Aug. 1787.
dass der ehmals gewesene Professor Weishaupt in des Seifen
sieders Stadlers Behausung über zwei Stiegen hoch in der Engeis-
berger Strasse wohnhaft sich betindet.
Diese Dinge konnten nicht verborgen bleiben und veran-
lassten den edlen Herzog Ernst von Gotha, den Gefährdeten da-
durch unantastbar zu machen, dass er ihn in seiner Gesandt-
schaft anstellte.
Am 11. August 1787 liess der Herzog nachfolgenden Befehl
seinem Gesandten in Regensburg zugehen,**)
An den geheimen Ratli und Comilial Gesandten
Freiherrn von Gemmingen.
Wohlgeborener Herr.
Nachdem wir die Entschliessung gefasst haben, dem Hofrath
Weishaupt zu Erweiterung seiner Kenntnisse in den Reichstags
Angelegenheiten und um sich dadurch zu unseren Diensten
immer mehr geschickt und brauchbar zu machen, den Zutritt
bey unserer dasigen Gesandtschafts Canzley sowohl, als dem
Archive zu gestatten, aucli denselben zu Beyrichtung eiforder-
licher Aufsätze und Feiligung nothiger Auszüge aus den von
Zeit zu Zeit erscheinenden Staalsschriften gebrauchen zu lassen,
jedoch unter der ausdrücklichen Einschränkung, dass demselben
nichts was auf das Religionswesen im deutschen Reiche über*
haupt, oder auf die Gerechtsame des Evangelischen Religions-
Theils insbesondere einige Beziehung liaben dürfen, zur Einsicht
vorgelegt noch zur Ausarbeitung übertragen werden soll, als
bleibt Euch solches zu Eurer Nachricht und Aclitung hierdurch
ohnverhallen und gesinnen zugleich an Euch, Ihr- wollet ge-
dachten Hofrath Weishaupt nicht nur hiervon die nöthige Er-
♦) Original im Kgl. bayr. Geheimen Staata -Archiv.
•♦) Original im Archiv zu GoU»a. U. U. VHa— 13.
- 231 —
Öffnung Itiufi, sondern auch sofort wegen dessen Anwersung
unter den bemerkten Einschränkungen und Verpflichtungen ad
Silentium mittesl Handschlags an Eidesstott das nothige besorgen
und endiicli wie solches geschehen mittelst Einschickung der
über vorstehenden Actus zu feiligeodeu Registratur bei Uns
Bericht anzeigen.
^ Friedenstein, d. 11. Aug, 1787.
^P Gleichzeitig erhielt der Legations-Sekretär von Ernesti zu
""Regensbui^ den Befehl, den Brief an den Gesandten zu öffnen
und danach zu handeln, da der Gesandle selbst mutmasslich
verreist sein könnte. Letzteres war auch der Fall und von
Ernesti erledigte die weiteren interessanten Angelegenheiten.
PKuH'ürst KaY'l Theodor übersandte zur selben Zeit durch
seinen Gesandten, Graten von Lerchenfeld, dem Herzog Ernst
nachfolgendes Schreiben, aus dem zu ersehen ist, wie dringend
eilend und notwendig der Schutz des Herz*^gs wurde.
ICopia Schreibens, so von Sr, Churfürstlichen DchlL zu Pfalz
an den H. Herzogen zu Sachsen Gotha erlassen worden.
München, d. 9. Aug. 1787.
P. P.
Ew. Lbd. mögen wir nicht länger beiden, wie auffaltend
und empfindlich Uns sey, dass der geweste Ingolstädlische Pro-
fessor Weishaupt sich schon einige Jahre hier unter Ew. Lbd.
»Protection in Regensburg aufhtiU.
H Wir wollen von Ihm keine w^eitläufige Beschreibung machen,
Haie liegt schon aus seinen eigenen Briefen, wovon sich die Ori*
Hginalien bey unsern Archiv finden und einen Jeden auf Ver-
klangen zur Einsicht vorgelegt werden, der ganzen Welt zu All-
gemeiner Ärgerniss in ofieutlichem Druck nunmehr vor Augen,
B Euer Lbd. ermessen hieraus von selbst ob dieser höchst-
strafbare Böswicht, welcher Uns gleichsam zum Troz und H<>hn,
seinen Wohnplatz an einem mitten in unseren Landen liegenden
[Ort aufzuschlagen die Keckheil hat, protegirt zu werden verdiene?
Da wir nun gänzlich entschlossen sind, die Extradition
selben von dei- Reichsstadt Regensburg zu begehren, so ver-
iöffen wir, Ew. Lbd. werden auch die ihm erteilte Protection
wieder zurückzuziehen belieben, sohin den Magistrat an der Ex-
tradition nicht zu hindern zu suchen.
- 282 —
Ew. Lbd. lassen uns hierdurch Recht und Justiz wieder-
fahren. Bezeigen Uns anmalens eine Gefälligkeit, welche wir in
ähnlichen Fällen zu erwiedern nicht ermangeln werden, die wir
ohnehin zur Erweisung freund, vettert. Dienste stets gefliessen
verbleiben.
Gleichzeitig war aber auch der Rat zu Regensburg drang-
saliert worden, Weishaupt auszuliefern. Nach einem Bericht
des Legations-Sekretärs v. Ernesti, datiert d, 20, Aug, 1787 war
der SLaatskämmerer Bössner in München gewesen und halle
vernommen, dass auf alle Weise dem Hofrat Weishaupt nach-
gestellt werde und selbiger gern ausgeliefert gesehen würde.
Da nun der Regensburgische Konsulent Gunipelskörner dem
kurbraunschweigischen Gesandten v. Ompteda gegenüber
äusserte, der Kurfürst Carl Theodor wüide W.'s Auslieferung
von Regensburg verlangen, so war der Rat darüber in ai^er
Verlegenheit. Aber auch Ernesti war es, denn der Befehl
Herzogs, Weishaupt zu verpflichten, war noch gar nicht infi
der damaligen Postverhältnisse in seinen Händen. Er erhielt
dieses Schreiben erst am 3. September, vvusste jedoch genau,
dass der Herzog alles daran setzte, Weishaupt zu schützen.
Um nun letzteres zu können, verband er sich in Abwesen-
heit des Gothaischen Gesandten mit dem kurbraunschweigischen
Gesandten Herrn von Ompteda, der ebenfalls W. freundschaft-
lich gesinnt war und übergab dem Rat zu Regensburg nach-
folgendes Pro Memoria, dem v. Ompteda durch seine Aner-
kennung ein grösseres Gewicht gab. Hierbei machte v. Ernesti
den Trik, dass er das Dokument zurückdatierte auf den 14, Aug.
*mit allem Fleiss« wie es in seinem diesbezüglichen Bericht
heisst, trotzdem es am 24. Aug. erst dem Rat überreicht wurde.
Das Pro Memona*) lautet:
Pro Memoria.
Es hat der bereits seit einigen Jahren hier anwesende Hof-
rath Weishaupt bey Endesunterzeichneter Comitial-Gesandschafls
Canzley, in Abwesenheit diesseitigen Herrn Gesandens, Frey-
herrn von Gemmingen, Excellenz, zu erkennen gegeben, als ob
ilim, um sich seiner Person zu bemächtigen, auf mancherley
Weise nachgestrebet werde. Nun glaube er zwar, als Herzog-
•) Abschrifl Im Archiv zu Gotha.
— 233 —
mht
»'
lieh Sachsen-Gothaischer Hofrath, bey seinem ollhiesigen Aufenl-
alt in dieser Kaiserlichen freyen Reichsstadt und der allge-
meinen Reichsversammlung Mahlstatt Regensburg, sich wohl
alle Sicherheit, gegen etwa anmassliche Gewalt zuverlässig ver-
sprechen zu können dürfen; Er w^olle aber doch zu allem Ueber-
fluss gebethen haben, Ihm mit einem diesfalsigen Certificat in
Ansehung seiner Qualität und Characters bey hiesig Wohllob-
liehen Magistrat zu statten zu kommen.
Da nun ersagter Herr Hofralh Weishaupt würklich in Sr.
Durchlaucht des regierenden Herrn Herzogs zu Sachsen Gotha
und Altenbui??, meines gnädigsten Herrn und Fürsten Diensten
sich befindet, und von Höchstderoselben Dero Comitial-Gesand-
Schaft ganz besonders anempfohlen und untergeben worden; so
hat man zu mehrerer Vorsicht nicht umgehen sollen, Einem
Hoch- und Wohlweisen Herrn Kammerer und Raüi dahiesiger
KaiserHcher freyen Reichsstadt Regensburg hievon geziemende
Eröffnung zu thun,
^ Regensburg, d. 14. August 1787.
H Herzoglich Sachsen Gotha- und Altenburgische
^B Gesandschafts-Canzley
^^^^^^ Philipp Friedrich Ernesti
^^^^^^ Legations-Secretarius.
^r Der Rat beruhigte sieh jedoch damit nicht und sandte dem
■Herzog ein Schreiben, (Original in Gotha) das eine gewisse
Bauernschlauheit verrät.
► Es lautet:
Durchlauchtigster Herzog,
Gnädigster Fürst und Herr:
Euer Herzogl. Durchlaucht sind die Landesherr!. Verord-
nungen unverboi^en, welche Sr. CurfürstL Durchl. zu Pfalzbaiern
■ in Betref des sogenannten lUuminaten-Ordens erlassen haben.
Der besondere Anteil, welcher in denen dahingehorigen
Druckschriften dem Herrn Hofrath Weishaupt zugeschrieben
wird, dessen öffentlicher und bekannter Aufentlialt allhier, ohne
dass er zu einer Comitial -Verrichtung oder besondern Auftrag
beglaubigt ist, die ehrerbietigste Rücksichten, welche wir der
erklärten Willensmeinung Sr. CurfürstL Durch L schuldig sind,
— die Deutungen, welche dem Aufenthalte des Herrn Weishaupts
^gegeben werden können, das unterm 10. dieses publicirte Chur-
turstL höchste Edict, erfüllen uns mit Besoi'gnissen, die Euer
— 234 ^
HerzogL Durchlauclil wir untertänigst voi-zutragen, uns umso-
mehr die Freyheit nehmen, als das unter dem 14. dieses zu
Gunsten des Herrn Weishaupt von Höchst dei'o Comitial-Conzley
an uns erlassen Pro Memoria diejenigen Gründe nicht enthalt,
wodurch einer aJIenfolsigen Curfürsll. Requisition oder sonstigen
gerichtlichen Verfahren gegen denselben mit Anstand und ohne
unsere eigene Blosstellung begegnet werden könnte.
So sehr wir wünschen, Bewahrungen der tiefsten Verehrung
gegen Euer HerzogL Durchlaucht an den Tag zu legen, so sehr
müssen wir zu einer Zeil, da noch kein Anbringen gegen er-
sagten Herrn Weishoupt gemacht ist, angelegentlich bitten, die
Abreise oder ferneren Aufenthalt desselben, durch gnädigste
Maasnehmungen, andurch uns gegen leicht eintrettende Befah-
rungen gnädigst in Sicherheit zu stellen, die wir mit tiefsten
Respekt sind
Durchlauchtigster Herzog Gnädigster Fürst und Herr
Euer HerzogL Durchlaucht
unterthänigste Cammerer u. Rath allda
Regensburg, d, 25. August 1787,
Die Antwort des Herzogs erfolgte sehr bezeichnend durch
nachstehendes Schreiben :
An den StodtiTith zu Regensburg.
Aus einem unterfti 25ten dieses, an Uns erlassenen
Schreiben haben wir vernommen, was Ihr wegen der von des
Herrn Churfürsten zu Pfalz Bayern, Churf. Durcbl. in betreff des
sogenannten llluminaten'Ordens erlassenen Verordnungen, für
unsern in Regensburg sich aufhaltenden Hofrath Weishaupt zu
erwartende unangenehme Folgen, für Besorgnisse geäussert habt. 1
Wie Uns nun Euer bey dieser Gelegenheit gegen Uns zu
Tage gelegte Gesinnung zu besonderem Wohlgefallen gewesen,
wir auch solche dankesgeneigt erkennen, so kann es Uns nicht
anders als Vergnügen verursachen, dass Eure Besoi^nissc be-
reits hinlänglich bezogen und die Verlegenheit in welche eine
Churpfalzische Ref[uisition Euch hatte versetzen können im vor-
aus von Uns abgeholfen worden, indem wir den Hofrath Weis- 1
haupt vor kurzem bey unserer Comitial-Gesandschaft zur Ge-
brauchung in Geschäften wirklich haben anstellen lassen, mitbin
derselbe nunmehr vormöge der Gesandscbaftsrechtc und Reichs-
tfigigen Freyheit Unserer Jurisdiction einzig und allein unter-
1
— 235 —
wnrfeii ist, welclies Wir Euch hierdurch zur Nachriciil ohnver-
halten und verbleiben Euch übrigens niit Gnade gewogen.
Friedenstein, den 31. August 1787, Ernst,
f Da Weishaupt noch nicht tatsächlich geschützt war, denn
der Befehl des Herzogs, ilin zu verpflichten, war immer noch nicht
eingetroffen, es inzwischen auch offenbar wurde, wie v. Ernesti
in einem Schreiben vom 30. Aug. 1787 mitteilte, dass Lorenzer
gegen ein Douceur von 100 Dukaten sich der Person W/s be-
mächtigen sollte, so ftmdes Weishouptam geratensten, wiederum
seinen Koffer,*) mit dem er bereits aus Ingolstadt geflohen, zu
packen und Regensburg zu verlassen. Er begab sich nach
Gotha, unter den direkten Schutz des Herzogs. Ernesti berichtet
über seine Abreise:
Ew. Hoclifreyheni. Excellenz habe noch vor Abgang der
Post unterthänig zu vernehmen zu geben, dass nicht nur
an den Freyherrn von Gemmingen gnadigsterlassenes Res-
script d. IL Aug. sondei-n auch Sr. Herzogl. Durchlaucht
sub, cod. Dat. an mich ergangener gnädigster Befehl, nicht
minder Ew. Hochfi-eylierrlichen Excel lenz beyde hochverehr-
hche Antwortschreiben vom 28. und 80. m. p, anheute auf ein-
mal richtig bey mir eingegangen. Nun würde ich zu unter-
Ihänigster Folge sothanen Inhaltes nach aufhabenden theuren
Pflichten, alsobald alles pünktlich bewerkstelligen und dem
Herrn Hofralh Weishaupt mittelst Handschlags an Eydesstatl
ad Silentium verpflichten oh nennangelt, auch hierüber des näch-
stens an Sr. Herzogliche Dui'chlaucht devoLesten Bericht er-
stattet haben; allein da Ew. HochfreybcrrL Excellenz ich mit
letztern Posttag gehorsamst hinterbracht habe, dass der Herr
Hofrath Weishaupt bereits von hier abgereist und vielleicht beim
Empfang dieses nunmehr schon in Gotha eingetroflen seyn dürfte,
so sehe mich gegenwörtig ausser Stande, diese gemessene höchste
r>rdre subm issest zu befolgen. Lidossen höbe hochdero hohen
Anweisung gemäss, von allen diesen deji Churbraunschweigi-
sehen Minister Herr Baron von Ompteda persönlichst Eröffnung
gethan, und dagegen von ihm den Auftrag erhalten, Ew. Hoch-
freyherrlichen Excellenz nebst seiner geborsamsten Empfehlung
für sothane vertrauliclie Convmunication den Verbundesten Dank
Dresden
•) Dieser alte Zeuge seiner Leiden ist jetzt im Hesitx des Autors zu
— 236 —
abzustatteo. Ich werde auch diesen ganzen Vorgang des Herrn
Gesandens, Frei Herrn von Gemmingen, Excel lenz nach Thalheini
nächstens schreiben.
Ansonsten abermuss ich noch erwähnen, doss vorgestrigen
Sonnabend die Frau Hofrath Weishaupt mich zu sich rufen
lassen und mir von ihrem abgereisten Manne einen von Fer-
riedeii aus an sie erlassenen Brief vorgelesen, worinnen er ihr
meldet, dass er diesen Weg von Regensburg bis dahin, binnen
12 Stunden, jedoch nicht ohne alle Gefahr, zurückgelegt habe.
Dieses Dorf Ferrieden liegt in dem Anspachischen und ist der
erste (Jrt nach dem Bayrisch und Pfälzischen Territoria ohn-
gefehr 10 Meilen von hier
Dero ich unter Beylegung eines hochverlangten, anden^'eiten
Exemplars der Weishauptischen kurzen Rechtfertigung in devo*
tionsvoller Verehrung verharre
Ew. HochfreyherrL Excellenz
unterthänig gehorsamster Diener
Pbih'pp Friedrich Ernesli.
Regensburg, d. 8. Sept. 1787.
Weishaupt kam in Sicherheit. Er gelangle nach Gotna
trotz des auf ihn lauernden Lorenzer, fühlte sich jedoch, in
Gotha angekommen, infolge der Abwesenheit des Herzogs dort
nicht sicher und verbarg sich di*ei Tage lang in einem Kamin
bei der Frau Mähler auf der grossen Siebleberstrasse. Es scheint
in dieser Zeit ein Anschlag gegen Weishaupt gespielt zu haben,
um ihn festzunehmen, einige unklare Andeutungen in den Akten
deuten das an, jedoch lässt sich nicht mehr genau angeben, wo-
durch diese drei Tage im Kamin notwendig wurden.
Herzog Ernst hatte inzwischen mit dem Kurfürsten einige
Auseinandei*setzungen, die zum Bruche aller freundschaftlichen
Beziehungen führten. Der Aufforderung, Weishaupt auszuliefern,
begegnete Herzog Ernst durch das nachfolgende Schreiben, das
den Kurfürsten entschieden sehr empHndlich berühren mussle.
Durchlauclitigster
dass Ew, Durchlaucht, mittelst des geehrten Schreibens vom 9.
dss. uns zu erkennen zu geben beheben wollen:
Wie ouffallend und empfindlich es demselben sey, dass der
gewesene Ingolstadter Professor Weishaupt sich schon einige
Jahre hier unter unserer Protection in Regensburg aufhält.
I
— 237 —
^
^
ist uns, wir müssen es aufrichtig bekennen, um so unenvarteter
gewesen, da uns von dem gedachten Weishaupt, als wir ihm
den Character unseres Hofrathes beylegten, nichts Nachtheiliges
in Ansehung seiner sittlichen Grundsätze und Betragens, viel-
mehr bekannt war, dass Ew. Durchich t. ihn nicht anders als
unter Begnadigung mit einer lebenslänglichen Pension von der
Universität Ingolstadt entlassen hatten und er uns übrigens als
ein aufgeklärter Kopf und mit vielen gelehrten Kenntnissen ver*
sehener Mann von schätzbaren Personen, die in nähere Bekannt-
schaft mit ihm gestanden, beschrieben und empfohlen worden war.
Wie wir nun nach der Hand uns entschlossen haben, den
vorbemerkten Hofrath Weishaupt in Rücksicht auf die bey ihm
wahrgenommenen vorzüglichen Tolente in Canzley-Geschöften zu
gebrauchen und in solcher Absicht, um sich in diesem Fache
die gehörige Kenntnis und Uebung zu verschaffen bey unserer
Comitial-Cantzley in Regensburg anstellen zu lassen, wir auch
vor kurzem unseren Com itial- Gesandten in Gemäsheit dieser
Intention angewiesen haben, so werden Ew. Durchl. einsehen,
dass dem dortigen Magistrate nicht die mindeste jurisdietions
Befugniss über unsern zur Reichstägigen Gesandschafts-t'.anzley
gehörigen Diener und Hofrat Weishaupt zustehe, Belieben sich
aber zugleich von uns überzeugt zu halten, dass, wenn derselbe
wahrend der Zeit, da er noch Euer Lbd. unterthan und in dero
Landen und Diensten war, einige strafwürdige Handlungen be-
gangen zu haben, zu überführen wäre und derselben gefällig
seyii sollte uns davon solche Anzeige, welche einer gerichtlichen
Untersuchung fundiren könnten, zukommen zu lassen, wir so-
wohl aus schuldigen Justizeifer als auch in Gefolg der für
Ew. Durchlaucht hegende vollkommendsto Hochachtung, bereit
und willig seyn werden, die strengste unpatheiischsle Unter-
suchung gegen unsern erwähnten Weishaupt verhängen zu lassen
und ihn, falls er seiner Unschuld auf keine befriedigende Weise
darthun könnte, nach dem Verhältniss der von ihm zu Schulden
gebrachten gesetzwidrigen Handlungen mit der verdienten Ahn-
dung anzusehen. Von Eurer Lbd gerechten Denkungsart
schmeicheln wir uns, dass Sie diese in der Billigkeit beruhende
ErkJarung um so günstiger aufnehmen werden, als wir der-
selben die aufrichtige Vei*sicherung beyzufügen die Ehre haben
Friedenstein den 29. August 1787.
H Friec
Der Kurfümt liess seinen Ärger sehr deutlich in der Ant-
— 233
wort Hilf diesen Brief durcliLlieken, jii er Hess sich zu heftigen
Ausdrücken hinreissen, die Herzog Ernst sehr scharf zurückwies.
Ausserdem zeigt das nachfolgende Schreiben, w*ie weniger
gesonnen wor, ein wirklich juridisches Veifahren einzuschlagen,
sondern nur gewaltsam vorzugehen beahsichtigte:
Cupiö Schreibens von Sr, Churfürsth Dchlt. zu Pfalz an den
Herrn Herzogen von Sachsen-Gotlia dda Münclien d.6. Sept, 1787
R P,
Warum Eure Lbd. unsern freundschaftlichen Ansinnen in
belref des Weishaupt, nicht zu willfahren, sondern denselben
in gesandscluiftlichon Diensten beizubehalten und ihn Dero Pro-
tection noch ferner dadurch angedeihcn zu lassen fürgut betlnden,
ist Uns aus Dero Schreiben vom 29ten Aug. wider alle Er*
WTirtung zu vernehmen gewesen.
Nimmermehr kann sich der Weishaujjt rühmen, dass er
unserer Dienste in Gnaden entlassen w^orden seye. Er w^ar schon
vorher in grossem Vcrdnchl, dass erder studirendcn Jugend durch
verbotene Bücher und sonst bös und religioMswidrige l^rincipia
hergebracht habe, weswegen er auch statt der Pension, welche
ihm bey seiner Entlassung lediglich in Rücksicht auf Weib und
Kind angetragen, aber trotz- und hochmüthig ausgeschlagen
worden ist, vielmehr inquirirt und abgestraft zu werden verdient
hatte, sofern Wir Uns nicht eines so gefährlichen Mannes nach I
lielier auf solche Art zu entledigen, als Unsere Universitael
durch eine scharfe Inquisition und Strafe verschreit zu machen
für rathsam erachteten.
Nebst dem war uns damal noch ein verborgenes Geheim- J
niss, was sich erst nachher durch die bei dem Zwack und Baron
Bassus erfundenen Schriften wider ihn aufgedeckt hat.
Wir wussten von der Blutschande, welche er mit seines
Weibs Schwester verübt, noch so wenig, als dem sub conatu
[>roximo uttentirlen Kindsmord, und eben so wenig war uns
bekannt, dass er der Stifter und sogenannte General der in
unsere Landen so weit verbreiteten illuminaten Sect seye, wo- |
durch man unter dem Blendwerk der Wahrheits Aufkhlrung und
Sittenverbesserung die christliche Religion zu stürzen, dem
völligen Unglauben dagegen einzuführen, in das Jus vitae et |
nccis t^ollectarum aritrivi und andere landeslierrliche Vorrechte
einzugreifen von den Mitgliedern einen beschworenen und un-
begranzien Gehorsam zu fordern, all jene, welche nicht von
-^ 239 —
dieser Secte sind, als profan und verächtliche Leute zu beluindeln
zu diflamiren, zu verfolgen und zu unterdrücken, mit einem
Wort alles an sieh zu ziehen, und einer vollkommenen Ober-
herrschaft sowohl über Regenten als Unterlhanen sich zu be-
r istern sucht.
Um diese in das Crimen incestus, otlenlati, infanticidü und
laesae Majestatis einschlagende Facta, ist und bleibt uns der
Weishaupt allzeit noch responsabl und wird uns keine aus-
wärtige Protection abhalten, diesen aussgeschäniten Bösswicht,
welcher sich als einen Blutschänder, Kindsmörder, Volksver-
führer und Chef eines füi^ die Religion und den Staat höchst
gefahrlichen Complotts, durch eigene Bekenntnus selbst schon
oHentlicIi dargestellt hab, allenthalben, w^o er sich immer be-
trelTen lässt, bey den Kopf zu nehmen und Uns selbst die ge-
bührende Satisfaction und Justiz zu verschaffen, ohne dass Wir
einer Requisition hiezu bedarfen. Übrigens zu ungenetiniorn
Dienslerweisungen geflissentlich verbleibend.
München ut supra.
H Als Antwort auf den Churfürstl. Brief wurden zwei Schriften
%t>gefasst, die zahmere und längere vom Herzog verworfen, nach*
»Jgende jedoch abgesandt.
An den Churfürsten von der Pfalz.
Ew. Lbd. verargen uns nicht, wenn Wir Uns begnügen,
derselben von dero Schreiben vom 6. dss. Mon. blos den Em-
pfang anzuzeigen, auf dessen Inhalt aber, dergleichen Uns in
seiner Art noch nicht vorgekommen ist, etwas zu erwiedern Uns
um deswillen enthalten, weil Wir die darinn anzutrelTenden be-
drohlichen Äusserungen nicht anders als auf eine Art begegnen
könnten, welciie mit der voltkommendsten Hochachtung, die wir
F'. L. jederzeit zu bezeigen wünschen, nicht vereinbarlich scheinen
mochte.
tDeroselben zur Erwiderung,
Wollte der Kurfürst jetzt noch etwas erreichen, so wäre
das WTjId nur durch die scluirfsten Massregeln möglich gewesen.
Solche waren jedoch nnmoghcli und so verblieb Weishaupt in
äusserlicher Ruhe in Gotha bis zu seinem Tode 1830.
II Wir werden auf seine Tätigkeit in Gotha noch zurück-
bmmen.
— 240 —
Die Wurzeln der IIlainluatenTerfalguug.
Da$ äussere Bild, das sich bei Entstehung der Ordensver-
folgung ergibt, lässt sich in ein Vorspiel zur eigentlichen Tra-
gödie und diese selbst einteilen. Das Vorspiel bildete einen
Kampf mittelst Druckerschwärze, Angrifife in Zeitschriften
und durch Broschüren, sowie Büchern, die immer schärfere
Anklagen gegen den Orden enthielten. Namentlich war es der
Schriftsteller Baho, der zuerst in seinen Gemälden aus dem
menschlichen Leben die Illuminaten angriff und dann Ȇber
Freymaurer, Erste Warnungc anonym eine Broscliüre gegen
diese veröfTentlichte. Diese fand ihre Entgegnung durch die
Loge Theodor vom guten Rath durch die Broschüre »Nöthige
Beylage zur Schrift Über Freymaurer, Erste Warnung*, in der
der Anonymus aufgefordert wurde hei'\^oi'zutreten und seine An-
klagen zu beweisen. Babo tat das nicht, infolgedessen fiel der
Verdacht^ diese Schrift verfasst zu haben, auf die ausgetretenen
Cosandey, Grünberger, Renner und Utzschneider, die nun die
bereits erwähnte Schrift »Grosse Absichten des Ordens der Illu-
minaten c herausgaben. Eine ganze Anzahl Fehdescbriften» An-
klage und Verteidigung enthaltend» entstand in kurzer Zeit und
bildet das erwähnte Vorspiel, bis die bei Lanz gefundenen Listen
zur eigentlichen Tragödie überleiteten.
Es liegen die Wurzeln jedoch tiefer, als die Folgen eines
Federkrieges zu erzeugen imstande sind. Sie leiten immer
wieder auf klerikale EinHüsse, siebe die päpstlichen Briefe, und
dann auf jesuitische Umti-iebe, die die Katastrophe vorbereiteten.
Diese letzteren stehen nun wieder mit dem Oi*den der Rosen-
kreuzer in engster Verbindung, dem wir unsere Aurmerksamkeit
jetzt schenken müssen.
Wir wissen bereits aus Weishaupts Munde, dass die Gründe
zur Ordensbegründung teils darin zu suchen sind, dass er einige
junge Leute von der Schwärmerei rosenkreuzerischer Ideen ab-
bringen wollte. Die neueren Gold- und Rcjsenkreuzer hatten
sich in jener Zeit durch eine starke Propaganda bemerkbar ge-
macht und suchten sich durch phantastische Versprecliungen,
unter denen die Verbindung mit der Geistenveit, sowie Gold
herzustellen eine Hauptrolle spielten. Anhanger zu verschaffen.
Diese rosenkreuzerische» mystische Richtung hatte gerade zu der-
selben Zeit sich wieder Einfluss verschafJl als der Jesuitenorden
1773 aufgehoben woitlen war und die Exjesuiten erfasslen die
»In den Landern nun, wo sie imfgehoben waren, brauchten
tie Exjesuiten das Mitlcl in den geheimen Gesellschaften AuC-
lahme zu suchen, Sie bildeten hier eine schleichende und deS'
lalb um so sichere Oppusition gegen alle Aufklärungslendenüen.
t) dem Freimaurerorden stifteten sie die sogenannten „inneren
Systeme'*. Hier waren sie als Proselytenmocher ganz in der
_Eag0l« Gwctiicbte de» lilumXiifttenordeni. X6
242 —
Stille tätig und arbeiteten mit Macht daraufhin, des obscuranle
Pfaffentum und die despotische Hierarchie in beiden Konfessionen,
im Protestantismus sowohl als Katholizismus wieder hei'zu-
stellen.« —
Jesuiten und diesen unbedingt ergebene Freunde leiteten
den Rosenkreuzerorden,, standen demnach mit Rom in engster
Verbindung und suchten sich bei regierenden Fürsten einen un-
beschränkten EinHuss zu verschafien. Paler Frank, der Beicht-
vater des Kurfürsten Carl Theodor, war als Exjesuit Haupt der
Rosenkreuzer in Bayeini und stand mit Wölhier, dem späteren
Königl. Preussischen wirkl. Geheimen Staats- und Justizminister
in engsten Beziehungen. Letzterer behen^chte den Nachfolger
Friedrich des Grossen, den König Friedrich Wilhelm IL schon
als Kronprinzen vollständig und er war es. der den Hass und
die Verfolgungssucht gegen die lUuminaten in Deutschland mög-
lichst zu schüren suchte, während Pater Frank mehr im Hinte^
gründe blieb, jedoch in Bayern allein die Verantwortung für die
masslose \'erfolgung de!' Ordensangehörigen für alle Zeiten zu
tragen hat
Die versteckten Machinationen dieses allerchristlichstenj
Vertreters eines verabscheuungswürdigen Pfaffen tums werden
durch einen authentischen Brief des Paters an Wöllner fesl-_
gestellt. I
Wöllner hatte die Liste der Mitglieder in Baiern ausge-
wittert und schickte sie an das Gross-Priorat von Süddeutsch- 1
land. Dieses antwortete am L Sept, 1785 mit folgendem Erlass,!
der einen Einblick in die wahre Gesinnung der R. K. gibt, ihr
wahres Tun und Treiben offenbart:
I
'III
;eal
enJ
»Wie es dermalen mit der llluminaten Sekte in Bayern steht
und etwa noch w^eiter gehen möchte, erhellt aus einem Bericht
unseres ZirkehDirektors in München, eines dortigen wichtigeaj
Staats-Milgliedes, den wir Ihnen aus der Ursache zuerst mitteilen/
weil wir die Namenliste der Sektglieder, durch Sie (Ophiron) ar
ersten erhalten und solchen Anlass genommen haben, dem ge-
dachten Zirkeldirektor (Pater Frank) die ernstliohste Ordre zu-
fertigen zu lassen, solcher mit der ordnungsmassigen engsten
Verschlossenheit zu seiner eigenen Deckung, nach Ki'aften zu
widerstehen. Gott hatte seine harten und gefahrvollen Kämpfe
gese^jnet und wir sind ihm mit Rat, Tat, mancherlei Korrespon-
-^ 243 —
Imizen und eifrigen Beten möglichst beigesprungön- Sein dös
■Zirkeldirektor- Pater Frank Bericht lautet wörtlich folgender
maassen:
Der jüngste Tag des Illuminaten Systems in Baiern scheint
heranzunahen. Seit dem Tode des vom Donner erschlagenen
Priesters Lanz zu Regensburg, der neben Weishaupt tiel, und
als Emissarius nach Berlin reisen sollte, habe ich mit ge-
spannten Kräften an ihrer Zerstörung gearbeitet, zur Er-
liallung der Religion Jesu, zum Heile meines Vaterlandes,
zum Heil der Jugend für die gute Ordenssache. Endlich nun
ist es dahin gediehen, dass die zwei Rädelsführer zu Ingolstadt
kassiert, zum Schrecken anderer mit Weib und Kind brotlos
gemacht und fortgeschafft, ferner zehn andere, meist junge
frevelnde Edelleute, von der Akademie relegiert, mithin durch
verhinderte Absolvierung aller Dienste unfähig gemacht sind.
Die Universität selbst hat strenge Befehle und bittere Vorwürte
bekommen, dass dort, wo alles Serenissimum verlachte, nun
alles zittert
Alle Offiziers der ganzen Armee vom Feldzeugmeister bis
zum Fahnenjunker, alle hohe, mittlere und untere Gerichtsstellen
■und Landeskollegien haben sich feierlich gegen die illumina-
tische Sekte reservieren und cassationeni ipso facto incurrendam
unterzeichnen müssen. Alle Gouverneurs, Kommandanten Poli-
zeistellen haben ebenfalls bei Kassation ohne Gnade, Ordre,
solche Logen ohne Rücksicht der Personen zu arretieren. Die
berüchtigten Savioli, Konstanzo und Zwackh sind ob offiziös
suspendiert, die Denunzianten bekommen recompense. —
I Wegen unseres sehr illuminierten cleri bin icli der Mittels-
name zwischen Seren issimo und dem Bischof von Freisingen,
dpr nun bald mit Interdikten, Suspensionen, Hirtenbriefen zu*
ilfaren wird* Mit der verwitweten Herzogin in Freisingen habe
ich alles Übel vorgebogen und kurz, da Herr von Lehrbach ab-
■ wesend war und noch ist, Himmel und Holle bewegt, den lang-
mütigen Kurfürsten zu dieser Resolution zu determinieren.
Widerrufen aber tut er niemals und so wäre auf eine Zeit Ruhe
Iund Frieden vor ihnen.
Ew. etc. mögen leicht vermessen, wie sehr der Allmachtige
meine Bemühungen bisher gesegnet und habe ich mir nicht vor-
zuweilen, irgend einem individuo namentlich geschadet zu
— 244 —
haben, noch mich von einer Gewalttätigkeit meines Tempera-
ments hinreissen lassen!!
Und nun diesem Allmächtigen zum ewigen Danke, stehet
unter so vielen Stürmen, unter so vielen Tausenden, die jetzt
die Maurerei in ignorantia zu schmähen wieder Mut haben,
unser heiliger Orden wieder aufrecht und auch die Ver-
leumdung nährt sich an keinem unsrer Brdr. Wir gehen z^'ar
still, ober mit mutiger Stirn unter den gefallenen After*Brdrn.
herum, gehorchen des guten Beispiels wegen den Befehlen
unsere Souveräns und halten jetzt keine Versammlungen^ sind
aber seiner Gnade versichert.
Etnien non est abbreviata manus Domini Dei omnipotentis^
Was ich gewagt habe, noch wage und wTigen werde, ermessen
Euer, wenn Ihnen Leute und Lokale bekannt sind. Allein spes
non constandit etc, und sollte ich auch einst oder bald als ein
Opfer fallen, jenseits envortet mich ein Grad, der hinieden nicht
zu erreichen ist.«
Dieser Brief lösst nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig
und gibt die Fäden genau an, die gesponnen wurden, um die
Anhänger der Aufkloi'ung zu vernichten. Um nachzuweisen, dass
diese Fäden schon sehr früh gesponnen wurden, schalten wir hier
noch einen Bericht des herzogt, zw^eibrückischen Residenten in
Berlin ein, des Dr Johann Carl Üehichs, den derselbe im Inter-
esse des Herzogs Carl IL aus Berlin einsandte. In diesem Be-
richt vom 12. Juni 1780 heisst es:
iSeit ein paar Jahren ist hier, sowie an anderen Orten in
und ausser Teutschland, fürnehmlich in der Schweitz eine Ge-
sellschaft von hohen und geringen Personen zur Beförderung
einer Lehre und wahren Gottseligkeit entstanden, dazu auch der
verstorbene Gesandte Herr von Pfeil gehört hat, w^elcher ver-
schiedene geistreiche Schriften herousgegeben und solche einem
hiesigen gewesenen Kaufmann Apitsch, welcher nebst dem Ober-
consislorialrat Silberschlag Häupter dieser Gesellscbüft sind, zu-
geschickt, um sie an den F^rinzen von Preussen, K. H gelangen
zu lassen, und wie man sagt Höchstderoselben auch zum Bey-
tritt in die Gesellschaft einzuladen. Man glaubt aber nicht, dass
sie sich darauf eingelassen, wenigstens ist es aus der Antwort
des Herrn Apitsch nicht zu ersehen, sie lautet also:
— 245 —
Mein lieber Herr Apitsch.
Ich habe sein Schreiben nebst den beygetügten erbaulichen
Schriften richtig erhalten und danke ihm für die wohlgemeinte
Mittheilung der letztern. Ich wünsche, dass er bey Gelegenheit
dem Herrn von Pfeil für die Aufmerksamkeit, die er gegen micti
eini\'eiset, danken möge. Es ist sehr rühmhch, dass es noch
Männer giebt, die der reinen Lehre und wahren Gottsehg*
keit nachspüren und sie ausüben — von denen man sagen kann
sie wandeln vor dem Herrn und leben im Glauben des Sohnes
Gottes. Ihn ermuntere Ich, dass er in dem bisher erwiesenen
Gottseligen Eyfer fortfaliren, nnd sich dadurch der Belohnung
versichei*n möge, die der Gemeine Smyrna zugesagt ist: Sey ge-
lreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des ewigen Lebens
geben. OtTenb, 2, 10, Ich bin seyn wohl affectionirter
H Potsdam Friedrich Wilhelm
d, 12ieo März 1784
Prinz von Preussen.
■ Solche gottselige Gedanken dieses Herrn werden vielleicht
vielen unerwartet sein: Ich kann aber noch melden, dass
S. K. H. mit Ihrem Hegt, öffentlich zum Heih Abendmahl gehen,
auch in die Kirche kommen, und wie man mir versichert hat,
würden zu seiner Zeit die Neuglaubigen Theologen in unserm
Lande, welche sich jetzt als Aufklärer der Religion auszeichnen»
kein Glück bey ihm machen, weil der gemeine Mann auch selbst
der Soldat in seinem Glauben dadurch irre gemacht und treulos
KVd.« —
Da es nun bekannt ist, dass Friedrich Wilhelm II, schon
3 Kronprinz ganz in die Hände WöUners und Bischofswerders
geriet, die als eclite Rosenkreuzer ilim Geistei^erscheinungen vor-
schwindelten und tiefe Kenntnisse der Naturgeheimnisse heucheh
len, so ist es nicht verwunderlich, dass dieser auch gegen die
lUuminaten, als die entschiedenen Gegner der Rosenkreuzer,
durch die Genannten eingenommen wurde. Der König hat denn
auch in späteren Jahren versucht, andere Fürsten gegen die
Illuminaten aufzubringen; natürlich stecken Wöllner und Pater
Frank und durch letzteren die jesuitischen Dunkelmänner hinter
diesen Versuchen. Ein interessanter Beweis für die Art und
Weise dieses Kampfes besitzt das Dresdener Staatsarchiv. Da-
selbst findet sich ein Aktenband, benannt: Venvendungen, Rei|ui-
siiiones und andere othcielle Communicationes der Königl.
— 246 —
Preussischen Gesandschaft de ans 1780 u. 1789. Vol. IX, 2975.
Dieser Akt enUialt einen persönltchen Brief des Königs F'riedrich
Wilhelm in französischer Sprache an den Kurfürsten von Sachsen.
In der Übersetzung lautet dieser:
Ich bin eben von sehr guter Seite benachrichtigt worden,
dass eine Freimaurersekte, die sich lUuminnten oder Minenalen
nennen, nachdem sie aus Bayern ausgewiesen worden, sich mit
einer überraschenden Schnelligkeit in ganz Deutschland und den
benachbarten Ländern verbreitet hat. Da die Grundsätze jener
Leute durchaus sehr gefährlich sind, denn sie beabsichtigen
nichts Geringeres als
1. die christliche Religion und jede andere Religion über-
haupt abzuschatten,
2. die Untertanen ihres Eides der Treue gegen ihre Landes^
herren zu entbinden,
3. ihren Anhängern unter dem Namen »Rechte der Mensch-
heit «^ allerlei Extravaganzen gegen die in jedem Lande zur
I Wahrung der gesellschaftlichen Ruhe und Wohlfahrt
eingesetzte gute Ördnungzu leliren, ihre Einbildung durch
die Vorstellung einer allgemeinen Anarchie zu erhitzen,
damit sie sich jedwedem Gebot unter dem V^onvande und
Titel, das Joch der Tyrannen abzuschütteln, entziehen,
4. sich schliesslich alle Mittel, die scheussliclisten sogar»
zu erlauben, um zu ihrem Ziele zu gelangen, indem sie
besonders das aqua tofana empfehlen, dessen voll-
kommendste Zubereitungsweise sie besitzen und lehren.
glaube ich es meine Pflicht, den Hof von Sachsen unter der
Hand davon zu benochrichtigen und ihn zu ermahnen» die
Logen der Freimaurer genau beobachten zu lassen, umsomehr
als diese Brut nicht verhehlen wird, heimlich in allen Länderu
den Geist der Empörung anzustacheln, der Frankreich verw'üstel,
denn es gibt Freimaurer Logen, wo die Illuminaten sich ein-
geschlichen haben, um sie mit anzustecken, trotz der Aufmerk-
samkeit der guten Logen, welche jederzeit diese Ungeheuer ver- ■
abscheut haben, 1
leb würde \ielleicht gezögert haben einen solchen Rat zu
geben, wenn ich nicht aus sehr guter Quelle (i) geschöpft hätte
und wenn die Entdeckungen,*) welche ich gemacht habe, nicht
*) Was für Eoldeckungen könnten es sein, die der König selbst g^
macht hat? Hier Hegt Wönners Eiriftuss klar zutage.
— 247 —
so entsetzliche wären, dass kein Hof die llluminaten mit gleich-
gültigen Augen ansehen dürfte.
NB, Auf der Leipziger Messe findet die Versammlung
der Illuminatenführer aus allen Gegenden statt, um ihre ge-
heimen Beratungen zu halten, man könnte also hier vielleicht
einen guten Fang machen. — — —
K Unterzeichnet ist der Brief:
H Berlin le 3. October 1789, signe Frederic
^^ ^" Guillaume.
^ca
Die Abschrift dieses Briefes wurde mit einem Begleit-
schreiben des preussischen Gesandten Grafen von Gesler am
11. Oktob. 1789 überreicht. Am 15. Oktober ergeht ein Communi-
Lcat zum Geheimen Consilio, mit Vermeidung altes Aufsehens
genaue Erkundigungen einzuziehen, über den Erfolg aber Vor-
trag mit Gutachten zu erstatten. Denselben Tag erhielt der Ge-
sandte die übli<*lie diplomatische Danksagung mit der Versiche-
rung, dass dei" Kurfürst diesem Gegenstand seine Aufmerksam-
keit widmet. Augenscheinlich hat letzterer die Angelegenheit
nicht sehr ernsthaft genommen, denn die Sache verlief gänzlich
im Sande, endigte also mit einem Misselfolge der Rnsenkreuzer,
nachdem nachfolgendes Gutachten aus Leipzig einging, das einen
^fcgewissen Spott deuthch durchleuchten lässt.
^^ Ew
h
I
■h
An Ihi'o Excellenz
den Herrn Conferenz Minister und wirklichen
Geheimen Hath von Wurmb.
Hochwohlgebo rener Herr,
Gnädiger Herr Conferenz Minister.
Ew. Excellenz haben mir, dass icli, ob von der Geheimen
Gesellschaft der sogenannten llluminaten in der verflossenen
Michaelis-Messe einige der vornehmsten Häupter hier gegen-
artig gewesen und w^öhrend der Messe Versammlungen gehalten
werden, sowohl überhaupt, als auch untei^ der Hand bey den
hiesigen Freymaurer Logen zuverlässige Erkundigung einziehen
oll, unterm 22. vorigen Monats anbefohlen.
Nun habe ich mir zwar nl!e mögliche Mühe gegeben, elw^as
hierunter ausfindig zu mnchen, habe auch bei den hiesigen Frey-
maurer Logen unter der Hand antragen lassen, ob deig:leichen
Personen in der letzten Messe bey ihren Logen sich einzu-
schleichen etwa Versuche gemacht; Allein alle meine bisher an-
- — 248 _
gestellte Nachforschungen sind vergeblich gewesen, und die an*
gesehendsten Mitglieder der Logen versichern heilig, dass ihnen
davon, doss solche erleuchtete Manner in voriger Messe sich
hier sehen lassen oder Versammlungen gelioUen hätten, etwas
nicht bekannt sey.
Ob ich nun wohl unter diesen Umstanden und da vielleiclit
Illuminaten unter angenommenen fremden Namen hier gewesen
seyn und in versclilossenen Wohnzimmern geheime Zusammen-
künrie gehalten haben können, ohne dass solches weiter bekannt
geworden, ich dermahlen weitere Untersuchungen anzustellen
anstehen muss; so werde ich doch von nun an auf diesen
Gegenstand meine Aufmerksamkeit zurichten und sobald ich
davon etwas in Erfahrung bringen sollte, solches Ew% Excellenz
der mir gegebenen gnädigen Erhiubniss gemäss ehrerbietigst an*
zuzeigen unvergessen seyn. Mit grösster \'erehrung habe ich
die Ehre zu seyn
Ew. Excellenz unterthanig
Leipzig, geliorsemster Diener
d. 4. November 1789. Adolph t^'hristian Wendler I>,
Die sächsische Regierung hat jedoch keine X'eranlassung
gehabt, sich mit den Illuminaten weiterhin zu befassen, es finden
sich daher auch keine aktenmassigen Berichte über den Orden
oder Mitglieder desselben. Ungünstiges ist niemals in Erfahrung
gebracht worden, infolgedessen fand auch der Orden mehr als
100 Jahre später bei den sächsischen Behörden ein Entgegen-
kommen, das an dieser Stelle hervorgehoben werden muss.
Wie Hosenkreuzer und Illuminaten zu einander standen,
geht auch aus einem kurzen Briefwechsel her%^or, den Weis-
haupt in seinem jetzt sehr selten gewordenen Werke: »Voll-
ständige Geschichte der Verfolgung der Illuminaten in Bayernt
veröffentlichte. Der uns bereits bekannte Baader, Meister vom
Stuhl der Loge Tlieodor zum guten Ratli, war Rosenkreuzer ge-
worden. Dieser Orden suchte gute Chemiker zu werben, um
durch diese das Goldmacherrezept zu finden. Baader war als
solcher bekannt und beffuemte sich nach langer Zudringlichkeil
zu diesem bedenklichen Schritt, Er ward aufgenommen und
erhielt alsbald vom Direktorium die Nachricht, dass der w^ürdige
Bruder Athamas (Baader) sich nicht entsehen solle, in einer
feyei'lichst misskannten Loge der sogenannten Illuminaten von
der Royale York de Tamiti^ constiuirt, das Direktorium zu führen»
— 249 ^
JQ sogar von ihm Äthamas abgeschickten Grafen Consta nzo in
der WeUerau und anderwärts Proselyten zu machen, und gut-
willige leichtgläubige Mitverwondte unserer geheiligten Ver-
brüderung zum Beytritt in besagte Aftergesellschaft zu bereden.
folglich zu verführen suche. Er stände daher so lange unter
dei" Suspension, so lang er nicht ohne weitere Umstände den
fatalen Hommer dieser fälschlich also genannten erleuchteten
oder vielmehr verblendeten Afterer niederlege, allen Briefwechsel
über dergleichen Gegenstände mit dem Emissario Constanzo
auf immer abschneide und sich lediglich an die von uns als ficht
erkannte 3 Englische Grade der Freymaurerei halte und im
übrigen sich als einen wahren und reumüthigen Rosenkreuzer
betrage.
Diese Zumutung war dem guten Baader doch zu stark;
er Hess infolgedessen eine gründliche F^pistel los, die an Deut*
Hchkeit nichts zu wünschen übrig lässt und einen Einblick in
das Rosenkreuzertreiben damaliger Zeit zulässt. Diese lautet:
Antw^ort an dos Oberdirectorium der Rosenkreuzer.
Sollte ichs Erstaunen oder Verwunderung nennen, was
sich meiner Seele bemächtigt hat, da nur der C. Director N. den
Auftrag des Oberdirectorii bekannt gemacht, und im Beysein
des Bruders N. und N. vorgelesen hat.
Wie sehr musste mich die Verachtung einer Sache be-
fremden, die Sie gor nicht kennen, von der Sie nichts als den
Namen durch die Niederträchtigkeit eines gezeichneten Ver-
rathers wissen.
Wie auffallend müssen einem constituirten Maurer die
Ausdrücke Aftergesellschaft, verblendete Afterer seyn?
Was muss ein Mann der auf Ehre hält, fühlen, wenn man
ihm sagt: Er suche Leichtgläubige zu bereden und zu
verführen.
Wie lächerlich dreist muss einem der gebieterische Auf-
trag klingen: Er solle den fatalen Hammer niederlegen.
Wer in der Welt kann mir die Correspondenz mit einem
innigst verbundenen Freunde, den nicht nur ich, sondern jeder-
mann als den rechtschaffendsten, ehrlichen Mann kennt, ver-
bieten, in Sachen verbieten, die man nicht einsieht, in Sachen,
die nicht mein Geschäft, sondern das Geschäft mehrerer und
meiner Obern sind.
— 250 —
I
Welche ausgeschämte Grobheiten, einen Cavalier und
Maurer, der in Geschäften von Freunden und mehreren Logen
reiset, mit dem ei-niedrigenden Namen Emissarius zu entehren,
Es wäre ja doch entsetzHch, wenn Mangel an eigener
innerer Ehre und Rechtschöffenheit, sie an Ehre und Rechte
schaffenheit anderer zweifeln machte, da Sie von Verführern und
Emissarien reden. Und endlich Himmel, welch eine elende
Schreibart ganz eines angehenden Musterschreibers, oder ei
Stadtprocurators aus dem vorigen Jahrhundert würdigt
Dieses beyläufig waren meine Empfindungen, die ich mit
der grössten Aufrichtigkeit niederschreiben und damit den Brief
beschliessen w^^llte; aber einige Umstände nöthigen mich noch
mehr zu sagen*
Da Sie die sogenannte Logen der Uluminaten hochlichst
misskennen, muss ich Ilmen hierüber einige Nachricht geben.
Zum voraus aber bezeuge ich, dass nicht ich das Direc-
tnriuni in derselben führe, sondern dass ich andere als Obere
erkenne, so, wie der M. von St, immer wieder von andern diri-
girenden Br.-Rr, Befehle emjjfangt und ausführt
llluminati heissen erleuchtete, sie können also das seyn,
was bei der stricten Observanz graduirte Maurer sind. Da sie
mehrere Einsicht haben, so kann ihnen die Bildung, die Zu-
bereitung jüngerer Br.-Br. anvertraut werden. Die Uluminaten
sind also — — — docli, das müssen ja die Herren Rosen-
kreulzer per raagiam divinam selbst weissen, oder heraus cabolli-
stisiren können, was sie sind. — Davon bin ich überzeugt, dass
sie nicht verblendete Afterer (wie Hochdieselben wohlweiss in
einem plausiblen Stuhlsclireibertone zu spassen belieben) sondern
wirklich erleuchtet sind; denn von ihnen und durch sie wusste
ich im voraus, dass ich bey Ihnen» meine Herren Rosenkreuzer,
nichts von allem dem, was sie vorgeben und versprechen, an-
Ireften würde. Ich trat auch bloss nur um Rulie und Einigkeit
in unsrer- Loge zu erhalten (obwohl ich nicht nöthig hätte,
dergleichen unnütze Ausgaben zu machen) bloss des Friedens
wegen in diese Gesellschaft der Rosenkreuzer; aber wie starrte
ich vor Erstaunung, als ich sah, dass Leute von denen icIj
glaubte, dass sie auf Eidschwüre hiellen, Winkel-Logen halten, 1
Maurer Grade ertheilen, selbst Maurer aus andern Logen zu
höhern Gi'oden befördern. So etwas vertragt sich mit meinem
Amte in der Loge, mit der Stelle eines Repräsentanlen von der
erhabenen Mutlerloge, und mit meinen Pflichten nicht.
— 251 —
Ich ergreife also aus obigen mehrern Gründen diese Ge-
jnheit begierig, um mit Vergnügen wieder auszutreten, mit
der theuersten Versicherung eines ewigen Stiltschw^eigens. —
Besonders in Betreff der Geheimnisse, von deren Verrath ein
hohes Oberdirectorium noch lange gesichert bleiben wird, denn
unter uns gesagt, Hochdieseiben haben — — — keine.
Übrigens verbitte ich mir alle ihre Canzleystil duftende be-
leidigende Ausdrücke, und versichere sie, driss weder unsere er-
habene Mutterloge, noch unsere Loge hier, noch weniger ich, der
ich ein blosses Mitglied und zeitlicher Mr vom Stuhl dieser Loge
tn, Emissarius brauche um Leichtgläubige zu bereden oder
i verführen, am wenigsten von ihrer sogenannten geheiligten
(sollte gewiss heissen nicht heiglichen) Verbrüderung, denn Leute,
denen Sie einmal das Gehirn verbrannt, und den Verstand ver*
rückt haben, die sind zu andern Gesellschaften, wo Wahrheits-
liebe und Wissensbegierde herrscht, meistens schlechterdings
untauglich.
K Nachschrift.
Ich bitte ein hoclnvürdiges Oberdirectorium, wenn sie die
Verblendete seyn sollten, diesen meinen Aufsatz bis an die Ver-
ölender laufen zu lassen. Baader.
' Dass nach diesem obralligen Urteile die lUuminaten-Frei-
maurer durch die Häupter Pater Frank und Wöllner erst recht
mit grimmigen Hass beehrt wurden, ist sehr einleuchtend und
gibt auch dem Urteile des Preussischen Gesandten Schwortzenau
eine besondere Stütze, das den Hinweis auf personliclie Bache
enthält.
Jedenfalls waren die Münchener Illuminaten, die dem
Begimente Baaders unterstanden, am meisten gefährdet, nament-
lich je näher sie Weishaupt standen. Einer dieser Vertrauten
war, wie bereits bewiesen, Zw^ackh, auf diesen richtete sich nun
besondei^ der Zorn der versteckten Feinde in der gehässigsten
Weise.
Die Massregelniig Zwaekhs«
Unter dem schon öfter erwähnten schriftlichen Nachlass
mckhs, der sicti jetzt im Besitze des Autors befindet, ist ein
Schriftstück bemerkensw^ert, tPro Memoria« bezeichnet, das
dft
— 252 —
nähere Angaben über den Werdegang Zwackhs enthält* Mao
liest in diesem folgendes:
a>Noch unter der Regierung des seeligen Kurfürsten Maxi
milian Joseph wurde Endesunterzeichneter auf die von der Hohen
schule zu Ingolstadt pro grada und von dem Kurfürstlichen
Hofrath, wo er seine Probrelation ablegte^ hergebrachte gute
Zeugnisse vorzüglich in Rücksicht der von seinem Vater und
Grosseltern dem Hauss Bayern treu geleisteste Dienste, als bei
geordneten Sekretoire bey dem Departement der auswärtigen
Geschäfte angestellt. Der Todt des erwähnten Fürsten benahm
ihm in diesem Fache die besseren versprochenen Aussichten
und er suchte dalier eine Hofraths Stelle nocli, welche ihm auch
Seine jetzt regierende Kurfüi'stliche Durchlaucht mit einem Ge*
halt von 600 fl. ertheilten.
Durch eine von ihm in Druck erschienene Deduction, die
Widerlegung der vom Erzstift Salzburg an Bayern aufgestellten
beträchtlichen Forderungen betreffend, erwarb er sich auch noch
die Kommerzien-Raths- Stelle mit 200 fl. Besoldungszulage, und
bald darauf auch das beträchtliche Amt eines Fiskalen nebst Sitz
und Stimme in der Hofkammer, bey welchem collegia er nach
und nach zu den wichtigsten Deputationen gezogen würde und
davon noch besonders 800 fl. nebst der Rrtragniss von den damit
verbundenen grossen Kommissionen bezog, welche sich auch
damit vergrösserten, dass er als alleiniger Gräntz Commissaire
ernannt w^orden.
Im Jahre 1784 erschien das erste Mandat, welches alle
gelieime Maurische Verbindungen verboth, und obgleich Endes*
gesetzter sich diesem allerdings gehorsamst fügte, so musste er I
docli im Jahre 1785 auf Kuifürstlichen Kabinets Befehl aus
München mil Verlust seiner ansehnlich und einträglichen Ämter
nach Landshut als Regierungs Rath wandern.
Anfangs batb er, ihm die Ursachen dieser Permutation zu
eröffnen, ihn doch wenigst zu vernehmen oder förmlich zu unter*
suchen, allein da dieses vergebens war, so bezog er den ihm
angewiessenen Platz mit dem schriftlichen Vorbehalt, dass es
seiner Ehre onnachlheilig, und er als ungehört nicht aus Strafe,
sondern bloss wegen der höchsten Willkühr als Unterthan ge-
horchte. €
Dieser plötzliche Befehl, nach Landshut zu w^andern, war
der erste Streich, den die Feinde Zwackhs durchsetzten, noch 1
I
I
— 253 —
dazu unter recht kompromittierenden Umständen, Zwackh war
amtlich nach Burghausen geschickt worden zur Berichtigung der
Grenzen und um dem Holzmangel in dortiger Gegend abzuhelfen.
Er hatte nach seinen eigenhändigen Aufzeichnungen den ge-
heimen Slaotskanzler um private Instruktion gebeten» ob es bei
den gegenwartigen kritischen Umständen nicht allenfalls be-
denklich sei, dass er mit dem Hofkommerrat und Ingenieur
Leutnant von Michel > einem ehemaligen Illuminaten, nach
Burghausen abgehe, wo deren noch mehrere sind. Ais Antwort
erhielt er die Aufmunterung, durch die Freimaurergeschichte
müsse der höchste Herrendienst nicht leiden, diese hätte mit der
Kommission keinen Zusammenhang und er solle also darüber
ohne Soi^e sein. In Burghausen angekommen, erhielt er den
Befehl, umzukehren. Er eilte nach München zum Staatskanzler,
um den Grund zu erfahren und um förmliche Untersuchung zu
bitten, konnte jedoch nichts erfahren, und musste sich fügen,
wie das Pro Memoria angibt. Diesem Willkürakt sollten nun
alsbald weitere folgen, denn die Partei Pater Franks sorgte dafür,
den Kurfürsten immer mehr gegen die Illuminaten aufzuhetzen.
In Landshut verhielt sich Zw^ackh sehr ruhig, er war jedoch bei
seiner Ankunft schon so verschrien, dass er keine Wohnung
fand und bei seinem Vetter, den FVeiherrn von Ickstatt, zu
bleiben gezw^ungen war. Dieser verschafifLe ihm endlicli im
dritten Stockwerk ein Logis. Seine Familie folgte nach einigen
Monaten. Bald darauf wurde Zwackh gefährlich krank. Ais ihn
einige Freunde, frühere Illuminaten, während seiner Krankheit
besuchten, wurde nach München berichtet, dass heimlich bei
ihm Logen abgehallen würden, Zwackh erfuhr diese Verleum-
dung, eilte noch krank nach München zu seinem Vater, eines-
teils um dem Geschwätz ein Ende zu bereiten, andernteils um
seinem alten Arzte näher zu sein; seine Frau und Kinder folgten
bald^ die Sorge für seine Wohnung dem im ersten Stock wohnen*
^en Registrator Müller überlassend.
" Diese Angaben enthalt der Nachlass Zwackhs, er sagt dann
wörtlich:
iP »Zwei Monate gingen vorüber bis die Gesundheit des Zwackh
hergestellt und dann begab er sich auf die Güter des Baron
Bassus, wohin ein KurfürstL Hofkammerer und oberstliche Hof-
commission zur Extradition vei'schiedener Lehen abgeordert
wurde. Nach diesem Geschäft reiste er auf die Güter des Gr.
ifa
— 254 —
von Preising, und dort erhielt er schon die Nachricht, dass man
ihn neuerdings wegen Übertretung der landesherrlichen Mandate
in lUumin, Sachen in Verdacht habe, und eine Haussuchung
vornehmen wollte. Er erzählte diese Nüchricht sogleich mit dem!
Beisatz, dass es ihn zwar sehr kränke» gar keine Ruhe zu haben,
allein es werde sich eben bei dieser neuen Untersuchung zeigen,
wie ungegründet man ihn beschuldige, dahero gab er auch garj
keinen Auftrag von seinen Schriften etwas aufzuräumen.«
Diese Sorglosigkeit sollte sich rächen, denn Zwackh wussle
selbst nicht mehr, was sich unter seinen vielen Schriften befand,
die nun bei der am 11. und 12. üklober 1786 stattgefundenen
Haussuchung gefunden wurden.
Es existiert im bayrischen Geheimen Hausarcliiv das Pro-
tokoll, welches den Verlauf dieser ungeheuer viel Lärm ver-
ursachenden Haussuchung genau angibt. Dasselbe liiutet in»
ganzen Umfang:
Act. Landshut den ISten October 1786.
Präsentes.
J, B. von Zabeh Stadtcommandant.
Damian Hugo.
von und zu Lehrbach.
Prielmaier, Kanzlei',
Josef Kratzl, in BetretT des Syndikus Wieland.
Baunigartner, Leib Reg. Auditor.
Nachdem S'* Ch. D. unterm 7ien diess Special iter gnädigst
befohlen haben, bei dem Syndikus Wieland und Regierungsratli
Zwackh allhier eine schleunige und unversehene Visitation vor-
nehmen und die in puncto lUuminütismo daselbst vorfindigen
verdächtigen Papiere zu banden bringen zu lassen, und die
gnädigste Hofkriegsräthe t*rder unter dem 9ien diess. an die
Kommandantschaft Landshut ausgefertigt wTu-den ist.
Also hat sich in diesem Geschäfte als \ ertreter ernannter
Auditor Baumgortner des churf. Leib Regimentes in der aus-
gefertigten Ördei" ölsogleich auf den Weg gemacht, und isl,
den 10. diess Nachmittag in Landshut eingetroffen und hat an
befohlenermassen erwähnte Order dem Herrn Stadt- Gomman»
danten Baron von Zabel überreicht, welcher dies Geschäft sogleich
dem Herrn Regierungskanzlei* Baron von Prielmayer eröffnet,
welcher allsogleich fortgegangen um sich umzusehen, ob der eis
255
!Iommissarius ernannte Baron v. Lehrbach, dann Hr. Wieland
*d Herr von Zweekh in loco seyen.
Damit diess erfahren, benahm man sich in diesen Sachen
miteinander, wo sich denn fand, dass Herr Baron von Lehrboeh
hier, H. Wieland und Herr von Zwackh aber nicht hier seyen.
Nichtsdestoweniger beschloss man die anbefolilene Visitation
vorzunehmen, weil Herr v. Zwackh mit Geheimralhserlaubniss
sich in München befindet, und zur guten Vollendung des Ge-
schäftes die gnädigste Weisung dahin gehen wird auch in Ab-
wesenheit obiger Subjecte zu visiliren.
Weil nun doch in der früh Stadtrath war, so entschloss
man sich das Geschäft Nachmittage in aller Stille vorzunehmen.
Herr Regierungs- Kanzler von Frielmaier erinnerten, dass vor
dem Landthore sich eine sichere Kletzl-Mühl befinde, die den
Schwiegereltern des Wieland's angehört, dass Herr Wieland mit
Herrn von Wiedemann daselbst öfter Zusammenkünfte gehabt,
und dass daselbst allenfalls etwas verboiigen sein könnte. Man
erbalh sich nun von der Stadt eine Deputation, welche in der
Person des Herrn Bui'germeister Krätzl's erschien. Nun verfügte
man sich theilweise nach der Mühl, visitirte die daselbst aus-
gemahlenen Zimmer, fand aber nichts vor, dann begab man sich
in das Quartier des Herrn Syndikus, visitirte dort den Schreib-
tisch, die Kommode, Schränke und anderes auf das fleissigste,
fand aber nichts anderes vor, als was im anliegenden Verzeich-
nisse angemerkt ist. Nun trat der Herr Bür'germeister ab und
man verfügte sich ganz unbemerkt in das Quartiei' des Herrn
Regierungsraths Zwackh, wo man niemand antraf, abei" erführe,
dass der Landschaftskanzlist Müller die Schlüssel habe. Von dem
holte man sie ab, durchging alle Zimmer, weil nun Schreibereien
zu viel waren, und die Nacht schon eingetreten war, und man
also nicht mehr fortfahren konnte, schloss man alles wieder zu
und nahm die Schlüssel zu sich, legte aber einen vertrauten
Dragoner die Nacht über in dies Haus. Theils damit bei Nacht
niclit etwa Anhanger des Herrn von Zwackh mit einem Schlosser
in das Haus komme, die Schlös.ser Öffnen und das Verdächtige
herausnehmen. Den 12iet^ diess verfügte sich die ganze Com-
mission, wir 3 in das Quartier des Herrn von Zwackh, ößneten
mit den vorhandenen Schlüsseln und wo es nicht möglich war,
durcli den vorher geliolten Hot^Schlosser alle Kästen, Verschlage
und Kommoden und fand die in anliegendem Verzeichniss be-
merkten verdächtigen Papiere, welche aber ganz verstreut unter
— 256 —
verschiedenen Geschäfts Papieren des Herrn von Zwackh, dann
in spezie das Packet an Herrn von Frank und das Schurzfell
nebst Kreuz unter der Frauenzimmer Wäsche und Kleider sich
befanden. Als man vollendet hatte, schloss man alles wieder
zu, extradirte die Schlüssel an den Kanzellisten Müller und
brachte die Papiere in das Quartier des Herrn Stadtcoramün'
danten.
Den ISten wurden die Papiere sortirt in Packeter getheill
darüber ein Verzeiehniss verfasst, in ein hölzernes Trüherl ge-
packt und absignirL
(Folgen die schon zuerst angegebenen Namen als Unter-
schriften,)
Es ist nun zur Klai'ung der oft aufgeworfenen Frage,
die unter dem Titel: »Einige Onginalschriften des lUuminat
Ordens, welche bey dem gewesenen Regie rungsrath Zwackh
durch vollgenommene Hausvisitation zu LandshuL den IL u*
12. Öctober etr. 178ß voi-gefunden worden« s. Z. verötfentlichten
Schriften, derartig zusammengestelU worden, dass sie ein mög-
lichst hassliches Bild des Ordens geben, notwendig, gerade diese
Vorgänge genau zu beleuclüen, — Bisher haben manche Forscher
angenommen, darunter aucli Graf Du Mouliii Eckart*), dass die
ganze Haussuchung ein Akt privater Natur gewesen wäre, dem
man erst später amtlichen Charakter gegeben habe, das ist nicht
der Fall nach dem bekannt gegebenen Protokoll, sondern alles
ging direkt \om Kurfürsten aus, unter Umgehung der Behörden;
den direkten Beweis werden wir durch eine Urkunde später
liefern. Weil dies aber der Fall war, so wurde auch nur dar-
nach getrachtet, alles dem Kurfürsten so mundgerecht wie mög-
lich zu machen, damit er die von Jesuiten präparierte Speise
nach ihren Wünschen vertilge. Der Kurfürst selbst kümmerte
sich direkt nie um Untersuchung dieser Dinge, er überliess die
Ordnung seinen Plofräten, widerrief, wie P. Frank freudig betont,
nie einen ausgesprochenen Befehl, folglich war das Handeln
nach eigenem Belieben der Ratgeber sehr leicht. — Letztere
Behauptung tindet durch die im bayrischen Haus-Archiv befind*
liehe Kopie eines Befehles des Kurfürsten volle Bestätigung.
•) Siehe: Aus den Papieren eines Illuminaten in Forscliungen zur Kul
tur* und Lilleraturgeschichte Bayerns, herausgegeben von K. v, Reinhard-
«töttner, drittes Buch, Seite 197.
n den merkwürdigen Stücken einen Auszug zu machen. So
ben Sr, Churf- D. nunmehr auch dero beyden Hof- Käthen
^erlandesregierungsräthen von Eckartshausen und von Schneider
B Commission übertragen, dass sie sich vermeldeten Auszug
n den Verfassern sammt den Urschriften selbst Stück für
ück vorlegen zu lassen, solche fleissig mit einander zu Colla-
Oeichlelit« de« IHntnliiAteaordtM. 17
— 258 —
tioniren, durch den als Actuorius hierzu enmnnten geheimen
Kaiizehsten Ball ein Protokoll darüber zu halten und selbes mil
,dem Commissions Bericht und merkwürdigeren Stücken, welche
etwas zu bedeuten liaben, md intinium einzuschicken, all übrigem
über einsweilen ad Archivum in
München, den 2. Jänner 1787.
Carl Theodor
An die beiden geheimen
Archivare \\ Eckartshausen
und von Schneider
die Zw^ackhschen Papiere
betreffend.
Verwahr zu nehmen halten.
W. Kreitmaver
Act Mandatum
Serenissimo
Manum Eleetoris proprium
H. Schneider.
Der hier genanjite Ivckarlshausen ist als Mystiker, Theo-
soph und üeculist noch heute sehr bekannt, um so verwunder-
licher ist die Art seiner Anstellung, die da beweist, dass in jener
Zeit auch geistig hochstehende Männer moralische Defekte auf-
wiesen, denn seine Unkenntnis der näheren Umstände dieser
Aratserwerbung ist nicht anzunehmen.
Die Anstellung des v. Eckartshausen, natürlicher Sohn de^
Grafen V. Heimlieusen, als Archivar gibt ausserdem eine [likante]
historische lllusti'ation zu der bekainiten Novelle von Zsctiokke, I
>Wer regiert denn?^ — Der französische Gesandtschaftsberichl
Chalgrins vom 2. März 1784 gibt über die Anstellung genauen
Einblick, aus diesem ist folgendes zu eiitnelimen. Dem Prinzen
Maximilian von Zweybrücken (spaterer erster König Bayerns)'
wurde empfohlen durch Eckartshausen das Archiv, das sich in
grösster Unordnung befände, oidnen zu lassen und ihm des- ■
wegen seine Fürspraelie zur Anstellung zu gewähren, die vom 1
Kurfürsten abhing. Er tat das gerne, da er mit Frau \\ Eckarts-
Imusen, wie Clialgrin zart sagt, sich liiert luitte. (avait vK* Ik
avec lo femme de ce dernier.) MaximiHan gibt seinem Bruder.
dem Herzog Karl sein Fürwort, dieser sagt den Wunsch dem
Baron von Castell, um ihn dem Kurfürsten vorzutragen, von
Castell rückt Sr. Durchhiucht mit dem Anstellungssgesuch näher
Durchlaucht will nicht. Ptuu v. Eckarlshausen erUingt ver-
schiedene Audienzen beim Kurfürsten und — ihr Gemahl wirdl
mit 700 fl> Gehalt angestellt. Chalgrin sagt von Frau v. Eckarls-
hausen wörtlich: Cette femme, assezjolic^ inspiröe dans cette cir^
constance par une m^re intrigante et d'une conscience
peu timoröe, a vaincu la rßsistance de S. A. Ele par des
I
sutiout I
1
— 259 —
fices dont l'affectatidn qu'elle met actueUement ä vouloir rem-
placer Md© la Comtesse de Paumgarten. — — — Der Leser
entschuldige diese kleine, zur Charakterisierung jener Zeit nicht
unnötige Abschweifung.
Aus dem vorher genannten Befehl ist zu erkennen, dass
dem Kurfürsten nur ein Auszug vorgelegt wurde, der als »Einige
Originalschriften« gedruckt worden ist und dass die Behauptung
Zwackhs, es seien Schriften mit untermengt worden (z. B. die Er-
richtung eines Weiberordens, die famosen Aqua Tofana Rezepte
und andere, sodann die Zubereitung einer explosiven Höllen-
maschine), die gar nichts mit dem Orden zu tun haben, völlige Be-
rechtigung besitzt.
Vergleicht man nun das vorhandene Verzeichnis der in
seiner Wohnung aufgefundenen Papiere mit der Spezifikation und
Auszügen aus diesen Schriften, die ebenfalls im Archiv liegen
und gedruckt wurden, so ergibt sich, dass ganz unzweifelhaft viel
unterdrückt wurde, was anscheinend im Archiv nicht mehr auffind-
barist. Das damals verfasste Verzeichnis lautet folgendermassen»
Verzeichniss derjenigen in lUuminatismo verdächtigen
Papiere, welche durch die bei dem Syndicus Wieland und Herrn
Regierungsrath Zwack in Landshut den 11. und 12ten October
1786 vorgenommenen' Visitation vorgefunden wurde.
Bei Syndicus Wieland.
1. Notata ex Bacone de Verulama.
2. Adresse an Herrn Baron v. Wiedemann, Pfleger in Erding.
3. Geschichte aus der persischen Chronik.
4. Ein Anliegen von dem Hof-Pfistermstr. Schiessl.
5. Etwas über ächte Freymaurerey,
6. Die 3 Säulen der unbekannten Lande.
7. Erste Warnung an Freymaurer.
8. Über Jesuiten, Frevmaurer und Rosenkreutzer.
Bei Regierungsrath V. Zwack..
Lit. A. Zwei Jahrgänge von dem Freymaurer Journal, bestehend
aus 8 Bänden, nebst dem dazu gehörigen Schreiben des
Herrn Blumauer aus Wien.
Lit. B. Zwei Hefte des grauen Ungeheuers die Illuminaten be--
betreffend.
Lit. C. Ein Packet von vei'schiedenen wichtigen franz. und ital.
Briefen, worunter verschiedene Originalien mit dem
17*
— 260 —
höchsten Hondzeichen — am Ende auch einige Brief*
formulärs.
Lit. D. L Abhandlungen, die Herr Zwack füi' den Orden ge-
schneben.
2. Wer eine Lampe nöthig hat, der giesst auch ül darauf,
8. Gedanken über die Frage, ob einer unserer Brüder
jemals wahrhaft unglückhch sein könne? Hinten aiv
gehängt die Art der Kunstgriffe, wodurch die Gesell-
schaft muss soutenirt werden.
Lit E. Ein zugeschnürtes und versiegeltes Paquet Überschrieben
an den Churfurstl wirklichen geheimen Rath vou
Frank, Wo hl geh, elc-
Lit F. Ein Paquet betitelt Caballa Major.
Lit, G. Rio Paquet wichtiger lUuminaten Schriften, enthaltend:
1.
oder die 7 wie und wai'uiii'^
Lit. H.
Besser als Horus,
Amsterdam 1784.
2. Noten über die für den Bruder Xenocrates gesammel-
ten Gelder.
3. Zwo Ilhiminaten Tabellen,
4. Nolamina aus gelelirten Zeitungen.
5. Zeichnung eines lUuminatenleuchters.
6. Eine Wappensammlung des Phili[>p Zwackius
7. Aufnahme Protokoll des Juristen Stägers.
8. „ „ „ ,, Bauhofs.
9. Verzeichnis von Zwackischen Reisen.
10. Sendschreiben an die Versammlung in Athen 115
IL Ein Sendschreiben von Spartacus.
12. Sechs wichtige einschlägige Zeddel.
13. Etwas in Betreff" des Zoroasters,
14. Ewas über Verbrecher und Strafen.
Ein fascieul verschiedener Briefe, worunter
1 Arian an Calo,
1 Spartacus an Tiberius.
2 Mohamet an Calo.
1 Philo an Cato.
1 Scipio an Cato.
3 Attila an Gate.
8 Agrippa an Gato,
4 Tiberius an Goto.
1 von Canstanzo an Zwack.
1 von Berger an Zwack.
— 261 —
2 Zwack an seine Frau, worin die Rede von Consta nzo.
1 Knorr an Zwack.
1 Kessler an Zwack,
1 Meckenhofen an Zweck. (Meggenhofen.)
1 Kobenz] in Eichsffidt an Zwack.
2 Spaner Grf. an Zwack.
1 Schreiben von Stuttgart an die Müncliener Loge.
5 Schreiben von Ungenannten.
1 Adresse w^>rauf Freyniourer Büchei- angezeigt sind.
1 Paquet an Zwack worin ein Geschäft zwischen Bayern
und Württennberg. (Einer ist von Wildenwort,)
3 von Branneriburg an Zw^ackh.
1 Billet w^orin die Wiederzuriickbringung des Odeus die
Rede ist.
6 Beschw^erdezettel von einem Sabinus^CIeomenes, Curtius,
Pylades et Orestes.
12 Pieren von einem Philippus.
7 Quibus licet von Xenoplianes, Mascentius, Democedes,
Dionysius, Halicarnassus, Philetes Achias und Pytha-
goras.
J. Briefe des Spartacus und Cato und Modus mit 68 Pieren.
K. Corrcspondenz des Ajax (Massenhausen) und Spartacus
mit 27 Pie<,-en.
L, Ein Packet von Briefen zwischen Hannihal und Cato
mit 14 Piecen.
.iL M. Ein Packet betreffend die keimende Eichstadter Loge
mit 35 Pieren.
N. Ein Packel betreffend die Loge, enthält 9 Piecen.
O. Ein Paquet betreffend Burghauser Orden 10 Pieeen,
R Di*ei noch unentsiegelte Briefe von Späth, Beck und Lob-
meyer.
Jt. Q. Illuminatenorden Insignien bestehend in
8 simplen messingenen Sternen
6 grossen „ „
1 grossen derlei Stern am grünen Bande
1 andern Stern an einem blauen Bande
1 anderes Ordenskreuz, auf der einen Seite mit hebräi-
schen Buchstaben, am Bande ein Andreas Kreuz mit
braunen Schnüren.
1 Maurer Schurzfell*
Etliche gelbe Maschen.
— 262 —
folgen Unterschriften,
Comniandant von Zobel, Damian Hugo von und zu Lehr-
bach, Prielmaier, Kratzl, Bürgermeister zu Landshut,
Baumgartner, Leib. Reg. Auditeur.
Weiterhin folgt noch ein Verzeichnis der etwas später
sortierten Schriften, datiert Landshut, den 18. Oktober, die samt*
lieh gedruckt wurden, deren Aufzählung daher unnötig ist. Ver- ,
gleicht man die Druckschrift mit diesem amtlichen Verzeichnis, ■
so sieht man sofort, dass die mit Lit. A,— J. bezeichneten Schriften
fast sämtlich fehlen. Die Commission Utzschneider, Grünbei^er, _
Cossandi, Renner und dann v. Eckartshausen und von Schneider» f
lioben ihres Amtes jedenfalls ganz im Sinne Serenissimi gewaltet,
ja sie haben, trotzdem die ersten fünf Uluminaten w^aren, nicht
einmal den Versuch gemacht, entlastende Erklärungen zu geben.
Es ist z. B. unter Lit V. in dem Nachtrag vom 18, Oktob* an*
gegeben, dass zwei verschiedene Bande von geschriebenen Pie<^en
zur Verteidigung des Selbstmordes, wovon eines den Titel hat:
Gedanken über den Selbstmord, Va Bogen in Quart» gefunden
wurden. Hieraus wurde die Anklage ersonnen, der Orden ver*- m
teidige den Selbstmord, demoralisiere also seine Mitglieder, ™
Zwackh erklärte später, dass diese Gedanken von Goethe stam-
men, aus Werthers Leiden. Sollten die gelehrten Professoren ■
das nicht gewussl haben? tjoethes Buch hatte allgemeines Auf*
sehen erregt und war allbekannt, aber diese gelehrten Herren
benutzten ruhig die Auszüge ohne erklärenden Kommentar, Ist
das also Bosheit oder Unwissenheit? Eins scheint so schlimm
als das andere, man ist jedoch entschieden geneigt, ersteres an-
zunehmen, denn die Kommission ist im übrigen sehr sor^ältig
vorgegangen, wie die im Archive betindlichen, mit genauen An-
merkungen versehenen , weiteren durchgearbeiteten Verzeich-
nisse beweisen.
Interessant ist es aucli, dass das unter Lit E, bezeichnete
Paket an den Geheimen Rat von Frank, das ist Pater Frank,
jetzt spurlos verscliwunden ist. Es enthielt Ftosenlcreuzerschriften,
wie klar aus einem der Commissions- Verzeichnisse hen'oiTgeht,
die Zwackh zur liückgabe verpackt und versiegelt hatte. Die
Kommission bemerkt: Das Packet sub Lit E. mit der Aufschrift
an den churfürstl. wirkl. geheimen Rath von Frank, wohlgeb.
ist unversiegelt an uns gekommen. — Das kann nicht über-
raschen, wenn die Umstände envogen werden. Pater Krank
— 264 —
um von dort seine Rechliertigung zu versuchen. In seinem Pro
Memoria erzählt er, dnss er aussergerichtlich Nachricht erlnell,
seine Arretur sei anbefohlen und Freiherr von Belderbusch be*
sonders als Inquisitor in den Ma<;*ons und Illuminaten-SHchen
bestellt. Er sandte von Augsburg aus, datiert den 15. Öktob. 1786*
eine Bittschrift'*'), enthaltend eine Widerlegung der Anklagen
und Bitte um Untersuchung an den Kurfürsten, die der Comes
Palatinus, simul et Notarius Publicus Joh. Martin Maximihan
Einzinger von Einzing, laut von diesem am 22. Okt. beglaubigter
Abschrift dem Baron von Kreitmayr persönlich überbrachte,
durch den v. Belderbusch sie jedenfalls erhielt, denn dieser
schreibt an Zwackh:
n
W o 1 1 Ige bore n e r **)
Hochgeehrter Herr.
Heute habe das Erlassene schreiben mit der Abschrift
Seine churfürstL Dchlcht* Erhalten, und die Ehr gehabt zu
höchsten Händen zu übei^eben, weil dass begehren vom civile
abhängt so hat man sich der antwort halber bey dem Herrn
geheimen Cantzler Frh. v. Kreytmaier zu melden,
ich kann aber nicht übei?;ehen zu bemerken, dass dieselbe
nicht wohl gethan schriffHen von denen illuminaten aufzuheben»
wo sie doch versichert haben keine mehi* in Händen zu haben,
der ich übrigens mit der Hochachtung bestehe
Euer Wohlgebohren
München, schuldiger Diener
d, 21te" Octobris 1786. von Belderbusch
Zwackh suchte sich zu rechtfertigen durch ein Schreiben***
vom 2. Nov. aus Wetzlar.
Hochwohlgeborener Reichsfreyherr l
Die gnädige Zuschrift, mit welcher mich Eure Exellence
den 2ten vorigen Monats beelirt haben, war in meinem elenden
Zustande nebst dem Bewusslseyn meiner Unschuld bissh«
noch der einzige Trost ich nehme es als einen Beweiss
Menschenliebe und christlichen Mitleid.
*) Dieses s. Z. in Duplo ausgefertigte Dokument ist im Privatbesitz des
Autors.
•) OriRinsl im Besitz des Autors.
•) OrigiDalabscliHfl Zwackhs im Besitz des Autors.
— 265 —
Es sind mir die Anstalten, welche gegen mich in Bnyern
getroflen werden, nun bekannt, zwar unvereinbare, aber doch
als Befehl des Herrn noch verhelig. Indessen glaubte ich mich
^ Augspurg nicht mehr sicher genug, und bin liiehero gereiset,
um selbst noch in dieser traurigen Lage die Gelegenlieit zu
benutzen, einst meinem Vaterlande durch die Erlernung des
Kiimeral -Praxin nützlicher zu werden, mittlerweile aber von
Gott, als dem Richter meines Gewissen, von der allbekannten
Milde unseres gnädigsten Kurfürsten, und der Unterstützung
rechtschaffener Männer, die ich mich gewiss nicht unwürdig
gemacht habe, die Entwicklung meiner Unschuld zu erwarten.
Erlauben Euere Excellenz, dass ich im vollen Vertrauen
hier meine Rechtfertigung darstellen darf.
Seit der Entfernung aus meinem Vaterland beschäftige ich
mich Tag und Nacht, mich selbst in dem Innersten zu prüfen
und die Ursachen zu entdecken, welche ein solches slrenges
Veriahren mich durch Commando aufzuheben und in den
Taschenthurm liefern zu wollen, veranlassen konnten, und bey
Gott, mein Gewissen sagt mir keine, denn soll es wegen Frey-
maurerey und llluminatismus und denen dazu einschlägigen
bey mir voiigefundeuen Papieren?
»Wegen anderen Privatschriften?
Oder wegen Gebrechen in meinen Ämtern geschehen?
Bey dem ersteren unterscheide ich zwischen Schriften vor
und nach dem Geboth. Von letzteren können gar keine gefunden
worden seyn, weil weder ich an jemand, noch mir von dem
ehemaligen Orden etwas geschrieben worden, also von der
ersteren Gattung, worüber mir auch F'uere Excellenz den Vor-
wurf bemerken, dass ich gegen meine Versiclierung keine solte
aufbehalten haben.
h Dabey muss ich vorläufig erinnern, dass ich gleich bey der
^m vorigen Jahre ausgebrochenen Inquisition meine Wohnung
in der Burggasse räumen, eine andere vor meine Frau und
Kind in der Löwengruben beziehen, ich aber selbst nach Lands-
hutt wandern musste. Bey dieser Uebereilung und öfterem
Herumziehen wurden meine in Menge seit vielen Jahren ge-
sammelte Schriften unter den Büchern und anderen Mobilien
theils durcli mich, theils meine Frau und Schreiher, je wie
man an einen Schranken kam, eingepackt, da ich m Landshutt
keine geräumige Wohnung fand, so blieben den Winter hin-
durch die meisten Küsten in München, sogar in dem Garten
— 266 —
meines Vaters, endlich im Frühjahr zog ich mit der ganzen
Familie nach Landshutt, Hess alles dahin kommen, aber meine
5 Monate angehaltene Krankheit gestattete mir nicht etwas
selbst auszupacken, sondern das geschah von meiner Frau und
Bedienten, welcher den Auftrag hatte, nur olles zur Pausch
einsweilen in die Küsten zu legen, ich wusste als nicht einmal
mehr, welche Papiere ich vom Ilium,*Orden hatte, wo sie vor
und nach dem Auspacken lagen, ich glaube auch nichts mehr
von Graden gehabt zu haben, weil ich ja schon, was in deti
dazu bestimmten Schupladen gewiesen ist, bey der ersten Inqui-
sition freywillig übergeben habe, und wenn man noch Briefe
gefunden, so müssen diese alt seyn und werden sogar in unver-
sperrten Kästen gelegen seyn. Wie kann bey diesen Umständen
mir autgebürdet werden, dass ich wider meine Anversicherung
diese Schriften verheimlichte, anbey ist mir von derley Ver-
sicherung nichts erinnerlich, man verlangte auch von mir nie*
malen einige Ordenspapiere, weil ich gar zu keiner Kommission
gerufen wurde. Ferners wird es darauf ankommen, ob dann
diese alten lllumin. Sclirifften etwas unerlaubtes enthalten?
Es w^ar mir doch in dem lUum.'Systeme alles genau be-
kannt, und ich w^eiss nichts, was es gegen die Religion, gute
Sitten, den Staat und die Fürsten jemals s< »Ute enthaltCTi haben,
ich könnte mir auch nicht vorstellen, wie einzelne Briefe einen
anderen widrigen Beweis machen sollten? Ausserdeme waren
diese ja nicht von mir geschrieben, ihre Verfasser müssen den
Sinn darüber erklären, und sich rechtfertigen, wenn man ja
nicht in Erwägung ziehet, dass Seine Kurfürstliche Durchlaucht
unter ihrem höchsten Wort durch ein gedrucktes Mandat heilig
vei*sjcherten, alles vergangene zu vergessen und ihi^e Gnade
immer wiederum zu schenken, welche dieser Gescllsclioft ent-
sagen, dieses that ich, und hielt es gehorsam. Vor alles das
bin ich zum vollkommensten Beweiss unterthänigst erbietig.
Wegen anderen Privatschriften? Es müssen deren ziemlich
viele in %'erschiedenen Fächern vorhanden seyn, ich habe von
Jugend auf viele Auszüge aus Büchern und Acten gemacht,
vieles übersetzt, während meiner ansehnlichen Dienststellen alles
merkwürdige selbst abgeschrieben, Doeumenten copiren lassen,
viele gesammelt und darüber Bemerkungen meist in abge-
brochener nur mir verständlicher Schrift gemacht, darauf
gründen sich meine wenige Bekenntnisse und Einsichten, das
wird jeder Geschäfts Mann gethan haben, wegen der Menge und
267
dem vielen Herumziehen ist es ohnmögHch, dass ich mich aller
erinnere, die Sammlung bleibt indes immer mein Eigenthum und
es ist sehr schwer von derley Privatarbeiten, die nur dem, der
sie sammelte, eigen, verständlich und heilig sind, Rechenschaft
zu geben. Vieleicht können darunter einige seyn, die gegen die
Religion, den Staat und Fürsten auszulegen wären, es fragt
sich aber, in weichem Sinn, zu welcher Zeit, in welchen ter-
minis und zu welchem Gebrauch all' diese Aufsätze gemacht
worden? Es kommen dabey auch die geringsten Umstände,
vorzüghch nicht auf einzelne Worte und Perioden, sondern auf
den ganzen Zusammenhang an, ohne dieses alles zu können,
phne meine Erläuterungen kann ohnmöglich eine Auslegung
U|emacht werden, und dann ist noch nicht ei'wiesen, ob es
meine eigene oder entlelmte Gedanken waren, oh ich danach
meinen Glauben, meine Handlungen eingerichtet liohe, oder
dass ich andere darnach lehrte, oder öflentHch bekannt ge-
macht hätte.
Auch muss dabey wirklicli Rücksicht auf meine ansehn-
liche Dienststelle, auf die damit verbundene Freyheilen, und
vorzüglich das Amt, welches mich als Censur Rath bemächtigte,
auch die sonst anderen verbothenen Staats und Religionsbücher
fiesen, genommen werden.
Endlich bitte ich Eure Excqllenze bey diesen Punkten noch
zu bedenken, ob es mit meinem moralischen Karakter, mit den
sonstigen Beweisen meiner untadelhaften AulTührung, mit meiner
Erziehung, mit dem Verhällniss gegen meine Familie, Anver-
wandte und sonstige Bekannte so leicht zu vermuthen seye,
dass ich gegen die Religion, den Fürsten oder Staat ein Ver-
brechen und nun aucli ein Halsstarriger, lügenhatter Verbrecher
wäre? Um aber eijiem ähnlichen Verdachte noch mehr zu
entkräften, so will ich noch micli selbst untei'suchen. üb nicht
Gebrechen in meinen Aemtern das strenge \'eifai)ren in meinen
Aemtern möcliten veranlasset haben. Ich diene nun seit 11 Jahren,
Die erstere Zwey als Beygeord neter Secretaire beym auswärtigen
Departemente unter dem wüj-digen Ministre Gr. von Seinsheim,
Dieser ehrwürdige Greis, dem ich alles zu danken habe, der
mich zu den Geschäften erzog, wird mir das beste Zeugniss
von dortigen Zeiten nicht entsagen können. Dann kam ich zum
Hofrath, bald zugleich in das Kommerzien CoUegium, in die
Censur und in die Hnfkammer zum I^'iskalat, jedes aus diesen
ansehnlichen Collegiis nebst ihren Vorständen hat dadurch das
268
volle Vertrauen auf meine Kenntnissen, Rechtschaffenheit und
Fleiss mir jederzeit bewiesen, da es mir die wichtigste Ge-
schäfte übertrug, und zu ollen Deputationen zog, wirklich mehr
X'erti'auen, als meine Einsichten und Erfahrung jemals verdiente,
aber durch treue Arbeit und Integritaet war ich dessen gewss
werth, da sogar der Öffentliche Ruf vor mich stehet, da man es
von jedem Vorstand und Rath erfragen kann, da es Euerer
Excellenze selbst bekannt ist, so bedarf ich keiner Beylage von
Zeugnissen. In Landshutt habe ich das Bestreben um ähn-
liches Vertrauen fortgesetzt, und was der dortige Vicedom Frey-
herr von Daclisberg FCuerer Excellenze und anderen geschrieben
oder gesprochen hot und worüber ich selbst so viele Briefe habe,
stellen ausser allen Zweifel, dass ich dort ebenso wie in meinen ■
vorigen Posten geschätzt war. Davor ist auch das ganze doiiige
respectable Regierungs Plenum Bürge. Sicher und kühn kann
ich Öffentlich auffordern, ob jemand mich jemals im geringsten
bestochen hat.
Indessen will ich doch zwey Gegenstände berühren, welche
man mir hierin zu Schuld legen könnte. Vielleicht fanden sich
unter meinen Papieren noch einige Konferenz, oder Kameral
akten Producten? Bewusst sind mir keine, aber eben wegen
der Menge, die ich im Hauss hatte, die ich gegen rekognitionem
an die regisiraturen ablieferte, dem Übereilen beym Hin und
Herziehen, und weil ich nichts ausgepackt und in Ordnung ge-
bracht habe, wäre es möglich, ich habe dieses schon einmal zur
Hofkammer erinnert, und mir vorbehalten, wenn ich etwas
fände, solches sogleich einzusenden. Indessen stand ich noch
immer in den nämlichen Kuifürstlichen Pflichten und man
wird mir nicht beweisen können, dass ich aus böser Absicht
oder nur geflissentlich ein Producte entzog, oder verheimlichte,
Ausserdem wird vieles darauf ankommen, ob derley Producten
wichtige Gegenstände betreffen, worüber ich jetzt aus Unwissen-
heit nichts sagen kann.
Der zweyte Gegenstand wäre, dass ich aus Bayern schrift-
liche Nachrichten habe, dass der von Weitzenbeck in Betreff
desjenigen Prozess, welchen der Gr Minucci mit seinem ge-
westen Jager Radiel und ihn beym Kuifürstlichen Hufrath ab-
gestritten und vei^lichen hat, und wo ich Coreferent gewesen,
von mir sehr ehren rührend spreche, und die Schuld beym essen
will, als hätte ich die Graflich Minuccische Familie zum Besten
des Radiel zum Vergleich übeiredet. Es sind mir von diesem
— 269 —
iiosen Prozess noch alle Kleinigkeiten gut erinnerlich, es ist
leicht möghch, dass derley Verläumdungen auch bey meinem
gnädigsten Landesfürsten Gehör gefunden hatten, allein ich bin
darin gerade wie ein Justitiorius zu Werk gegangen, ich habe
^ichis einseitiges unternommen, ich war nur Coreferent der
ifbn Eckertshausen Haupt Commissaire» wir thaten nichts ohne
den Kurfürstlichen Hofroth. Die acten der von Eckertshausen,
die Vorstände und Assessoren des dortigen Senat, selbst die
Gräflich Minuccische Familie niussmir darüber Zeugschaft leisten.
^^er Haupt Commissaire und ich riethen auf Befehl Seiner Kur
füi^tlichen Durchlaucht auf das Conclusum des Hofralh zum
Vergleicli, wozu auch Gründe genug vorhanden waren. Ich
wollte Euerer Excellenze darüber nur zum voraus praeveniren,
denn ich behalte mir bevor, den von Weizenbeck ex Lege Diffa-
rari zu belangen.
Zum Schluss dieses Briefes muss ich Euere Excellenze
noch gehorsamst ansuchen, bey Gelegenheit Seiner Kurfürst-
Hellen Durchlaucht von dieser gegründeten Flechtfertigung zu
sprechen und Höchstselben vorzustellen, doss, wenn ich auch
wirklich einiges Verschulden trage, ich empfindlich genug durcli
die viele Kosten, das ängstige Hin- und Herreisen, welches
meinem durch Krankheit geschwächten Körper doppelt fühlbar,
durch die erlittene Prostitution, durch das Jammern meiner
Familie, durch die Trennung von meinem liebsten kleinen Kinde,
meinen alten Aeltern, %'Orzüglich meiner sorgfältigen Mutter, die
vielleicht das erste Opfer von diesem Verfahren wird, durch die
marternde Ungewissheit und vor allem durch die fürchterliche
Erinnerung an die Ungnade des so mächtigen Landesfürsten,
der mir sonst in vollem Maass Vater und die einzige Stütze
gewesen, genug bestrafet bin.
Wetzlar, den 2ien November 1786.
y Da das Schreiben an den Kurfürsten ohne Erfolg blieb,
sandte Zwaekh ein zweites ab, datiert vom 16. November 1786,
beglaubigt von demselben Notar München, den IL Dezember.*)
Letzterer überbrachte dieses Gesuch wiederum dem Baron
Kreitmayer, jedoch hatte es ebensowenig einen Erfolg. Zwaekh
blieb verfehmt, seiner Ämter entlassen. Sein Rufen nach Ge-
jechligkeit und Untersuchung verhallte ungehört.
if Es ist augenscheinlich, dass die hier geschilderten Ereig-
■ <►-
•) Aueti dieses Original im Privatbesitz des Autors.
— 270 —
nisse nicht genügen, um die tiefe Abneigung des Kurfürslei)
gegen Zwackli zu erklären, es müssen noch besondere Gründe
vorliegen, die bisher unbekannt waren. Solclie Gründe siiui
vorhanden und linden sich genau in den Gesandtschaftsbe-
rieliten*) Montezans im Pariser Archiv aufgezeichnet. Diese
geben ein vollständig klares Bild, sodass die bezügliche!)
Stellen in Übersetzung ohne Kommentar wiedergegeben werden
können.
Tome 171 page 268.
München d. 18. Octob. 1786.
Der Abbt5. Frank, welcher dem Herrn v, Lehrbach sehr er.
geben ist, beschäftigt nun den Clrurfürsten abermals mit den
Illuminaten und verdächtigt sogar den Nuntius, dass er auf
ihrer Seite sei, da er sicli einschmeicheln will. In Beiziehung
des Domlierrn von Lelirboch hat man in Landshut in Abwesen-
heit des Herrn von Zwackh dessen Papiere sich angeeignet,
ausserdem wurde befohlen, ihn am 14teii hier anzuhalten; der
Herr Graf von Freising, Vicepräsident des Reichshofrathes, ver-
barg ihn bei sich und Hess ihn in Begleitung von vier seiner
Diener entwischen. Seitdem wurde be.stimmt, dass man die
Festnahme der Illuminaten in die Hände des Herrn Beider-
busch, Kriegsreferendar und Gardemajor legen wolle. Das ist
es nun, was den Kurfürsten hauptsächlich beschäftigt und indem
man seiner Leidenschaft schmeichelt, ist man sicher ihm zu
gefallen.
Im Brief vom 28. October 1786.
Man versichert, dass man unter den Papieren des Herrn
Zwackli einen Plan fand, der eine sehr wenig schmeichelhafte
Geschichte für den Churfürsten enthielt und von der man an-
nahm, dass sie sich als glaubwüi'dig erweisen würde.**)
München d. IL November 1786.
Ein vom Chuifürsten untei'zeichnetes Decret erklärt die
St!e!le des Herrn Zwackh unbesetzt, ihn selbst seiner Bezüge
%'erlustig, zugleicti entliieltes den Befehl ihn festzunehmen, .sobald
er sich in den Bavar. Palatinischen Staaten zeige. Der eigent-
liche Grund dieses Erlasses war aber, dass man in den Papieren;
•) Abschriften im Besitz des Autors.
•*) Könnte sich auf die Seite 259/60 unter Lit. C und D angegebenen
Papiere beziehen.
17^ ^
* 1 1^ ^^
welche wahrend seiner Abwesenheit ergriffen wurden, ausführ-
liche Notizen über die Führung der Finanzen fand, an denen
er lange Zeit unter den Herrn Caslell gearbeitet hatte. Er be-
weist darin , dass ausser der schwierigen Leitung, welche 1781
mit Salzburg beschlossen worden war, und wovon ich Ihnen
Monseigneur s. Zt. einen Auszug übersandt hatte, der Erzbischof
nur die Hälfte der enornnen Summe angegriffen hatte, welche
man von Bayern bezahlen liess, wahrend die andere Hälfte
unter mehreren Ministern, Herrn von Lehrbach und der Kasse
der nntürlichen KindeO geteilt wurde. Der Herr Zwockh hatte
von Wetzlar aus einen sehr ))ikanfen Brief an den Herrn Beroii
von Belderbusch gerichtet, wahrend er einen zw^eiten an einen
Geschäftsmann, der ihn beschützte, richtete, worin er anführt,
dass er sich an das Reichsgericht wenden \^'erde, um der Ge-
rechtigkeit zuteil zu werden, die man ihm hier verweigert. Und
das eben sind die Venvirrungen und Verfolgungen» die unvorher-
gesehen den Münchener Hof beschäftigen. Montezan.
Diese Gründe und dann ein Brief, den Zwackh an den
Verwalter des dem Baron Bassus gehörigen Gutes Sanders-
doif schrieb (derselbe tindet sich im nächsten Kapitel) waren
die Ursachen des unvertilgbaren Zornes des Kurfürsten und
seines sich steigernden Illuminatenhasses.
I
Yerfolgimg des Baron BassuB.
Zu den Ordensangehörigen, deren Name und Massr^eh
durch die Veröffentlichung von Schritten dem weiteren Publi-
kum bekannt geworden sind, gehört Freiherr Thomas Franz
Maria von Bassus.
Derselbe gelangte durch Erbschaft, infolge Todes seines!
Vetters, des Generalmajors von Bassus, in den Besitz der'
Familiengüter in Sandersdorf bei Ingolstadt, lebte jedoch meist
in Graubünden, wo er Alt-Podesta zu Poschiavo und TraonaJ
war. Er w-ar im Jalire 1778 durch Weishaupt selbst geworben
worden, jedoch ward ihm weder ein Aufnahmerevers abverlangt,,
noch wurde er mit besonderem Zeremoniell aufgenommen.
Er sagt hierüber folgendes in seiner Verteidigungsschrift:
•) Des Kurfürsten.
— 273 ^
>Auf*) diese Art wurde ich also ein Illuminat, ohne dass
Jemand von mir ein Revers um vielweniger einen Kid gefordert
hätte und dadurch zeigten die ersten Ordensbrüder, dass sie
^^ne einigen Ceremonienland und ohne einiges Engagement
^P^s auf meine RechtschalTenheit ihr Zutrauen setzten, so dass
sie mich sogar unter die Areopagiten, welchen Namen die
höchste Classe der llluminaten führte, setzten. Das heisst unter
die Classe der Mitwisseoden, Ich wusste nehmlich, dass der
Professor Weishaupt der Erfinder und Stifter dieser Gesellschaft
rr, w^elches noch einige wenige andere und sonst Niemand
sste.i
Seine Freundschaft mit Zwackh hatte ihn verdächtigt. Es war
bekannt geworden, dass dieser öfters in Sandersdorf anw^esend
war, jedoch wusste man nicht die Gründe dieser Besuche,
die teils aus einer Fi-euodschaft zu des Barons Gutsverwalter
Franz Joseph Meyer stammten, dann aber notwendig w^urden,
weil ihm die Oberadmiriistration aller Geschäfte des Barons für
Bayern anvertraut war. Bassus selbst lebte seilen in Sanders-
m)rf, zuletzt im Herbst 1785, er bedurfte also eines Vertreters
Jür seine in Bayern liegenden Güter, den er in Zwackh gefunden
Bktte. In dem vorigen Kapitel haben wir gesehen, wie schlecht
Zwackh höheren Ortes angeschrieben war, es ist daher begreif-
lich, dass nach seiner Flucht namentlich jede Verbindung, die
er mit EinwohneiTi Bayerns hatte, sobald eine solche bekannt
wurde, diese verdächtig machte. Er schrieb nun am 30. März 1787
im Verwaller Meyer nachfolgenden Brief aus Wetzlar:
I Liebster Herr Verwalterl
Ich will Ihnen nunmehr die angenehme Nachricht 7Aigeben,
SS ich wirklich in einen erhabenen Posten eines der ansehn-
lichsten Reichsfürsten**) mit BewilhgiingdesZweibruckener Hofes
getreten bin, und von diesem letzteren die Zusicherung erhalten
habe im Successionsfalle wiederum in meine erste Stelle als Fiscal
einzurücken. In Zeit zwey Monathen muss ich von hier an
meinen Bestimmungsorth ab, nachdem ich zuvor noch in Zwey-
•) S, Vorstellung denen hohen Standeshfiuptern der Erlauchten Bepublik
Graubünden in Ansehung des lUuminateii Ordens auf hohen Befehl vorgelegt
von Thomas Franz Maria Freyherro von llasauH, Herrn zu Sandersdorf, Men-
dorf, Eggerscbberg, Harlanden und Dachenstein etc.
••) Der Fürstbischof von LQllich.
Eb9«1, 6e««bleht« d«« DlozuiiuteQordMia. 18
— 274 —
bruGken meine Aufwartungen mache. Ich empfehle Ihnen die
versprochene Einsendung der Cassa Gelder an meinen Vater,
weil bereits meine Anweisungen und die allforderungen dringend
werden. Aus Graubünden habe ich Briefe, doss dort alles ge-
sund und sich mein Freund unendlich freut, weil ich die Gegend
von Sandersdorf in meinen Aufenthalt regulirt habe; mündlich
seiner Zeit das Nähere. Leben Sie indessen recht wohl und
empfehlen uns Ihrer Frau. Kann sie mir auf diesen Brief
antworten, so schicken sie diese nicht über München, sondern
Direcle durch ein Couvert an meinen Schwager anhiero unter
meiner Adresse durch die Post zu Ingolstadt.
Der Ihrige,
Dieser Brief, jetzt im Bayrischen Staats-Archiv, wurde unter
schlagen, ebenso wie ein zweiter, den Chalgrin, der entgegen-
gesetzt von Montezan Gegner der Illuminaten war, in seinem
Bericht nach Paris vom 7. Mai 1787, angibt. Es heisst da in
Übersetzung:
»Ich habe die Ehre Monseigneur in meiner Depesche Ihnen
über das Betragen und Stellung des Herrn Zwack zu sprechen.
Dieses Individuum, welches noch immer keine Ruhe giebt, hal
es gewagt einen neuen Brief hierher zu schreiben. Derselbe
war an einen Landshuter Privatmann gerichtet. Herr Zwack
führt darin an, dass er um die Gunst des Herzogs von Zwey-
brücken sich beworben und da seiner Ansicht nach der Chur-
fürst nicht mehr lange leben könne,*) würde er bald wieder in
Bayern erscheinen und würde durch die Gnade des Herzogs in
seine alten Ämter und Würden wieder eingesetzt Diesen Brief,
den die Regierung unterschlagen hatte, bekam der Churfürst zuJ
gleicher Zeit mit einem andern Bi-ief zu lesen, worin er Kennt-
niss bekommt von einem andern seiner ünterthanen, des Herrn
Baron von Montgelas.c
Das Original dieses unterschlagenen Briefes ist vorhanden
und sandte die Herzogin Maria Anna eine Abschrift desselben
an Herrn v. Hohenfels nach Zweihrücken mit heftigen Ausfällen
gegen Zwackh, um ihn dort unmöglich zu machen. Sie sagt:
»Monsieur je vous joins ici la copie d*une lettre de ce vilain
1
•) Diese Worte stehen nicht im Briefe Zwackhs, er spricht auch dort^
nur vom — Successionsfan, ohne das wann zu berühren.
— Ztb
^wackh dont l'onginol ecrit de sa moin est dans celle de FElec-
leun* —
H Wir haben hier in diesen Briefen die Veranlassung zu der
Bassus'schen Haussuchung, sowie der Sequestrierung der
Güter des Barons. — Zorn gegen Zwackh war die Ursache und
darunter mussten dessen Freunde leiden.
tDer Befehl zu der Visitation und Sequestrierung lautet:
■ Serenissimus Elector.
Demnach seine Churiurstl Durchlaucht etc. bey dem Baron
assus zu Sandersdorf nicht nur eine Visitation der dortigen
apiere vornehmen, sondern auch seine hierländischen Güter,
sequestrieren zu lassen entschlossen ist, als haben sich beyde
Hofrälhe, Engel und von Stock auf Kosten desselben also gleich
mit Beyziehung eines Canzelisten nach Sandersdorf zu begeben,
die dortigen Papiere zu durchsuchen, und was davon nach dem
Illuminatismus riecht oder sonst verdächtig ist an sich zu
bringen, wie nicht w^eniger, den Hofmarschverwalter sowohl als
die Unterthanen in die Pflicht zu nehmen, sohin mit dem künf-
tigen Prästandis, dann dero getreuen Vei*walt, und Verehrung
an den Hofrath zu weisen, desgleichen sich über den vor-
kommenden Umstand dass der Zwack dato noch Sanders*
dorf in Pacht haben solle, gründlich zu informiren.
Carl Theodor
München, den 2, May 1787, ChurfürsL
Der Passus im Zwackhschen Brief, der Verwalter Meyer
fsoUe die Gelder dem Vater Zwackhs einsenden, der jedenfalls
für den Sohn in die übernommenen Pflichten der Oberadmini-
fStration*) eingetreten w^ar, ist ganz verstandlich, wenn man
Kenntnis von dieser Oberadministration hat. Höheren Ortes
hatte man damals augenscheinlich diese Kenntnis nicht und
schloss demnach aus der Briefstelle, Zwackh sei Pächter und
Eigentümer der geforderten Summen. Deswegen im Befehl der
Hinweis, man solle sich informieren, ob Zwackh Sandersdorf in
Pacht habe. War letzteres der Fall, 'so konnte man sich be-
quem durch den Sequester an Zwackh für dessen Flucht rächen
und der kurfürstlichen Kasse, die stets Geld brauchte, aufhelfen.
Leider war jedoch Zwackh nicht Pachter, und nur der Ura-
[stand, dass auf Sandersdorf weitere Illuminatenpapiere gefunden
'J S. Seite 53, VorsteUung denen hohen Slandeshäuptern.
18*
— 276 -
wurden, verschleierte die ganz ungesetzliche, vor Auffindung der
Papiere schon beschlossene Sequestrierung, die nur ein Gewall-
eingriff war, ohne jede Berechtigung. Die gefundenen Papiere
wurden nun als Nochtrag von Originalschriflen auf kurfürsthchen
Befehl gedruckt und enthalten jetzt wertvolle Urkunden über die
Entwicklung des Ordens, Bassus gibt über den Erhalt dieser
Scliriften in seiner schon mehrfach envahnten Schrift folgende
Erklärung:
Dieses neue scharfe Verboth (gemeint ist das zweite Ver-
bot vom August 1785) setzte alle dortige Maurer und Illu-
minaten in Bewegung, alle eilten mit ihren anbelbhlenen
Reversen zur höchsten Stelle, oder zu ihren Vorständen, und
suchten ohne Zeitverlust den höchsten Befehl zu erfüllen. Hey
dieser Gelegenheit wurden mir vom Canonicus Hertel oder vom
Grafen von Constanzo dessen ich mich eigentlich nicht mehr e^
innere, einige versiegelte Paquete Schriften eingehändigt, mit
dem Ansuchen, ich möchte solche aufbewahren und dann mit
sicherer Gelegenheit Weishaupt überschicken, als ich mich er-
kundigte, was darinn enthalten sey, hiese es, es wären die
Rechnungen, von der zu München gehabten Loge S. Theodor
vom guten Hath, welche man aufzubewalii*en verlangte, um sich
wider alle Vorwürfe die etwa mit der Zeit gegen die treue Ver-
waltung der Gelder gemacht werden könnte, zu schützen, denn
es sey heut zu Tage, ohnedem nichts von den schwärzesten
Verläumdungen sicher. Da ich den folgenden Herbst nach
Sandersdorf ging, nahm ich die Paquete mit mir, erfuhr da,
dass Weishaupt auf Reisen sey, legte sie also in den Schreib-
kasten in mein Cabinet, und um eben niclit jedem zu entdecken»
woher ich solche erhalten hatte, und damit sie doch im Fall
meines Absterbens an seine Behörde gelangen könnten, schrieb
ich mit meiner eigenen Hand darauf, dass mir diese Schriften
so verschlossen für den Herrn Professor Weislmupt zur Ver-
wahrung seyen überschickt worden, gegen Ende des Herbstes
(1785) verliesse icli Sandersdorf und kam nach Poschiavo zurück,
wo ich meine ganze Familie vei-sammelt halte und nun ganzer
zwey Jahre zugebracht habe, ohne mich von Haus weg zu be-
geben.« — —
Selbstverständlich sollte nun dem Baron Bassus aus diesem
neuen Funde von Illuminatenschriften ein Verbrechen kon-
— 277 —
liert werden. Die Kommissare Engel und Stock Hessen sich
fSOl tL 57 Kr. an Kosten der Reise, sowie Deputaten für 7 Tage
zahlen, über die am 8, Mai 1787 quittiert wurde und brachten
die Schriften zur näheren Untersuchung und Beurteilung nach
München.
Inzwischen protestierte Bassus kräftig gegen das gegen ihn
beliebte X'erfahren, namentlich gegen den Sequester. — Carl
Theodor konnte sich nicht verschweigen, dass ihm siclierlich
k Angelegenheiten entstehen müssten, zumal Bassus wohl sein
V'ösall als Gutsherr war, aber nicht als sein Untertan angesehen
^*ei*den konnte, infolge seiner Zugehörigkeit nacli Gi^aubünden.
eb
Die wahre Sachloge, dass Zwackli nicht Pächter war, kam
abenfalls bald zum Vorschein und so blieb als Entschuldigung
der Sequestrierung nur die Stempelung des Schlosses Sanders-
dorf als gefülu'iiches Illuminalennest, wie es oftiziell benannt
wurde, übrig. Klar geht das alles aus nüchfolgendera Befehl
henorr
(Serenissimus Elector.
Welcher Gestalt sich der Baron Bassus sowohl über die
u Sandei'sdorf vorgenommene Visitation, als Sequestration be-
chwert, gibt der Anschluss mit mehreren zu vernehmen.
Gleichwie nun die Visitation nicht ohne vorlaulig genüg-
samen Verdacht vorgenommen worden ist, so hat man auch
durch den vei'hängten Sequester nur mit der sandersdorfer
Administration, weil der Boron Bassus solche dem Zwackh
übertragen hatte, eine andere Anstalt zu machen, und den
H||iveiteren Conventiculis an diesem renomirten Illuminaten-Nest
vorzubeugen gesucht.
Die Beschwerde hat also weder in einem noch andern
Punkl den geringsten Grund, und obwohl hiernächst der Baron
Bassus ein Mitglied des Illuminaten Ordens gewesen zu seyn
widerspricht, so kann er doch den ihm beigelegten Urdensnamen
Hannibal selbst nicht ableugnen und wird auch durch seine
igenhändigen Briefe ül)e!'wiesen, worin er nicht nur das Ordens-
Apostolat ongetietcn zu Iiaben meldet, aucli die angeworbenen
Recruten versiehe it, dass dem Orden das chuifürstliche V'erbolli
mehr beförderlich als obbrüchig seyn werde.
Was nun der Apostel einer solchen Secte, welche unter
dem Blendwerk der Aufklarung die wahre Religion zu unter-
graben, die landesherrlichen Vorrechte mit angemosstem jure
— 278 —
vitoe et necis, collectarum orchivi und sonst einzugreifen, die
Mitglieder durch leiblichen Eid in unbegranzten Gehorsam zu
erhalten und endlich sich der völligen Oberherrschaft in dem
Staat zu bemeistern sucht, für eine Strafe von Rechtswegen
verdiene, das wird und kenn zwar ein jeder selbst leicht beur-
theilen.
Seine Churfürsll. Durchlaucht wollen ober denselben nicht
ungehört condemniren, und haben dalier eine eigene Deputation
und Untersuchungs Com misston von Hofrevisions und Ober-
landesregierungs Räthen verordnet, wozu von diesen der Till,
von Klieber und von Lippert, von jenen der TitL Aichberger und
Kappler, denen von den Hofrathen der Till. Engel und von
Stock unter dem Vorstand des Hofratlis Präsidenten mit dem
Auftrage ernannt sind, dass der Baron Bqssus in Person anher
berufen, ordentlich constituirt uud mit seiner Verantwortung
vernehmen Ihm auch gleich von den gedruckten Briefen jene
Stücke, welche denselben betreffen, auf Begehren originales vor- ■
gelegt und endlich nach genugsam instruirlen Sachen ein wohl
überlegt rechtliches Gutachten ad manus darüber erstattet werde. „
München,
d, 16. August 1787. Carl Theodor.
Baron Bassus stellte sich dieser Deputotion im Dez. 1787,
die unter dem Vorsitz des Freiherrn v. Füll tagte; an Stelle des
von Klieber war Oberlandesgerichtsrat Wilhelmseder getreten.
Er betonte namentlich, dass er eigentlich kein Illuminal sei,
infolge der bereits erwälmten Umstände bei seiner Aufnahme,
dass nur private Zusammenkünfte harmloser Art in Sanders*
dort* stattfanden, w^obei von Ordenssachen gar nicht gesprochen
worden, und dass er niemals dem Orden Beiträge gezahlt habe.
Über die Herkunft dei' Pakete machte er dieselben Angaben
wie in seiner Rechtfertigungsschrifl,
Die Deputation gab am 28. Januar 1788 ihren Bericht dem
Kurfürsten ab, der, jedenfalls nicht wenig bewogen durch ein
vom 31. des Christmonats 1787 datierles, für den Baron ein-
tretendes Schreiben der Häupter von Graubünden, eine dem-
selben nicht ungünstige Entscheidung frillte.
Bassus musste sein Amt als Kämmerer niederlegen, der
Sequester wurde widerrufen, ihm jedoch aufgelegt, das kurfürst-
liche Gebiet für jetzt und künftig zu meiden und namentlich
— 279 —
einen bindenden Revers zu unterschreiben,
den Revers; derselbe lautet:
Bassus unterschrieb
I Revers.
Ich unterthänigst endesgeselzter mache mich mit Verzicht
uf allen geheimen Vorbehalt und bei meiner adelichen Ehre»
Treue und glauben kraft diess hiermit verbindlich, dass ich in
gemässheit der mehrfölüg erlassenen Churfürstlichen höchsten
Verordnung aller immer erdenklichen Verbindung mit dem dei-
Religion, dem Staat und guten Sitten höchst gefährlichen lUu-
Kinaten-Orden mich vollkommen entschlage. Fürderhin weder
nventiculis mehr be\ wohnen, noch zur anwerbung derley
rdensglieder, weder im Inn* noch im ausstände gebrauchen
lassen, noch auch die Ordensglieder weder mit Hilfe, Rath und
Thal unterstützen, ingleicben denenselben weder auf meinen hol-
ländischen gütern, noch ausser Landes einige Zuflucht oder
Aufenthalt gestatten oder mit ihnen in eine coirespondenz trete
und ürdensschriften ferners mehr aufbew^ahre, sofoil aller mittel
und unmittelbaren gemeinschaft und anhänglichkeit wie diese
immer Namen haben kenn und mag, vollkommen entsage; euch
denen diessfalls erlassene churfürstliche Verordnung schuld ge-
horsamst nochkommen und denenselben in allen unterthänigst
Folge leisten wolle, und zwar dergestalten, dass im Fall ich
dieser nun im mindesten direct oder indirect entgegen handeln
solle, ich mich davon in Bemerk churfürstlich höchster Ver-
ordnungen und besonders in jener de dato 16. August 1787,
(w^elche mir dessentwillen ousdi'ücklieh und worttreulich com-
fcmissionaliter voi^gelesen worden ist) auf dem Überti-eftungsfall
^gesetzten confiscntions-relegations auch aücnfalsigen Todes Strafe
gehorsamst unteiAverfen wolle.
H Zu mehrerm Bekräftigung dessen habe ich gegenwärtigen
Revers unter meiner eigenen Handunterschrifl, und beygedruekte
adliche Insiegl zu hohen Commissions Händen schuldgehor-
samst ausgestellt.
»geschehen München d. 18. Febi\ 1788,
Der Hinweis auf die neue Verordnung vom 16. August 1787
bedarf einer Beleuchtung. Carl Theodor war seit seinen ersten
Erlassen in immer grössere Angst vor den llluminaten gehetzt
worden, jedenfalls durch die phantastischen Aussagen eines
Baron Mandel, auf den wir noch zurückkommen, und hatte in-
— 280 —
folgedesseo unter Trompetenschall in München nachfolgende
unghiubliche Verordnung verkünden lossen, die auch sofort im
Druck erschien.
»Es entdeckt sich, je länger, je mehr, wie schädlich uod
gefährlich die sowohl in- als ausser Landes schon so w^eit ver-
breitete Illuniinalensecle für den Staat und die Religion seye.
Die oller'bösesten Folgen und Würkungen, welche davon
endlich auf die spateste Nachkommenschaft ausrinnen müssen,
lassen sich kaum in die Ferne übersehen, so fern nicht noch
in Zeiten auf die Ausrottung eines so grassierend, und weil
mehr, nls die Pest selbst, zu verabscheuenden Übels der ernst-
haftest Bedacht genommen wird.
Es werden daher die hierinfalls schon ei^angenen General-
Mandata nicht nur widerhollt und erneuert, sondern auch der
gestalt hiermit geschärft, dass sowohl derjenige, welcher sich
hielühro in oder ausser Landes von llluminaten anwerben lässt,
oder selbst Jemand dazu riiiwir-ht, ohne l'nter'scliied der Person,
von was Würde, Stand oder Wesen sie immer seyii mag, dem
Criminal-Process unlerwoifen, sofort der Anw^erber am Leben
mit dem Schwerd, der Angeworbene aber mit der Confiscatioo
seines Vermögens und der ewigen relegation aus allen Chur-
fürstlichen Ländei'eyen gegen geschworene Urfed bestraft werden
sollte.
Unter der nem liehen contiscations- und relegations Straf
werden die illuminaten Logen, sie mögen gleich auf diesen oder
anderen Namen umgetauft seyn, ebenfalls verbothen, worauf
man auch allenthalben gute Spehr (Späher) bestellen, und die
Gesellschaften, welclie entweder in Wirth- oder Privatbäusei*n
mit versperrten Tbüren oder sonst auf verdächtige Weise ge-
halten w^erden, als wahre Logen behandeln lassen, und die so
leer als gewöhnliche Ausrede, das es nur ehrliche Compagnien
von guten Freunden sind, zumal von jenen, welche sich des
Illuminalismi und der Freygeisterei vorhin schon suspeet ge-
macht haben, nicht annehmen wird*« — — —
Dieses Verbot, in dem sich die Despotie bis zur Todes-
strafe versteigt gegen Mitglieder einer Gesellschaft, deren böse
Absichten durch gar kein Gerichtsverfahren erwiesen worden
sind, die zu erweisen nicht der geringste Versuch gemacht w^urde,
trotzdem Weishaupt sowie seine Anhänger" dringend darum
— 281 —
baten, ist wohl der Gipfelpunkt ungeheuerlichster Rechtsbeugung.
Der Herzog Ernst von Gotha hatte in seinem Brief vom
29, Aug* 1787 zugesagt, dass Weishaupt bestraft werden würde,
falls eine Anzeige eine gerichtliche Untersuchung fundieren
könnte und diese ihn schuldig findet, über Carl Theodor dachte
nicht daran, ein öffentliches Verfahren einzuleiten, das doch nur
zu seinem Ungunsten auslaufen konnte. Nachdem die Bassus-
sche Angelegentieit; die ebenfalls kein gerichtliches Verfahren
darstellte, in der geschilderten Art verlaufen war, gab der Kur-
fürst sogar folgende Erklärung ab:
I Serenissimus Elector.
Nachdem Sr. Churfürstliche Durchlaucht missfalligst ver*
nohmen, dass man sich von Seite höchstdero Hofraths aulTmlt-
dass über die in Illuminatensachen erfolgte gnädigste Rescripten
nicht öfientlich pröpooieret, auch die von denen selbst gnadig
ernannte Commissarien von Engel und von Stockli nach Aus-
weiss von Rescripten erhobene Erfahrungen und Constiiuten
gleichfalls nicht öfientlich abgelessen worden sind; als declariren
Höchstdieselben, dass dero höchste Willens Meinung niemohlens
gewiesen, dieses llluminaten-Wessen in Hochdero Hofrath öfent,
lieh tractiren, und die hierin gleichfnhls gesammelte acta kund
werde, oder ein Gutachten von demselben oder von dem Com-
missarien abfordern zu lassen. Übrigens bezeigen Höchstdie-
selben in all denjenigen, was denen beiden Commissarien von
examinirungswillen übertragen, und von ihnen genauest mit all-
mehligem Vorwissen Dero Hof Ralhs Proesidenten anbey ge-
naust befolgt worden ist, dero höchste Zufriedenheit und lassen
es dahero dem Churfürstl. Hofrath zui' Nachricht andurch
gnfidigst ohnverhalten.
München, d. 14t«?n January 1788.
K Carl Theodor. v. Kreitmayen
dass original liegt bey denen Directorio actis
Sigl. d. 28. Febr. 1788. Hofroth v. Engel
ChurfürstL gnadigste Geheime Rescript Abschrift.
Dieses Dokument beweist, dass aussei-gerichtliches Vei^
fahren beliebt und anhefolilen wurde, — und sogar Todesstrafe
für unbewiesene Vergehen in dieser Zeit der Hechtsbeugung an
zusetzen möglich war.
— 282 —
Die Angelegenheit des Baron Bassus gab auch den drei
schon genannten Anklägern von Cosandey, Vitus Renner, Georg
Grünberger, jedenfalls unter dem Druck des unvermutet hoch-
gewachsenen Verfolgungseifers, Veranlassung, gegen eine weitere
Heranziehung ihrer Personen zu protestieren. Unter dem Datum
des 6. Februar 1788 reichten die Genannten eine untertänigste
gehorsamste Vorstellung ein, in der sie den Kuifui'sten bitten,
er wolle sie in Rücksicht dessen, was sie bisher in den Sachen
wider die Gesellschaft der Illuminaten getan haben, von allen
dem gnädigst verschonen, was ihnen den Hass derselben noch
mehr zuziehen könnte. Sollten sie auf höchsten Befehl noch-
mal in diesen Sachen zu erscheinen gezwungen sein, so würde
man nicht ermangeln, sie als Denunzianten und unvei'söhn*
liehe Menschen neuerdings überall zu verschreien und verhasst
zu machen. «—
Wir können jetzt die Angelegenheit des Baron Bassus be-
schliessen und müssen zur weiteren Orientierung etwas zurück-
gehen.
Die Loge Theodor yom guten Rat.
Die Aussagen zweier Priester.
Um dem chronologischen Gang der Ereignisse nicht zu
sehr vorauszueilen, müssen wir zu der Zeit des zweiten Ver-
botes, also März 1785, zurückkehren. Es waren in diesem Ver-
bote die Illuminaten und Freimauj'er zum ei'sten Male genannt
worden und damit wurde besonders die Loge Theodor zum
guten Rat in München, deren Meister vom Stuhl, wie wir
wissen, Baader war, harl gelroffen. Den Mitgliedern war das
drohende Unheil bereits vorher bekannt geworden, sie hatten
daher versucht demselben vorzubeugen und beortlerten den
Theaterintendanten Graten Seeau, eine Audienz beim Kurfürsten
nachzusuchen, und ihm ein Memorial der Loge zu überreichen.
Diese Audienz ward am 4. März 1785 gewahrt, jedocli mit
negativem Erfolg, denn der Kurfürst Hess den Grafen, sobald er
merkte, dass derselbe übei- freimaurerische Angelegenheiten
sprechen wollte, gar nicht zu Worte kommen und hess ihn
stehen. Ei' nahm das Schriftstück nicht entgegen, nichtsdesio
J
— 283 — ,
weniger findet es sich im Münchner Poütischem Archiv aufbe-
wahrt. Da dieses Schrittstück bisher nicht im ganzen Wortlaut
veröffentlicht worden ist, dasselbe deutlich zeigt, worüber die
Illuminaten sich zu beklagen hatten, so schallen wir es mit
verschiedenen Fussnoten hier ein.
^^m Memorial -abschrift
^Wlches die Münchner Maurer Loge Sr. Kurfürstl. Durchlaucht
überreicht 1785.
b Im Namen der sommtlichen Mitglieder der ausseinander
^elrettenen Loge Theodor \'om guten Rath im Aufgang zu
München,
I Gnädigster Herr!
Verfolgungen mit gedult ertrogen, seinen Feinden verzeihen,
sind Pflicht, die ein jeder Christ gern erfüllt; wenn aber die
Verfolgung biss zur Drückung anwächst, wenn sie Erlicher
Männer Hasslicher Schandthaten beschuldiget, Ehre und guten
Namen brandmarkt, selbst die Ruhe des Publikums stört, dann
wird die Vertheidigung eine Pflicht gegen sich selbst, gegen
den Staat.
Gnädiger Herr Herr! nicht Trieb zur Unruhe oder einer
faction, sondern abgedrungene Nuthwehr für eigene Ehre und
Sicherheit ist es, die die ehemaligen Mitglieder der aufgehobenen
Loge »Theodor vom guten Rath^^ an den Tlirohn E. K. D. bringt,
um dortGerecIitigkeit undSehuz gegen die Wuth Pasf[uitantischer
Schriften suchen.
Wie man gegen die Mitglieder dieser Loge vor Verkün-
digung des gnadigsten Verbots der gelieimen Gesellschaften
verfuhr, wie man dieselben selbst von den Kanzeln, \\'o immet^
Gottes Wort und Wahrheit herrschen sollten, rlen \'erräther
des Göttlichen Erlösers verglich, ist jedem bekand.*)
♦) Schon im Jahre 1781 hatte P, Frank, nach dem handschriftlichen
Bericht eines Ohrenzeugen in einer Passionspredigt die Freimaurer, ohne von
dem niuminalenlum etwas nfiheres zm wissen, eis Judosbrüder geg^eisselt» «diese
Leute machen Anstalt xu dem Reich des Anlichristen und allem Ansehein
nach kann das Ende der Well nlf^ht mehr fern sein.* — — Der Jesuit Gruber,
die Kapuziner, namentlich P« Bornai-dinus, zeterten gegen die Illuminaten.
Letzlerer rühmte sich später, der erste gewesen zu sein, der die niuminaten-
gesellschart verraten habe. Vergh Kluckliohri: Die niuminaten und die Auf-
klärung in Bayern,
— 284 —
\'on unserer Unschuld überzeugt, ertrugen wir alles mit
gedult, und würden es noch tliun, wäre es bey diesem Stand-
punkt geblieben, da man uns aber durch eine Schrift, unter
dem Titel Über Frey- Mauerer erste Warnungc der Über*
trettung des Londesherrlicln?n Verbots und der Schändlichsten
Verbrechen ohne Beweiss, ohne Anzeige besonderer Falle be-
schuldigte: so wurde die Vertheidigung nothwendig.
Wir riefen durch eine Ankündigung die Beschuldiger*) vor
einem ime selbst beliebigen Richter zum Beweiss auf, aber
statt desselben erschien eine zweyte Schrift unter dem Titel:
>Auch eine Beylage zur Ersten -Warnung*. Welche Be-
schuldigungen auf Beschuldigung häufllG, den Landes Dica-
sterien zu nahe Iralt, selbst E. K. 1>. der Sorglosigkeit be-
schuldigte.
Bey dieser Lage bleibt uns also nichts übrig, als zur Ge-
rechtigkeits Liebe unseres gnädigen Landesherrn uns zu flüchten,
Höchst dero Person die ganze Saclie voi^zulegeii unsere Unschuld
zu veilheidigen, und wann noch ein Zweifel übi'ig bleiben sollte,
um gerichtliche Untersuchung gegen die uns gemachten Be-
schuldigungen anzuflehen.
Jede Bescliuldigung ist in den Rechten ungegründel, bis
sie bewiessen wird, wir konnten iiihig den Beweiss entgegen
sehen. Doch nüzet in diesem Falle die Prüfutig schwerer Be-
schuldigungen, damit ihr Unwei'th den Werth der übrigen zeuge.
L Die ausseinander getrettene Loge Theodor vom guten
Rath soll dass gnädigste Verbot gelieimer Gesellschaften über-
tretten haben. —
Die erste Pflicht der Freymaurer ist, den Gesezen ihres
Staates und den Befehlen ilires Fürsten unterthänig zu seyn,
So bald E, K. D. durch ein General Verbot alle geheimen V'er-
bindungen aufgehoben haben, so wurde den mil-Gliedern die
Einstellung aller Maurerischen Arbeiten durch ein Cir-cular**)
*) wie schon gesagt, war das der Schriftsteller ßabo.
**) Der tnhall dieses Zirkulars geht aus nachfolgendem Briefe Constaozos
hervor; Origioal im Besitze des Autors:
Diomedes (Graf Constanze) Consilio national! S. p. D,
Wir haben zuviel auf die Güte unserer Sache getrauet^ zu sehr auf unsere
Kräfte gerecliriet und zu Sorgenlos unsern Feinden enigegen gearheileL Es
ist in dem Kurfürstlichen Kabinet beschlossen unsere Gesellschaft zu ver-
stören und so geneigt uns aonst der beste Fürst gewesen ist, so bat es doch
285 —
bekannt gemacht, nach dem X'erbot dnss bissherige Logenlieuss
verkauft, und wir können keckUch jedermann aiifrulen, den Be-
der Kabele gelungen, ihn, Gott weiss durch welche Vorstellungen und falsche
ßeschuldlaungen des Ordens auf das heftigste aufzubringen, und ein Mandat
abzunöthigen, durch welches in ganz Bayern alle geheimen Verbindungen und
namentlich die unsrige verbothen werden solle. Zwar ist das Mandat noch
nicht publicieret, aber wir haben dennoch in gestriger ausserordentlicher Ver-
sammlung beschlossen , sogleich den genauesten Gehorsam zu bezeigen und
eben dadurch dem Kurfürsten einen Beweiss zu geben, dass wir diejenigen
nicht sind, vor welche man uns mag geschildert haben, vielleicht gelingt es
uns, ihn nach und nach wieder einem günstigeren Entschluss zu bringen, und
dann wollen wir mit gedoppellem Eyfer an der Pyramide arbeiten und das
versäumte gewiss ersetzen, machen Sie nur, dass in den andern Landen um
so thäliger gearbeitet w^erde. Von der Anhänglichkeit unserer Leute sind wir
überzeugt, dass sie auch ausser allen Ordens-Zusammenkünften und Graden
dennoch bey der ersten Regierungs Erlaubniss oder Tolleranz mit ganzer Seele
wieder zu dem Institut zurückkehren. Indessen ist an alle auswärtige Logen
unterm heutigen das Circular erlassen worden, dass man auf höchst Landes-
herrlichen Befehl die maurerischen Arbeilen einstelle und man sich also die
Logen-Gorrespondenzen und Verhältnisse biss auf weiteres verbitte, dagegen
aber zu anderer freundschaftlicher Gefälligkeit jederzeit bereit seyn werde.
Eben diesen Auftrag erhielten alle Illuminaten Kirchen in Griechenland (Bayern)
und ersuche ich Sie, davon auch den Fremden Nacii rieht zu geben. Die
Ordens-Papiere haben wir auf jeden Fall in Sicherheit gebracht und werden
diese entweder vernichtet, oder die Brauchbaren an Behörden geschickt worden.
Vielleicht dass unsere Mächtigen am Hof den Churfürsten bereden, dass
Er von unsern Satzungen und Graden Einsicht nehme, dann legt man ihm
solche in Ordnung vor und es wurde gewiss von guter Wirkung seyn. zumalen
wenn man ihm den Ursprung, die Stifter und das lächerliche zeigte, welchen
manchmal dabey vorgekommen ist, daraus Könnte Er sich wohl am meisten
Überzeugen, wie man unsere Macht vergrössert, und wie wenig fürchterlich
wir sind. Allein es versteht sich, dass man vorläufig versichert wäre, der
Kurfürst eröfne das nicht weiter, oder höchstens nur einem Meister.
»Der dürfte es am wenigsten seyn.
tfasern jungen Leutben könnte man ja wohl die fdee von einar Lasse
Geaellschafl beybringen, darin könnten sie sich immerl»in nach der Anleitung
unserer Statuten bilden und beschäftigen, Pythagoras wäre der Mann einen
solchen Plan zu entwerfen. Diese LesBe-Gesellschaft wäre ÖfrenlHch und atao
Dicht unter dem Verboth begriffen» und im Grunde bliet» es doch die herr-
lichste Pflanzscbule vor künftige Zeiten. Nöchstens mehr darüber. Vor heute
mllssen Sie meiner Verwirrung verzeihen.
Eben erhalte ich eine Nachricht des Mandats. Sie sehen daraus, dass
es in Generellen Ausdrücken abgefasst und unser Orden nicht namentltcb vor-
kommt. Ich bin begierig wie sich die fralrea aureae crucia dabey verhalten»
Ich folgere daraus vor uns einigen Vorlbell, doch musa man geborcben und
das fernere abwarten. Nicht einmaJ die lohannla Loge wird mehr gefeuert.
Osculor te osculo aancto.
Athen r 23 Chardad 1154/ d. l München d. 23 Juni 1784
— 286
weiss zu machen, dnss nach dem Verbote in den Logen oder
einem andern Hauss in oder ausserhalb der Stadt eine Loge ge-
gelialten worden sey,
2. Dqss Mfiui*erische Sistem, nach welchem Wir gearbeitet
haben, soll kein achtes Sistem,*) mit Keiner ächten Freymauei'ey
verbunden seyn, der Religion und dem Staate entgegen arbeiten.
Kenner in diesem Fach, und die Directorial Logen der eklek-
tischen Mauerey in Frankfurt und Wetzlar, welche uns im
Namen der zui* Aufrechthaltung der alten und ächten Frey-
mauerey verbundenen Logen einen Constilutions Brief ertheilel
haben, werden für uns sprechen und das gegen Theil des
Letzteren erhellet aus dem, dass jedem bey der Aufnahme
heilig versichert wurde, dass nichts wider die Religion, den
Staat, und die guten Sitten vorkommen werde und lasst sich
wohl von einer geheimen ganz der Gewalt beraubten gesellschaft,
wass anderes versichern und anders Handeln, ohne selbst dem
\'orwurfe des Betruges von seiten der mitglieder entgegen zu
eillen.
Wir sind Bürger des Staats, kennen keine Geheimnisse
gegen den Landes Regenten und sind bereith E, K. D. jedoch
ti Heine, alle unssere Schriften vorzulegen. Eben so sind wir
bereit ein authentisches Verzeichnis der Mitglieder, welche die
hiesige Loge niemahls frequentirt haben um so mehr zu zu-
stellen als die verschiedentlich circulierenden Listen einen un-
vortheilhaften Schotten auf uns werfen könnten.
I
•) Weishaupt erklärt zur RichtigsteUung dieseß Punktes in der Schrift:
Schilderung der niuminalen 1786 folgendes: _
S. 33. Wenn es wahr ist, so soll sich der Kurfürst, ehe er das Ver» 1
fahren gegen sie entschied, eine treue Liste aller in Teutschland exisUrenden
Logen haben verschaffen lassen, und da er München nicht darin fand, auch
auf Privat*Erkundigung versichert wurde, das« der wahre Orden die Münchener J
Loge misskenne, sich erst zur Inquisition enlschtossen haben. ■
S. 34. Dass der Regent die Münchner Loge nicht in dem Verzeichnis
gefunden, kann sehr nalQHich sein; es durfte nur, wie alle Vermythung daför
ist, das Verzeichnis der vereinigten Logen von der stricleo Observanz sein.
Gibt es denn aber» ausser solchen keine wahren und ächten Logen? Die
erste Loge der Well, die zu London selbst» ist nicht von diesem System. Alle
englischen Logen in Teutschland, alle Zinnendorlische, alle eklektische Logen
gehören nicht dazu. Die stricte Observanz selbst ist nur eine abgerisaene
Tochter von der gemeinschaftlichen Mutter, Die Loge Royal York zu Berlin,
die zu Manheim» gehören eben so wenig dazu. Was kann aiso diese der Aecbt-
heit der Loge Theodor schaden, dass sie der Übergebenen Liste nicht eiaTar*
leibt, oder vielleicht mit Fleiss ausgelassen worden?
— 287 —
3. Wirft man uns vor, dass wir Deismus lehren. — Wie
ungegründet diesser Vorwurf seye^ wird jedem, dem die Mauerei
nur von fern bekannt ist, darauf einleichten. Weil Christen-
ihum und Mauerei unzertrennlich sind, und das Bekenntniss
^zum Clinstlichen Glauben ein gesetzmässiges EHbrderniss zur
iufnahme ist.*)
4. Die Loge soll durch Cabalen sich in die innere Staats-
^'geschäfte gemacht haben. —
Wir bauen auf dos Zeugniss des ganzen Ministeriums,
dass wir niemals unaufgefordert und ohne Amts- Pflicht in
Staatsgeschäfte drangen, diess zeugniss ist zu verehrungswürdig,
Kais dass jemand an dessen Ächtheit zweifeln sollte. —
H 5. Auf gleiche Arth ist es Verleumdung, doss wir jemal
Rainen Einfluss in die ausswertigen Geschäfte suchten, und uns
des Staats Verrath schuldig machten.
■ Wass sollen wir verrathen, da wir keine Geheimnisse wissen,
~ Keine zu wissen verlangen? und gegen w^en sollen wir es, da
Bayern mit den ausswörtigen Höfen in dem besste^i Verhältniss
stet, und die vormals streitigen Puncten berichtigt sind? Selbst
dass von dem oben einigen Mitgliedern ertheilte und der Bey-
lage zur Beylage eingerückte Absolutorium zeigt von unserer
Unschuld; Wir können uns (heisst es) zwar nicht bereden, dass
der Ruf, dass man den Orden missbraucht, gegründet seye,
aber sollte er grund haben! so schonen sie niemand.<^. Die
Seele, der es möglich ist, mit dem erlauchten Orden Politisches
Spill zu treiben, ist sehr krank, und ihre Krankheit ist unheil-
Hbar, ist noch oben darein ansteckendl. Die Glider, in welcher,
eine so beklagenswerthe niedrige Seele wohnt, müssen von
^ unserm Körper getrennt werden, wären sie auch Obere, je eher
■wir eine dergleichen Entweihung der heiligsten Aschen zugeben
" und die Asche unserer Erlauchten Stifter zu entheiligen gleich-
•) In diesem Hinweis liegt ein Hieb gegen den Kurfürsten, denn Carl
Theodor — war selbst Ppelraaurer. Montezan gibt in seinem Bericht nacti
Paris vom 26. Nov. 1785 an^ dass der KurfQrst von dem verstorbenen Herzog
von Zweibrüeken seiner Zeit aufgenommen worden ist und 25 Jahre dem Bunde
angehörte, bis Pater Frank ihn zu überzeugen wusate» dasa die Freimaurerei
ein Greuel sei.
Dieser Umstand gibt auch die Erklärung, warum der Kurfürst den Ke-
richt des Grafen Seeay nicht hören wollte und die Audienz abbrach.
— 288 —
gleichgiltig zusehen können, wollten wir lieber nicht bloss ein
oder das andere Mitglid, sondern eine ganze Provinz preiss-
geben, und uns damit bescheiden, dass die Zeit der Reife da-
selbst noch nicht gekommen seye, die reine Absicht des erl.
Ordens zu vertragen. Überdiess erklären wir. dass wir alle
ohne Aussnahme bereit sind für E. K. D. wie das Hauss
Wittelspöch und das Vaterland Gut und Blut aufzuopfern.
6. Die Löge solte Schriften, die die innerliche Verfassung
des Landes betreffen, zum Drucke geliefert haben. — Dergleichen
Schriften liegen in den Archiven und Registraturen und alle
Registraturen und Archivarien müssen uns Zeugniss geben,
dass wir deren keine bekommen, keine verlangten, solte man
erwiedern, dass, der von EckarLsliausen Maurer unseres Sistems
seie^ so erhielt er den Zutritt in das geheime Archiv erst nach
der Erscheinung dergleichen Schriften, er konnte also nicht
mittheilen, wass er nicht hatte*
7. Man beschuldigt die Loge des antheils an den Briefen
eines Reisenden Franzosen, Faustin Salvator, Fantasten, Alma-
noch, Wiekppps Journal und anderer Schriften, welche Be*
leidiguügen gegen E. K. D. und Höchst dero Ministerium ent*
halten. Wir können um so glaubwürdiger erklären» dass wir
weder an dieser noch an einer strafbaren Schrift antheil haben»
also die Verfasssten, als die Verfasser der Ersteren bereits
nahmhaft gemacht worden sind, und wegen der letzten Schriften,
der Verdacht auf solche, welche mit uns niemals verbunden
waren, gefallen ist, und wenn man uns auf der einen Seite, des
Einflusses in die Staatsgeschafte beschuldigt, würden wir wohl
auf der andern jenen schimpfen, durch welchen wir diesen Ein-
fiuss erhalten?
Der Ungrund der einen oder der andern Beschuldigung
liegt am Tage, und unsere Gewissen Pfliclit muss uns von
Beyden frey, sowie überhaupt unser Stand, unser Betragen,
unsere Handlungen für uns sprechen.
8. Die Logen solten sich in Justizgeschäfte mengen, ihre
Glider sollen partheiisch handeln: — von dem Gegentheil können
die Directorien und Amter Zeigniss geben. Wir berufen uns
auf dieselben, sind bereit zu beweisen, dass wir unsere Mit-
glider wie Fremde behandelten, und solte einer von uns straf-
bahr befunden werden, so bitten wir selbst, dass man desselben
nicht schone, jede Pariei, die im Streite unterliegt ruft über
I
— 289 —
Ungerechtigkeit und leiderl musste die Mauerey den Mangel an
deren Titel ersetzen.
9. Entlichen sollten die Mitglider der Loge Gift mischen,
den Selbstmord befördern und Sodomiten seyn. Lauter Be-
schuldigungen, die nur Leidenschaft hervorbringen konnten und
deren Ungrund von selbst erhellet. Wer starb in München
vei^ftet? Die Verteidigung des Selbstmordes war nie unsere '
Sache, so dass wenn auch einige Freymaurer sich selbst todeten,
der Schluss, dass solches aus dem Sistem erfolgte, ebenso un-
wahr ist, als dass alle jene, welche sich selbst entleibt, unsere
Mitbrüder waren. Und sollte wohl der Vorwurf der Sodomie
ohne Beweisse, ohne gegründeten Verdacht gelden? Ein Vor-
wurf, welchen geheime gesellschaften, Ordens-Priester und selbst
die Christen in den ersten Jahrhunderten nicht erkannten. Sind
nun solche Beschuldigungen von solcher Natur, dass sie theils
unmöglich theils ungegründet sind: so haben wir keine Unter-
suchung zu scheuen und die Verfasser der anonymischen
Schriften, sind im Nicht-Erscheinungs- oder Vertheidigungsfalle
nach den Landesgesetzen, und dero letztere gegen Pasquillanten
erschienenen Mandats zu behandeln.
a) Wir bitten also dass E. K. D. höchst dieselben geruhen
möchte: Die Verfasser dieser zwo Schriften unter einen
bestimmten Termin mit aussdrücklicher Beyrückung, dass
solches auf unser Ansuchen geschehe, aufzurufen, damit
sie mit Beysetzung ihres Namens die Thäter anzeigen, und
die Beschuldigungen abweissen, soften aber
b) die Ankläger nicht erscheinen, so flehen wir gehorsamst
um eine nähere Untersuchung und dass man sie als Ver-
leumder, und ihre Schriften als Pasquillen erkläre. — End-
lich da
c) die irre geführte Geistlichkeit durch das Lärmen auf den
Kanzeln die Ruhe des in Rücksicht dieses Gegenstandes
ganz begreiflflosen Publikums stört, und der erweckte Hass
unsere Sicherheit und Staats Ruhe in Gefahr sezet: so
ergehet unsere gehorsamste Bitte, dass E. K. D. dem
Übel vorbeugen und dergleichen anzügliche Predigten ver-
bieten.
Recht, Billigkeit und allgemeine Ruhe unterstützt unser
gehorsamstes Flehen, die angebohrene Gerechtigkeit E. K.
D. welcher Keinen höchst dero Unterthanen ohne Unter-
suchung der Schuld oder Unschuld seiner Ehre und Staats
Engel, Gesobiebt« des IllamlnAtenordent. j.9
— 290 —
/)
Ruhe berauben lassen versichert uns gnädigsten erhör und
wir empfehlen uns geliorsanist zu höchsten Gnaden.
Euer Kurfürst!. Durchlaucht
unterthnnigst treu geliorsamsie
Grof von Seeau.
Graf von Seinsheim.
Revisions Rath v. Krenner.
Revisions Rath v. Berger.
im Namen sammtlicher Mitglider der ausseinander
getrettenen Loge Theodor vom Guten Rath im Aufgang^
in München.
Aus verschiedenen Aussagen geht hervor, dass die Illurai-
naten das erste Verbot teils gar nicht auf sich gemünzt hielten,
teils glaubten, dasselbe habe keine seliwerwiegende Bedeutung*
Erst das zweite Verbot und die Erfahrung des Grafen Seeau
als Vertreter der Loge bewies den Ernst der LagQ und nun
wurden auch olle Korrespondenzen untf Ordensarbeiten» namenU
lieh jedoch die eingeiichteten Privatcharakter tragenden Lese-
zirkel aulgeliohen. In einem späteren Verliöre des Johann
Nepomuk Schiessl, kurfürstl. Rat und Hofkammersekretär ia
München gibt dieser an, dass gemeiniglicli des Monats einmal
oder höelisteos zweimal in seiner Woimung diese Vorlesungen
stattfanden, bei denen aus dem Abt seinem Verdienst, aus
Seneca, Epictet und anderen voi*gelesen wurde.
Solche Lesegeseliscliaften %\'ai"en zur Heranziehung neuer]
Kandidaten sehr behebt und erfolgreich, belnnden sieh in vielen
Stadien und entnahmen den Stoff zu ihren Vorlesungen meist
jenem Bücherverzcicimis, das Weishaupt ausgearbeitet hatte
und in den Statuten uirter Punkt 25. bereits angegeben ist.
Auch in Ingolstadt befand sich solcher Zirkel. Haupt desselbeil|
war Professor Ki-enner, der mit anderen Kollegen später in
Untei-suchung gezogen w^urde, ohne jedoch eine besondere
Sti'afe zu erleiden, aber erst im Jalire 1791 wurde ihm seine
frühere Illuminaten-Eigenschaft ausdrücklich verziehen und ei
1792 sogar in den Adelstand erhoben. Alle derartigen Zirkel
(denn die offiziellen Vei'sammlungen Imtten bereits nach de
ei'steu Verbot ihr Ende gefunden) hörten nunmehr ganzlich auf*^
Dieser Gehorsam konnte jedoch den rastlos arbeitenden Feinden
kein Hindernis bieten, ihre Vernichtungswut einzudämmen, sie
wollten mehr Opfer und fanden sie.
— 291 —
Es ist bereits ongedeutel, dass jenos Schriftstück, das ein
Professor der Herzogin Moi'ia Anna als Änklogeschrift gegen
die Illuminoten überreichte, von dieser nach Berlin an den
Grnfen Herzberg geschickt und in Abschrift durch Chalgrin nach
Paris gesandt wurde, recht verdächtige Ähnüchkeit zeigt mit
den Aussagen, die der Priester und Professor Cossandey dem
Fürstbischof von Freising gegenüber schriftHch niederlegte.
Letzterer hatte Cossandey ann 30. Mai 1785 zu sich befolilen
und verlangte von ihm, dass er alles aufdecke, was in der Ge*
Seilschaft der Illuminaten ihnn bekannt geworden sei. Ebenfalls
^erhielt Vitus Renner dieselbe AulTorderung. Die Aussagen beider,
"die durch eine Namensüste der ihnen bekannt gewordenen Illu-
minaten besondere Bedeutung erhielten, wurden nunmehr der
Anhaltepunkt der bis ins masslose gesteigerten Verfolgung. Zur
gerechten Beurteilung der ganzen Zeitperiode ist es notwendig;
beide Anklageakte hier im Worllaui bekannt zu geben, nament-
lich da in andern Schriften über den Orden stets auf diese hin-
gewiesen wii'd, jedoch nur Bruchstücke als Beweis für den einen
»oder andern Punkt bekannt gegeben wurden.
' Der Inhalt der Schriften zeigt deutlich, dass Cossandey
der gehässigere, Renner der gemässigtere, vorsichtigere An-
kläger ist.
^Die Schriftstücke lauten:
' Bericht von
r Joannes Sulpitius Cosandey.
Nachdem Seiner Hochfürstlichen Gnaden der Hochwürdigste
Fürst Bischof zu Freysing mein gnädigster Ordinarius sowohl
in Hochstdero, als auch in Seiner Churfürstl. Durchlaucht zu
Pfaizbayern meines gnädigsten Landesherrn Höchsten Namen
^biich Endesunterschi-iebener den 30t«n März 1788 zu Sich vor-
zurufen und mir zu befohlen gnädigst geruht haben, alles das
»geti-eulich und ohne Gefährde zu offenbaren, was in der Gesell-
schaft der Illuminaten wider die christliche Moral und unsere
liebe katholische Religion vorkommt. So bezeuge ich hiermit,
Kdnss ich diese mir von meinen höchsten (Jbrigkeilen gnädigst
Böuferlegte Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen mit folgender
■Aussage erfülle.
H Wenn Menschen eine thätige und geheime Gesellschaft er-
^richten, so wählen sie sich einen gewissen für sich interessanten
Zweck. Das gemeinschaftliche Interesse ist allein im Stande
ir
— 292 —
I
die Glieder jeder Gesellschaft aneinander zu schliessen. Dieses
Interesse mag nun in Reolitaten oder eingebildeten Chymaren
bestehen, seine Wirkungen machen doch immer die Bande
der Gesellschaft aus. Der vorgesteckte Zweck setzt gewisse
Mittel voraus, welche zum Zwecke führen, die mir gnädigst ge-
machte Frage reduciret sieh also auf die folgende:
Ist die geheime Gesellschaft der Illuminaten thätig
und vertragen sich Zweck und Mittel derselben mit den
Pflichten gegen den Staat und die Religion?
Von derThötigkeit dieser Gesellschaft welche bei den Oberen
und Unterobern bis zur Schwärmerei geht, war ich einige Jahre
hindurch ein Augenzeuge, und Bayern hat leider! nur allzu
sichtbare Bew^eise davon, Folgende Bemerkungen über die
inneren Einrichtungen dieses Institutes über die Wahl und die
Behandlung der Mitglieder, über das listige Betragen und
schändlichen Grundsätze der TJberen endlich über einige Ab-
sichten dieser Gesellschaft werden es entscheiden, ob der,
Zweck und die Mittel derselben, sich mit den Pflichten des
Menschen, des Bürgers und des Christen vereinbaren lassen.
Die Freymauerei ist bloss die Hülle und der Deckmanlei
der Gesellschaft der Illuminaten. — Sie wird von dieser dirigirt,
getauscht und missbraucht.
Der Grad der Minervalen ist in der Illumination der unterste,
folglich der unschuldigste. Er hat den Schein einer gelehrten
Gesellschaft, ist aber in der That eine Vorbereitungsschule für
die Illumination. Tauget der Minerva! hiezu nicht, so wird er
bloss in die Loge oder Freymauerei, worin er keine Aufschlüsse
bekommt, befördert. Alle Illuminnten sind zugleich Freymauerer;
nicht aber alle Freymauerer sind Illuminaten, Desw^egen sagen
sie: multi vocati et panei electi! —
Sie nehmen junge hoffnungsvolle Männer, lenksame, gut-
herzige, wissbegierige, fähige Köpfe, auch anselinliche. reiche,
verschlagene Leute auf. Staatsbeamte und Geistliche sind ihnen
willkommen, wie auch Mediziner, Professoren, Archivare, Sekre-
taire, Bibliothekare,. Hofmeister, Postoffiziers, Wirthe, Apo*
theker pp.
In der Bildung, Lenkung und Behandlung des Novizen
und Minervalen brauchen sie zu Anfangs sehr gelinde, ein-
nehmende, verführerische Mittel, z. B. die Larve der Tugend,
der Menschenhebe, der F^reundschatt; Versprechungen grosser
moralischer und physischer Vortheile. Die geben sich in ihrer
- 293
Jesellschafl den Schein von Macht, von Ansehen, von Weis-
heit; und vom Besitze wichtiger Mysterien. Sie suchen, durch
erkünstelte Aufrichtigkeit seine schwache Seite auszuspähen und
ihnfi seine Geheimnisse abzulocken: Sie legen ihm häufig ver-
fängliche Fragen vor, die er schriftlich beantworten und da-
durch biosgeben muss, Sie verleiten ihn zu Fehltritten,
forschen seine begangnen Fehler aus, und halten seine einge-
gebenen Schriften und eigenhändigen Bekenntnisse sorg-
fältig zurück. Sie fordern von ihm seine eigene Lebens*
geschichte, wie auch umständliche mit Thatsachen
bewiesene Schilderungen von der guten und bösen
Seite seiner Bekannten, Dadurch muss er sich und andere
nolhwendig entziffern und schriftlich compromittiren.
Kurz sie versichern sich seiner durch alle möglichen, durch die
feinsten Kunstgriffe, das ist oft das Werk einiger Jahre. In-
dessen steht er schon und auf immer unter den blinden Ge-
horsam, der ihm vollkommen unbekannten erlauchten Obern,
die er als vollkommen gute Menschen, ja als Halbgötter anzu-
sehen und zu verehren gezwungen ist. Er steht mit ihnen in
linem unmittelbaren Briefwechsel, doch mit dem wesent-
^lichen Unterschiede, dass die Obern die kleine Vorsicht ge-
^bruuchen und seine Originalien sorgfältig zurückbehaUen, da
%ie zugleicli die Ihrigen ebenso vorsichtig von ihm zurück-
fordern. In diesem Briefwechsel ist er schuldig alles, was ihm
immer für den Orden erheblich vorkömmt den Obern zu ent-
decken. Er kann diesen monatlichen Bericht dem Provinz-
Collegium unter der Aufschrift :*Quibus licet^ dem Provinzialen
unter der Aufschrift *SoIic und dem Generale des Ordens unter
Aufschrift vpamio^^ einsenden; Niemand als die iJbern wissen
die details, die darin vorkommen; denn alle Briefe laufen durch
die Untern. Der solche Briefe nicht richtig und getreulich be-
» sorgte würde gewiss suspendiert oder gar ausgeschlossen
werden. Auf die Weise erfahren die Obern alles, was
immer sie zu erführen verlangen mögen. Daher sagen
sie mit Zuversicht von sich selbst: ^Wir sind im Stande
mehr zu weissen alsandere» mehrzu wirken als andere.«
B Gesetzt nun ein Einziger unter den Obern wäre ein böser
Mensch, oder gar ein Landesverräther. was könnte er nicht
unternehmen? Ein Maxime der Obern ist: »nihil agenti
similis multa agens.« — Kann ein solches System wohl ge-
duldet werden? In Rücksicht seiner gibt es sichtbare, ver-
- 294 —
seh wunden e, und garanlirte Mitglieder. Man macht ihn nur mit
jenen wenigen bekannt, die er ohnehin als rechtschaffene Leute
hochschätzt und liebet, und w^elche ein Ascendant über ihn
haben. Alle übrigen müssen das strengste Incognito gegen ihn
beobachten: so, dass er niemals wissen kann, ob Personen die
er sonst kennet, oder mit denen er umgehet, seine Mitglieder
sind oder nicht. Er befindet sich in der Lage eines gemeinen
Soldaten, welcher nur vier Unteroffiziers und zehn bis zwanzig
Kameraden kennen würde, ihm aber das übrige F^egiment be-
sonders die Stabsoffiziere, und der Kriegsrath gänzlich unbekannt
waren, und der doch unter der Kriegs-Disciplin, und strengsten
Subordination stünde, ohne zu wissen, was er wäre, was er
werden wollte, wenn er diente und wozu man ihn endlich
brauchen würde. Auf diese Art, bekömmt mancher Minen^al oder
Mauei*ei' sein ganzes Loben hindurch keine Gelegenheit, die
Hälfte seiner Ordensbrüder kennen zu lernen. Er muss sich
immer mit literürischen Arbeiten, mit Spionerey und scheinbarer
Leitung der Tyranen, mit unschuldigen für ihn ganz räthselhaften
Zeremonien beschäftigen.
Ist er hinlänglich gefesselt, geprüft, und vorbereitet, so wird |
er in die Illumination befördert. Hier lernt er das eigentliche
System des Ordens etwas mehr kennen. Doch geschieht dieses
wieder sehr langsam und mit moghchster Behutsamkeit. Hier
lernt es mehrere Mitglieder und Unterobere kennen, doch sind
die ei*lauchten Oheni immer für ihn unsichtbar. —
Zu dieser Beförderung muss er, nach ihrer Sprache zu
reden die Hcligions-Vorurtheile abgelegt haben, oder ihnen
dieselben abgelegt haben scheinen, denn kein Religionar (es
ist ihr Ausdruck) wird in die höhern Grade aufgenommen.
Die eiiauchten Obern sind es, die durch alle Grude den
Ton angeben. Ilire Befehle, ihre Maximen, ihre Meinungen, und
ihre Lehren machen überall die Seele, die Vorschrift, den Geist,
und alle Triebfeder dieses Institutes aus. Die Obern oder LTnter-
obern sind entweder künstliche Betrüger und schwarz
syslemathische Bösewichter; oder sie sind von andern
beseelte oft sehr gut meinende Enthusiasten und
schändlich betrogene Schwärmer.
Beweise hievon sind folgende Kerns]»rüfhe und Grundsätze
die sie zwar bloss mündlich ^das versteh! sich) ihren Unter-
gebenen unaufhörlich einprägen.
^.
— 295 —
1. Wenn die Natur uns eine allzu grosse Bürde
aufleget, so muss der Selbstmord uns davon befreyen
Patet exitus.
So geneigt ich bin die Selbstmörder als verzweifelte,
kleinmüthige oder wahnsinnige Leute zu entschuldigen; so
sehr halte ich die Lehre des Selbstmordes für gefährlich und verab-
scheuungswerth. Doch Selbstmörder müssen den Obern zur
Ausführung wichtiger Dinge unentbehrlich sein. Denn was
wird derjenige fürchten,- der den Tod und die Folgen
des Todes nicht fürchtet? Man sagte uns, ein Illuminat
müsse eher sich den Tod anthun, als die Gesellschaft verrathen;
und den Selbstmord pries man uns als eine himmlische Woll-
lust an.
2. Rien par raison, tout par passion der Zweck, das
Wachsthum, und der Nutzen des Ordens wird ihnen Gott, Vater-
land und Gewissen. Pflicht ist alles, was dem Orden vor-
theilhaft ist, und das Gegentheil ist Laster, ist schwarze Ver-
rätherey.
3. Der Zweck heiligt die Mittel. — Also Verläum-
dungen, Giftmischungen, Todesschläge, Verrätherey, Rebellionäre
alle Schandthaten sind erlaubt, sind löblich, wenn sie zum
Zwecke führen.
4. Den, der uns verräth, kann kein Fürst schützen.
Also gehen Dinge bey dieser Gesellschaft vor, welche dem
Interesse der Fürsten entgegengesetzt sind; Dinge, die ihrer
Wichtigkeit halber verdienen entdeckt zu werden — und diese
Entdeckung wäre in den Augen der Illumination eine Verrätherey,
welche sie im Voraus zu rächen droht. — Vor ihrer Rachgierde
können also weder Fürstenschutz, weder Gerechtigkeit, weder
Polliezey den Rechtschaffenen schützen und sichern. Sie müssen
also Mittel besitzen, ihre Ankläger unbestraft aus dem Wege zu
räumen, diese Mittel lassen sich errathen.
5. »Tous les rois et tous les Prötres
Sont des Fripons et des Traitres.«
Oder auch: alle Pfaffen sind Spitzbuben.
Religion, Vaterlands, und Fürstenliebe müssen sie ihrem
Plan gemäss untergraben, weil doch Religion, Vaterland und
Fürstenliebe die Menschen für einzelne Staaten allzusehr ein-
genommen und von dem »weit aussehenden Gesichtspunkt der
lUuminaten« (alles ihre Sprache) abgeführt werden.
— 296 —
Unter andern Absichten suchen sie ein Sitten regimenl
einzuführen, welches sie in jedem Lande in ihrer Gewalt hätten.
Von diesem Collegium würden alle Gnadensachen, Dienstver-
leihungen, sine Adpellatione ad Principem abhängen. Ua-
durch würden sie sich das unbegränzte Recht anmassen über
die Ehriichkeit und Brauchbarkeit der Individuen das End-
urtheil zu sprechen; dadurch würden sie den Fürsten (nach
ihrer Sprache) durch eine geheiligte Legion ihrer ge-
treuen Anhänger umringen, .fesseln und nach Will-
kühr beherrschen. — Durch ein solches Siltenregimenl)
auch Sitten -Comission (oder Fiscat genannt) würde diese
Gesellschaft die fürchterlichsten Despoten der vier Weltheile,
und die Regenten verächtliche, unmächtige Phantome, und ge-
krönte Sklaven derselben werden.
Dass der in der ersten Warnung gedruckte Ordensschwur
wahr ist, kann ich auch mit einem Originale beweisen. —
Diese getreue Aussage bin ich bereit mit einem korper
liehen Eide zu bekräftigen.
(L. SO
München den 3ten April 1785,
Joannes Sulpitius Cosandey
Priester und Professor bey der Herzoglichen
Marianischen Landesakademie.
Bericht von
Vitus Renner.
De Seine IlHcljCürstlichen Gnaden der HochwürdigsE
Bischüf zu Freysing mein gnädigster Oi'dinarius den 30teri März
1785 mich vorrufen zu lassen und in Höchst Dero sow'olil als
im Namen Seiner Churfürstlichen Durchlaucht zu Pfalzbayern
meines gnädigsten Landesherrn aufzutrogen gnädigst geruht
haben, von alten dem, was ich im <)rden der Illuminaten wider
Religion und gute Sitten augelrofen habe, ein christliches Fer- ■
zeichnis unterlhanigst zu ühermaclien; so bekenne ich Endes-
gesetzter mit bessten Wissen und Gewissen alles, was ich
immer in diesem Orden für die Religion und gute Sitten Nach-
theiliges und Anstossiges gesehen, gehört und angetrofen habe.
Es ist der ftrden der Illuminaten wohl von der Frey-
mauerei zu unterscheiden. Ein Unterschied welclier nicht ein-
mal von Minervalen (denn so heissen die Neueingeweihten,
odei' die vom ei"sten Grad des Ordens) am allerwenigsten aber,
— 297 —
von blossen Freymaurern bemerkt werden dürfte. Mir selbst
blieb er immer eine versteckte Speise, bis man endlich nach einer
langen Prüfung, für gut befunden hat, mich zu einen höheren
Grad zu erheben, und aus mir einen Illuminaten minoram
(in dem zweiten Grad fängt man erst an Illuminat zu heissen)
und endlich gar zu einer kleinen Obrigkeit zu machen. Da
wurde mir auf einmal der Aufschluss gegeben, und es stund
mir eben nicht mehr frey, Freymauerer zu sein; denn es war
aus weisen Absichten, des Ordens festgesetzt, dass jeder, der in
den zweiten Grad des Ordens noch bey einem halben nach-
gesehen hat, bis ich mich gleichwohl auf das viele Murren
meiner illuminaten Brüder, welche glaubten, dass mir der Orden
zu viel traue, bequemen musste, auch in die Mauerer-Gesell-
schafl zu tretten. Ich fand dabei freilich wenig Vergnügen,
doch erhielt ich dadurch den Vortheil einzusehen, zu welcher
Absicht die Freymauerer dem Orden dienen müsste. Die Illu-
minaten scheuten nichts mehr, als unter diesen Namen be-
kannt zu werden. Sie suchten desshalb, nur für Freymauerer
angesehen zu werden; wohl überzeugt, dass sie unter dem
Schilde dieser anscheinenden Unrichtigkeit sicher genug wären. —
Die Freymauerei ist also der Deckmantel des feinen Systems,
nämlich des erlauchten Ordens.
In der Gesellschaft der Freymauerer allein ist, nach den
Ausdrücken der Illuminaten selbst, nur der Tross von Leuten;
wovon es für einige wenige noch Glück sein muss, wenn man
nach einer harten und kostbaren Prüfung würdig findet, sie
ganz in der Stille ins innere Heiligthum des Ordens aufzu-
nehmen. Die Übrigen, sie mögen denn Lehrlinge, Gesellen
oder gar Meister seyn, müssen mit Geremonien- Werke zu-
frieden, am Joche fortziehen; vielleicht, weil ihre Augen zu blöde
wären, und das Licht des Ordens nicht ertragen könnten,
vielleicht auch, weil man auf eine so grosse Anhänglichkeit und
Verschwiegenheit, welche wesentliche Dinge des Ordens sind,
nicht viel rechnen dürfte. Es war daher einmal von den Obern
für sie festgesetzt: ex Inferno nulla redemptio. Demungeachtet
wussten die Illuminaten, von welchen sie ohne ihr Wissen ge-
leitet werden, sich den herrlichsten Nutzen, von ihren Ansehen
und Vermögen zu schaffen. —
In meinen Zeiten gab es hier zwar solche Klassen, welche
den Namen Kirchen hatten. Jede von dieser wird von vier
Männern, nämlich von einem Superior, Gensor, Quaestor
— 298 —
und Secretair, welch miteinander den Megistrat ausmachen»
und in höhern Gnaden seyn müssen, ganz nach der Intention
des Ordens dirigirt
Es wurde daher monatlich wenigstens eine öffentliche Ver
Siimmlung gehalten, wobey alle znv nämlichen Kirche gehörigen
Mitglieder erscheinen und in einem verschlossenen Zettel unter
der Aufschrift »Quibus licetc oder »Soli«^ oder iPrimoc ein
genaues Verzcichniss aller Handlungen, Worte pp. welche sie
an andern wahrgenommen haben, den Obern iiberreicben müssen.
Von Einsendung des Quibus licet ist kein Mitglied des Ordens,
ausgenommen: sie gehen durch alle Grade durch und müssen
von dem, welchem selbe eingehändigt werden, unerbrochen
immer an hohe und höhere Obern übergeben w^erden.
Die übrigen Geschäfte der Versammlung bestehen neben
wenigen Ceremonien in Verlesung der Ordensstaluten, wenigen'
Stellen aus einem alten Phylosophen und einer Rede, welche
VOM den Mitgliedern wechselweise verfertigt werden muss, und
von verschiedenen Stoffen sein kann. Und da man überhaupt!
die Religionairs nicht liebt, so erwirbt sich ein Mitglied viel
Rhre, ja selbst den Ruhm eines aufgeklärten Kopfes, wenn seine
Rede etwas frey abgefasst ist, obschon der Obere im Beyseynf
anderer hinwieder, schwachen und unzuverlässigen Köpfen eine
Miene einer kleinen Unzufriedenheit machen muss. Bei solcher
Gelegenheit brauchten die Obern alle Vorsicht, Und es würde
wider das System des Ordens grob gefehlt seyn, wenn sich derj
Obere einfallen liesse, in öffentlicher Versammlung frei zu reden
und die Ordensgrundsätze zu verbi'citen; jedes Mitglied wüixldj
dieses Verfahren des Obern für eine Folge des Systems an-j
gesehen haben.
Um also diesen Verdacht zu vermeiden, stellte man reichent-
lichc Zusammenkünfte an, wobei die Mitglieder frey von Cere-
monien und Zwange sich übei* jeden Gegenstand dissputieren
dürften. Bei dieser Gelegenheit wussten die Obern, und andere,
welche den Geist des Ordens einsogen, die Religions-Vorurtheile
st> lange lächerlich darzustellen, (denn alles beisst X'ni'urtheil,
was ihrem Zwecke zuwider ist) und durch Scheingründe didl
Grundsätze desfn^dens so anzüglich zu machen, bis gleichwohl
der Schüchterne durch das Beisjjiel vieler anderer aurgefrischt, ■
von Schlacken Heligions-Vorurtheilen gereinigot, und mit ihren |
Grundsätzen beseelt, den andern Brüdern vollkommen gleich
— 299 —
geworden ist — Gelingt es bei Einigen nicht, so sind sie für
den Orden verloren.
Das Auflfallenste was ich im Orden antraf, ist unstreitig die
Art, womit sie die Leute zu fesseln und dann zu behandeln
pflegen. Man bemüht sich den Orden gross zu schildern, von
selben mit Ehrfurcht und Würde zu reden, mit Versprechungen
zu betäuben und mit dem Anhange vieler ansehnlicher Leute,
welche alle auf den Befehl der Obern an der Beförderung anderer
arbeiten müssen gross zu thun, bis gleichwohl das Mitglied die
Erfüllung jedes Auftrages für Pflicht, und das Wohl des Ordens
für sein eigenes ansieht, oder anzusehen scheint. Und hat ein
solcher das Unglück eine unbesonnene Handlung oder dem
Orden in einem Quibus licet, Soli oder Primo ein Geständ-
niss von dem vertrauten oder abgefischten Geheimnisse seines
Freundes oder eines Andern gemacht zu haben, so ist er für
sich verloren, und gehört ganz dem Orden. Hat er nun einmal
die Fesseln an, so ist ihr Verfahren stolz: sie achten seiner nicht
mehr, er kann austretten, heisst es, wir bedürfen seiner nicht.
Ich glaube nicht, dass es ja einer wagt, oder wagen werde, nur
eine unzufriedene Miene zu machen, am allermindesten aber,
davon zurückzutretten , besonders wenn er sich der fürchter-
lichsten Drohungen erinnert
Kein Fürst kann den schützen — der uns verräth. —
Ihr Geschmack in Auswahl der Mitglieder war gewiss der
besste. Sie suchten nur solche Leute in ihr System zu ziehen,
welche sie zur ihren Absichten benügen zu können glaubten.
Leute von Stand, Ansehen, Vermögen, Räthe, Archivarien, Sekre-
tairs, Landbeamte, Professoren, Geistliche, Hofmeister, Haus-
secretairs, Mediciner, Apotheker, waren ihnen also die ange-
nehmsten und willkommensten Gäste.
Der zweite Grad, welcher aus einem grösseren Ordens-
bande, einem andern Handdruck, und wenigen Kleinigkeiten,
weiter nichts von Ceremonien enthält, ist eigentlich die Schule,
worin die MitgHeder, wenn ich micht recht ausdrücken darf,
wie die wahren Spürhunde abgerichtet werden. Es empfängt
da jeder eine auf genaue Beobachtung und Erfahrung sich
gründende Instruction, wodurch er im Stande gesetzt wird, die
Gesinnung und Meinung eines jeden zu erforschen, selbe zu
benüzen, Geheimnisse abzulocken p. p. Kurz den Menschen
durch und durch zu kennen, und den daraus zu machen, was
— 300 —
er will. Mit dieser Instruction ausgerüstet, muss er gleichwohl
den ehrlichen Mann, welchen nach Befehl des Obern das Loos
trifTt, vom Scheitel bis zur Zehe nach folgenden Formular ge*
treulich protoeolliren,
Gemüthsart: Handelt er gerade aus; oder verstellt
er sich? gegen wem? interessiert ihn das Schicksal
anderer? oder sorgt er nur für sich? arbeitet er gern?
Ist er in seinen Handlungen rechtschaffen? Lässt er
sich davon abbringen? durch Drohung? Liebkoseu?
Geld? Frauenzimmer? Ungnade? Verfolgung? Unglück?
Freundschaft? Hass? Rachgier? Versprechungen? Be*
förderungen? wenn er ungestraft das Gegentheil thun
kann? Ist er im Schmerze wortreich? geschwätzig? oder
still? oder stumm? Ist sein Schmerz lang anhaltend?
Hat er starke Leidenschaft? welcher ist er am meisten
ergeben? Kann er ziement gegenwärtigen, lebhaften
peinlichen Eindruck widerstehen? Hat er einen Hang
zur Schwermuth? die Leidenschaft zu Grunde hnt? oder
ist es blos Temperament? Ist er geizig oder zur Ver-
schwendung geneigt? Und zu welcher Zeit liebt er
die Jagd? Welcher Art Jagd? Hört er gern vrm Mord-
geschichten?
Alter? Namen? Vaterland? Gestalt? Gesichtsbildung?
Haar? Stimme? Gang? Anstand? Gesundheits-Zustand?
Sprache? Vortrag?
Die Eidesfnrmul des erlauchten Ordens (die Mauerer haben
eine ganz verschiedene) und die übrigen Tabellen und Vor-
schriften sind in der ersten Warnung für Freimauerer Seite 29
und 52 v(in Wort zu Wort zu lesen. |
Freilich, eine gute Einrichtung! ob sie aber ebenso gut für
Religion, den Staat, und gute Sitten seyen, würde ich schwer-
lich Beweise finden. Doch darum fragt sich nicht!
Nihil inleresset quo modo: Zweck heiligt die Mittel!
Diese Art Beleuchtung wechselt nun mit jedem höheren
Grade^ denn der erste Grad schon odelt, Ist es der Ausdruck der
nbem, was wird sich erst von höhern hoffen lassen! Doch ist!
dabei mit vieler Vorsicht die Veifugung getroffen, dass jedes
Mitglied zwar alle andern von nämlichen Grade, und umsomclir
Vom untern Grade, aber keinen von höhern kennen dürfen,
ausser diejenigen, welche zur Direktion seines Grades, oder
I
— 301
i als Visitaloren oder Spionen, von den höchsten Obern be-
istimmt worden sind. Die übrigen alle sind für ihn verschwun-
dene Dinge.
Diese Einrichtung macht nun unstreitig die grösste Stnrke
des Ordens aus. Dadurch können die Obern unbemerkt ihre
Untergebenen beobachten, ihre Verschwiegenheit, und Anhäng-
Hchkeit prüfen, und was noch das Vorzüglichste ist, selbst im
falle der schon lange gefürchteten trüben Tage ihre unter-
drückten Brüder bei allen Gelegenlieiten unterstützen, ohne den
mindesten Verdacht zu erregen, dass sie selbst an dem Systeme
Antheil haben, da sie ihrer Einrichtung gemäss allen Brüdern,
und umsomehr allen Profanen unbekannt seyn müssen. Wer
diese Einrichtung überlegt, wird mit mir gestelien müssen, dass
ein feineres System wohl nicht mehr möglich sey. Wenn ich
mich daher, dieser unbekaniiien Brüder, ihrer Verfassung, und
noch obendrein dei- Sittencomission, wovon unten eine kleine
Bemerkung vorkommen wird, hinwieder erinnere, so wird es
mir immer begreiflicher wie der Ordenssatz wahr sein könne:
Kein Fürst kann den schützen der uns vorräth!
Noch gibt es Leute, und man kann sie wohl bemerken,
welche den Orden, ohne doch dabei seyn zu wollen, mit
vieler Hitze vertheidigen. Ein Verfahren! welches gewiss
eine Anmerkung zu verdienen seheint. Entweder sind diese
Lobredner in den Oi'den, oder nicht? sind sie niclit darinnen,
■do ist unmöglich das zu loben, und zu vertheidigen, was sie
■ nicht wissen können: sie sind aber selbst beym System, so ver-
dienen sie eben darum keinen tilauben, auch dann nicht, wenn
sie ihre zum Schein entworfenen Papiere von der Ordens-
einrichtung zu ihrer Vertheidigung vorzeigen, oder auch alles
Gute bey ihrer Ehre bei heuern würden. Man würde daher,
wenn man die Unmöglichkeit etwas vom <Jrden ausserhalben
zu wissen, und die Art des Verschwindens wohl zusammen holt
gewiss so unrichtig nicht Schlüssen, wenn man Schlüssen wollte,
dass die Vertheidiger selbst im Orden, und zwar von jener Art
tseyn müssen, welche man in der Ordenssprache »Verschw^undene«
nennt
Dieses ist nun die Grundlage des ganzen Orden-Syslems so
weit es mir bekannt ist. — Setzet man noch einige Kernsprüche»
als: »tousle i'oiset tous les Pretres, sont des Fripons et
desTraitres« und folgende Grundsätze hinzu: so wird es von
^
302
selbst auffallen, ob, und wie weit sich der Orden mit Religion,
und der christlichen Moral vertrage.
Der Selbstnnord, welchen die Obern den Brüdern predigten,
wenn sie selbige zu trüben Tagen vorbereiten wollten, gehört
unter jene Sätze, die am meisten Aufmerksamkeit verdienen,
Sie wussten diese Handlung als ein so leichtes und in gewissen
Fällen vortheilhaftes Mittel zu schildern, dass es mich nicht
wunderte, wenn ein oder der andere zu dieser Handlung schritt,
besonders» da man durch Beyspiele dem Selbstmorde noch eine
gewisse Wohllust anzudichten sucht. Meinetwegen mag das
Beyspiel welches ein gewisser Oberer von einem Engländer er-
zählte, der sich selbst erhängt, aber noch zur rechten Zeit voni
Strick losgemacht worden, wahr oder erdichtet seyn: so würde
ich doch nicht der Narr sein, mich durch die blosse Aussage
dieses Mannes, dass er die schönste Harmonie von Tönen in
den Ohren gefühlt habe, verleiten lassen, meinen Ohren auf
Kosten meines Lebens diesen angenehmen Kitzel zu verschaffen.
Unter allen bösen Grundsätzen aber, scheint mir der ge*.
ffihrlichste zu seyn . . ,
Zweck heiligt die Mittel! Wollte einer diesem Grund-
satze zu Folge Iiandeln, so dürfte er, welches sonst gerne und
getreulich geschieht, jeden ehrlichen Mann verläumden, soga
auch jenen, von dem mon nur zu vormuthen hätte, dass er einst
den Absicliten des Ordens im Wege seyn könne, er dürfte den
andern aus seiner Stelle drängen und vei^iften, morden pp.
Kurz! Ihun, was er wollte, wenn es nur zum gi*ossen Zwecke
führte. Und gesetzt auch, es ereignete sieh der Fall entdeckt
zu werden: — Patet exitus: eine Kugel für den Kopf —
und man ist der Gerechtigkeit entrissen.
Ich würde zu keinem Ende kommen, wenn ich alle Folgen,
welche für- die Religion, und den Staat aus diesen Grundsätzen
entspringen könnten, hier en detail niederschreiben wollte. Ich
eile also zur Bemerkung, wovon ich schon gesprochen habe*
Das Sittenregiment, Sittencomission oder auch
Tyscalat, wie sie es nennen pflegen, wäre ein Collegium aus
den geschicktest, fähig t und rechtschaffensten Männern, das ist
nach ihrer Sprache meist aus verschwundenen Illuminalen,
welche das vollkommenste Vertrauen des Fürsten besitzen und
ilires Auftrags gemäss von Sitten, und Etn'lichkeit eines jeden
einen souverainen Ausspruch machen, und, weil ohne Ehrlich-
i
=1
I
303
^
keil Niemand Ämter und Stellen besitzen soille, dadurch erst
jeden, zur jeden Bedienung fähig machen würden. Eine herr-
liche Erfindung, wenn sie zu Stande gekommen wäre! wie
würde es aber mit den Profanen ausgesehen hoben, wenn man
den Ordensmaassstab angelegt hatte? Ohne Zweifel würden hey
dieser Abmessung von Ehrlichkeit Brüche herausgekommen
seynl zum Glück aber wurde das System noch bei Zeiten ent-
deckt, sonst wäre vielleicht wahr geworden, was ein Oberer
welcher von einem andern noch Höheren ganz glühend zurück-
kam, prophezeiht hatte: wenn noch ein und andere Posten
besetzt, und die Anzahl der Brüder 600 Köpfe stark seyn
wird, so ist nichts mehr im Stande, uns zu wider-
stehen! —
I Dieses ist nun die Einrichtung: dieses sind die Grundsätze
des Ordens. Den letzten Zweck, welcher von den höchsten
Obern des Ordens, als ein Geheimniss aufbewalnl wird, weiss
ich zwar nicht, weil sie nur immer vom Zweck reden, ohne zu
sagen, worin er eigentlich besteht. Aus der Einrichtung aber
und den Grundsätzen, kann er nicht anders als gross seyn, ob
er sich aber nach dem bisher Gesagten mit der Religion und
dem Staat vertrage, überlasse ich jedem zu urtheilen. Ich kann
und will daher mit meinem Gewissen nicht mehr betheuern, als
dass ich alles, was mein christlicher Aufsatz enthält, so gesehen,
so gehöret und angetrofen habe.
München den 9ten April 1785.
Vitus Renner Priester und
(L. S.) Professor in der HerzogL
Marianischen Hausakaderaie.
folgen: Illuminaten-Liste:
Zwackli
Costa nza
Merz
Weishaupt
Bader pp.
md ferner von Cossandey und Renner zusammengestellt:
Baron von Verges — Leutenant
Baron Max von Veiiges — Reg,*Ratli zu Straubing
Gi'af Clement von Seefeld — Hofrath
Baron von Füll — bei der Leibgarde
Waschinka — Medicus
— 304 —
Hatnpel — Hofmedicus
Graf \xin Seeau
von ßeglioni — General
vrm Hopo — Major
Baron von Gumpenberg — H ntVu tii
Graf v(in Spaner — Major
Graf von Freising — Hauplnionn
Graf von Taufkirchen — Major
Graf von Lerchenfeld
von Sissbach jun.
Bai'on von Hornstein
von Barth — Oberrichter in München (ausgetreten soviel j
wir hören)
de Haiidl ~ Hauptmann
von Vollmnyer — Seki'elair
letztg. de Jlande Hauptmann
NB. die übrigen Ausgetrelenen kennen wir nicht. Die Ver^
scbwundenen kennen wir nicht, ebensowenig diejenigen, welche]
seit unserm Austritt, der am 6. Fbris 1783 geschehen ist, auf-
genommen worden sind. Die 3 ersten scheinen uns die Tätigsten I
ÄU sein.
Das bescheinigen w^ir den 9. April 1785.
Joonn. Sulpii. Cosandey
Priester und Professor
Vit US Bonner,
Priester und Professor-
Weitere VerorcliiuiigeH des Kürfüi*§teii
und Yerfolgaiigen.
Nachdem die Namenshste der Illuminalen, wenn auch nur'
zum geringen Teil, durch Renner und Cossandey dem Kurfürsten
übergeben worden war und derselbe ersehen hatte, doss diese die ,
Namen höherer Beamte und Mililfirpersonen enthielt (es finden
sich von letzteren noch folgende vor:
V. Meggenhofen, Auditour, Baron v. An, Hauptmann; Dabei,
Hpt. zu Ingolstadt; Buckinghani, Leutnant; v. Satzenhofer, Hpt.;
Stiegralh, Lt.; Gutmann, ünterlt.; Ewald, Lf; G. v. Patze, LU;
— 305 —
V. PleUrich,Lt.; Kaltner, Lt.; v.Geisitzheim, Hpt.; v. Türnitz, Major)
wurde nachfolgender Erlass bekannt gegeben:
Karl Theodor, Kurfürst.
Unsern Gruss zuvor Wohlgeborene, liebe, getreue, demnach
wir missfiallig vernohmen, was gestalten sich auch unter
unserm Militair Stand noch Viele befinden, welche der Illu-
minaten Bruderschaft, ungeachtet der dagegen ergangenen Gene-
ral Verordnung beygethan sind, so wird in gemessheit des hier-
unter emanirt höchsten Rescripts de dato 3. curr.
Imo.
sämmtlichen Generalen Gouverneuren und Commandirten Regi-
ments Officieren, sofort durch diese auch allen Officieren und
sonstigen Personali, jedoch ohne Erweckung Welen Aufsehens,
in möglicher Stille andurch bedeutet und weiteres deren unter-
geordneten bedeuten zu lassen hiermit gnädigst verordnet, dass
bey Vermeidung unserer höchsten Ungnade, Kassation oder
Strafe, sich nicht nur in Zukunft keiner mehr bey gedachter
Secte associren, sondern auch: wenn schon engagieret ist, den
Zusammenkünften derselben unter keinerley Vorwand bey-
wohnen, vielweniger andere dahin anwerben unter falscher Vor-
spiegelung dahin zu engagieren suchen solle, worauf obgedachte
Commandanten sowohl selbst, als durch vertraute Leuthe gegen
billigen Recompens gute obacht zu halten und die Übertretter
also gleich ad manus einzuberichten haben.
2do.
Wird aber die Versicherung beygefüget, dass alle jene Illu-
minaten, welche sich längst inner 6 Wochen entweder bey ihren
Commandanten, oder Generale, oder bey unserm Kriegs-Referen-
dar titl. Freyherrn von Belderbusch, angegeben, und durch schrift-
lichen Revers ermeldeten Secte gänzlich entsagen werden, ihren
begangenen Fehltritt vergeben, hingegen die andern, welche den
Termin, ohne sich anzugeben, verstreichen lassen, und nach der
Hand erst kund und entdeckt werden, oder ohnehin schon satt-
sam bekannt wären, nur desto schärfer und unnachlässig ge-
straft werden.
Stio.
Werden auch mehr berührte Kommandanten und Chefs
gnädigst beordert, dass sie bey solch verbothenen Zusammen-
Engel, GMchichte des Illaminateiiordens. 20
— 306 —
künften Betretlene, sowohl Militair als Civil Peisonen zwar alle-]
mal gleich anzuzeigen, indessen aber zu arretiren, und bis aul
erfolgende unserer höchsten pjilschliessung nicht zu entlasseuj
haben. Solchen noch ist diess unser höchste circular Verord-
nung und Willens Meinung von euch sänimtlichen untergebenen
Cocnmandantschaften, dann Proviant- und Caseruen-amls Indi-
viduen, sowohl denen gegenwärtigen als abwesenden, und zwar
letztern schriftlicli bekannt zu machen, um sich so nach zu achten
zu wissen.
Sind euch anbey mit gnaden
Ihro Kurfürsth Durchlaucht
München 11. Aug. 1785. zu Pfelz-Bayern Hofkriegsrath*
Die Offiziere kamen diesem Befehle nach^ keineswegs
schützte dieser Gehorsam jedoch vor allerhand Verdächtigungen
und merkwürdigem Strofverfahren.
Ein weiteres Beispiel willkürlichen Verfahrens ist z. B. das
Schicksal des Auditor im Hegnenbergischen Regimentes Frei-
herrn V, Meggenhofen, der einestheils in seiner Apologie.*y'
andernteils in einem Briefe, s, Z. im deutschen Zuschauer ab-
gedruckt, sein Schicksal selbst erzählt. Es ist historisch be-
wiesen, dass im nachfolgenden Briefe keinerlei Unwahrheiten
oder Übertreibungen enthalten sind, sondern sich tatsachlich
alles so verhielt, wie es geschildert ist
Gerichtet ist der Brief an Weishaupt, dem er die fi*eund*
schaftlichsten Gefühle bewahrte, v. Meggenhofen hatte sich am
24. Aug. 1785 often als früheres Ordensmitglied bekannt mit def
Vei^icliei'ung, dass er bereits nach der Generalverordnung der
besagten Gesellschaft entsagt habe. Nach seinen Aussagen
war er 1779 aufgenrimmcn unter vollkommenen Erlnss aller
Gelderlagen, er hatte olle maurerischen Stufen erreicht, sowie
den eigentlichen Illuminötengrad durch Weishaupt selbst.
Lassen wir ihn jetzt sprechen;
München, im Franziskanerklosler, den 29ien Nov. 1785.
Mein Lehrer, mein Freund!
Hier sizze ich in dieser einsamen Zelle, mein Teurer, wo
Aberglauben und Fanatismus mich verbaut haben, und mein
erster Gedanke ist an Sie, und mein Wille, Ihnen mif der
•) Meine Geschichte und Apologie , ein Beitrag zur Utyixiiuatcif
g««chichte 1786.
— 307 —
ganzen wunderlichen Geschichte meiner Inquisizion bekant zu
machen. Hätten Sie es je, mein Lehrer, vor einigen Jaren ver-
muten können, da wir uns, so unter uns, über die Fortschritte
unseres Instituts, und über den Riesenschritt, den eben unser
Vaterland in Aufklärung und Kultur machte, so inniglich er-
freuten, hätten Sie es damals geglaubt, dass das einst der Lohn ,
unserer Bemühungen sein würde, dass Sie mit Weib und Kindern
im Auslande verbaut, und ich in ein Kloster gesperrt würde,
zur Strafe, dass wir unsere Landsleute aufklären und einen so
nötigen Dam dem zu stark einreissenden Strome des geistlichen i
Despotismus sezzen wolten. — Doch eine schwache Regierung /
hatte das Uebel, das wir bekämpfen wolten, zu stark Wurzel
fassen lassen, und wir unterlagen. O Freund! ich möchte wie
Jeremias über das Verderben meines Vaterlandes klagen, und auf
den Ruinen eines so schönen Werks bittre Zähren weinen. — Aber
warum Ruinen? — Die Eiche steht noch fest eingewurzelt da.
— Einige Aeste hat der Blitz des Fanatismus wol abgeschlagen,
und sie verteilt — in anderen Gegenden seinen Willen ange-
pflanzt, damit sie desto besser und ruhiger sprossen und zu
Bäumen werden.
Doch nun zu meiner Geschichte — dessen Anfang sich schon
vom vorigen Sept. datirt. Nachdem der K. Befel, vermög dessen
alle Offiziers, die zu den Illuminaten gehörten, in Zeit von 6
Wochen sich erklären mussten, der Gesellschaft nicht mer an-
zuhängen, eingelauffen war, so bekäme 3 Wochen nachher der
Kommandant zu Burghausen einen speziellen Befel, mir eine
Norme, nach welcher ich meinen Revers einzuleiten hätte, zu
behändigen. Die Kommandantschaft erteilte mir Stägigen Termin
dazu. Die Norme enthielt 26 Punkte, die ich als Fragpunkte
beantworten musste, war also ein wirkliches Verhör, an dessen
Ende ein honetter Revers angehangen war. Ich sezte meine
und meines Landesherrn Rechte und deren Gränzen in eine
gehörige Wagschale und schwankte wirklich anfangs im Zweifel,
ob ich wol diese Fragen beantworten solte und könte, fand aber
endlich doch mer Gründe dafür als dagegen, besonders da ich
aus Briefen des Paulus schliessen konnte, dass es bei diesem
Falle sein Wil und Befel, den Revers binnen des gegebenen
Termins auszustellen, gewesen wäre. Ich beantwortete also die
Fragpunkte (so viel ich glaube) mit Freiheit und Wärme, und
erklärte von dem 0. ausgetreten zu sein. Ich war auf die
Wirkung, die mein Revers machen würde, äusserst begierig,
20*
— 308 —
I
auch schmeiclieüe ich mir, er würde eine neue Resolution ve^
nnlassen, wodurch ich neue Gelegenheit zu reden und zu handleii
erlangen würde. Doch ich horte und merkte weiter nichts, al
dass der Kommandontschaft aufgetragen wai*d, ein w^oclisames
Aug auf mich zu halten.
Mitlenveile ereignete sich der Fal, dass ich dem jungen
Baron Leiden schrieb, worin ich ihm den rechtschaffenen und
geschikten Kaptinger zur weitern Empfelung an seinen Schwieger-
vater, wegen der erledigten Venvaltersstelle zu Armenstorf,
empfal. Nebenher gebrauchte ich in diesem Briefe folgende
Ausdrükke: »Während Ihrer Abwesenlieit (er war in die Schwei
gereist) haben sich Vorfälle und Auftritte ereignet, worüber Si
Sich wundern werden; herHche Geschichten, ich hätte sie ni
vor möglich gehalten. Bei allem dem steht noch immer die
Überzeugung in mir fest, dass alles, w^as gescliieht, zum besten
Zwek seie, und dass das Vergangene den bittern Verfolgern der
Tugend und Aufklärung noch grosse Wehen bereite.«
Der Brief kam an dem Hochzetttage des Baron Leiden in
Eblkofen (des Vicedoms Baron Daxbei^ Schloss) unter Tisch
zeit an. Das Schicksal weite, döss Baron Leiden unter W^n
krank wurde, und nicht am bestimmten Hochzeittage im Schlosse
eintraf; der Brief wurde also Baron Daxberg übergeben. Diesem
gehel es, ihn zu ÖtTnen, und an die Inquisitoren nach München
zu schikkeo. Diese Schui-kerei und Schlechligkeit des Daxbeiigs
verdient wirklich meine und aller Welt \'erachtung und Mit-
leid. — Und dennoch dank ich ilini noch dafür und kan keinen
Grol gegen ihn hegen — denn er hat mich durch diese Hand-
lung in den Stand gesezt, meine Philosophie, die bis nun bloa
spekulativisch war, in Ausübung zu bringen. — Überhaupt,
(weil es eben apropos ist, wil ich Ihnen, mein Freund! ein
Geständnis machen) überhaupt, sage ich, befinde ich mich seit
einiger Zeit in einem Zustande des Geistes, der sonderbar
scheinen könnte. Mit dem innigsten Gclül für Gute und Schöne
kan ich jeden unangenemen \ orfal, der mir in Weg kömt, mit
grösster Gleichgültigkeit ertragen. Niclits kan mich mer äi'gern
— alles ist mir recht Bin ich den diese glückliche Apathie der
(K Lehre schuldig * ich glaube es.
Bald nach diesem Vorfalle mit dem Briefe an Leiden ei"^
hielt der Kommandant zu Burglniusen den K. Betel, sich gleich
nach Empfang derselben meines Quartiers und meiner Papiero
mit möglichster Vorsicht zu bemeislern, welches auch geschah
I
309 —
U'lit Tnge darauf bekam das Regiment die Weisung, dass ich
einstweilen ab officio suspendirt und nach München zu dem
Hrn. Geheimen Rat Hausler zitirl seie» um dort denen mir vor-
^Kulegenden Furagen Rescheid zu geben. Ich hielt eben Kriegs*
H^richt, als man mir den erhaltenen Betel insgeheim eröffnete.
^L. Wars Vorbereitung oder meine angewönte Gleichgiltigkeit,
diese Nachricht brachte mich gar nicht aus der Fassung und
^ch bin mit meiner damaligen Stimmung recht sehr zufrieden:
Bbh machte diesen Befel gleich den Offiziers, die mit mir im
Kriegsgerichte sassen, kund, und fuhr in meinen Proposizionen
fort, — Das Schwerste stand mir noch bevor, nämlich meine
^^eltern davon zu benacht'ichtigen. Nach geendigtem Kriegs-
Bpierichte ging ich zu ihnen, und eröfnete endlich nach vielen
^^^"endungen und mit mögUchster Schonung ihnen diese meine
Suspension und Zitazion. ~ *- 0 Freund: da hatte icli mer als
jemals meine Philosopliie nötig, um nicht aus der Fassung zu
kommen! Werfen wir den Schleier über diese grausame Szene,
sonst bricht mir mein Herz und ich wei^de zur Memme. — Von
^dori ritt ich auf die Parade. Wer von einer erlialtenen Ordre
Btich etwas zu sagen nicht getraute, war der Oberst Lieutenant
(der Oberst war schon auf Urlaub). Ich sähe, dass ich die
_§rsten Avancen mnchen müsste, und fragte ihn also nach einer
^pA^'eile, ob er in Beli-ef meiner keine (Jrdre erhalten hatte? —
Froh (wenigstens so schien es mir) aus dieser Verlegenheit ge-
zogen zu werden, bejahe te er meine Frage, und behändigte mir
die r>rdre. Ich meldete mich also gleich meiner Abreise we^en,
und nachdem ich bei den Korps Offiziers, welche mich liebten,
mich beurlaubt hatte, ging ich zu House, nahm einen traurigen
Abschied von meinen Aeltern, machte mich i-eisefertig, und auf
den Weg hierher;
^b Den Tag nach meiner Ankunft meldete ich mich bei allen
^neinen Chefs, und dann bei Herrn Geheimrat Hausler, der
mich um 10 Uhr zum Vei'bör bestelte. In 2 Tagen sass ich
H|5 Stunden im Verhör. Nie hab ich senlicher gewünscht, zeich-
nen zu können, als wahrend demselben. An meinem Exami-
nator hatte ich den leibhaftigen Doktor Stauzius vor mir; ein
dikker, runder Kerl, von Kopf bis zu Füssen schwarz gekleidet,
der in einem weiten Lehnstul sass; wenn ich manchmal zu
lang diktirte, schlief mein Examinator darunter sanft ein. Der
geschäftigste dabei war derjenige, der das Protokol fürte; ein
naseweiser, schalkhafter Bube, der immer meinen Stauzius mit
— 310 —
einer schadenfrohen Mine, was er /.u fragen habe, erinneile.
() mein Hogort Kodowiezkil wfirst Du dabei gewesen! hier hätte
dein meisterhafter Griffe! noch einen Stoff mer gehabt, das Hidi-
kül zu peitschen,
Anfangs legte man mir die mir abgenommenen Briefe
meiner Freunde, einen nach dem anderen vor, und zog mich
über jeden Ausdruk zur Verantwortung. Ich erklärte gleich
anfangs, dass es mir sonderbar schiene, dass S. K, DurchL Ver
antwortung über fremde Ausdrükke von mir fordern könten;
da man aber noch immer auf meine Meinung drang, so erklärte'
ich die bedenklich geschienenen Stellen auf eine Art, der War-
heit und meinen Korrespondenten unbeschadet gemäss. (} des-
potisches Misstrauen! wie klein, lächerlich und grausam bist
du nicht? in deinen schon verblendeten Augen sind die kleinsten,'
unbedeutendsten Ausdrükke der Freundschaft, und die frey©
Sprache eines vorwurfsfreien, gekränkten Herzens \'erbrechen
und Beleidigungen. Man sol keinen andern Laut von sich
geben, als wozu du den Takt angiebst — Gr-ousame Fordeininj
der Übermacht! Hier folgen die so bedenklich gesehiene
Stellen;
Aus Drexels Briefe.
»Quoties voluminum congregare pullus et nocuit.«
»Ich gedenke mein Vaterland sobald als möglich zu veP
lassen. Es tödet seine Proplieten* — Ajn Ende alinde, hoffe
ich, sind wir doch die gewinnende Partie, w^enn wir nur Rö-
mer sind.«
Aus Boron Keers Briefe.
>lch habe meinen Revers biedei", frei, als ein selmldloser
Mann eingerichtet; docli was wird das alles helfen? Es empört
nur die Elenden. Das Salz des deutschen Zuschauers beist die
Herren. — Frank, der sich an der Familie zu wezzen suchtr
griesgraml über mich.«
Aus Schelles Briefen,
dessen Ordensexistenz ich nicht anzugeben weiss.
»Bis den November kom ich gewiss zu Hinen, machen
dass ich wenigstens eine Nacht mit Ihnen schwäzzen kan. Ich
habe so viel und wichtige Sachen mit Ihnen auszumachen. —
Steigen ttt schreibt mir, dass der- Bischof von Freisingen mi
— 811 —
seinen 4 Hauptwinden nach München sei, und man nicht wisse,
was dort zusammengeblasen werde.«
Diese Stellen aus Briefen meiner Freunde machen mein
erstes Verbrechen aus. Das 2te war einige Besuche des Drexels
und Schelles, die sie mir zu verschiedenen Zeiten machten.
Der Herr Examinator konte nicht fassen, wie zwei Menschen
ein paar Stunden zusammen schwäzzen könten, ohne Illuminaten
zu sein und sich über Staatsrevoluzionen insgeheim zu ver-
schwören; deswegen fragte er auch ganz naiv, was zwischen
uns geredet worden wäre? ich antwortete ihm, dass Freunde,
die sich liebten, sich nicht genug sehen und nicht genug sprechen
könten; dass, so viel ich mich sonst erinnerte, unsere Gespräche
scientivischen Inhaltes gewesen, und wir uns auch ziemlich über
die gegen uns herausgekommene Pasquil lustig gemacht hätten.
Diese trokkenen Antworten gefielen meinem D. Stauzius gar
nicht, der den Kopf darüber gewaltig schüttelte. Mein 3tes Ver-
brechen war, dass ich Drexels wegen, der mich in einem Schreiben
fragte, ob es nicht möglich wäre, sich irgendwo im Salzburgischen
bei einem Pfarrer 2 Monat lang aufzuhalten, mit Schelle korre-
spondiert, mich also des verbauten Drexsels wegen interessiert
hätte? — Also, sagte ich, ist es in Ihren Augen ein Verbrechen,
sich seiner Freunde anzunehmen? Meinem ärgsten Feinde,
wenn er in der Not mich um etwas bäte, wolte ich es ihm
nicht abschlagen, um destomer würde ich immer mit Rat und
Tat denen, die ich liebe, beistehen. — Dies lehrt mich Natur
und Pflicht. Und sonst hat es ja der Kurfürst selbst gewolt,
dass Drexel zu einem Pfarrer gehe. 0 Freund, hier könte sich
mein ganzes Blut empören, dass eine Regierung mich zu einem
undankbaren, gefühllosen Schurken machen möchte.
Doch weiter mit den lächerlichen Verbrechen, die man mir
andichtete. Das 4te bestund darin, dass man noch 2 Reden und
ein Protokol von 1783 bei mir gefunden hätte, da ich doch, ver-
möge meines eingegebenen Reverses alle Ordenspapiere hätte
einsenden sollen. Zur Antwort zeigte ich ihnen ein Couvert,
das unter den mir abgenommenen Papieren auch da lag, worin
geschrieben stund, dass ich diese Papiere 3 Wochen später als
die Zeit, wo ich diesen Revers ausstellte, überkomen, da mir näm-
lich Kapfinger solche, als noch vorgefundene Papiere zugeschikt
hätte. Umsonst, sezte ich hinzu, können Sie aus diesen 0. Papieren
urteilen, ob unsere Lehre gefärlich, und wir diese Verfolgungen
312
verdienten: sie sollen sie nur mit Bedacht genau durchle^^enj
dann urteilen, wenn sie es könten und wollen.
Dann schämte sich mein Examinator nicht, mir die Fi*ag«
zu Stelen, warum ich alle Briefe meiner Freunde, worin von
O. Sachen die Hede wäre, nicht eingesendet hätte? — weil,
sagte ich ihm mit einem Blikke, der meine ganze Verachtung
beweisen musste, weil S. K. Durchl. unmöglich fordern können
dass ich an meinen Freunden zum Verrater, und gegen alld
Pflichten der Ehre und Hechtschaflenheit hau dien solle.
Endliel» zu allerlezt kam das grosse Corpus Delicti zum
Vorschein, und mein Examinator diktierte die schon oben an*
geführte Stelle meines Briefes an Leiden, und fragte mich, ob
ich diese Stelle geschrieben hätte. Mun wusste ich, woran ichj
seie, denn bis diesen Augenblik war ich immer der Meinung»
mein mit Freiheit und Warme au.sgestellter Revers hatte meiner
Zitation und das \'erhör veranlasst. Ich antwortete, ich hätte
nicht allein die Stelle sondern auch den ganzen Brief geschrieben
und w^äre eben auch nicht sehr verlegen darüber. In dem
wahren innigen Bewusstsein, dass der Zwek der Illuminaten-
geselschaft gut, notw^endig, auf die Wahrheits- Bedürfnisse der
Menschen und des Zeitalters gerichtet seien, dass sie ihre Mit-
glieder nur- zur Tugend und w^ahren, notw^endigen Aufklärung
aufmuntere, hätte ich natürlich geschlossen, dass das Resultat
der vom Landesherrn beorderten Untersuchung mit derselben
Beendigung zeigen werde, dass die den Illuminalen angedichteten
Verbreclien von boshaften dabei interessirlen Menschen erdichtet»
die eben dadurcli dem Landesherrn den grössten Nachteil fü!
seinen Ruhm im Auslande zugezogen, und sobald die Sache
genauer zu untersuchen sich die Mühe geben wollte, diese Ve^
läumder und böse Ratgeber gewiss mit Verachtung anseheOi
und als solche behandlen werde, Dass ich ausserdem nocli
diesen Verla umdern und Ansclnvärzern (jewissensbisse zu*
traue, und dass der innere Ruf ihres Gewissens uns nochf
gewiss einmal an ihnen räclien w^erde. Dies alles hätte mich
also leicht veranlassen können, zu sagen, dass das Vergangene
noch einst den Feinden der Tugend und Wahrheit noch Wehen
bereite.
Wahrend ich dies alles dictirte, geriet mein Examinatori
Hizze, und sagte: dies alles, was ich ihm da erzählt halle,
schlüge in Majestätsverbreehen ein, indessen gieng es ihm gar
nichts an, indem er keine Judikatur hätte. —
- 313 —
Die nächste Frage war: die Vorfälle, über welche sich Baron
Leiden hätte ver^vundern sollen, wären alle auf höchsten Befel
geschehen — - ich hätte also diese Vorkerungen kritisirt? — Ich
antwortete, dass dies mir nie in den Sinn gekommen wäre, wol
hätte sich aber Baron Leiden und ich über die erfolgten Auf-
tritte verwundern könen, da sie neu und wirklich unerwartet
gewesen wären.
Nun kam eine verfängliche Frage: ob der Landesherr
schuldig seie, eine sich eigenmächtig aufgeworfene Geselschaft,
wenn sie auch den besten Zwek hätte, zu dulden? — Ich ant-
wortete: der Landesherr könne alles, was ihm nur gefällig wäre;
indessen hofte ich, dass man mir nie beweisen würde, dieses
Recht je bestritten zu haben.
Dies ist die Hauptsache meines langen Verhörs. Im ganzen
bin ich mir, was mein Betragen betrift, bewusst, dass ich meine
Rolle ehrlich gespielt habe. Ich weiss wol, dass ich auf die
mir vorgelegte Fragen oft richtiger und freier hätte antworten
können, teils fanden sich aber bei der ruhigsten Fassung doch
nicht gleich die richtigst und vollständigsten Ideen ein, die sich
erst nachher in meiner Sele vermerten, teils hielte mich der
Gedanke auch öfters zurük, dass ich durch einen höhern Grad
von Wärme und Freiheit andern rechtschaffenen Freunden
hätte schaden können; dies alles mit der Maxime vereinbart,
dass der Weise nicht sagen müsse, was er besser verschweigen
könte, legten mir den Finger auf den Mund, uud gaben meiner /
Sprache eine gelindere klügere Modulation, Endlich hab ich
mir ein Ideal eines Untertans gebildet, welcher in seinem Un-
schuld und Vorwurfs freien Gewissen gehüllt, ohne zu kriechen,
und auch ohne den schuldigen Respekt gegen seine, wenn auch
ungerechte, Richter, zu verlezzen, sich vor solchen ruhig und
sich immer gleich rechtfertigt. Diesem Ideale habe ich zu
folgen gesucht, und werde es noch, bis meine Untertansrolle
ausgespielt sein wird, von welchem Zeitpunkte ich nachher
reden werde.
Acht Tage nach meinem letzten Verhör wurde ich ins
Kriegsratskollegium citirt; ich erschien und erwartete nichts
weniger, als Kassation, welche auch ganz gewiss erfolgt wäre,
hätten sich einige vom Adel in der Stadt über meinen Prozess
zu ärgern, nicht angefangen. Hausler las mir meinen Sentenz
vor, welcher so lautet:
3U
»Die voi'cfefundene Brierschofteii und Papiere halten
entdeckt, dass ich der Illum. Sekte durch meinen Revei's
nur in blosen Worten nicht aber im Werk entsagt hätte,
viehiiehr durch geheimen Briefwechsel, unter dem Vorwand,
diiss dadurch Tugend und Aufklärung erzielt würden, die
Illumination fortzusezzen gesucht Um nun mich nase-
weisen Philosophen und IHuminoten von einer so ver-
fürerischen Sekte, von der man weder an mir, noch an
meinen Mithrüdern die vorgespiegelte Verbesserung der
Sitten und Aufklärung des Verstandes wahrneme, auf den
rechten Weg der Tugend und Aufklarung zu bringen, solle
ich auf unbestimte Zeit in das hiesige Franziskaner-
kloster überbracht, um dort in der kristkatolischen Sitten-
& Glaubenslehre unterrichtet zu werden.«
Ich versezte nur, dass ich die Gesezze der Subordination
wüsste; sonst nichts, und gieng ganz gelassen und ruhig mit
dem Plnzhouptmann, dem ich meinen Degen behandigte, in den
ArresL
Der R Guardian cmptieng mich ganz höflich und wiese mir
eine Zelle an. Das erste, w^as sich darin meinen Augen darbot,
w^ar des P. Merz und Schönbergs Schriften, die seitwärts in
einem Bücherschranke lagen. Sie solten meine Lektüre aus-
machen: dies war' wirklich erkünstelte Bestrafung meiner
Bichter. Bald darauf kam der P. Lektor, dann der Provinzial
und wolten mir Trost einsprechen. — Ich versezzle, dass sie
in Bälde sehen würden, dass ich keines bedürfe, indem es mir
ser w^ohl zu Mute wäre. Der P. Lektor versicherte mich des
anderen Tages, dass er gewiss an keinen Religionsunterricht
dächte, und dass mir ihre ganze Bibliothek offen stünde. Bald
darauf wurde ich mit diesen Mönchen vertraulicher, und sie be-*
zeugten mir die grösste Achtung.
Sonst bin ich ruhig und froh, und warum solte ich es nicht
sein? hier sind ja auch Geschöpfe — Menschen, mit denen ich
simpatisircn kan; man versezze mich, wohin man wil, in der
Sandwüste Libiens, oder im kalten Siberien, und ich wil Narung
für meine Gefühle finden: und sonst, wenn man den Mönch von
den Schlakken und Dunst, womit Erziehungsvorurteil und sein
Stand ihn umnebeh, reinigen kon, so tindet man auch unter
der Kutte gefühlvolle, und, was mir zwekmäsiger ist — leidend^
Herzen.
— 315 —
Ich sehe mich wie einen Missionär an, den der ( ). irgendwo
in unwirtbare, barbarische Länder versezt hat — ich predige nun
den Mönchen unsere Lehre. Meine Lebensart (denn ich esse
weiter nichts, als eine Kierspeise zu Mittag und früh und abends
trinke ich kalte Milch) meine Ruhe und Heiterkeit, alles, was icli
Isage und lue, ist den guten Patern neu und paradox; sie fangen
ßchon an, in der Stadt die llhiminaten zu verteidigen, und w^enn
es noch lange so währt, so bin icli im Stande, Ihnen das ganze
Kloster zuzuführen.
H So steht es bisher. Izt, was ich zu tun willens bin. Ich
denke den Zeitpunkt alizuwarten, bis es meinen Richtern ge-
t falle, mir meine Freiheit wieder zu schenken, dann will ich, wie
es die Militärordnung mit sich bringt, dem F^egiment eine Schrift
leinreiclien, worin ich sagen werde, dass ich überzeugt wäre,
mich durchgehends als einen folgsamen Untertanen bewiesen
zu haben, dass nun meine Rolle ausgespielt wäre, und dass ich
Kum die Erlaubniss bäte, zu quittiren: welches ich ihnen, der
Sache und mir schuldig bin. Ich erwarte sehnlichst ihre Ant-
wort über dos Ganze, und ob Sie mit rnir und meiner gehabten
Auffürung zufrieden sind, auch ob, wenn icli das Kloster ver-
lasse, irgendwo in der Ferne nebst einem Zimmer, täglich
eine Milch- und Eierspeise umsonst bekommen könte, denn
ich kan kein Handwerk und habe auch kein Geld. Leben Sie
Iwol, und halten Sie mich noch immer wert, mich Ihren Schüler
zu nennen, J. Meggenhofen.
Meggenhofen führte nach seiner Entlassung aus dem
Kloster seinen Entschluss aus. Er erbat und erhielt seinen
Abschied. Leider endete das Leben des noch jungen Mannes
_ am 26. Oktober 1790 tragisch. Bei einer Übeifahrt an einer
^ reissenden Stelle des Inn schlug das Boot um und Meggen-
hofen ertiTiok; sein Leichnam wurde nicht sogleich gefunden.
Ein w^ürdiger Vertreter des Pfaffentums behauptete infolgedessen,
dass der junge Mann als ehemaliger llluminat gleich mit Seele
Hund Leib zur Hölle gefahren sei. Das Auffinden der Leiche am
10. Januar 1791 machte dieser menschenfreundlichen, priester-
liehen Aussage jedoch ein Ende.
■ Durch den bereits geschilderten Tod des Priesters Lanz,
■ der in der Broschüre >Volksaufkläi'ung<t (s* S. 3 die Fussnole)
Bnicht ohne Absicht ausdrücklich als Protestant bezeichnet
^ ^ i^
— 316 —
wird, trotzdem er Katliolik wor, war es möglich, die bei ilim
gefundene Namensliste nun mit der von Cossondey und Renner
ongetertiglen zu vergleiclien. Es ging aus derselben hervor, dass
die lUuniinoten noch existierten und es erfolgte ein drittes Vev
bot, dem dann später das bereits bei Besprechung des Falles
Bossus bekannt gegebene, in späteren Jahren möglichst totge-
schwiegene Todesverbot, als viertes folgte.
Dieses dritte Verbot lautet:
HochlandesherrHche Verordnung
vom 16. August 1785 ein tdle kurtür'stlichen Collegia in Betreff
d^'^'Freimaurer und lUuminaten.
Man weiss höchster Orten ganz gewiss und veriössig, das*
die Freimaurer und lüuminaten ihr schädliches Handwerk
durch Zusammenkünfte, CoUecten und Anwerbungen neuer Mit-
glieder gegen wiederholt landesherrliches Verbot noch immer
forttreiben und sogai- in den Justiz und anderen Collegien» wo
solche am w^enigsten Eingang Hnden sollten, sich soweit ver-
breiten, duss sie in einigen derselben schon die Oberhand und
Mehrheit der Stimmen erreicht haben.*)
•) Dieser belieble und später nachgeschwaUte Vorwurf wird völlig enl-
krauet durch eine Naraensaufslellung der in Frage kommenden Beamten
duH^ti Graf Constanzo, Original aus dem Zwackhsehen Naclilass im Besitz des
Autors,
Verzeichnuss.
In der Obern Landes Regierung unter 15 Käthen ein einziger, Graf Seins*
heim, Viceprasident.
In dem Revisions Gericht unter 13 drey: von Werner; von Berger; Graf
Lüdron jun.
Im Hofrath unter 38 n^yn: Bar. Montjellaz; Bar. Erdt; Br. Gumpenherg;
V. Peltenkofer; v. Keatler; Graf Sa%'ioli; v. Zwackh; Grf» v. Seefeld jun.:
w Eckartshausen.
In der Hofkammer unter 54 drey: Graf Conslanzo; v. Zwackh; v. Massen*
hauser jun.
Im geistlichen Bath unter 13 zwey: v. Haesselein, Viceprasident; \% Petteit-
k 0 f e r.
Im ComerzienCollegio unter 9 drey: Graf Savioli; v, Zwackh; v* Troponegro.
Bey der Begierung Landshul unter 22 Keiner.
Bey der Regierung Straubing unter 21 /woy: von Jung; von Rieth*
Bey der Regierung Bui'j^hau.seii unter 23 einer: Freiherr v. Armensperg Jun.
Bey der Regierung Amberg unter 3a vier: Grf. Höllenstein, Statthalter;
Frh. V. Löwenthal; Grf. Hollenstein jun.; v. Grafenstein.
I
— 317 —
Gleichwie ober S, K. D. aufilii-er hierin ergangenen Genernl-
rerordnung ganz unbeweglicli bestehen, sofVnl solche nirgend
nit grösserer Genauigkeit als bei ihren CoUegien und Gesetz
^ewahrern gehorsamst befolgt wissen wollen, so ergehet auch
("eriTiit der weitere, ernsthafteste Befehl, dass sich
il. Alle und jede dieser Sect noch anhangende Vorstände und
Mitglieder der Collegien längst in 8 Tagen von Zeit der iit
Iplena Sessione beschehenen Publikalion schriftlich, und
zwar die \'orstände unmittelbar bei der höchsten Stelle,
die andere Mitglieder aber entweder ebenfalls alldort oder
bei ihrem Vorstand sich angeben und manifestieren sollen,
mit der Erklärung, dass sie von dieser Sect gänzlich ab-
stehen, sohin wieder ihre Winkel-Conventicula mehr be-
suchen noch andere dazu verleiten und anwerben oder da-
hin contribuiren, viel weniger sich bei auswärtigen Logen
engegieren wollen und werden.
Wer sich nun
2, von den noch existierenden Freimaurern und llluminaten
dem Kurfürstl. Befehl in allem gehorsamst submittieren,
sofort die anvcrlangte Manifestation und Erklärung inner
dem gesetzten peremptorischen Termin abgeben und seinen
begangenen Fehllrilt bereuen wird, dem wird man solchen
Iauch vergeben und die verdiente Strafe nachlassen.
Jene hingegen, welche
3. das General*Mandat weiter übertreten, keine vollständige
Parition leisten oder obigen Termin ohne verstandene
Manifestation und Erklärung verstreichen lassen und erst
inach der Hand entdeckt würden, sollen nicht nur ipso
facto cassiert sein, sondern auch mit eigiebiger Geld- oder
anderer emptindlicher Strafe belegt, die Denuncianten aber
recompensiert und geheim gehalten werden*
Mit dem letzten Hinweis hatte die Regierung den klög-
ichsten Weg wiederum beti'eten, der nur möglieh ist, und sie
lat ihn auch weiterhin bei weiteren \'erordnungen nicht ver-
assen, nämlich einem gehässigen Denunziantentum alle Toi*e
:u öffnen. In ausgiebigster Weise ist davon Gebrauch gemacht
vorden.
Im Auslande riefen diese Verordnungen natürlich Aufsehen
m
— 318 —
und Entrüstung, aber auch Spott hervor. Ein Beispiel dieser
Wirlvung ist in einem Briete des bekannten Geologen und
Mineralogen Ignaz v. Born in Wien bewahrt worden, der in
demselben seiner satyrischen Ader Belderbusch gegenüber herz-
litift freien Lauf lässt. Dieser Brief, seinerzeit im Deutschen
Zuschauer veröflentliclit, verdient hier wieder bekannt gegeben
zu werden.
Derselbe lautet:
An des Freih. von Kreitmaier Exzellenz.
Hochwolgeborener Freiherr!
Sobald durcli die im Namen Ihres gnädigsten KurfürstelT
ausgefertigte Verordnung kund gemacht worden, dass jeder*
mann, der zu einem Kurfl. Kollegio in Bayern gehört, sich
manifestiren solle, ob er Freimaurer sei, oder nicht; erklärte
ich dem Präsidenten der Kurfl. Akademie der Wissenschaften
zu München, dass ich Frcyrnaurer sei, und bat ihn, meinen
Namen aus dem X'erzeichnis der Mitgliedei- der Akademie, in
die ich vor 8 oder 0 Jahren aufgenommen wurde. Öffentlich aus-
streichen zu lassen, um mich dadurch aller Jurisdiction zu ent-
ziehen, die man sich etwa in Baiern über mich als Akademiker
und Freimaurer erlauben dürfte.
Eure H\\\ Namen ist mir aus den Baierischen Verordnungen
gegen die Freimaurer, und aus den Winkopischen Schriften,
die in unserem helldenkenden Oesterreicli jeder lesen darf,
ohne als ein Statsverbrecher angesehen zu werden, bekannt
geworden, und ich weiss nun auch, dass Euer Hochwl in dem
löblichen Freimaurerinquisitionsgerichte zu München den Vorsiz
haben. Ich glaube also meinen Zwek nicht zu veifelen, wenn
ich mich gerade an Sie mit der Bitte wende, der Kurfür^th Aka-
demie zu befeien, dass sie meinem Ansuchen, so bald möglich,
vvilfare.
Euer Hochw. haben aus einem rühmlichen Eifer für das
Heil und die F.hre ihres Vaterlandes Mittel und Wege gefunden,
rnerere der vernünftigsten und aufgeklärtesten Männer von
München und von Baiern zu entfernen, und andere um Amt
und Pfründe zu bringen! Wie konten Sie wol Anstand nemen,
dem Namen eines unbekannten Fremden eben diesen Liebes-
dienst zu eiAveisen? besonders, da ich Ihnen offenherzig ge-
stehe, dass ich es nicht bereue Freimaurei" zu sein. Zu diesem
— 319 —
Ihre und des Hochw. R Franks Ohren vei'mutlich höchst be-
leidigenden Bekenntnisse sezze ich mit der mir eigenen Frei-
mütigkeit noch hinzu: dass ich Zaupsers Gedichte üher die
Inquisizion für eins der schönsten Produkte des Boierischen
X'erstandes ansehe, dass ich alle Kezzergerichte für unmensch-
liclie Kanibalengericht halte, dass ich Bayles Dikzionar Heissig
gelesen habe, und selbst besizze, dass ich Zabuesniks kiistliches
oder kri.stlich sein sollendes Buch für ein höchst albernes Ge-
schmiere ansehe, dass ich alle gute Bücher lese, dass ich ein
.erklärter Feind unwissender MÖnclje seie, sie als die Pest des
menschlichen Verstandes ansehe, denen man nie Ausschliessungs-
weise die Erziehung der Jugend anvertrauen solle, dass ich
Jesuitismus und Fanatismus für gleiclibedeutende Wörter mit
Schalkheit und Unwissenheit, Aberglauben und Dummheil gelten
lasse; kurz, dass meine Denkart jener, die man in Baiern haben
sol, gerode entgegengesezt sei.
Euer Hochw: werden aus allem diesen schliesen können,
was für einen wichtigen Dienst Sie ihrem Vnterlande und mir
leisten, wenn Sie mich von aller Verbindung mit Baiern durch
die Befriedigung meines Wunsches, und die Erfüllung meines
Gesuches losreisen. In welchem Falle ich mir von Ilirer Wil-
farigkeit baldige Nachricht, allenfals auch nur durch Ihren
würdigen Sekretair Hr. Dummhof (Plenissimo titulo) erbitte.
Solte aber dieses, mein wiederholtes Gesuch unbeantwortet
bleiben, so werde ich gewiss Wege finden, mich unmittelbar
an S. K. Gnaden wenden zu können, von dessen Gnede und
Gerechtigkeit ich mir sichere Gewährung meiner Bitte ver-
sehen darf.
Ich bin mit aller dei* Hochachtung, die Ihrem Amte ge-
bührt,
Wien, den 9. Xber Born,
1785.
Als Gegenstück zu diesem Briefe geben wir einen ebenfalls in
derselben Zeitschrift bewahrten Brief eines Erzpfaffen bekannt,
aus dem die ganze niedrige Gesinnungsart mancher damaligen
Pfaffen spricht.
Ob derartiges wohl auch heute noch möglich ist? — Man
geniesse ohne jeden weiteren Kommentar das nachfolgende Ge-
schreibsel:
— 320
An den Bayerischen General Baron Belderbusch.
Mit einem Exemplar von P. Fasts katholischen Unterricht
Hochgebohrner Reichsfreyherr
Gnädiger Herr!
Euer Exzellenz.
Die mit der Aufklarung zu Wien in bestfindigem KampT
liegende und unter dem Joch der Vernunft fast erliegende Kirch
Gottes, und das, obsebon kleine, Häuflein der ächten katho-
lischen Gläubigen freute sich mil mir wegen des weisen und
erleuchteten Ausspruchs Eurer Exzellenz» und des seiner An-
dacht wegen von jeher hochgelobten Bayerischen Hofkriegsratiis,
über den naseweisen Philosophen Meggenbofen, der von Rechts-
w:egen zur Abbüssung seines Frevels und zur Erspiegelung aller
Bayern in ein Mönchskloster verui-theilt worden ist, weil er
sich nicht schämte, die heidnischen Bücher eines Cicero Salustius
und Livius öffentlich in seiner Bibliothek aufzustellen, und, was
noch ärger ist, sogar zu lesen. Rechte so, Euer Exzellenz!
Compello eos intrare! Hinein in das Franziskanerkloster mit
diesen naseweisen Philosophen, die nicht glauben wollen, was
P, Frank, R Merz und meine Wenigkeit lehren; und wenn etwa
zu der Bekehrung dieses Philosophen die Argumente der hoch*
gelehrten P. P. Franciscanorum nicht zureichen, so nehmen sie
die Ruthe, mit der einst ein Engel einem lateinisclien Kii-chen-
vater den H^t— n durchgerbte, zur Hilfe, und lassen sie ihm
auf jeden Hieb ein paar mal ins Ohr rufen: Ciceronianus es
non ChristianusI
Da mir als einem geisilichen Hirten an dem Seelenheil
dieses verirrten Schäfieins nicht weniger als llochderoselben I
gelegen seyn muss, so nehme ich mir die Freyheit, Euer Exzellenz I
hier zugleicli ein Exemplar meines katholischen Unterrichts in
aller Demuth zu übersenden, der, ohne Ruhm zu melden, denen ,
berühmten Zabuesnikischen Werken an die Seite gesetzt wei*den l
kann, und vielleicht die Bekehrung dieses bestias damnati Frey-
geistes nicht wenig befördern dürftel wirkt es, und bringt es
die gewünschten Früctile iiervor, so offerire ich einige tausend
Exemplare für die Bayerische, unter Hochdero allein seelig-
macliendem Kommando stehende Armee. Diese geistliche Leck-
türe wird gewiss eine bessere Wirkung liervorbringen, als der
heidnische Polvbius, der den Ofhziereri der K. K. Armee vor
einigen Jahren gratis ausgetheilet worden; denn es stehet ge-
schrieben: et portae inferi iion praevalebunt adversus eam;
"wenn also der leidige Solanas so einer Armee nicht mal was
raben kann, wie sollte es dann der weltliche Arm?
In hoc Signo vinces — Sollte aber auch aus besonderer
gottlicher Zulassung; ungeachtet meines katholischen Unterrichts,
die Armee in diesem zeitlichen Leben unterliegen müssen, so
ist sie wenigstens für das bessere Leben mit dem undurchdring-
lichen Schilde des Glaubens gepanzert; und was ist wohl ein
zeitlicher Sieg gegen den ewigen?
Im Vertrauen gesagt, Euer Exzellenz! wir ächte Katholiken
müssen zusammenhalten. Meinen katholischen Unterricht will
in dem halbketzerischen Wien kein Mensch kaufen; die Druek-
kosten liegen mir schwer auf dem Herzen; ein Befehl von Euer
Exzellenz an Ihre Ai'mee, die nach der Anzahl der Generale
und Oftiziere wenigstens aus 100000 Mann bestehen muss» hilft
mir von meinem ganzen Verlage, wenn nur bey jeder Compagnie
ein Exemplar — das ich für einen Batzen liefere — abgenommen
wii-d. P. Frank wird sein Plocet zu diesem Befelil gewiss geben,
wenn ihm Euer Exzellenz nur im vorbeygehn merken lassen,
dass ich von den P. P. .lesuiten auch in ihre Geheimnisse ein
geweihet worden sey, und etwas von der gewissen Schatulle, die
er aufbewahret, wisse. Sapienti sat.
tFür die Frau Kreitmaier, der ich meinen Handkuss abzu-
en bitte, und für noch eine Dame, die Euer Exzellenz auch
kennen, wird ein sauber gebundenes Exemplar, und extra noch
ein Pötscher Bildet, das für Hieb und Stich bewahret, für Euer
Exzellenz nachfolgen,
Bitte Euer Exzellenz woUens mir nicht ungnädig aus-
legen. Ich habe eine wehre Herzensfreude mit einem so an-
dächtigen Generalen in Bekanntschaft zu kommen, der würdig
wäre, einst Gross Inquisitor in Madrid oder Lissabon zu wei'den.
Ich empfehle mich in des Herrn Generalen Gebeth, und
bin mit wahrer christlicher Demuth Euer Exzellenz
B in Christo ei^gebener
*Wien den lOten October P. Fast.
1785. Chormeisler zu St. Stephan,
Das dritte Verbot*) kann als ein Vorläufer der direkten, d. h,
persönlichen Verfolgung des Kurfürsten angeselien w^erden.
*) Original rm Preuss. Staatsarchiv in Berlin.
£Dg«l, 0«whlcht« dt« Utamiiiktfloordmitt.
21
— 322 —
Bfild nach diesem wurden die ersten Opfer bekannt, die auf
Befehl Cnrl Theodors in aussergerichtliche Verhöre vervvickell
wurden und trotzdem der Bestrafung entgegengingen.
Der Stadtoberrichter Fischer zu Ingoistödt wurde zuerst
seines Amtes entsetzt und mit seiner Familie einfach dem
Elende preisgegeben. Als sein Kollege, der Stadtrat von Dilling,
einigen Bekannten gegenüber sein Mitleid darüber äusserte,
wurden dessen Worte sofort dem Kuifürsten h inierbracht, und
er beorderte den Stadtmagistrat von Delling, diesen ohnehin
sehr renommierten Freigeist und Illuininaten, zur Verantwortung
zu ziehen. Als Hauptverbrechen gibt der Befehl (den der
preussische Gesandle v. Schworzenau sogar abschriftlich dem
König von Preussen als ein Beweis der Nichtigkeit solchen
Verfahrens einsandte) an, dass verschiedene Winkoppische
Druckscliriften bei ihm eingelaufen und aus seiner Hand in
andere Hände gegangen wären.
Im Verhör sagte von Delling aus» er habe nur gesagt, dass
es ihm unbegreiflich sei, dass ein ihm zwei Jahre lang bekannter
Mann, dessen Charakter ihm sehr schätzbar geworden, nunmehr
Verbrechen habe begehen können, die den Kurfürsten veran-
hissen, ihn mit Weib und Kind unerwartet und schnell brotlos
zu machen, dass die Ursachen zurzeit noch dem Publikum
unbekannt sein müssten. Bezüglich der Drucksachen gestellt
er, den Winkoppischen Deutschen Zuschauer*) gekauft und ge-
lesen zu haben, es sei ihm nicht eine Verordnung bekannt, die
die BeschütTung und Lesung dieses Journals verbiete, noch
weniger könne man aus dem Besitz desgelben schhessen, er
billige alles, was die Schrift entliölt, er werde es ferner aber
weder kommen lassen, noch lesen.
Am 24. Augusl 1785 kam von Serenissimi das Urteil über
von Delling. Dasselbe ist ein bleibendes Zeugnis der Despotie
jener Zeit und lautete auf: — sctiarfen Verweis, dreitägigen
engen Arrest, Kassation unter Bedrohung einer noch weit
emptindJicheren Strafe, wenn er sich weiter mit respekl widrigen
Reden oder mit Reischatfung, Bewahr oder Veibreilung ve^
botener Scliriften betreten lassen würde. Wegen des auf sich
geladenen Verdachtes sind von Zeit zu Zeit unversehene Vish,
tationen vorzunehmen. — —
•) Dass dieses Blatt, aus dem wir die vorhergegangenen Briefe eo^
nahmen, dem Kurfürsten wegen seiner offenen Rede besonders verhasst wsf^
ist begreiflich.
— 323 -
Wahrscheinlich infolge Versuche einiger Freunde, die
Kassation aufzuheben, wurde vom Kurturslen am 17. September
re Behelligung mit Vorstellung oder Fü!'bitte verbeten.
Nach dieser Probe willküi-liclisten Verfahrens kann das
Weitere nun nicht mehr verwundern.
Die Grafen Savioli und Constanzo wurden ab officio im
August suspensiert und in\'erhöre venvickell; letzterer auch über
den Zweck seiner Berliner Reise vernommen; beide dann unter
Belassung einer Penston von 800 und 400 Gulden nach Italien
ausgewiesen. Der junge Hofrat Graf Montgelas mit Ordensnamen
Musäus, der denunziert worden war, das Illumioatensiegel auf-
zubewahren, wurde aufgefordert, dasselbe abzuliefern.
K Es war behauptet worden, dass dieses Siegel ein Schiff
^nit der Sonne darstelle und die Aufschrift: Tempestatibus ob-
stat trage. Montgelas schrieb am 20. September dem Kurfürsten,
dass ihm ein solches Siegel gänzlich unbekannt sei, die Behaup-
tung, dass ein solches in seinen Händen, wäre ein verleumde-
risches Vergehen, und er bitte, gegen seinen Kläger den Üechts-
t^ eröffnen zu dürfen.
Montgelas hatte nicht gelogen, wenn er sagte, solches Siegel
i ihm unbekannt, denn dasselbe zeigt zwar die Sonne, die
jedoch ein blühendes Koi'nfeld bescheint, vor demselben stand
unter einem Baum ein angebundenes Pfei'd, das diese Saat be-
trachtet, aber nicht zu ihr gelangen kann. Eine Inschrift hat
das Siegel nicht. Das Pferd soll das Volk bedeuten, resp. die
■afesselte Kraft und Sehnsucht nach Freiheit. Dieses Siegel
war nach Bekanntgal)e des Verbotes verschwunden, ist jedoch
gerettet worden und nunmehr im i »rdensarchiv zu Dresden, --
Montgelas behielt seine amtliche Stellung zwar trotz aller Ver-
dächtigungen, wurde jedoch wenig befnrdei'l und suchte sich
deswegen zu vei-bessern. Er wurde laut Drekret vom 29. April
1787 am Zweibi'ückisclien Hof dui'ch Carl IL, Pfalzgrafen bei
Rhein angestellt und ist dann später berufen gewesen, Bayern
nach dem Tode des Kuifürsten, unter dessen Nachfolger, als
erster Minister zu regieren und den Grund zu dessen jetziger
Stellung im Deutschen Reiche zu legen.
K Der Kuifürst Carl Theodor hatte vergebens sich der An-
stellung bei dem von ihm gefürchteten Hofe widersetzt, er wdllte
den llluminaten nicht als Bei-ater seines Nachfolgers wissen,
immerhin ist es aber dieser Einfluss gewesen, dass Montgelas
in seinem Treueide nachfolgenden Passus beschwören musste:«
21*
— ^ — (ihr werdet) eure mit denen Illuminaten gehabte
Verbindung gänzlicli verlassen, zu derselben Erlialtung oder
Beförderung das geringste nicht beitragen, auch Euch alles da-
hin einschlägigen Umgangs und Briefwechsels enthalten und
überhaupt Euch so betragen, wie es einem treuen Diener eignet
und gebührt.
SigÜlum des lUumiiialeüordens.
Weitere Entlassungen aus ihrem Amte betraf die Schulräte'
Fronhofer, Bucher, Socher, dann den Vicescbulinspektor Augustin
Sedlmair Verschiedene Geistliche wurden auf ihre Pfarren verJ
wiesen und duiften sie nicljt verlassen. In Ingolstadt wurden
der Repetitor Duschel und der Bibliothekar Drexl in strenge^
Untersuchung gezogen, die Professoren Krennei* und Semer
Illuminaten erkannt und offiziell venvarnt, wofern sie sich ni'
- 325 —
, drohe ihnen das Schicksal Weishaupts. Mehrere
Studierende wurden relegiert.
GlaulH man nun, die Universität Ingolstadt sei ein be-
sonderer Hort des t »rdens gewesen, so ist solche Annahme irrig,
Tiäenn ausser den Genannten ist das Register der wirklichen
Illuminaten erschöpft, wenn noch der Repetitor Hübner, der
Aktuar Bauer und von Studierenden Baron Bartels, Frauenberg,
Danzer genannt wei^den. Einige Studenten, deren Namen unbe-
kannt geblieben, sind vielleicht noch hinzuzuzäliien. — Es ist
aus dieser kleinen Anzahl zu erkennen, dass die Anwesenheit
der Illuminaten die Universität keineswegs entarten konnte, wie
der Papst meinte; wie aber soll man den nach der Verfolgung
des Ordens entstandenen Zustand der Universität nennen, den
PrantI in seiner bereits oft angezogenen Geschichte der Uni-
versität auf Seite 638 mit folgenden Worten schildert? » — aber
anderseits liegt ein zweiter mittelbarer Berührungspunkt in der
Strömung, welche seitens der Regierung bei Aufhebung des
Ordens und Verfolgung der Mitglieder desselben eintrat, denn
von da an waren die finsteren Mächte überhaupt entfesselt und
jeder bessere Universitäts-Lehrer schwebte in der Gefahr, auf
die niedrigste Denuncialion hin als IlUiminat schw^ere Leiden
■ Oiltrezepte der Illnmiiiaten nnd ein berüchtigteM
■ Protokoll.
V Die genannten finsteren Machte entfesselten sich zügellos,
nachdem die bei Zwackh gefundenen Papiere veröffentlicht
worden waren. Durch diese erhielt man allerhand Handhaben,
die, geschickt benutzt, selbst Unschuldige zu Verbrechern
stempeln konnten. — Es befanden sich unter den Papieren auch
allerhand Rezepte; eines sollte die Herstellung des aqua tofana
betreffen, die Massenhausen (Ajax) gesammelt hatte, der ausser-
dem in den Briefen Weishaupts nicht nur oft genannt
wird, sondern von dem auch Briefe sich vorfanden. Es war
natürlich, dass der inzwischen Hof kammerrat gewordene
— 226 —
Massenhousen das besordere Interesse des Kurfürsten wegen
der mörderischen Rezepte erweckte, dos sich denn öuch in
nachfolgendem Befehl an den Präsidenten Grafen von Törring
aussprach:
R P.
Aus Churfürsth gnädigstem Befehl soll der junge Hof-
kammen*alh Massenhausen oder sogenannte Ajax heut noch in
das Schottenstübel gcbrücht und dessen sämmtliche Papiere zu
Obrigkeit Händen genohmen werden.
Die Beyde Herren Hofi-öthe Engel und von Stockh sind
als comissarii ernannt, worüher dos weitere per rescriptüm
erfolgen wird. Euer Excellenz belieben einstweilen nur den
Arrest sowohl (juo od personam als scripturas zu verfügen.
München 13. April 1787*)
A. V. Kreilmayer.
Am nächstfolgenden Tage den 14. April beorderte Sere-
nissimus Elector gnädigst, dass Massenhausen, der bereits im
Schottenstübel sitzt, zutorderniss über die der Zwackh'schen
Brielsammlung einverleibten recepten**) befragt werde, nemlich
von wem und zu was Ende er solche erhalten habe, worum sia
den Zwackh comniuniciret, auch ob davon kein Gebrauch
nach dem jure vitae und necis von ihm oder andern würck-
lieh gemacht worden sey. Weiterhin gibt die Order Anwei-
sungen, wie seine in Beschlag genommenen Papiere zu be-
handeln waren. —
Liest man nun das umfangreiche Protokoll, das in sieben
Verhörstagen vom 24. — 30. April 1787 aufgezeichnet wurde, so
begreift man tntsiichlicli heute nicht, wie es möglich war, ernst-
haft an eine Schuld des liiliaftierten zu glauben. Massenhausen
gibt zuerst eine genaue Schilderung seiner Aufnahme, resp,
Annahme durch Weishaupt, Er gehorte, wie wir bereits wissen,
zu den er^sten Ördensangehörigen und war mit Zwackh der
Vertraute Weisliaujits, Er ziililte damals, 1770, 16 Jahre, war
völlig für Weisliaupt eingenommen und traute ihm keinerlei
•) Original im Bay. Geh. Haus-Archiv.
••) Hier ist das Eiogestfmduis, dass nur der Slimmungsmache wegen,
die gar nicht von Zwackh herrührenden Hezeple, der Briefsammlung einver*
leibt wurden. Der Druck ist so arrangiert, als wSren diese Rezepte und andere
Dinge offizielle Ordenssachen*
— 327 —
irecht zu; infolgedessen erschienen ilim auch die ersten Auf-
nahniefrügen, die der Kommission höchst auffallend schienen
und Gehorsam gegenüber' dem Orden verlangten, keineswegs
bedenklich. Über die Rezepte gibt er genau an, doss er sie der
Kuriosität halber sammelte, nie daran dachte, sie zu gebrauchen,
und dass sie auch von niemandem jemals gebraucht worden
wären. Das so geffihrliche A([ua tolana-Rezept entpuppt sicli
als alberne Mystifikation. Man sollte nach diesem ein
Schwein in besonderer Art futtern und dann aus seinem
Fett dos tödliche Gift lierausdeslillifiren köiineiill Die
unter den Papieren gefundene Beschreibung und Zeichnung
einer Brennkiste, zu dem Zw^ecke, die in solcher Kiste befind-
lichen, auflijewöhi'ten Papiere plötzlich verbrennen zu lassen,
war einem alten Folianten entnommen, Versuche zur Herstellung
dei'selben nie unternommen. Ebenso verhielt es sich mit der
Herstellung eines gelieimeo Schlosses. Die berüchtigten Ahortus-
rezepte, von denen vermutet wurde, Weishaupt habe sie bei
seiner delikaten Angelegenheit benutzt, während M. nachweist, dass
dieser sie gar nicht kennen konnte, sind unschädliche Aufgüsse
von Petersilienkraut, Kamillen und Knoblauch. Nur ein einziges
angegebenes Mittel kann wirksam sein; nafiuiich nennen wir es
tiier nicht Alle diese Dinge, sowie weitere Ftezepte zu sympathe-
tischen Tinten und anderen Dingen waren alten Bücliern (es werden
Wiglebs und Kii'chers Schriften angegeben) entnommen, und
J778 schon Zwiickli ühei'gei)en worden, weil der nocij sehr jugend-
liche Massenhausen sich vom Orden zurückzog, öfter liatte er
im Lauf der Jahre Zwackli gebeten, den Plunder, wie er sagte,
zu verbrennen, es war jedoch nicht geschehen; wie wir aus
Zwackhs Angaben schliessen können, rein aus veigesslicher Sorg*
losigkeit, und nur dadurch wui^de beiden später ein böser Strick
gedreht, li^end eine böse Absicht komml bei dem ganzen Verliör
nicht zum Vorschein,*) man mag die Sache drehen wie man will.
Auch die Kommissäre haben trotz aller getreulicli aufgezeich-
neten, verfänglichen Fragen eine solche nicht nachweisen können.
Eine Schuld musste aber um jeden Preis nachgewiesen
werden, sonst wäre das ganze Verfolgungssystem zusammen-
gefallen, infolgedessen blieb Massenhausen in Arrest.
Nach 22tägiger Haft .schi'ieb er crfr^lglos dem Hat h!ngcl
einen Brief mit der Bitte, den Kuifürsten um Haftentlassung
•) Abschrift des Protokolls in Händen des Aulora.
— 328 —
anzugehen, es war vergebens. Der August kam heran und der
Inhaftierte soss immer noch im Scholtenslübl Am 9. Aug, kam
ein kurfürstliches Hescript heraus, das Massenhausen seiner
Ratsstelle entsetzte und ihn zu weiteren försllichen Diensten für
unfähig erklärte, welches ihm der Kurfürstliche Hofrat per Com-
mission bedeuten zu lassen. Merkwüi-digerweise lautete eine
Order vom 13, Aug, mit dieser Eröffnung einzuhalten und in
der Nacht vom 13. zum 14. Aug. fand sich Massenhausen so
schlecht bewacht, dass er entwischen konnte und nicht wieder
gefasst wurde* Es scheint fast gewiss, dass hier eine Absicht
vorlag. Ein klares Vergehen konnte nicht nachgewiesen werden, I
die Rezepte waren geradezu lächerlicher Natur, entwnschte
Massenhausen aber, so blieb auf ihm alles odium angeblich
verbrecherischer Rezepte für Giftmischung sitzen» und möii
brauchte namentlich diese Angst vor atjua lofana dringend, umJ
einesteils den Kurfürsten, andernteils das F'ublikum in Mlu-
minaten-Angst zu erhalten. Der Kurfürst wird das aqua tofaoa
Rezept aus Schweineschmalz gewiss nicht eifaliren haben, denn
es heisst ausdrücklich in seinem Urleil vom 9. April, er habe
sich die Akten vortragen lassen, also hat er sie nicht selbst
gelesen^ sondern erhielt nur Auszüge, wie er s. ZL bei der
Zwackhschen Angel egentieit selbst befohlen hatte. Es w^ar daher
sehr leicht die famose Herstellung dieses aqua tofanae ihm zu
verschweigen. Massenhausen sass bereits Monate lang, seine
Sehnsucht nach Freiheit war gewiss gross, blieb er nun in Un»|
kenntnis darüber, dass sein Urteil eigentlich durch die Order
vom 9. Aug. gesprochen war, seine Entlassung demnach bevoi^
stand, und gab man ihm Gelegenheit zur Entweichung, so war
sicher anzunehmen, dass er sie eingreifen würde. Daher die
Contre-Order, die einem Frank nicht schwer werden konnte, zu
erlangen. Die Clique, die hauptsachlich die llluminaten*Ver
folgung inszenierte, konnte nur den grössten Vorteil votk\
Massenhausens Entweichung haben, von deren absichtlicher Zu-
lassung der Kurfürst natürlich keine Ahnung hatte, denn sie
wurde das Mittel ihn selbst durch Furcht zu fesseln. Er wird
sicher über die gelungene Flucht sehr erzürnt gewesen sein, eiol
Befehl von ihm fordert auch strenge Untersuchung, ob die
Wäcliler immer die Schlüssel gut bewahrt und an jenem Abend .
nicht etwa betrunken gewesen wären, aber der beabsichtigte/^
Zweck wurde erreicht, wenn Massenhausen nur nicht wieder
erwischt wurde. Es w^urde deswegen auch erst am 17. Augusl
i
— 329 —
Jiinier ihm ein Steckbrief erlassen, dessen Personolbeschreibung
enulig ist, dass Massenhausen wegen seiner Ergreifung recht
eruhigt sein konnte. Es hcisst da:
I
b
r
Anton Massenhousen 28zig jährigen Alters von München,
isl grosser Statur, 6 Schuh hoch, mager, blassen Angesichts,
ot rötliche Haare, dann derley Bart und Augeiibraun, eine hohe
breilhe Stirne, mitlmässige Nasse, ist schlanken Leibs und
brigens wohl gewachsen, oh n wissend dessen Kleidung. —
w
»Ai
m
Nach solcher, auf viele Menschen passende Beschreibung,
ausserdem am 4. Tage nach seiner Entweichung, die in der
Nachl vum 13. zum 14. stattfand, würde der beste nioderiie
Detektiv Massenhausen unmöglich gefangen haben. Das dürfte
uch mehr als wahrscheinlich gerade die Absicht gewesen sein. —
Die Angst, durch aqua tofana der Illuminaten um sein
Leben zu kommen, ist erwiesenermassen systematisch dem Kur-
fürsten beigebracht worden, diese Furcht diente dazu, die Fürsten
der Rachsucht der Verfolger gefügig zu machen. Wir haben
ereits gesehen, dass der Konig von Preussen in seinem Briefe
^an den sächsischen Kurfürsten später auch schaudernd dieser
Hersteliungskunst gedenkt, in der die Illuminaten solche Fertig-
keiten besitzen sollten; ihm hatten die Rosenkreuzer, die Erz-
feinde der Illuminaten, diese Furcht beigebracht. Bevor wir
jedoch den Beweis für die erste Behauptung antreten, müssen
wir noch einer Episode gedenken, die charakteristisch ist für
die ausgesprochene Ansicht und 4uv die damalige Zeit.
Es wiixl erinnerlich sein, dass die Veröffentlichung der bei
Zwackh gefundenen Papiere unter dem Hinweis geschah, jeder
könne sich von der Echtheit derselben überzeugen; das w^agte
jedoch so leicht keiner von den getreuen Untertanen, sicherlich
witterten diese Geiahr bei solchem Unterfangen, und mit Reciit.
Am 13. April 1787 erschien plötzlich im geheimen Archiv ein
oktor Friedrich Munter aus Kopenhagen, dei'selbe stellte das
Ersuchen ihm einige der Illuminaten- Papiere voi'zulegen. Es
geschah. Ein Pr'otokoll %vurde aufgesetzt und Munter verlangte
einige Briefe, in denen die Namen der Herzoge Ferdinand von
Braunschweig und von Gotha sich befinden. Er sollte sein
Ehrenwort für Verschwiegenheit geben, tat es, setzte jedoch in
dem vom Archivar Eckartshausen vorgelegten, zu unterschreiben-
den Protokoll wörtlich hinzu:
— 330 —
Ich vei*spreche bey meinem Ehrenwort, dass ich niemals
öffenllich in Druck die Nomen nennen werde, die in den mir
zufolge der gnädigsten Erlaubniss Sr. Churf. Durchl. zum Durch-
sehen verstölleten Briefe genannt worden sind. Kann mich ober
nicht dazu verbinden» dasselbe Geheininiss in Gesprächen mit
meinen Freunden» wenn auf diese Saclie die Rede kommen
sollte, zu bewahren.
München, d. 13. Apill 1787. Dr. Friedrich Munter
aus Kopenhagen.
Die Einschränkung seines Ehrenwortes ist wohl auf einen
Äi'ger darüber zurückzuführen, doss er auch die berüchtigten
Rezepte einsehen wollte, was ihm jedoch verweigert wurde.
Sein Verfahren war jedenfalls unklug, denn sofort wurde er
heimlich beobachtet. Sein für die Zeit seines kurzen Aufent-
haltes engagiert gewesener Diener Joseph Freysinger wurde in
ein Verhör gezogen und nach allem Möglichen über Munter
ausgefragt. Dabei kam zum Vorschein, dass er den Professor
Baader besucht hatte, Hertel und Massenhausen und dann nach-
dem am Sonnabend den 14. April Massenhousen verhaftet w^urde,
Montag früh den Ui allein nach Salzburg zu fortgefahren sei.
Auch Massenhausen wurde in seinem Verhör über Munter be-
fragt und gab an, dass er am Abend des 13. April mit ihm bei
Baader zusammengetroffen sei, Munter habe auch dort die Ab-
schrift seines schriftlich gegebenen Ehrenwortes vorgelesen.
Aus solchen Umstanden schien Munter natürlich Iiöchsl
verdäclitig. Man vermutete in ihm einen auswärtigen Minenal
des Ordens, glaubte, bei Baader sei eine Loge abgehalten worden
und sicherlich müsse das Fragen nach den Rezepten auch seine
tieferen Gründe haben* —
Am {l Mai 1787 berichtete der Gesandle v: Lerchenfeld aus
Regensbuig, dass Munter sich in der Stadt aufgehalten habe
und aussagte, es habe der ihm vorgelegte Revei*s, ausser der
Beglaubigung, die Schi-iften gesehen und gelesen zu haben, noch
einen zweiten Teil enthalten, in dem er die Sekte als gelahrlich
anzuerkennen sich verpflichle. Munter habe gesagt, dase er
bereit war, den ersten Punkt zu unterschreiben, nicht aber den
Schluss, und dass seine Freunde ihm rieten, München so schnell
als möglich zu verlassen. Seitdem habe man ihm geschrieben,
wenn er nicht am andern Tag abgereist w/ire, so wäre er ver-
haftet worden. Der Gesandte bezweifelt zwar die Wahrheit
— 331 —
I
dieser Angaben in seinem Bericht, glaubt, die Illuminaten wnlUen
durch solche Ausstreuungen nur die Fiegierung btomieren, —
aber er irrte sich in dieser Meinung sicherlich. Münler tat sehr
wohl daran, sich zu entfernen, er hotte andernfalis Kopenhagen
nicht sobald, vielleicht gar nicht wiedergesehen. Nach der Her-
stellung des aqua lofana aus Schweinefett sich ei"kündigende
Fremde waren damals mindestens Verbrecher, man pflegte
kurzen Prozess mit unbeliebten Ausländern zu maclien.
In dieser Episode spielt die Frage nach den Rezepten
jedentalls eine Hauptrolle. Furcht, unversehens vergiftet zu
werden, war ein vortrefliiches Mittel, den Kurfürsten zu be-
herrschen und Kreaturen» die diese Furcht durch selbst groteske
Anklagen möglichst schürten, fanden sich. Eine solche Kreatur,
oder ein Narr, dessen geringe Denkfähigkeit missbraucht wurde,
war der Hof- und Kammen*at Baron von Mandl, dessen Ver-
nehmungs Protokoll) vorhanden ist, von ungeheuerlichen Aus-
sagen, denen die Lüge offenbar anklebt, wimmelt und in sich
den Beweis enlhält, den wir zu geben versprachen, — Mändl
wer Ordensmitglied, ein Beweis, wie wenig sor^altig die Per-
^-aORen ausgew^ählt wurden. Graf Savioli hatte ihn erst der
Baadei^schen Loge zugeführt, si>äter wurde er Illuniinat. Mändl
gibt über die Baadersche Loge nocfifolgende protokollarisch fest-
gelegte Angaben, die meist gänzlich unwahr sind;
»Diese Baederische Loge hatte überhaupt 97 grad, welche
alle vill Geld kosteten und nicht vill lehrten; so kostete der
Lehrlinggrad 50 fl., 2 Pf. Wachs und *A ti fiir das Ordenszeichen,
der Gesellongrad 7 fl, und abermahl 2 Pf. Wachs, der Meister-
grad 25 fl, der Elu 50 fl. der Schott 150 fl. und so vermehrte
es sich von 50 zu 50 fl. durch alle 97 grad und jeder Lehrling
musste allzeit ein kleines Souper, welches beim Priem getiaUen
wurde auf seine Kosten geben. Nebstdem zailet jeder des
Monats 1 fl. Deponent war in der Loge Secretaire der untere
grad, wurde darauf Hediter und endlich frere terrible, sowohl
bei der teutschen, als französischen und polnischen von dem
Altmeister Grafen von Seefeld gehaltenen Loge.
Er war zur Zeiten ersler, oder 2 ter Oberaufseher und einige-
mahl de|>utirter Meister vom Stuhl, in Simcie wie das Haus von
dem Prtizka erkauft wurde, wo sich Baader, Seefeld, Zwackh und
•) Abschrift zu Händen des Autors.
^ 332 —
Berger nicht hineintrauten, ohne von der uniHegenden Billiger
Schaft sich, oder das Haus misshandelt zu sehen.« — —
Für alle übrigen maurerischen Grade, Bänder, Schurzfell
und Schriften will er 100 Dukaten gezahlt haben, in den Illu-
minatenorden will er durch Baaders Betreiben durch Savioli
aufgenommen seyn. —
Das ganze Protokoll ist sehr weitläuflg, teilweise auch un-
interessant. Es ganz abzudrucken ist ermüdend, wir geben
es daher teils wörtlich, teils im Auszuge wieder, damit man
erkennt, in welcher raffinierten Weise die den Kurfürslen am
meisten interessierenden Dinge ausgeputzt wurden, um die Illu-
minaten als äusserst gefahrtiche Menschen hinzustellen, Mändls
Aussagen luit der Kurfürst zweifellos wörtlich gelesen, denn bald
nach dessen Verhör am 18, Juli und weitere Tage erschien das
Verbot, das den Anwei'ber zum Tode durch das Schwert verur-
teilte. Dieses Verbot wäre gei*echt, wenn Mandls Aussagen nur
zur Hälftewohr gewiesen wären. Man urteile nun selbst. Über«
all wo eine besonders leicht nachweisboi-e Lüge vorliegt, steht
das Zeichen (!?).
Nach seiner Aufnalime als Minen^al, die 25 fl. nebst 3 fl.
für das Drdenszeichen gekostet, musste er verschiedene pensas
bearbeiten, worunter ihm immer das AunaUendste war, dass er
bei Ankunft des Pabstes in München, sowie seiner Anwesenheil,
das Hofceremoniel beobachten und darüber schriftlich berichten
musste. El* musste beschreiben, welchen Einfluss der Pabst
auf die Fürsten, tlieistlichkeit, Adel, Kanzleien, Collegien, die
Bürgerschaft und Bauern habe, welchen nämlichen Auftrag Baron
F^^ger und Fronhofer bekam. Er will dann einige dreissig Per-
sonen geworben haben, die aber meistenteils vor, teils nach
seinem Austritt davongelaufen sind. Er bekam endlich ganz
besondere Aufträge zur Correspondenz. Endlich wurde er ein
Magistratsgliod (!?), machte also die quibus licet auf und durfte
sie auch ohne Anfrage befördern und wui-de als Areopagit ([?)
zum ewigen Magistrat (!?) und geheimen Kapitel vorgeschlagen;
als aber in des Baaders Haus bei offenen Fenstern eine so be-
titelte Elü-Lnge (wobei jedoch Baader ohne alte Maurerische
Zeiclien mit dem breiten roten Band als Provinzialoberer, dann
der Major Ob und Baron Bassus als Assistenten sassen) ge-
hnllen ward (!?), erstaunte ihn tolgender Vortrag nicht wenig,
I
^ 333 —
und es waren doch praesentes, Seefeld Valer und Sohn, Graf
Seeau, Baron Montgelas, Savioli, Berger, Zwack h, Hertl, Massen-
hausen, Constanzo, Cossandey, Renner, Grünberger, Fronhofer,
Krenner, Buecher, — jeder der etwas von den neu vorkommen^
den Sachen ausschwätzen würde, sei auf Gottes Erdboden,
in allen Logen ausgeschrieben, sein Leib und Leben,
Gut und Blnt niclU sicher (!??)*)
Es ist unser Bruder Constanze in grösstor Gefahr. Wir
haben ilin mit 200 H. (wie wir dies alle, so wir im geheimen
Capitel sind, ja alle wissen) nach Berlin geschickt, um den Kon ig
zu sondiren, was er wegen einen gewissen Veränderungs Fuess
(lies Verönderungsfuss) in Bayern sagen würde.**) Er sollte
auch zugleich sehen, ob es Mluminaten in Berlin gebe, was sie
für ein System haben,***) (1?) allenfülls das Unsere etabheren (1?)
und uns achte Grade bringen und bewirken, dass unsere Mutter
Loge Royal'York an den von jedem Maurer jahrlicfi einzusenden-
den 3 fl. 2 nachlassen und dann uns einen District vom Pofluss
bis an dtie Sau einräumen, nachdem jede Loge die 7 Filialen
hat, selbst Mutterloge ist
Nun hat sicli Constanzo an einen echten Maurer, den ge-
heimen Schreiber des Königs gewendet, und dieser ist ein S|>itz-
bube gew^orden und hat dem König alles entdeckt; der König hat
ihn also unter Bedrohung, nach Spandau zu liefern, eiligst aus
Berlin geschaflft, und da retirierte er sich in ein 3 Stunden von
Berlin gelegenes Märkll und als er auf unsere Aufforderung
noch weiteres über diese Gegenstande zu korrespondieren suchte*
musste er sich eilends aus dem Preussisclien Lande entfernen,
sonst hatte ihm der König den Kopf zwischen die F'üsse ge-
legt (!?)t)» und nun sitzet er zu Aachen ohne Geld, und wir
sind verraten. (!??)tt)
Mändl erzählt nun weiter, dass er aus dem Protokoll habe
an Constanzo einen Brief sehreiben müssen, er solle zurück-
*) Hier findet sich die Vorbereiturjg auf die später verstärkte Behaup-
tung, dass die Iliuminatefi vergiaen.
**) Gemeint ist der Länderaiistausch.
•*•) Das musste doch senislversländlich das Geheime Kapitel längst wissen;
was für ein System hätten denn Itluminaten hesitzcn sollen, doch nur do.s
voa ihnen ausgegebene l
t) Der König schrieb aber dem Grafen Seeau, die Aufi\v eisung berühre
die Ehre Conatanzos nicht, — und dann köpfen?? —
ff) Unter den Präsentes zählt Mändl aber Constanzo auf.
I
kehren, das Geld würde ihm geschickt; ein zweiter Brief wurde
an Sonnenfels in Wien gerichtet, des Inhalts, der Länder-
lausch sei in Preussen kund, dass man den König als contra-
dictor mutmasse und deswegen in Wien sehr behutsam sein
müsse.*)
Von dieser Zeit getiel es ihm angeblich nicht mehr im
Orden, er besuchte wedei* Logen noch Illuminatenversamm-
lungen, versagte den Beitrag, bis man ihm mit Suspension
drohte. Jetzt begehrte er seine P^ntlassung, die ihm endHch
nacfi vielen angebhchen Versuclien, ihn zurückzuhalten, gegeben
wurde. Er sagt dann weiter über dos System des Uluminaten-
ordens: es besteht kürzlich darin, so viel Glieder anzuwerben,
und zwnv in allen Fachern, dass ausser einem Mitglied von ihnen
keiner zu eintnigliclien und Ehrenstellen kommt, mittels der
angeworbenen Medicarum (Arzte) und Apotheker auch jene i
aus dem Weg zu räumen, welche diesen Absichten
hinderlich sind, mittels dei' angeworbenen Geistlichkeil denen
Leuten glauben zu machen, dass nur dieses Lastei' und Tugend
sei, was sie Laster und Tugend nennen. (I?)
Durch die angeworbenen Domherrn Bischöfe (I?) zu machen,
die in quemcumque casum mit ihi'en votis eine ihnen beliebige
Reichsveränderung verursachen und dass also unter einem nur
den Nomen tragenden Oberhaupt nur ihre Absichten in Er-
tullung gehi-acht und all übrige, so sich nicht zu ihnen schlagen,
oder von ilmen aus Geld, Vernunft oder Freundemangel ve^
Wolfen werden, kriechen müssen. — —
Aus vorstehendem sieht man, dass in Mfindels Einbildung
strebende Menschen ungeheuer leicht zu Schurken umgewandelt
werden können. Er sucht nun in unklarer Darstellung durch
Behaujjlungen den Beweis zu ersetzen für- seine Aussagen, bringt
eine interessante Wechsetgeschichte vor und schiessl dann
wieder nachfolgenden Pfeil ab:
»Der erste Antrag welchen Serenissimo gegen Verwendung
der Jesuiten Güter zum Maltheser Orden gemocht wurde, rülirt
von den llluminaten her, und diesen Entwuif machte ein da-
maliger Jesuit-Deputations Kanzellist, Schwager des Professor
Baaders» den er nicht zu nennen weiss, (?1) und Pro-
I
*) Wag von diesen DUigeti zu haUen ist, wurde weUläuflg bereits bOr
wiesen*
I
I
fessor Baader cum suis arbeitete ihn aus dem Rohen in das
Reine.« —
Dieser Pfeil musste jedenfalls verletzen, nach dem Rezept:
»Verleumde nur frisch darauf los, etwas bleibt immer kleben!,«
weil Carl Theodor diese Malteserzunge aus den konHszierten
Gutern des aufgeliobenen Jesuitenordens nur zu dem Zweck
bildete, um GünsUinge, Favoritinnen und seine unehelichen
Kinder zu versorgen, anstatt die Gelder für Schulzwecke zu ver-
wenden, wie allgemein erwartet wurde. —
Als Mondl nach dem Stand und Aufbewahrungsoll der
Ordenskasse gefragt wird, über die der Kanonikus Hertel als
Ordensschntzmeister sehr genaue und wahre Angaben in einem
Bericht, auf den wir noch näher eingehen w^erden, gibt, versteigt
er sich zu nachfolgenden Angaben:
Die llluminiiten Cassa sowohl, als das Archiv hat sich
gleich nach dem ersten churfürstL Verboth, das die Maurer und
Illuminaten bestrate, da sie auseinander gehen sollen, flüchten
müssen.*) Beides w^ar eine Zeitlang bey Widmann in Arding,
bey Fischer Stadtoher Richter in Ingolstadt, bey Bassus in
Sandersdorf, bey Bellet zu Straubing, bey Wolfegg in Augsburg
und endlich beim jungen Grafen Seinsheim,'*'*) (!?) welcher es
vor 2 Jahren bey dem grössten Schnee mit dem Grafen Wolfegg
nach Salzburg in die Hände des Domherrn Grafen Spaner und
Hofrath Gillapzky transportierte, welche Deponent selbsten am
Freytüg nach dem Aschermittwoch anno 1785 nachts um halb
8 Uhr damit begegnet sind. Dessen Wagen mit gi*ossen,
schw^eren Kästen hint und vorn beladen, so, dass sich der
Schlitten, worauf es gebunden war, vast geborsten hat, und sie
machten ihm noch darüber Zeichen, dass er sie nicht verrathen
möchte.
Die Starke der Gasse belangend, kenne Deponent theils in,
theils ausser Land zu den hiesigen Kirchen gehörig, 6000 Illu-
minaten***) aus Schriften, eingeloffencn Briefen, und auch einige
persönlich.
♦) Vergteicbe die naeli folgenden Aussagen Hertels.
**) Er nennt alle möglichen Namen, nur den wirklichen Ordensschatas-
meister Hertel nicht.
••*) UaverschSrate Löge^ da der Orden noch nicht 3000 Mitglieder ymfasste.
— 336
Wenn man nun anniinmt, dass jeder für acception einen
Ducaten, für das Zeichen 3 ü. und für die inlroduelion 25 fl,
nebst dem dass jeder von 1779-^82, wo er ausget reiten ist.
monathlich 50 X befallen haben müssen, so wirft sich schon
eine grosse Summe"^) heraus, wenn man nun weiteres annimmt,
dass unter 6000, Xvenigstens 2000 Freymaurer sein müssen»
— , (Zwischensätze unwesentHch) — , dass also jeder von
diesen 2000, den Lehrling grad mit 50 fl., 3 fl. für Logenzeichen
und 2 €/ Wachs, den Meistergrad mit 25 fl. und 2 & Wachs
und noch durüherhin 7 fl. hezallet hat, so wird oddendo mit
der Illuminalen Cassa eine ungeheure Summe herauswerfen,
welche sich seit seinem Auslriti durch wiederholte Auf*
nahmen und grad Erteilung noch ansehnlicher vermehrL haben
muss.« — —
Im weiteren Verlauf des Verhörs gibt ei* nach geschehener
Befragung an, dass nach dem ersten Verbot die Illuminalen nur
darüber gespottet, dass sie an verschiedenen (»rten Zusammen- J
künfte gehabt hätten, schafften sich Pferde an, fuhren auswärts,
liielten dort Versamnilungen, natürliciiei-weise auch einen Frass,
wobei die Professorin Baadei-n und ihre Töchter {!?) die
Speisen auftragen mussten. Si>äter wurden sie vorsichtiger,
kamen nur nachts zusammen und verkleideten sich sogar als
Frauenzimmer**) (l?) und dies geschah nicht einmal, sondern
öfter. —
Den Hauptschlog führte nun Mandl, nachdem durch die
bislierigen Aussagen alles gut vor-bereitet war, nticli der ihm ge-
stellten Frage, ob er noch etwas von den Handlungen anzu-
geben weiss, durch nachfolgende Aussage:
»Hätte, als er sich wegen seiner kranken Tochter zum
Professor Baader veifügte und dort um Rath fragte, 15 bis 18
Personen in 2 Zimmer, 3 aber ihm nicht mehr erinnerlich
vornen am Fenster ohngefehr haec formolia äusserst gemustert,
I
•) Wenn diese Angaben wahre gewesen wären, so halle der Orden an Auf-
iiahmegeldern 6000 Dukaten = Mk. 57,600, an EinfQhrungsgeldern und hisignien
600Ü ä 28 rt. = 168(]0Ü fl. und an Beilrägen monatlich 50 Kreuzer « jährlich
6 fl. = 36000 Ü, jährlich eingenommen, Summen» die m damaliger Zeil min-
destens den fijnrrachcn Werl von heute hahen und &chon deswegen als normale
Einkünfte unwahrscheinlich sind.
'*) Woher Man dl das nur alles weiss, da er doch 1782 schon ausge-
treten war.
— 337 —
wahrgenommen, das Ding hat doch in Zweybrück gut reussirt;
denn den Abend wo ein gewisser schrieb, »das Überschickte hat
guet reussiret« starb auch der Prinz. Ihm schauderte vor dem
Ausdruck und gienge davon, weill er ohnehin nichts mehr da zu
machen hatte.«
Dieser Prinz war der Erbprinz von Zweibrücken, Sohn des
Karl August, durch dessen Tod der Bruder des letzeren, Maxi-
milian Joseph, der spätere erste König von Bayern, Herzog der
Pfalz und Nachfolger des Kurfürsten wurde. Der plötzliche Tod
des Prinzen am 21. August 1784 hatte zu dem Gerücht Veran-
lassung gegeben, er sei vergiftet worden. Natürlich konnte nur
das aqua tofana der Illuminaten dieses Verbrechen bewerkstelligt
haben, und dieser Verdacht sollte unbedingt erregt werden. Die
Illuminaten sollten sich das Recht über Leben und Tod ihrer
Mitglieder vorbehalten haben, dazu brauchten sie das Gift, so-
wie zur Racheausübung gegen andere Personen. Mändl schob
ein ähnliches Vergehen auch den sämtlichen Freimaurern zu
und sagte:
»Belangend aber das jus vitae et necis ist dieses für einen
Illuminaten kein neuer Vortrag, denn alle Freymaurer Logen
auf Gottes Erdboden exerciren das jus gladii und haben sogar
ihre Kerker um denen nach ihrem System fehlenden den Pro-
zess zu machen, und der grösste Prinz, sowie der geringste j
Bürger wird so aufgenohmen, dass, wenn man ihn fraget, ob er ;
das Licht sehen wolle, und ihm der erste Oberaufseher die i
Binde von den Augen abnihmt, ein Feuer aus einer mit Kalkstein \
gefüllten Maschine mit denen Worten anblasset — »sie transit \
gloria mundi« — so stehen alle Brüder mit entblösstem und gegen '
den Aufzunehmenden haltenden Degen, der erschröckliche Bruder
aber sezet seinen Degen auf des Aufzunehmenden Brust, und
der Meister vom Stuhle spricht diese Worte, hier siehst du
alle Brüder in Waffen dich zu verteidigen, so lang du ein Mit-
glied bleibst, aber auch dich zu verfolgen, wenn du einst mein-
eydig werden solltest; und daher haben die Illuminaten sich viel-
leicht das Römische Recht angemasst.c
Mändl wurde gefragt, ob er seine Aussagen beschwören
würde. Er bejahte es und leistete den Eid am 24. August 1787
ungescheut des so leicht nachzuweisenden Meineides. Er fühlte
sich sicher und setzte sogar durch nachstehende Angaben seiner
Engel, Oescbicbte des ninmlnatenordens. 22
338 —
Karrheit oder gemeinen Gewissenlosigkeit die Krone auf, iiaclv
dem beim Kurfürsten der Hinweis mif den Giftmord des Prinzen
guten Boden gefunden hatte und dieser mehr wissen wollte»
namentlich wer die drei waren, die die Rede in betreff des jungen
Prinzen liätten schiessen lassen.
»Nachdem diese 3, das Gesicht von Deponenten weck ge-
wendet hatten, so können sie der Stimm, Statur und Kleidung
uacJi, ihm so licmessen werden, dass es ohnfehlbor der Apo-
thekei' von der Rosengasse März und Baron Montgelas gewesen
seyen, welches auch dadurch Ijestriti^et wird, rlass mit Gelegen-
heit der verwittweten Frauen Churfürsten Durelilcht. Reise, der
Professor Baader naclithin zu Zweybrücken eine Loge und Illu-
minaten Versammlung gestiftet, wozu er den Montgelas weilland
hinunter kommen Hess, und zum Meisler den entwichenen
Kreuzer und zum Provinzialoberen den Hofmeister der hei*zogl.
zweybrückischen Edelknaben gemacht hat, welch beide im Be-
düifnungsfall chimische pi'oduete an März und Steixner ange-
wiessen woi-den, Deponent aber sich kaum glauben machen
lassen, dass diese chimischen Producte nicht den Vei^and einiger
Massenhauserischen Rezepte haben solften.
Weiteres seye nichts gewisseres, als dass, wenn S. Chur-
furstl Durchhmcht diesem Ungeheuer nicht zuvor kommen, die
Illuminaten ihre sach mit Gift und Düleh durchsetzen
trachten werden, wovon ersteres durch ihre ha]>enden niedi-
cos und Apotheker, 2tens aber durch ein erst im vorigen Jahr
gemachten Specialauftrag, dass sich jeder in der Dult (d. i. Markt-
tag) ein Stillet ankaufen und zum Gehrauch für den Orden,
stets gebi^auchen sollen, (!??) ganz leicht bewerkstelligt werden
kann: (!??) wie sie denn wirklich einen mit derley Stülelwaaren
versehenen Dultstand ganz aufgekauft haben.
Se. Churfürsth Durchlebt, dürfen sich, so tonge Illuminaten
bey Cliurfürsll, und Kürehengelden, und solchen Plätzen auch
im Ministeria sizen, überzeugt halten, dass» nachdem dieser
l.ändcrtnusch diesen Herren nicht gelungen hat, selbe das Land
und den llen-n in so unermassliche Schulden hineinstecken,
ihre heiligste Maxime ist, dass Serenissimus selbst einen Länder
tausch'*') anzutragen bemüssigt wären. Wie dann auch Kreuzer
*} Er wird hier erinnert, dass Karl Tlieodor selbst den Undertauscb sehr
ersehnte, um König von Burgund zu werdea. Möndl Mieint das nicht ge*
wusst zu haben.
— 380
k:
ion zu Zweybrücken mit solchen Manipulationen den Anfang
gemacht hat.
Und dürfen sich S, Churfürslh DurchK die bislierige Scho-
lung ihres Lebens nur von darum erhalten glauben, weill
i solches die Herren ihre soclie hey dem Nachfolger noch
mehr verschümmert werde. Sollte den Illuminaten aber der
verfluchle Streich gelingen die durchlauchtigsten Prinzen von
weybi'ücken zu erst aus der Welt zu schaffen können, so
ittel Deponent Si\ Churfüi'stl. DurcliL möchten dann auf sich
wohl acht haben und auch allenfahls das durchlauchtigste
K;weybrückische Haus warneu oder warnen zu dürfen erlauben.
Endlich zeiget Deponent untei-tlianigst gehorsamst an, dass
n der Stadt ein Brief rollire, den er selbst gesehen (!?) die
Schrift aber nicht gekannt und dessen Formalia, die Illuminaten
bedanken sich, für die Entlassung des Massenhausen, die
commissarrios und jene, so zu diesen prozess gehoifen haben,
werden schon nach und nacli mit Gift aus der Welt geschafft
werden; und zwar mittels eines Pulvers, welches auf einen
Brief gestreuet wird, dieser Brief w ird in Gegenwart eines und
des andern Commissary oder andern Illuminaten Feind geöffnet
und ihm die Streuh ganz künstlich in das Gesicht gebraust
werden, wodurch dann der Effect erscheinen wird. Sollte aber
diesem Schröeken kein Glauben beygemessen werden wollen,
10 möchte man es an der unbedeitenden Kreatur auf Gottes
"Erdboden dem Baron Mayer in der Kaufingergasse probiren.
^m Deponent bittet um gute Verwahrung seiner Aussage als
^feonst seine Sache in den Justiz-Dirasteiys*) und auch vielleicht
sein Leben in grösster Gefahr stehet, beschlüsset hiermit seine
Aussage und unl erschreibet selbst auf nochmaliges Vorlesen
eigenhändig. Theodor von Mändk
I
•:
Der Aufbau der ganzen Angelegenheit, die allmählige
Steigerung der Aussagen, die schliesslich, nachdem der Kur-
fürst gefangen war, sich in den nachträglichen Lügen bis zur
grotesken Unverscliämlheit steigern, beweisen in sich voll-
kommen die Absicht, den Kurfürsten in Furcht zu erhalten* War
is auch Wahnsinn, so halte es doch Methode — und Erfolg,
denn alsbald begann die inquisitorische Verfolgung nach spa-
nischem Muster.
*) Mändl wusste, dass er dort mit seinen Lugen nicht Erfolg haben könnt«*
SE2*
— 340 —
Bie OrdeiiskaBse. (leiBtllcIie ak lllmiiiiiaten.
Die Kassenverhältnisse des Ordens erregten das ganz be-
sondere Interesse des Kurfürsten, Er liess daher den Ordens-
kassierer Kanonikus Herlel mehrfach verhören und schtiesslich
in den Neuturm einsperren, um von ihm genauen Ausweis über
Einnahmen und Ausgaben, sowie über V^erbleib der Ordenskasse
zu erhalten. IlerteK dessen sonstige Aussogen nichts Neues
über das von uns schon Verhandelte entliallcn, gibt denn auch
eine Schilderung der lUuniiniiten- sowie Logenkas.se und den
Schlussstand dieser Kassen an. Er beruft sich darauf, dass
seine Angaben, da ihm alle Unterlagen fehlen und nur sein Ge-
dächtnis als Hilfsmittel ihm zu Gebote steht, in den Ziffern nicht
genau sein können.
Nach ihm war der llluminaten-Urden oder Provinz Cassa-
Rest zum Beschluss des Illumiiiaten Jahres 1784, das am
20. März 1785 endete, an Borschaft 8—900 fl.
Von diesem Geide erhielt Weishaupt 500 fl. Der gewesene
Stödioberrichter Fischer 250 ft., die übrigen 100 fl. beiläufig ver*
schiedentlich ausgegeben vom März bis AugnsL An Aussen*
standen gab es: an Darlehen 11 725. — und an Forderungen an
Mitgliedsbeiträgen fl, 1800. —
In Betrnclit zu ziehen ist hier natürlich nur der Bnrstand. —
Die lllominaten-Loge besass 1785 on Cassa res t 1000 fl.
Von diesem Gelde wurden 250 M. für den Marquis Constanzo
und 25 fl. für andere Ausgaben zurückbehalten, 500 fl. für den
Weishaujit zur Fortsetzung seiner Reise und der Rest zu 275 fl.
für seine in Ingolstadt zui*ückgelassene Frau und Kinder ge-
schickt. Aussenstände 250 fl, E)arlehen nn Graf Savioli; 900 H.
aussenstehende Mitgliederbeiträge, Rezeptions-Tax-Gebühren,
Hertel klagt in seinen Aussagen über die schlechten Ein-
gänge der Beiträge; viele zahlten gar nicht oder nur wenig, die
Aussenstände mussten schliesslich, weil zu hoch angewachsen,
gestrichen werden. Auch die Logen waren schlechte Zahler,
so z. B. zahlten zwei neue Logen für ihre Constitutions-Urkunde
gar nichts.
Da die Angaben über Rinnahmen und Ausgaben des Ordens
interessante Einblicke über dessen Tätigkeit und Ausbreitung
geben, so ist es angebracht, einen Teil wörtlich wiederzugeben.
— 341 —
'weil dadurch alle übeririebenen Schilderungen von der Macht
des Ordens am besten widcrleji;! werden. Es heisst dn:
Von der Illuminaten (»rden oder Provinz Cassa in BayeriL
Einnahmen bey dieser Cassa.
a) Von dem Ordensstifter und jeden Areopogiten 1779 im
Juoy beiläufig ad fundiam cosso 1 Ducaten. Was Zwackh
zuvor erlegt hat kommt in den Rechnungen vor,
b) Von der Logen -Gasse: Vermöge des Vergleichs mit der
Loge von 16 Mitgliedern, welche den doppelten Tax be-
zahlten beyloufig 400 11 wie schon gemeldet wurde,
c) An Vorschussgeldern zu einem Anlehen für den Grafen
Portio in Mannheim haben einige llluminaten, Zwackh 25 fl.
oder 50 fl. Berger 25 11. Hertei 50 (1 Cossandey 20 fl. Grün-
berger und andere, die auf einer besonderen Liste stunden,
300 eUicIie, 90 fl. zusammengeschossen, für welche man
dem Grafen Portio einen Schein auf die Gesellschaft aus*
stellen lies, damil er- den Individuen nicht obligiret seyn
dürfte.
d) für die Illuminaten Grade wurde nichts bezahlt, die Ein-
nahmen bey den Minerval Versammlungen aber waren,
für die Receptions-Inilation und die Introduction 1 Ducaten
oder 1 Carolin oder 3 Ducaten, für das MinervaMnsigne
2 fl. 24 X und was bey jeder X'ersammlung an Almosen
und Strafgelder z. B. für das unterlassene quibus licet
12 oder 14 X einging. Der monatliche Beitrag der Miner-
valen w^ar 50 X und der Illuminaten 1 fl., wenn sie nicht
bey der Loge zaiilten oder dispensirt waren. Von den Illu-
minaten weiss ich einen einzigen (Attila) der nnstott des
monatlichen Beytrages olle Quartale 6 fl. 15 X im letzten
Jahre zu geben anfing.
Die Ausstände bey allen Minerva h\'ersam ml ungen werden
vermöge derselben Hecluiungen von 177U — 1785 über 1500 fl. aus-
machen. Was deductis deducendis bey den 1779 bis 81 in
Münclien, dann 1782 bis 84 zu Burghausen, Straubing, Regens-
burg und [.andsberg constituirten und zu Erding, Amberg und
Aichach angelegten Minerval-Versammlungen übrig blieb, w^urde
alle ([uortnl oder lialhe Jaln* meistentlieils von den Superioren
an die Provinz Directoi'es oder dem Pi"Ovinz-quaestor eingeschickt,
die Minet'val Versamminngen zu Preysingen, Ingolstadt und Neu-
bui-g haben ihre Gelder in loco verwenden können.
— 342 —
Die zwey ersten auswärtigen Mi nerval- Versammlungen zu
Eichstätt und Frankfurt standen zwar anfangs unter der Direc-
tion der hiesigen Areopogiten und fragten einmal an, ob sie
ihren Cassa Rest einschicken müsslen. Es wurde ilinen aber
von der Illuminaten-Versanimlung rescribiret, dass sie solche
behalten sollten und 1787 wurden beyde Versammlungen ihren
Provinzen überlassen.
Die besondere Einnahme von Mitgliedern, welclie ausser
den MinervabVersammlungen anfangs recipii'et wurden und was
einige Ausländer, die unter der Direction des Superior Salla
standen, weil sie an ihre Provinz noch nicht angewiesen werden
konnten, bezahlten oder vielmehr ausständig blieben, 63 fl. I
und es f\.
Von den Gassen der Provinzen (denn jede Provinz halte
eine eigene Cassa) wurde an die hiesige nichts abgegeben, so,
wie diese auch nichts an jene geschickt hat. Der Provinz Direk-
tor stellte zwar einmal an den Provinzial Constanzo das An-
suchen um 50 rt. jöhrhclien Beytiijg zum Untei^uilte eines Secre-
tarius für die Provinz Inspection. Man machte ihm Hoffnung,
Es wurde aber nichts bezahlt.
Das Project der Are(»})agiten von einer allgemeinen Cassa
und Universal-Archiv, dann die von Areopagil Iliilo (Knigge)
in seinem schottischen Rittergrade und Freymaurer-Constitutions-
Buche*) projectirte Abgaben, wie auch seine verschiedenen Pro-
messen, welche er in letzteren Briefen an Weisliaupt und
Zwackh äussert, blieben das, was sie waren — Projecten —
Promessen. Aber dessen Drohungen fingen mit seinem Aus-
tritte aus dem Ilh-t>rden 1783 an, in Erfülhmg zu kommen*
Wie viele Illumiiiaton und Minervalen ihi'en monatlichen
Beytrag ganz, oder halb, oder gar nicht erlegt, oder bey der Loge
bezahlt lioben, wann ein jeder zu zahlen anling und wieder auf-
hörte. Die Zahl der Mitglieder nahm mit den Jahren zu und
ab und von Zeit zu Zeit wurden einige introducirt, einige dimit-
tirt, einige in die Loge inscribirt, ob und was ein jeder Minerva!
bey der Heception, Initation und Introduction gegeben (die
Minervalen wTiren meist junge Leute, welche nichts bezahlen
konnten und deren Mehrei'e vom Orden unterstützt wurden)!
ferner wieviel die Minerv, Versammlungen von ihren Einnahmen
nach Abzug der Ausgaben hätten einschicken können, zeigen die
I
•) Ein solches Manuskript aus Zwackhs Nactilass in Händen des ,
— 343 —
Minerv. Rechnungen an. Welelie Minei'v. Versammlungen aber
ihre Abgeben eingeschickt haben und wie oft, kömmt in den
JOrdens Rechnungen vor.
Es ist nielit möglich, dieses üus dem K<»pfe anzugeben.
2. Ausgaben von der Illuminoten Ordenscasse.
o) Der Ordenssüfter wird von 1779—85 in allem 3 bis 400 fl.
empfongen haben.
b) Ein jeder der liiesigen Areopagiten {Calo, Scipio, Celsus et
Mnrius) erhielt für die bescmdereo Ausgaben wegen dem
t*rden 1779 bis Febr. 85 jährlicli 50 H.
c) Der Provinzial Constanzo aber vom Jänner 1783 bis Febn 85
inclusive monatlieh 25 fl. Unterhalts-Bevtrag. Was er 1782
empfing, kann ich mich nicht erinnern.
d) Vergütungen der Rciseuiikosten, z. B. dem Areop. Philo»
als er 1781 hier war, Beytrag 50 fl.
e) An Gratificotionen und Unterstützungen für andere Mit-
glieder:
Diese bestimmten in den ersten Jahren die Areopagiten,
in den letzten die Provinz Directores. Sie wurden ent-
weder gleich bei dem Minei'val Magistrat bezahlt, z. B. dem
Superioi* Tropponegro 60 iL, dem Miner-val Dillis 20 fl. oder
von der Ordenscasse z, B. dem Areop. Sohm für das co-
piren der Reproehenzettel; 84 fl. dem Miirerval Haberl, als
er in Wien practizirle, oder durch den I^roviuz Director von
den an ihn eingeschickten Minerval-Versammlungsabgaben
z. B. dem 111. Drexl 34 fl., dem Minerval Senner jun. etliche
Monat 8 IL
Für die Unkosten der Ordens-Correspondenz. Diese führte
in den letzten Jahren der Provinzial Constanzo fast ganz
allein und konnte die Auslagen dafür von den erhaltenen
Mi nerval' Abgaben abziehen.
Es folgen nun noch mehrere Positionen, welche die Ordens-
Ausgaben angeben, jedoch von keinem wesentlichen Interesse
sind, da sie rein allgemeine Geschäftsausgnben enthalten.
Diese wahrheitsgemässen Angaben zeigen deutlich, dass
im Illuminatenorden wirklich keine Reichtümer gesammelt
wurden, die zu verbrecherischen Zwecken benutzt werden
[konnten und dass Baron Mändls Angaben in der Luft hingen.
lertel hat auch Glauben beim Kurfürsten gefunden und wurde
— 314 -
infolgedessen am 10. Mai 1788 laut Belehl mit der \'erwarnung
entlassen, duss, falls sicli über kurz oder lang herausstelle»
Arrestant sei nicht mit der Wohi^heit herausgegangen oder
mache sich im geringsten verdachtig, in Zukunft der llluminaten-
sekte neuerdings mit Worten oder Werken anzuhängen, so wird
man ihn wieder in den Arrest bringen und nicht sobald enl*
lassen. — E)ie ihm gehörigen beschlagnalimten (lelder wurden
laut Befehl \om 17. Mai 1788 zurückerstatlet, jedoch niclit ohne
Abzug der gemachten Auslagen. Hertel blieb weiterhin un-
behelligt, die Verwarnung brauchte nicht betätigt zu werden,
Durcli die eoldeckteii Namenslisten war es oftenkundig,
dass sehr viele Geistliche dem Orden anhingen, eine Erscheinung,
die natürlich in höheren klerikalen Kreisen sehr missbebig an-
gesehen wurde und den Fürsüiischof von Regensburg veran-
lassten, ein Vei'bol*) für alle Geistlichen zu erlassen.
Die Freimaurerzeitung Nr. 58 und Folge**) berichtet über
dieses Verbot folgendes:
Neuwied, d, 19. Juli 1787.
Auszug eines Schreibens vom Donaustrom
d. d. den 9. Jul.
Wer sollte glauben, dass man im Jahre 17S7 noch Ketzer
machen würde? Und dennoch geschieht es. Ganz küi'zlich er-
liess der Herr Fürstbiscliof von Regensburg einen Hirtenbrief
gegen die Illuminoten, den ich wegen seiner Merkwürdigkeil
liier beyfüge. Nun muss die Religion zum Deckmanlei der Ver-
Inigung dienen, w^cil sonst die Feinde des Illuminatismus in
einer schändlichen Blosse erscheinen würden. Befremdend ist
es eben nicht, dass der Herr Fürstbischof von Regensburg sich
zu diesem Schritt entschloss. Dieser würdige Oberhirt hat seine
ganze Familie in Raiei'n, und zieht anselmliche Finkünlle aus
demselben. Der wolilverschrieene Herr Pater Frank smII es
sogar dahin gebracht liaben, dass man allen Bischöfen des
Bairischen Kreises mit Spen'ung ihrer Temporalien drohete,
wofern sie sich nicht nach seinen Absicliten fügten. Demun-
geachtet konnte wedei- der vorlreffhche Herr Frzbischof zu Salz-
buT^, noch die Herren Bischöfe zu Passau, Freys ingen***) und
*) Ein Originalabdryck im Besitz des Autors.
••) Ebenfalls im Besila des Autors.
•**) Welcher Irrtum de.^ SciireÜJ^rs hier vorliegt, beweisen die päpst-
lichen Briefe.
I
— 345 —
^.
'Eichstädt zu ähnlichen Schritten bewogen werden. Dreymal ver-
suchte es schon Pater Frank, den letztem zu einer Inquisition
gegen die llluminalen zu bereden. Man bot ilim sogar Soldaten
an, w^enn das Volk, welches von der Unschuld dieser Männer
überzeugt ist, etwa einen Aufstand erregen sollte. Da sich die
eben genannten Herren Bischöfe nicht dazu verstanden, so ver-
breiteten die Jesuiten ein Ideal eines Hirtenbriefes, welches sie
uf die unverschämteste Weise dem Herrn Fürstbischof von
Freysingen unterschoben. Ein Ideal, welches ganz den Stempel
Frankischer Rlietorik trägt und von Widersprüchen wimmelt.
o nennt es die Illuminaten bald eine Socianische Seele . bald
eisten, bald gar AÜieisten, zum Beweise, dass ilu-e Hasser
bst noch nicht wissen, warum sie sie verdammen. Rachsucht
nd Eigennutz sind die einzigen Triebfedern, welche ihren Fall
verursacht haben. Selbst der Herr Fürstbischof von Freysingen
fand ihre Lehre rein, als er die Geistlichen seines Sprengeis
darüber zur Rede stellte, und er denkt zu christlich, als dass
r Unschuldige auch nur kränken könnte. Das Mandat des
Herrn Fürstbischofs von Regensburg lautet folgendei^eslalt.
Des Hochwüi^digsten Fürsten und Heri-n,
tHerrn Maximilian Prokop, Bischofes zu Regensburg,
las Heil Rom. Reichs Fürsten etc, Grafen von Torring-
Uttenbach, Herrn auf Torring und Dengling, des hohen
Ritterordens St. Georgii Grosskreuz, und infulierteu
*Dbstes zu Straubing etc. Wir Suffraganeus, Praeses
lonsistorii, Vice-Prases, tX'ficialis, und andere zu den
geistlichen Sachen geoi'dnete Röthe elc.
Es ha,t sich der llluminatismus dergestalt verbreitet, dass
sogar der geistHche Stand nicht ganz davon befreyet,
andern ein Theil des Cleri tarn secularis quam regularis, damit
angesteckt ist, und noch einige derselben gegen das ansdrück-
»liche landesherrliche Verboth dieser Sekte anhangen, und selbe
nach iln^en hochstverdorbenen Grundsätzen zu verbreiten sich
^beeifern.
f Damit nun diese für den Staat, Religion, und gute Sitten
sehr gefälu^iciie und schädliche Sekte in Unserm Bisstluime
t gänzlich unlei'drücket und ausgerottet werde: so befehlen Wir
anmit in virlate sanctue (Jbedientiae, dass jeder sowohl Sekuhir-
pls Hegularpriester, der dem Illuminotismo beygethan ist, dieser
Sekte sogleich entsage, und dass jeder Dechant auf seine unter-
gebene Kapitularen, auch jeder Pfarrer auf seine Mitkapitularen,
OrdensgeisHiclie und Gesellpriester besiändig ein wachbares
Auge habe, und jene, welche sich durch freye Derikungs- und
Lebensart, oder sonst mit Worten und Werken des Illuminatismi
verdächtig machen, sogleich unmittelbar anlier anzeige, und von
allen Vorfallen umständliche Nachriclit erthcile: wo Wir noch-
hin nicht eminngeln werden, nach gepHogencr Untersuchung der
Sache, mit geistliclien Strafen und Censuren nach Vorschrift
der geistlichen Hechle gegen die Ungehorsamen zu verfahreti
und selbe schärfest zu bestrafen.
Gleichwie aber der Illuminatismus dadurch in Unserm
Bisslhume Wurzel gefasst hat, weil von subalternen Obern auf
die Disciplin kein wochsames Augenmerk gewendet worden ist;
so befehlen Wir nn mit ernslgemessenst allen Declianten und
Pfarrern, über die Kirchendisciplin, DiÖzesanverordnungen, und
die mehrfällig erlossenen Generalien nicht mir genauest zu in*;
vigiliren, sondern aucli die Ueberü-eler- derselben ebenfalls so-
gleich anhero namhaft zu machen, und über derselben Vei^ehen
umständlichen Bericht zu erstatten.
Gegenwartiges Generalmandot haben sämmtliche Declianten
ihren Kapitularen zu kommuniziren, welche selbes ihren Geselb
priestern publiziren sollen, damit sich keiner mit einer Unwissen-
heit diessfalls entscliuldigen könne. Gegeben im geistlichen
Rathe zu
Regensburg, d. Slsten May 1787.
Valentin Anton L. B. de Schneid.
Episcopus Corucensis, SufTraganeus, Preeses
Consistorii, eSc Eeclesiae cathedralis summus Scholasticus.
Andreas Mayer, Ss. Theol. Ltc. Consil
EccL v. Notarius Apostolicus.
Das andere Schriftstück tldeal eines Hirtenbriefes etc.«
nannt, zeigt auf dem Titelblatte die Bemerkung:
»bereits in seinem Sechs Monatlichen Entstehen, noch|
aber nicht aus verstopfter Quelle in seiner Existenze.« —
Daraus seheint hervorzugehen, dass von den Or-densfeinderi
der Bischof \. Freysingen möglichst gezwungen werden sollte,,
eine ahnliche Schimpferei und Verdonnerung der Hluminaton]
bekannt zu gehen, wie dieses Ideal eines Hirtenbriefes enthält.
Der Bischof mag jedoch über die Folgen seines Hriefwechselsj
347
nach Rom selbst erschreckt gewesen sein und wünschte nicht
noch mehr Ol ins Feuer zu giessen. Er verhielt sich deswegen
solchen Anzapfungen gegenüber passiv, zum grössten Missmule
seiner Angreiter,
I Die Erscheinung nun, dass so viele Geistliche sich dem
Orden anschlössen, hat einen sehr einleuclitenden Grund, wenn
man sich in Erinnerung ruft, wns Kluckhohn (s. Seite 10) über
den Zustand abergläubischer Gebräuche sagt — Denkende
Köpfe, und wer würde wogen zu behaupten, dass gei'ode der
geistliche Stand nicht solche jederzeit aufzuweisen hat, durften
in jener Zeit sich gar nicht oflentUcli über vorliandene Miss-
brauche in der Religion äussern, die Kirche verlangt unbedingten
rlehorsam und Glauben an solche Salze, die sie als Wahrheit
ausgibt Wissenschüft und Gedankenfreiheit mussten dernzufolgo
zu allen Zeiten sich verbergen, wenn das Dogma mit Richtbeil,
Galgen und Scheiterhaufen seine unbezwingliche Herrschaft be-
hauptete, — aber nur verbergen, sie konnten nicht vertilgt
werden. In den ältesten Zeiten hatte die Prieslerscbaft selbst
Kin den geheimnisvollen Mysterien ihre tiefere Erkenntnis der
Öffentlichkeit verborgen, in denen des Mittelnlters und jener
Periode, die hier geschildert ist, war sie jedoch wieder Sklave
Bihrer Unwissenheit gewurden, die ein freies Denken verboten
^kiid so flohen jene Priester, die nun einmal ketzerische Ge-
BnaTiken nicht unterdrücken konnten, in den Schoss geheimer
^Gesellschaften, hoffend, dort eine nicht vertrocknete Geistes-
nahrung zu tinden.
Hier in dem Kreise von Männern, die durch ein gleiche«
Ziel zusammengeführt wurden, konnte ein ofTenes WoH ge-
■sprochen und angehört werden, ohne schwere geisthche Pönitenz
auf sich zu laden. Den Inhalt von Schriften konnten sie er-
fahren, die zu lesen strenge verboten, — kurz, viele Dinge
konnten in der Loge von anderer, als der eigenen einseitigen
Breite betrachtet werden. Das musste reizen und wirkte auch
für jene Geistlichen anziehend, die recht gut wussten, dass sie
Idem Volke nicht immer das boten, was in ihrer eigenen Seele
schlummerte, weil sie die Allgemeinheit für unfähig hielten,
höhere Wahrheiten zu begreifen.
Der illuminatenorden stand jedoch in dem Rufe, die Lehren
das Urchristentums zu bewahren und sein Prieslergrad war
auch dazu angetan, diesen Gedanken zu bestärken, trotzdem
nicht bewiesen werden kann, dass Weishaupt eine «solche Ab-
348
sieht verfolgte. Im Gegefileil, Weishaupt ist darüber sehr ver-
wundert und sagt kopfseliültelnd: »Ich hätte nicht gedacht, dass
ic]i noch ein neuer Religio risstifter worden würde.« — M^'ohl
über steht es fest, dass Knigge in den von ihm ausgearbeiteten
Ritualen den Gedanlven ausstreute» der (h^den sei im Besitze
jjiter üherbi'aL'hter Geljeimnisse. — Die Freimaurerei beansprucht
für sich, nocli heute als ein Hort aitchristlieher Symbolik an-
geseljen zu werden. Die in den Logen gepflegten Legenden
wuitien ganz nach dem geistigen Standpunkte ihrer Vertreter
und Mitglieder, teils auf Salomo, teils auf Christus gedeutet,
es ist daher das Beginnen Knigges, schon damals eine ener-
gische Schwenkung nach der christlichen Seite auszuführen,
keineswegs verwunderlich, nur fand er dabei nicht bei Weis-
haupt die erhofite ganzliche Zustimmung.
Durch dieses Beginnen musslen jedoch Geistliche jeden-
falls sympathisch berührt werden, zumal eine Profonation reli-
giöser Gel^räuche alisolut nicht vorkam und angstlich vermieden
wau'de. Alle diese Dinge, zu denen nicht w^enig auch die da- -
maligen politischen Zustande, durch die weltlichen Machtbefug- ^
nisse der regierenden FürstbiscliÖfe, die manclimal mehr Be-
Wegungsfreiheit in einzelnen Diözesen gestatteten, beitrugen, er- ■
klären den Zuzug von Geistlichen zwangslos. |
Natürlich war das nicht nach dem Geschmack der kirch
liehen und weltHclien Gewalthaber; die durch den Klerus auf
den unbedingten Gehorsom der Bevölkerung i'echnen, ist dieser
zu autgeklärt, so würde dem Volke mit Siclierheit ebenfalls
helleres Licht gegeben.
Es wurde dahei\ um sich zu vergewissern, dass die Seuche
des Illuminotismus niclit unter der Geisiliclikeit weiter um sich
greife, das so ungemein l>eliebte Mittel der un versehenen Visi-
tationen auch hier angewandt, wie aus dem michfolgenden, für
die damaligen Zustände sehr charakteristischen Brief, der an
den Fürstbischof von Regensburg gerichtet ist, und aus dem sn
recht klar ersiclitlich ist, wie unholtbar diese geworden \\aren,
hervoi'geht.
Unsere Freundschaft zuvor:
Hochwürdiger in Gott Vatter, besondei*s lieber Freund Ij
Wir finden selbst rathsam zu seyn, dass die Bischöflichen V^isi*!
tationes bey. den Pfarrern und andere untergebene Diocoseal
I
349 —
Geistlichkeit allemal unversehener Weise von^^enolimen werden^
und verlangen dalier nicht, das, wenn solclie nur die Spiritae
alio, oder disciplinaria betreften, bey Uns, oder Unserem geisN
liehen Rath eine vorläufige Anzeige, oder requit^ition hierin ge-
schehe.
y Wir werden auch Euer Liebden mit dem weltlichen Arm
allenthalben wo er immer nöthig seyn mag, durch Unsere noch*
geordnete Obrigkeiten hierin zu unterstützen niclU ermoogeln.
Es steht Euer Liebden denn hieriüichst frey die Visitation auf
Unsern teutschen und lateinischen Schulen quo ad Religioneni
Hl mores in dero Dioces vorzunehmen.
^ Wir gedenken hierzu weder einen Commissarius bey zu
ordnen, noch sonst ein Hinderniss liierin zu machen, oder dem
Unsrigen dergleichen zu gestatten, sondern vielmehr hey einem
so löblich, als gcmeinnüzigen Werk oll benöthigen \'orsclmb zu
geben und verbleiben Euer Liebden mit allem guten wohlbey-
Iethan.
k München, Carl Theodor
I d. IL September 1787- (unterschrieben mit allen
I seinen Titeln.)
Man sieht, wohin das Schulwesen jener Zeit, das unter
Ickstöü einen so schönen Aufschwung genommen hatte, wieder
P||eraien war, dass es gänzlich dem Obscurantentum wieder aus-
geliefert wurde und seufzend auf den Retter aus solcher Not
warten mussle.
Die Aiisbreitimg des Ordens,
Die Frage: Wie weit hat sich der Orden zur Zeit seiner
istcn Blüte, also bis kurz vor der bayrischen Verfol/^iings-
zeit erstreckt? ist heule nicht leicht zu beantworten. Tatsache
ist, dass in ganz Üeutsehlünd Verbindungen angeknüpft worden
waren, auf Grund der freimourerischen Beziehungen, ob jedoch
diese zu einer grösseren Tätigkeit sich aufwnrfen, ist sehr schwer
zu bestimmen. Nur wenige Dokumente existieren als Nachweis»
denn es ist natürlich, dass solche in der Verfolgungszeit in
Bayern vernichtet wurden, um nicht verdächtigt zu werden und
— 350 -
äussere Verbindungen ziemlich schroff abgebi-ochen wurden.*)
als sicli die Skandolsuclit erhob und dem Orden und deren
Leiter alle erdenklichen Schlechtigkeiten ondichtete. lin Laufe
der Zeit sind dann die betreffenden Schriften von den Lugen
als minderwertig missachtet und beseitigt worden, so dass eine
Aufklärung heute ungemein erschwert ist.
Den besten AnhaU gibt immer noch die von Knigge aus-
gearbeitete National- Direktions-Tabelle vom Deutschland, doch ist
dabei zu bedenken, dass die in dieser Tabelle angegebenen Land-
striche nicht alle von Illuminaten bevölkert waren, sondern dass
man hoffte, durch die schon vorhandenen Beziehungen in diesen
werbend mit Erfolg vorgehen zu können. Knigge war jedoch
zu praktisch, um aussichtslos Einteilungen zu schafften, es kann
daher immer angenommen werden, dass in den genannten Städten
aussicIitsvoUe Beziehungen vorhanden waren.
Das Oberhaupt des Ordens w^ar der Geheime Areopag mit
dem Ordensgeneral Weishaupt on der Spitze. Diese ernannten
den National-Oberen, zu dem in letzter Zeit Graf Stollberg zu
Neuwied ausorsehen war. Dieser National-Direktion unterstanden
nun laut Tabelle 3 lnspektionen, die sich wieder in ProvinziaU
Direkliuneii oder Prafekturen teilten. Zur ersten Inspektion ge-
liörte Bayern, Schwaben, Fronken; zur zweiten: die Kurrheini-
schen Kreise» die Oberrheinischen und Westfälischen; zur dritten
Inspektirm gehörte ober- und Niedersachsen.
Die Frovinzial Direktionen erhielten nun w^ieder Schottische
Direktorien, denen die Städte dieser Bezirke unterstanden. Diese
Städte alle anzuführen, ist zwecklos, da sicher nicht überall
Illuminaten lebten, sondern diese Städte der Zukunflsarbeit
wegen genannt sind, die schottischen Direktorien dürfen jedoch
wohl meistens als Bestand habend anzusehen sein. Die
Tabelle gibt folgende an:
In Bayern: München, Salzburg, Regensburg, Freysingen.
Schw^aben: Augslmrg, Stuttgart, Oettingen, Kai*lsruhe.
Kranken: Eichstädt, Würzburg, Bayreuth, Meinungen.
Kurrheinischer Kreis: Mannheim oder Heidelberg, Mainz,]
Cobtenz oder Trier, Bonn oder Cöln.
Oberrheinischer Kreis: Kassel, Wetzlar, Frankfurt, Darmstadt,)
Speyer.
*) Die ersten Minerva I-Grade befinden sich z« B. noch iit der Freimaurer-J
Loge zu Emden im OrtginalmanusknpL
— 351 —
Westfälischei" Kreis: Neuwied» Münster, Paderljorn, Olden-
burg,
Obersachsen: Dresden oder Leipzig, Berlin, Weimar oder
Gotha, Dessau.
Niedersochsen: Horrnover, ßraunschweig, Bremen, Strelilz.
I
I
Zieht man von diesen Schottischen Direktorien selbst die
Stfidte, die miteinander durch »oderc verbunden sind, als zweifel-
hafte ab, weil aus diesem *oder< hervorgeht, dass zur Ent-
stehung der Tabelle noch keine Klarheit herrschte, wohin das
Direktorium zu verlegen sei, so bleibt dennoch ein ganz be-
deutender Wirkungskreis übrig, in dem nach dem IlUuminaten-
systeni des Schottenritus gearbeitet wurde. Da jedoch unter
den Andreasrittern, dem lUuminatus major, die kleineren Blu-
minaten und Minervole standen, aus denen letzteren Miner-
valkirchen (so hiessen deren Versammlungen) gebildet wurden,
so ergibt sich, dass die Organisation sehr weit sich ausbreiten
konnte und jedenfalls auch ausgebreitet hatte.
Der Ankläger Staack, dessen Ausfülirungen, wie wir später
sehen werden, zwar keineswegs immer zutreffende sind, gibt
im Jahre 1803 über die Ausbreitung des Ordens beachtenswerte
Daten anT^ilso zu einer Zeit, in der die Richtigkeit derselben
noch nachzuprüfen möglich war, denen jedoch meines Wissens
uiclit widersi>rochen wurde. Diese Daten mögen darum hier
einen Platz ünden.
Er sagt Seite 316. Der Triumph der Philosophie.
»Man kann sich von der weiten Ausbreitung einen Begriff
machen, wenn man aus der Oi-densgeographie nur die einzige
Inspeclion Dacien ausliebt, welche in vier sogenannte Präfec-
turen abgelheilet war. Von diesen enthielt die erste (Lydien),
welche Hessenkassel, Hersfeld, Waldeck und einen Theil der
Wetterau begriff, aussei' Kossel (Gordium) Marburg (Lueejum),
Friedberg (Myracium) und Wetzlar (Sebaste), noch 16 nicht un-
beträchtliche t *e!*ter, worin Illuminaten sich befanden, die zweyte
PrÖfektur (Epirus), welche Frankfurt, das Fuldaische, dns Hanau-
ische. Solmsische und Ysenburgsche begriff, entliielt ausser
Frankfurt, Fulda, Hanau und Offenbach noch 8 Oerter, Die
dritte (Peloponnesus) die dns Darmstädtsche, Homburgsche,
Weilburgschc, Usingische und Sanrbrücksche begriff, zählle
ausser Darmstudt (Lysti*a), Giessen (Eudoxias), Homburg (An ti um).
— 352
Weillmi'g (Bersabe) und Wiesboden (Leucopolis) auch noch
8 (»erter. Die vierie (Apulien) begriff das Herzogthum Zwey-
brücken, die Bisthümei' Speier und Woi-ms, das Sälmische und
Leiningische, und enthielt aussei- Zweybrücken (Sodom) Speier
(Issus), Worms (Elis) noch 9 Städte.
Um die Zeit, als diese geographische Eintheilung gemacht
wurde, befanden sich in Wetzhir allein 26 Illuminoten, zu Cassel
sieben, zu Marburg sechs zu Speier neune, zu Frankfurt 22 u. s.w.
und so war es verhällnisinässig an andern Orten. — — —
I
Nach dem Auslande hat sich ausser nach Osterreich der|
Orden kaum bedeutend ausgedehnt, Alle Andeutungeli hier-
über, die aus den Briefen der Originalschnften, sowie des Nach-
trags hierzu her\'orgehen, sind nur fromme Wünsche. Weis-
baupt selbst war stets der Meinung, dass der (Jrden erst im
Inlande erstarken müsse, und stellte sicli darum solchen Ab-
sichten entgegen. Auch Knigge schreibt z. B. über Frankreich
in einem Bericht vom Juli 1782: >Hier rathe ich noch vorerst
nichts zu unternelmien. Ehe ich nicht die Gescljäfte vom Halse
habe, lasse ich sogar alle Vorschläge in Elsass und Lothringen
liegen. —
Werui auctj einige Ausländer dem Orden angehörten, oh
nun als Maurer oder lUuminalen, so kann danms noch lange
nicht auf eine regelrechte Ordens-firganisation im Auslande ge-
schlossen werden, die unter dem Szepter des Spartocus stand.
Knigge wäre der Mann gewesen, solche Ausbi'eitung zu in-
szenieren, die jedoch durcli seinen Austritt und die bald deraut
ausbrechende starke Ordensverfolgung völlig in die Brüche ging. —
Fragt man, wer gehörte altes dem Orden seiner Zeit an,
so kann man mit, Fug und Recht sagen, der grösste Teil der
damals bekannt gewordenen, nach Aufklärung strebenden Geister.
Viele fühlten sich zwar nicht lietriedigt und verloren das Inter-|
esse bald, weil die Scbulmaniei* der ( »rdensführung ihnen nicht
behagte, andere wieder wurden durch die Angritte abgeschreckt,
ein bedeutender Teil empfing jedoch wertvolle Anregungen für
die weitere Lebenslaurbahn und fand Gelegenheit, sie in dea
umwalzenden Ereignissen späterer Jahre zu verwerten.
Es heisst, der Orden sei von vielen Füi'stcn beschützt
worden, die Mitglieder desselben waren. So sehr gross war die
Anzahl fürstlicher Personen nicht, sie besteht aus folgenden:
Carl August v, Sachsen -Weimar.
Eine grosse Anzahl von Angehörigen des Adels zählte j©
doch zu den Ordensmifghedern, diese alle nach den noch von
handenen, wenn auch nicht erschöpfenden Listen aufzuzahlen,
würde den umfang dieses Werkes, ohne wesentlielieu Vortei
für den Leser, bedeutend vergrössern, es kann daher davon Ab
stand genommen werden.
— 856 —
I
I
ment zeigt das Datum Weimar, den 11. Februar 1783 und ist
dem schon mehrfach envähnten Br Bode ausgestellt und be-
händigt worden, auf dessen Veranlassung auch der Herzog von
Gotha und der Prinz August von Sachsen, G_oethe sowie Hßi'der
fast zur gleichen Zeit eintraten. Dass Goethe einen lebhaften
Anteil an dem Orden genommen hätte, ist nicht erwiesen und
infolge der bald eintretenden Verbote auch nicht anzunehmen.
Sein Interesse dürfte bald erlahmt sein und die liluminaten-Zu-
gehöngkeit schlief dann ein, während die der Fi'eimaurerei be-^
stehen blieb. Wohl aber dürfte atizunehmen sein, dass Weis-
haupt, als er in Gotha lebte, zumal er mit dem Weimarer Hof
Beziehungen unterhielt, Goethe persönlich nicht fremd geblieben
ist. Hierfür sind Beweise jedoch nicht vorhanden.
Gehörte Goethe dem Orden unler dem Namen Aboris on;
so ist die Frage naheliegend, ob Schiller nicht ebenfalls Illu-
minat war. Es ist das nicht anzunehmen, obschon er mit Illu-
minaten eng befreundet war, unter anderen auch mit Bode,
Schillei- schreibt an Körner aus Weimar am 10. Sept. 1787, im
Anschluss an das Seite 227 bereits wiedergegebene Urteil über
Weishaupt: »Bode hat mich sondirt, ob ich nicht Maurer werden
wollle. Hier hält man ihn für einen der wichtigsten Menschen
im ganzen (trden. Was vveisst du von ihm?* —
In Selnllers Briefen finden sich jedoch weitere Andeutungen
nicht, folglich scheinen die Bemühungen Bodes vergebliche gd^
blieben zu sein. Die Frage, ob Schiller' Itluminat \\'m\ ist daher
zu verneinen, trotz der in jener Zeit manchmal auftauchenden
gegenteiligen Behauptung.
Ausserhalb des Adels gehörten dem Orden viele Gelehrt
und Schnftstellci% sodann Künstler und Theologen an. Aus"
Handwerkerkreisen linden sich gar keine Namen veraeichnet.
Dieser Umstand kann auch dadurch zu erklären sein, dass die
Vertreter des Handwerks damals als mindergefährliche Menschei
angesehen wurden, die in Listen anzuführen von der Regierung
als unnötig erachtet wurde, wenigstens tinden sich in den amt
liehen Listen deren Namen nicht. Ordenslisten aus jener Zeit
ausser den bei dem ei^chlagenen Lanz gefundenen, exislierei
nicht mehr.
— 357 —
Illnmiuatlsiniis nnd Freimaurerei.
der vert3lTeiitlichten (h-densgeschrchte Zwacklis haben
wir bereiLs ersehen, in welch innigem Zusammenbringe der
Orden mit der Freimaurerei stand, und dass unter der Bezeich-
nung Illuminaten-Freimaiirerei eine ganz besondere Richtung zu
verstehen ist, die naher zu beleuchten der Mühe wert ist. Es
existiert noch zu Händen des Autors das beroits von Hertel er-
wähnte durch Knigge verfasste Freymäurer-Constitutionsbuch
und dieses gibt Einblicke, namentlich in die Absichten Knigges,
die einfach darauf hinausgingen, die gesamten damaligen Frei-
maurer zu lUuminaten-Freimaurer umzuwandeln. Diese Ab-
sicht würde höchstwahrscheinlich gelungen sein, wenn die
Ordensveifolgung nicht ausgebrochen wäre. Es ist daher mehr
als wahrscheinlich, dass diese auch aus dem Grunde entstanden
ist, einer solchen Machtentfaltung vorzubeugen. Jedenfalls war
es dringendstes Interesse jener Obern, die den Rosenkreuzer-
Orden leiteten, die damals von ihrer Bedeutung herabgesunkene
zersplitterte Freimaurerei, nicht plötzlich durch den Illuminaten-
orden wieder geeint und in ihrer Organisation zentralisiert zu
sehen, als dann allerdings zu fürchtende Macht. Der Plan, den
Knigge erdacht hatte, war unbedingt schlau und wirksam, die
Mittel, das Vertrauen der Brüder zu erringen^ geradezu genial;
das Conslitutionsbuch gibt darüber genügende Aufklärung, Um
I jedoch dessen Inhalt zu würdigen, ist es notwendig, uns vorher
kurz umzusehen, wie es mit der Freimaurerei in jener Zeit aussah.
Karl Gotthelf, Reiclisfreiherr v. Hund, halte Mitre des
18. Jahrhunderts das System der sogenannten strikten Obser-
^vanz aufgebracht, das dazu dienen sollte, den Tempelherrnorden,
y dessen heimliches Fortbestehen ihm glaubhaft gemacht worden
und zu dessen Heermeister er ernannt sein wollte, durch Hilfe
der Freimaurerei wieder zu seinem früheren Glänze zu ver
helfen, Rat'on Hund spielte in jener Zeit in der Geschichte der
■Freimaurerei eine merkwürdige Rolle dadurch, dass er seine
Ernennung sowie Auskünfte durch unbekannte Obere, die
strengen Gehorsam — daher strikte Observanz — verlangten,
erhalten haben wollte. Dieser Umstand brachte ihn spater in
den Verdacht eines Schwindlers, der er jedoch nicht war, viel-
mehr ist er als ein leichtgläubig Betrogener anzusehen, der in
seiner Schwärmerei sogar sein bedeutendes Vermögen unfruclrt-
Ibaren Ideen opferte. Die »strikte Observanzt fand Boden und
^
— 358
viele Logen tiTiten dem System dieser Tempelherrn unter dem
Heeri
Hund bei. Es
ichi
ich dadurch
I
rme ister v
dass über den 3 Joluninisgraden der allgemeinen Freimaurerei
der schottische Meistergrad eingeführt wurde» der noch heute
üblich ist, und darüber drei weitere Grade; 1. Maitre elu oder
Chevalier de Toigle. 2. Chevalier illustre oder Tempüer. 3. Cheva-
lier sublime. Spater wurden diese Grade wieder abgeändert.
Uns interessiert nur bei diesen Unlersuchungeo der Schotlen-
meister, der seit jener Zeit eng mit der Freimaurerei verbunden
ist und weisen wir auT diesen Umstand hin. Der Tempelherrn-
Orden*) verliel später wieder und wurde 1782 auf dem Konvent
zu Wilhelmsbad, den Knigge besuchte, verlassen. Inzwischen
war Herzog Ferdinand w Braunschweig, der dem v, Hundschen
Tempel herrnsystem als Amicus und Protektor beigetreten war,
1772 zum Gi'ossmeister aller schottischen Logen unter dem Titel
Magnus Superior ordinis per Germaniam inferiorem envahlt
und am 2L Oktober in Bi'aunsehweig eingesetzt worden. Der
Herzog wurde ebenfalls von den französischen und italienischen
Kapiteln als Grossmeister anerkannt." 1782 rief er den Konvente
von Willielmsbad ein, weil er das Tempelherrnsystem als irrig
erkannt hatte, infolgedessen wurde beschlossen es aufzuheben
und dafür den Gi-ad der Ritter der Wohltätigkeit einzuführen.
Er blieb nunmehr Generalgrossmeister aller Provinzen der!
Ritter der Wohltätigkeit und der rektifizierten Freimaurerei, so
dass er letztere gänzlich beherrschte. 1783 trat der Herzog dem
lliuminatenorden.bei und dazu dürfte ihn wohl sicher der Um*
stand bewogen haben, dass der Sehottengrad als Andreasgrad
von Weishaupt aufgenommen und laut dem Constitutionsbuch von
Knigge derartig beai'beitet woi-den war, dass die früheren An-
hanger der strikten Obsen^anz sicher interessiert und für das^
Illuminalensystem eingenommen werden mussten, Knigge hatte
ganz besondei-en Wert auf die Organisation der Scliotten-Direk
tonen gelegt, denen die anderen Logen unterstanden. Seine*
National-Dir*ektions Tabelle von Deutschland beweist, wie ziel-
bewusst er vorging. Hr wusste, dass hier allen Freimaurern
die Tür zur Verbindung mit dem Illuminatenorden weit ge-
öffnet wurde, einmal diese Schwelle übertreten, wurde es dann
leicht, die geeigneten Personen auch dem Orden zuzufüht^n
•) über alle diese Dinge, die liier nur berölirt werden, gihl Lennings
Allgemeines Handbuch der Freimaureroi, Leijj/jg 190Ö/01, Max Hes&es Verl
genaue Auslcunfl.
— 360 —
beträchüichen Städten seines ihm angewiesenen Dlstricts, Logen
der drey ersten Fr. Mr. Grade angelegt, und in solchen gute,
moralische, angesehene, wohlhabende Leute aufgenommen
werden, w^enn diese euch sonst zu unsern hohem Zwecken
nicht brauchbar sind.
2. Die ConstiluUon muss das geheime Capittel in der
Landes Sprache, nach dem Formular (Beylage A.) auf den welt-
lichen Namen des Meisters vom Stuhl ausfertigen, der zuerst
dieses Amt bekleiden solL
3. Sind schon Logen der andern sogenannten Freymaurer-
Systemen dort etablirt; so soll man entweder daneben eine ächte
anlegen» oder wenn dies wegen Unbeti*öchtlichkeit des Ortes
oder anderer Umstände wegen, nicht anginge; so soll man in
jener Loge heimlich das Übergewicht zu erhalten, und dieselben
entweder zu reform iren oder zu sprengen suchen. J
4. Will Jemand das Recht der Erleuchten Obern, Logen"
zu errichten, bezweifeln, so sagt man ihm, man erlaube ihm
das gern. Das gute, neue, w^ahre sey allein acht, und wennJ
er irgendwo etwas besseres, wichtigeres, nützlichers für die Welt,
neueres und wahreres, mit eben so leichter Mühe erhalten könne,
so solle er dahin gehen und nur sagen, er seye von uns be-
trogen.
5. Man soll unsern Leuten wohl einprägen, dass sie sich
hüten, ohne ausdrückliche Erlaubnis der Obern, keine von den
sogenannten Logen zu besuchen, welche von England aus, oderl
sonst constituirt worden sind, und welche, ausser einem unter*
schriebenen und untersiegelten Briefe, einigen Sinnbildern,
welche sie gar nicht oder ganzlich falsch verstehen, und einigen
niclitssagenden Ceremonieii, von der wahren Freymaurerey, ihren
hohen Zwecken und ihren höchsten Obern nichts wissen. Auch
kann aus sehr viel Gründen, nicht leicht jemand von ihnen, ob-j
gleich sehr würdige Männer darunter sind, bey unsern Logen-
versnmmlungen zugelassen w'erden. Nur eine Loge ist in]
Deutschland, die nicht melir mit unsern höchsten Obern inj
Verbindung, aber doch aus achter Quelle constituirt worden ist.]
Allein sie arbeitet nicht mehr
6. Obgleich jeder Minerval Freymaurer werden muss, so'
muss er doch nicht merken, dass man ihn dazu bew^egen will,
und dass seine weitere Beförderung davon abhängt, sondern esi
muss wo möglich der W^unsch bey ihm ganz von sich selbst
entstehen. Bittet er nun um die Erlaubnis Freymaurer zu
361
*
*
I
I
werden, so entdecket man ihm, dass der 0. in unmittelbarer
Verbindung mit der einzigen ächten Maurerey stehe und man
ihm die Mittel zu dieser zu gelangen erleichtern könne.
7. Das Capittel soll sorgen, dass diejenigen von unsern
Leuten, welche etwa eingenommen gegen die Freymaurerey sind,
nach und nach von diesem Wiederwillen zurückkommen, und
bey ihnen Lust entstehe, Maurer zu werden. Man kann ihnen
begreiflich machen, wie wenig wahrhaftig erleuchtete Freymäurer
es gebe, und dass diejenigen Logen, welche ihren Widerwillen
gegen die Sache erregt haben, keine ächte Logen sind, möchten
sie auch die besten Constitutionen heben. Die Freymaurerey
ist keine Kunst, eine Wissenschaft, kein Handwerk, Sie erfordert
Studium. Ihre Ächtlieit beruht auf Kenntnisse, nicht auf
Verbriefungen.*)
8. Hat ein Minerval sehr wichtige Gründe, nicht Öffentlich
Frevmaurer werden zu wollen, als welches der Präfect beurteilen
muss; so kann er auch mit Erlaubniss der Provinzial-Loge,
heimlich aufgenommen werden.
9. (Ist nebensächlich.)
10. Wenn jemand schon in einem andern System Fr, Mr,
geworden ist und zu unsern Logen übergeht, so bezahlet er eine
kleine Taxe, und muss uns den Gehorsam durch einen Hand-
schlag leisten. Will ein solcher, der überhaupt ein Freymaurer
unseres Systems, weiter befördert w^erden, taugt aber zu unsern
hohem Zwecken nicht, so muss man ihm dies auf eine ge-
scheide Art begreiflich machen. Dringt er dennoch darauf, mehr
Freymaurer Grade zu bekommen und scheint geneigt bey andern
Systemen Aufklärung zu suchen; so kann man ihm alles, was
er in solclien Systemen lernen würde, mitlfieilen; hierbey ist
aber zu merken.
a) dass man ihn nicht betrügen, sondern im voraus sagen
soll, döss er keine Befriedigung in diesen Graden finden
wird. Und wenn er dennoch Lust hat, sicti einführen zu
lassen; so kann ei* wählen, welches System er kennen
lernen will.
b) Er muss ober sodann seine Thorheit mit einigem Geld Er*
läge bezahlen.
*) Dieser Satz ist ein zweischneidiges Schwert. Alle maureri sehen
Schwindler, wie Cagliostro und Schrepferj beliöupleten^ aussergewöhnliche
^^ Kenntnisse zu besitzen und gründeten hierauf besondere Logen. Knigge ver*
B folgt hier seine Abaicht, die strikte Observanz an sich zu reissen.
— 362 —
c) Da er dann die Grade, auf Ansuchen des geheimen Ca-
pittets von der Provinzial Loge versiegelt zugeschickt be-
kommt, und nachher wieder abliefern muss.
IL Da heut zu Tage mit der KönigUchen Kunst viel Spiel-
werk getrieben, und manches neue System erfunden wird, so
sollen die Schottischen Ritter alle unächte Grade sammeln, und
an die Provinzial Loge einschicken, damit man jeden Neu-
gierigen befriedigen könne.
12. u» 13. enthält die Darstellung von Abgaben, die nach
Herlei Projecte blieben,
14. Das gelieime Capittel muss sorgen, dass die Logen nie
über 30 anwachsen, und dass die Beamten Logen die übrigen
immer überstimmen können,
15. Die Logen Verzeichnisse bleiben hier liegen und es
werden nur die general Extracte daraus an die Provinzial Loge
eingeschickt
16. Wenn erfahrene Freymaurer zu dem O. angeworben
werden; so stehen dieselben unter unmittelbarer Leitung der
Schottischen Ritter.
Ganz besonderes Interesse verdient nun der Wortlaut des
Reverses, den jeder zukünftige schottische Ritter, bevor er auf-
genommen werden konnte, unterschreiben musste. Derselbe
lautet:
»es I
Revers.
Ich endesunterzeich neter, ver